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Philosophische Gedanken für den Alltag - Internetloge.de

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internetloge.<strong>de</strong><br />

auftritt. Er hat als größte Hilfe jene geheimnisvolle Stimme, die aus <strong>de</strong>m Irrationalen kommt<br />

und sich in je<strong>de</strong>m Menschen bemerkbar macht. Wir nennen sie das Gewissen. Folgt er ihr, so<br />

geht er <strong><strong>de</strong>n</strong> Weg <strong>de</strong>r Weisheit.<br />

Der kleinste Kreis, von <strong>de</strong>m wir sprachen, erstreckt sich aber doch noch gewissermaßen ein<br />

paar Meter um die eigene Person herum. Die Menschen, die so sehr beleidigt sind, wenn ein<br />

Frem<strong>de</strong>r ihrer angeblichen Wür<strong>de</strong> zu nahe tritt, pflegen sich selbst am allerwür<strong>de</strong>losesten zu<br />

behan<strong>de</strong>ln. Alles, was dicht um uns ist, nimmt Inhalte unseres persönlichen Erlebens in sich<br />

auf und in geheimnisvoller Weise strahlt es Liebe und Fürsorge, Schönheitssinn und<br />

Geschmack auf die wie<strong>de</strong>r zurück. Wür<strong>de</strong> gegen sich selbst, Reinheit und Schönheit sind die<br />

drei Fundamente <strong>für</strong> die Weisheit im kleinsten Kreise, die ganz unabhängig von materiellen<br />

Mitteln <strong>de</strong>s Einzelnen erreicht wer<strong><strong>de</strong>n</strong> können.<br />

Wer im kleinsten Kreise, mit sich selbst ganz allein, sich selbst gegenüber nicht <strong><strong>de</strong>n</strong> richtigen<br />

Bewertungsmaßstab fin<strong>de</strong>t, ist ungeeignet <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Verkehr mit an<strong>de</strong>rn. Wer sich selbst schon<br />

falsch beurteilt, obwohl da die Kenntnis aller Motive die ehrliche Beurteilung sehr erleichtern<br />

wür<strong>de</strong>, wie kann ein solcher an<strong>de</strong>re richtig beurteilen und richtig bewerten, <strong>de</strong>ren innerste<br />

Motive er nicht kennt und niemals kennen lernen wird? Und doch liegt im ganzen sozialen,<br />

politischen und wirtschaftlichen Leben, ja in je<strong>de</strong>r Äußerung <strong>de</strong>s Lebens mit an<strong>de</strong>ren<br />

Menschen zusammen, das entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong>de</strong> Problem im Bewerten <strong>de</strong>s An<strong>de</strong>ren.<br />

Erst dann bewertet <strong>de</strong>r Mensch <strong><strong>de</strong>n</strong> Nebenmenschen richtig, wenn er sich die tiefste Wahrheit<br />

zu eigen gemacht hat, die es <strong>für</strong> jegliche Bewegung im Kreise <strong>de</strong>s Lebens gibt, die Wahrheit:<br />

„Du bist Ich." Um <strong><strong>de</strong>n</strong> Besitz dieser Erkenntnis, die allerdings <strong>de</strong>r reinen Ratio in vielem<br />

wi<strong>de</strong>rspricht, sollte die Menschheit ringen, anstatt um Geld und Macht zu ringen, die letzten<br />

En<strong>de</strong>s und letzten Zieles vollkommen gleichgültige Dinge sind.<br />

Die Gleichung „Du bist Ich" wird erst dann ein wenig erkannt, wenn zwei gewaltige<br />

Täuschungen, <strong><strong>de</strong>n</strong>en wir Menschen ausgeliefert sind, überwun<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Die erste<br />

Täuschung möchte ich eine optische nennen. Stellen wir uns irgendwo in <strong>de</strong>r Welt auf <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Bo<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, so sehen wir stets uns selbst im Mittelpunkt eines Kreises, <strong>de</strong>ssen äußere<br />

Begrenzung wir <strong><strong>de</strong>n</strong> Horizont nennen. Wo immer wir auch sind, immer sind wir im<br />

scheinbaren Mittelpunkt <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, und dieser Eindruck, <strong><strong>de</strong>n</strong> unser Sehapparat uns vermittelt,<br />

ist <strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>n</strong>kbar gefährlichste. Denn aus ihm erwächst in uns schon von frühester Kindheit an<br />

das Gefühl einer Zweiteilung <strong>de</strong>r Welt: in das, was Ich bin, und in das, was Ich nicht bin.<br />

Diese Gegenüberstellung <strong>de</strong>s eigenen Ich zur gesamten Umwelt erzeugt ihrerseits ganz<br />

selbstverständlich eine gewaltige Überschätzung <strong>de</strong>s eigenen Ichs, dann aber auch das<br />

Gefühl, etwas an<strong>de</strong>res zu sein, als die Umwelt, und aus diesem letzteren Gefühl wie<strong>de</strong>r baut<br />

sich das Fundament <strong>de</strong>r Feindschaft gegen die Umwelt auf.<br />

Eine zweite Täuschung aber ergibt sich aus <strong>de</strong>r Natur unseres Denkens. Der Mensch hat nur<br />

Bewußtsein von sich selbst, er kennt nur seine eigenen <strong>Gedanken</strong>; ja, alles was er von <strong>de</strong>r<br />

Umwelt wahrnimmt, sei es durch Gesicht o<strong>de</strong>r Gehör o<strong>de</strong>r irgend einen an<strong>de</strong>ren seiner fünf<br />

Sinne, alles das tritt keineswegs direkt, also so wie es wirklich ist, vor sein Bewußtsein. Im<br />

Gegenteil, alles was außer <strong>de</strong>m Menschen ist, muß <strong><strong>de</strong>n</strong> ganzen Wahrnehmungs-,<br />

Vorstellungs- und Urteilsapparat, <strong>de</strong>r sich in unserm eigenen Körper befin<strong>de</strong>t, durchlaufen,<br />

bevor es bewußt gewertet wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann. Wenn irgend etwas in diesen drei Apparaten <strong>de</strong>s<br />

Menschen nicht in Ordnung ist, dann treten Erscheinungen vor unser Bewußtsein, die mit <strong>de</strong>r<br />

Erfahrung <strong>de</strong>r übrigen Menschen nicht übereinstimmen. Ich erinnere nur an die Vorstellungen,<br />

die ein Farbenblin<strong>de</strong>r hat, o<strong>de</strong>r an die komische Tatsache, daß ein Betrunkener seinen neben<br />

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