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Philosophische Gedanken für den Alltag - Internetloge.de

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be<strong>de</strong>utet aber keineswegs, daß sie nicht doch schmutzig sind. Nur <strong>de</strong>r ist reinlich (auch<br />

seelisch gilt das), <strong>de</strong>r ganz allein <strong>für</strong> sich und aus Achtung vor sich selbst reinlich ist, <strong>de</strong>r sich<br />

wäscht und seinen Körper pflegt, auch wenn gar keine Möglichkeit besteht, das Produkt dieser<br />

Bestrebungen <strong>de</strong>m schmeichelhaften Urteil an<strong>de</strong>rer zu unterbreiten. Aber warum soll <strong>de</strong>r<br />

Mensch reinlich sein? Es gibt unzählige Menschen, die das nicht sind, ja es gibt Religionen<br />

und Weltanschauungen, die sogar vor <strong>de</strong>r Pflege <strong>de</strong>s Körpers warnen und diese unterdrücken.<br />

Solche Ansichten sind unrichtig. Denn jegliche Pflege ist ein Produkt <strong>de</strong>r Achtung und<br />

mangeln<strong>de</strong> Pflege <strong>de</strong>s Körpers ist somit ein Zeichen <strong>de</strong>r Mißachtung. Die Mißachtung seiner<br />

selbst ist aber die Versperrung je<strong>de</strong>s Weges nach oben. Halten wir <strong><strong>de</strong>n</strong> Körper <strong>für</strong> das irdische<br />

Gefäß unserer Seele o<strong>de</strong>r irgend eines Geistes, <strong>de</strong>r in uns lebt, so mißachten wir auch Seele<br />

und Geist, wenn wir ihnen ein schmutziges und mißachtetes Gefäß geben. Wir wollen keinen<br />

edlen Wein aus Schmutzkübeln trinken, son<strong>de</strong>rn wir geben <strong>de</strong>m e<strong>de</strong>lsten Trank sehr richtig<br />

und in seiner psychologischen Be<strong>de</strong>utung nur allzu wenig erkannt, auch ein e<strong>de</strong>lstes Gefäß,<br />

einen Goldbecher o<strong>de</strong>r ein Kristall, und wenn wir selbst arm sind, so zum min<strong>de</strong>sten ein<br />

reines Glas.<br />

Der Vergleich diene uns zur Erkenntnis, daß die Pflege unseres Körpers nicht <strong>de</strong>s Luxus und<br />

<strong>de</strong>s vielen Gel<strong>de</strong>s bedarf. Die For<strong>de</strong>rung: „Sei rein" ist eine außeror<strong><strong>de</strong>n</strong>tlich gewichtige. Sie<br />

bezieht sich zunächst auf <strong><strong>de</strong>n</strong> Körper und seine Pflege, bil<strong>de</strong>t eine geeignete Schule auch <strong>für</strong><br />

die Pflege <strong>de</strong>r Seele. Die Erziehung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s zu peinlichster Reinlichkeit und sorgfältigster<br />

Pflege seines Körpers ist mit Leichtigkeit pädagogisch auch auf die Pflege <strong>de</strong>r Seele zu<br />

übertragen.<br />

Der Mensch aber kann seine Seele nur dann rein halten, wenn er <strong><strong>de</strong>n</strong> Mut hat, ihre Flecken,<br />

ihre Unreinheiten zu sehen und in einem sehr heftigen Kampfe, <strong>de</strong>r ihm ganz allein überlassen<br />

bleiben muß, auszumerzen. Die Erziehung, die wir an<strong>de</strong>ren Menschen in dieser Richtung<br />

zuteil wer<strong><strong>de</strong>n</strong> lassen, gleicht in vielem <strong>de</strong>r Tätigkeit eines Arztes. Wir dürfen nicht, wie das<br />

noch die Ärzte vor wenigen Generationen glaubten, vermeinen, daß die Medizin heile. Sie<br />

heilt nicht, ebenso wie unsere Erziehung nicht heilt. Nur die Heilungskraft <strong>de</strong>s Körpers heilt<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> Körper und die Heilungskraft <strong>de</strong>r Seele heilt die Seele. Und Medizin und Erziehung<br />

können nie etwas an<strong>de</strong>res sein, als Anreger und Unterstützer dieser in uns selbst wirken<strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Heilungskraft. Daher ist es Kin<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r Erwachsenen gegenüber von entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong>de</strong>r<br />

pädagogischer Be<strong>de</strong>utung, moralische o<strong>de</strong>r seelische Einwirkung darauf hinzielen zu lassen,<br />

daß <strong>de</strong>r zu Erziehen<strong>de</strong> vor sich selbst gestellt wird, und die Anregung erhält, die<br />

Selbsterziehung und die seelische Selbstreinigung nun mit Freu<strong>de</strong> und Zuversicht<br />

vorzunehmen. Immer wie<strong>de</strong>r machen Erziehung und seelische Einwirkung auf die Menschen<br />

<strong><strong>de</strong>n</strong> alten Fehler, zu glauben, daß sie direkt wirken können, daß sie also Medizinen sind, die<br />

selbst Heilungskraft in sich tragen. Das ist ein verhängnisvoller Grundfehler, <strong>de</strong>r nicht nur in<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rerziehung sein Unwesen treibt, son<strong>de</strong>rn auch beispielsweise in <strong>de</strong>r Ehe immer und<br />

immer wie<strong>de</strong>r versagt und versagen muß. Kein Mensch kann einen an<strong>de</strong>ren Menschen<br />

verän<strong>de</strong>rn. Er kann ihn nur veranlassen, sich selbst zu betrachten und kann in ihm <strong><strong>de</strong>n</strong><br />

Wunsch rege machen, sich in Richtung <strong>de</strong>s als besser Erkannten selbst zu verän<strong>de</strong>rn. Daher<br />

die ewige Be<strong>de</strong>utung jener griechischen Worte im Tempel von Delphi: gnoti seauton, erkenne<br />

dich selbst.<br />

Dieses Wort ist oft falsch ge<strong>de</strong>utet wor<strong><strong>de</strong>n</strong>. Der Mensch kann sich nicht insofern erkennen, als<br />

er das ewige Geheimnis seines Wesens erkennen könnte. Hier wird immer das reine<br />

Geheimnis vor ihm stehen. Aber er kann sich insofern erkennen, als er oft und gern mit sich<br />

selbst, ganz allein, ganz ehrlich in seine eigenen, tiefsten <strong>Gedanken</strong> schaut und diesen<br />

gegenüber nun als ein Philosoph, das heißt als ein Freund <strong>de</strong>r Weisheit, als ein Bewerten<strong>de</strong>r<br />

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