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5vier.de | 22.05.2012 Don Giovanni – “Seine ... - Theater Trier

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<strong>5vier</strong>.<strong>de</strong> | <strong>22.05.2012</strong><br />

<strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong> <strong>–</strong> <strong>“Seine</strong> Lei<strong>de</strong>nschaft sind die Unerfahrenen”<br />

von Stefanie Braun<br />

Am Sonntag, 20. Mai, feierte das <strong>Theater</strong> <strong>Trier</strong> Premiere <strong>de</strong>r vorletzten Produktion<br />

<strong>de</strong>r Spielzeit 2011/12: Mozarts Oper “<strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong>”. Das Premieren-Publikum<br />

belohnte die Inszenierung und die herausragen<strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>r Sänger mit einem<br />

acht-minütigen Applaus.<br />

Warum verlieben sich Frauen immer in <strong>de</strong>n Bad Guy? Die Womanizer kriegen oft die<br />

Frauen ab um die sich die guten Kerle so verzweifelt bemühen. Doch warum ist das<br />

so? Eine Frage, die sich sowohl Männer, als auch Frauen, mehr als einmal in ihrem<br />

Dasein gestellt haben, doch selten gibt es eine passen<strong>de</strong> Antwort darauf.<br />

Eines ist klar: Einen Womanizer erkennt man nicht nur an <strong>de</strong>n zahlreichen<br />

Verehrerinnen, son<strong>de</strong>rn auch an <strong>de</strong>r Spur von gebrochenen Herzen, die er auf<br />

seinem Lebensweg zurücklässt. Unter dieser Prämisse wäre <strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong>, sofern es<br />

ihn gegeben hat, einer <strong>de</strong>r größten Womanizer <strong>de</strong>r Welt gewesen. Der Urvater aller<br />

Frauenkenner ist Mittelpunkt <strong>de</strong>r neusten Inszenierung am <strong>Theater</strong> <strong>Trier</strong>: Mozarts<br />

“<strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong>” unter <strong>de</strong>r Regie von Thomas Münstermann.<br />

Eine Geschichte voller Emotionen<br />

<strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong> hat es nicht leicht. Der arme, junge Adlige wird verfolgt von einer<br />

Hor<strong>de</strong> eifersüchtiger Exen, nebenbei auch noch von ihren gehörnten Ehemännern<br />

und rachelustigen Verlobten. Dabei wollte er doch nur seiner Liebe zum an<strong>de</strong>ren<br />

Geschlecht Ausdruck verleihen. Sein Herz ist schlicht und ergreifend viel zu groß, um<br />

nur eine Frau zu lieben, da wären die an<strong>de</strong>ren doch benachteiligt.<br />

Also zieht er Liebe schenkend durch die Welt, so trifft er zum Beispiel auf <strong>Don</strong>na<br />

Anna (Joana Caspar), <strong>de</strong>ren Vater er im Eifer <strong>de</strong>s Gefechts um die Ehre <strong>de</strong>r Tochter<br />

ermor<strong>de</strong>t hat. Die zurückgewiesene Vollwaise ist nun zusammen mit ihrem gehörnten<br />

Verlobten <strong>Don</strong> Ottavio (Svetislav Stojanovic) auf <strong>de</strong>r Jagd nach <strong>de</strong>m Gauner, dabei<br />

fin<strong>de</strong>n sie schnell Weggefährten, wie etwa <strong>Don</strong>na Elvira (Claudia-Denise Beck). Die<br />

ist ebenfalls eine fallen Gelassene und <strong>de</strong>mentsprechend sauer.<br />

Die an<strong>de</strong>ren im Bun<strong>de</strong> sind die frisch Vermählten Zerlina (Evelyn Czesla) und<br />

Masetto (Pawel Czekala); nach<strong>de</strong>m sie fast <strong>de</strong>n Verführungskünsten <strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong>s<br />

erlegen ist, kann er seine Eifersucht nicht mehr im Griff behalten und sinnt darauf,<br />

<strong>de</strong>m Gauner wenigstens eine <strong>de</strong>ftige Tracht Prügel zu verabreichen. Doch <strong>de</strong>r listige<br />

<strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong> entgeht je<strong>de</strong>m noch so exakt ausgetüftelten Racheplan und verhöhnt<br />

seine Verfolger dabei sogar noch. Bis eines Nachts, die Geister <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />

mehr als lebendig an seine Tür klopfen und Vergeltung for<strong>de</strong>rn…<br />

Eines neues Gesicht am <strong>Theater</strong> <strong>Trier</strong><br />

Neben <strong>de</strong>m eingespielten Ensemble betrat mit dieser Inszenierung ein neues Gesicht<br />

die Bühnen <strong>Trier</strong>s: Ama<strong>de</strong>u Tasca wird ab <strong>de</strong>r nächsten Spielzeit <strong>de</strong>r neue Bariton<br />

sein. Als <strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong> machte er einen fulminanten Auftakt, <strong>de</strong>r sowohl stimmlich als<br />

auch schauspielerisch überzeugte und vom Publikum als Anerkennung tosen<strong>de</strong>n<br />

Applaus bekam. Als ebenso spitzbübischer wie selbstgerechter und sogar


skrupelloser Schürzenjäger marschiert er zielstrebig seinem En<strong>de</strong> entgegen und<br />

scheitert schließlich an seiner eigenen Selbstgefälligkeit.<br />

Während sein “treuer” Diener Leporello, alias Alexan<strong>de</strong>r Trauth, ihn noch auf <strong>de</strong>m<br />

Friedhof warnt, die ihn heimsuchen<strong>de</strong>n Geister nicht einzula<strong>de</strong>n, ist <strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong><br />

schon längst fernab von je<strong>de</strong>r Vernunft. Was soll ihm auch groß passieren? Am En<strong>de</strong><br />

scheitern nicht nur alle seiner Eroberungsversuche, son<strong>de</strong>rn auch <strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong> als<br />

Person.<br />

Für die meisten an<strong>de</strong>ren kehrt das Leben zur Tagesordnung zurück: Leporello sucht<br />

sich einen neuen sowie besseren Herren, Zerlina und Masetto gehen heim zum<br />

Essen, <strong>Don</strong>na Anna hält ihren Verlobten <strong>Don</strong> Ottavio immer noch hin. Einzig <strong>Don</strong>na<br />

Elvira scheint an ihrem <strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong> zu hängen, sie will ihr Leben im Kloster<br />

been<strong>de</strong>n.<br />

Die Leistungen aller Sänger sind in diesem Stück als herausragend zu betrachten,<br />

egal ob als furienhafte Ex (mit einer wun<strong>de</strong>rbar wüten<strong>de</strong>n Claudia- Denise Beck), als<br />

verstoßene Geliebte o<strong>de</strong>r als verführte Braut <strong>–</strong> hier überzeugt ein spielfreudiges<br />

Team. Beson<strong>de</strong>rs Neuzugang Ama<strong>de</strong>u Tasca und Sopran Joana Caspar wur<strong>de</strong>n mit<br />

zahlreichen Komplimenten für ihre oft sehr körperlichen Darbietungen überhäuft. An<br />

dieser Stelle geht ein ein<strong>de</strong>utiges “Bravo, Brava” an das gesamte Ensemble, welches<br />

eine starke Leistung gebracht hat.<br />

Witz, Charme und Körperlichkeit<br />

Regisseur Thomas Münstermann kann mit seiner Inszenierung punkten, setzt er<br />

doch vor allem auf Witz, Charme und Körperlichkeit, bis hin zu Sex-Appeal. Sein <strong>Don</strong><br />

<strong>Giovanni</strong> spielt we<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m erhobenen Zeigefinger, noch rutscht er zu stark ins<br />

Burleske o<strong>de</strong>r Belanglose ab. Die Figuren haben ihren klaren Platz, lassen aber doch<br />

öfters tief blicken, hier ist niemand die Unschuld vom Lan<strong>de</strong>. Münstermanns<br />

Inszenierung bleibt außer<strong>de</strong>m zweischneidig, sieht <strong>de</strong>r eine hier einen frivolen<br />

Frauenheld, erkennt <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re eine gescheiterte Persönlichkeit, einen erfolglosen<br />

Gigolo, <strong>de</strong>r letztlich über seinen eigenen Hochmut stolpert. Was <strong>de</strong>r Zuschauer <strong>de</strong>s<br />

Stücks letztendlich für das eigene Leben aus dieser Oper zieht, bleibt je<strong>de</strong>m selbst<br />

überlassen. Es geht bei<strong>de</strong>s: die große Weisheit in Liebesdingen o<strong>de</strong>r einfach ein<br />

glanzvoller Abend mit je<strong>de</strong>r Menge Sex und Crime.<br />

Zu bei<strong>de</strong>n Interpretationen trägt die beeindrucken<strong>de</strong> Ausstattung von Axel Schmitt-<br />

Falckenberg einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Teil bei. Von <strong>de</strong>n historischen, <strong>de</strong>tailverliebten<br />

Kostümen, über das fantastische Bühnenbild, bis hin zur Einbindung <strong>de</strong>r Statisterie,<br />

stimmt einfach alles. An einer nächtlichen Friedhofsatmosphäre zieht ein leuchten<strong>de</strong>r<br />

Mond an einem bildschönen Nachthimmel vorbei, dann verschieben sich die Stücke<br />

<strong>de</strong>s Bühnenbil<strong>de</strong>s wie<strong>de</strong>r zu einer lustigen Hochzeitsgesellschaft o<strong>de</strong>r einem<br />

Ballsaal, aber die Friedhofsatmosphäre bleibt. Erst als am En<strong>de</strong> die Sonne über <strong>de</strong>r<br />

ganzen Szenerie aufgeht, ist es als wür<strong>de</strong> man aus einer dieser langen und<br />

berüchtigten Nächte erwachen.<br />

Eine beeindrucken<strong>de</strong> musikalische Leistung<br />

Ein großes Lob geht außer<strong>de</strong>m ans Orchester und <strong>de</strong>ssen musikalischen Leiter<br />

Valtteri Rauhalammi, spielte dieser doch die rezitativen Parts selbst auf einem<br />

historischen Hammerklavier aus <strong>de</strong>m Jahr 1805, das von einem Privatier aus <strong>de</strong>r<br />

Nähe <strong>Trier</strong>s stammt. Dieses Instrument, das Mozart selbst schon spielte, verleiht <strong>de</strong>r


Inszenierung einen ganz beson<strong>de</strong>ren Charme. Ein kleines Schmankerl, passend zu<br />

einer außergewöhnlichen Inszenierung.<br />

Hier wird mit alten, allzu menschlichen Fantasien gespielt, <strong>de</strong>r Anziehungskraft <strong>de</strong>s<br />

Bösen, einem charmanten Grauen. Münstermanns <strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong> erinnert an <strong>de</strong>n<br />

urtypischen Bösewicht aus alten Zeiten: hinreißend, grauenvoll, unhaltbar. Und<br />

letztendlich selbstvernichtend. In ein paar neckischen Details wer<strong>de</strong>n sogar<br />

Assoziationen mit einem Vampir wach, allerdings nicht mit <strong>de</strong>r abgespeckten<br />

Twilight-Variante <strong>de</strong>r Blutsauger, son<strong>de</strong>rn eher mit <strong>de</strong>m guten alten Original. Für das<br />

Verständnis von Liebe hat Münstermanns “<strong>Don</strong> <strong>Giovanni</strong>” keine rechte Botschaft,<br />

erscheint doch keine <strong>de</strong>r dargebotenen Formen wirklich erstrebenswert, aber eines<br />

bleibt: das Gefühl etwas Verruchtes getan zu haben. Sei es auch nur durchs<br />

Zusehen.<br />

Fazit: Eine äußerst ansprechen<strong>de</strong> und gelungene Inszenierung, die mit einem tollen<br />

Ensemble und noch besseren Einzelleistungen aufwartet. Ein fulminantes En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Spielzeit im Bereich <strong>de</strong>s Musiktheater.

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