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Philosophische Gedanken für den Alltag - Internetloge.de

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zu be<strong>de</strong>utsamen Ergebnissen gelangen kann. Sie schafft endlich in je<strong>de</strong>m einzelnen Menschen<br />

das Fundament, auf <strong>de</strong>m er das Gebäu<strong>de</strong> seines Ichs errichten kann.<br />

Wenn das nicht im kleinsten Kreise schon geschieht, dann kann die Masse von<br />

fundamentlosen Menschen nicht <strong><strong>de</strong>n</strong> Hochbau einer wirklichen Kultur errichten. Durch die<br />

Massierung von Einzelmenschen wird nichts Besseres, als je<strong>de</strong>r dieser Einzelmenschen ist.<br />

Wollen wir also, bevor wir das buntbewegte Kaleidoskop <strong>de</strong>r Menschheit, <strong>de</strong>r Erscheinungen,<br />

<strong>de</strong>r ganzen Welt ins Auge fassen, dasjenige betrachten, was die Aufgabe hat, mit dieser<br />

Vielheit in Beziehung zu treten, die eigene Persönlichkeit. Wir müssen uns mit <strong>de</strong>m<br />

Einzelmenschen beschäftigen, um <strong><strong>de</strong>n</strong> richtigen Bewertungsmaßstab <strong>für</strong> Probleme <strong>de</strong>r<br />

Massen, <strong>de</strong>r menschlichen Gesellschaft und <strong>de</strong>r Gesamtmenschheit selbst zu fin<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />

Der Mensch ist meist, wenn er ganz allein ist, keinen Lauscher, keinen Zuschauer, nieman<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

hat, vor <strong>de</strong>ssen Urteil er Furcht o<strong>de</strong>r Respekt haben müßte, ganz an<strong>de</strong>rs, als in <strong>de</strong>r<br />

Öffentlichkeit. Wer sehr mutig auftritt, gern mit <strong>de</strong>r Faust auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Tisch schlägt, gerne seine<br />

Macht <strong><strong>de</strong>n</strong> Untergebenen zeigt, ist doch oft, wenn er allein ist, ein ganz feiger Mensch, und<br />

jener Franzose hatte psychologisch etwas sehr Richtiges ausgesprochen, als er versicherte, er<br />

ließe sich ganz gerne hinrichten, wenn hun<strong>de</strong>rttausend Menschen zugegen wären und seine<br />

Tapferkeit bewun<strong>de</strong>rn wür<strong><strong>de</strong>n</strong>. Der wirkliche Mut, die wirkliche Standhaftigkeit wird erst<br />

geprüft, wenn <strong>de</strong>r Mensch ganz allein ist. Mit an<strong>de</strong>rn Worten, erst im kleinsten Kreise, wenn<br />

kein an<strong>de</strong>rer Mensch zugegen ist, zeigt sich die wahre Gestalt <strong>de</strong>s Menschen. Hier, im<br />

vollen<strong>de</strong>ten Alleinsein tritt nur <strong>de</strong>r eigene Gedanke vor <strong><strong>de</strong>n</strong> Menschen, und <strong>de</strong>r ist ganz<br />

an<strong>de</strong>rs, als das Wort o<strong>de</strong>r die Tat vor Zeugen. Allein mit seinen <strong>Gedanken</strong> ist <strong>de</strong>r Mensch aller<br />

Verbrechen fähig und es gibt viele, die <strong><strong>de</strong>n</strong> verbrecherischen <strong>Gedanken</strong> in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />

nur <strong>de</strong>shalb nicht ausüben, weil sie die mit seiner Ausübung verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>en Gefahren <strong>für</strong>chten.<br />

Der Mensch allein hat die beste Gelegenheit, sich selbst zu sehen. Seine Schwächen, das, was<br />

schlecht an ihm ist, tritt riesengroß vor seinen Blick, die Angst vor sich selbst steht drohend in<br />

allen Winkeln <strong>de</strong>s Raumes und darum gibt es so wenig Menschen, die allein sein können. Sie<br />

wollen sich nicht selbst sehen, weil <strong>de</strong>r Eindruck, daß sie erbärmlich sind, sie zu sehr belastet.<br />

Das furchtbarste Gespenst ist das <strong>de</strong>s eigenen Ich, aller Lüge vor sich selbst entklei<strong>de</strong>t. Wer<br />

aber an sich arbeiten will, muß <strong><strong>de</strong>n</strong> Mut haben, seine eigene menschliche Erbärmlichkeit zu<br />

sehen, zu beurteilen und wenigstens mit sich selbst aufrichtig zu sein. Denn in Wirklichkeit<br />

kann ja kein Mensch über <strong><strong>de</strong>n</strong> an<strong>de</strong>rn, <strong><strong>de</strong>n</strong> er niemals in vollen<strong>de</strong>ter Nacktheit seines Wesens<br />

sieht, ein richtiges Urteil abgeben. Auch <strong>de</strong>r berufsmäßige Richter kann das nicht. Alle Urteile<br />

über einen an<strong>de</strong>ren sind stets einseitig und oberflächlich. Man bewertet etwa die Klugheit, die<br />

Verwendbarkeit, die Verlässigkeit im Geschäft, man urteilt über Vorsatz und Absicht,<br />

Fahrlässigkeit o<strong>de</strong>r paragraphenmäßig sich ergeben<strong>de</strong> Unschuld. Alles das sind Bewertungen<br />

und Urteile, die <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> beschränkten Zweck, <strong>de</strong>m sie dienen, ja schließlich genügen mögen,<br />

aber es sind nicht Bewertungen <strong>de</strong>s wirklichen Wertes. Da gibt es nur einen, <strong>de</strong>r bewerten<br />

kann, und das ist <strong>de</strong>r einzelne Mensch gegenüber sich selbst.<br />

Wer nur einmal über die furchtbare Verantwortung nachgedacht hat, die sich hier <strong>für</strong> je<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Einzelnen ergibt, wird die ungeheure Be<strong>de</strong>utung erkennen, die in <strong>de</strong>m liegt, was ich <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

kleinsten Kreis genannt habe, das Verhalten <strong>de</strong>s Menschen sich selbst gegenüber.<br />

Aus <strong>de</strong>r Unsumme <strong>de</strong>r hier in Frage kommen<strong><strong>de</strong>n</strong> Einzelprobleme seien nur als Beispiele<br />

einige ganz wenige herausgegriffen. Da ist zunächst einmal <strong>de</strong>r Körper <strong>de</strong>s Menschen. Warum<br />

säubern sich wohl die Menschen bevor sie ein Fest besuchen, warum legen sie schöne Klei<strong>de</strong>r<br />

an? Offenbar, weil sie in <strong><strong>de</strong>n</strong> Augen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn nicht schmutzig erscheinen wollen. Das<br />

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