Logbuch - Spitsbergen Travel
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<strong>Logbuch</strong><br />
MV POLARSTAR<br />
Reise D10 - Spitzbergen<br />
14.08.2009 – 21.08.2009<br />
<strong>Spitsbergen</strong> <strong>Travel</strong> AS - www.spitsbergentravel.com - Telefon: +47 79 02 61 00
Freitag 14.08.2009<br />
Longyearbyen (78°14'N 015°36'E)<br />
Nach einem ersten Informationstreffen zu unserer Reise im „<strong>Spitsbergen</strong><br />
Hotel" am Vormittag bestiegen wir gegen 13:30 Uhr die Busse zu einer<br />
geführten Stadtrundfahrt durch Longyearbyen. Auch dem preisgekrönten<br />
Museum, welches sich unter einem Dach mit der Universität UNIS befindet,<br />
statteten wir einen Besuch ab. Die Rundfahrt durch Longyearbyedn endete an<br />
der Pier von Longyearbyen, wo die MV POLAR STAR uns bereits erwartete.
Nach dem Einchecken wurden wir zum Begrüssungssekt in die Observation<br />
Lounge geladen. Nach dem Toast des Kapitäns auf unsere Reise, erfolgte die<br />
Vorstellung des Hotelmanagers Florin Blaj und unserer Expeditionsleiterin<br />
Anja Fleig, welche wiederum ihr Guide Team vorstellte.<br />
Auf Grund von Maschinenwartungsarbeiten verzögerte sich die Abfahrt von<br />
Polarstar in die Morgenstunden des 15. August. Jedoch wurden 2 interessante<br />
Ausflugsmöglichkeiten angeboten nach dem Abendessen. Zum einen ein<br />
Bootsausflug nach Barentsburg und ein sehr interessanter Besuch des<br />
Luftschiffsmuseums in Longyearbyen.<br />
Die jüngere Geschichte von Longyearbyen 1989 bis Heute<br />
Vielfalt und Normalisierung<br />
Die ab 1989 begonnene Umsetzung der neuen politischen Zielsetzungen für<br />
Longyearbyen - Umstrukturierung zu größerer Erwerbsvielfalt insbesondere<br />
mit Tourismus, Forschung und sonstigem örtlichem Gewerbe neben dem<br />
weiter wichtigen Bergbau und gleichzeitig Fortsetzung des<br />
Normalisierungsprozesses im Sinne einer Anpassung der<br />
Lebensbedingungen an das norwegische Festland sorgte zunächst zusammen<br />
mit den weitergehenden Problemen des Bergbaus und dessen Vorbereitung<br />
auf die Produktionsverlagerung nach Sveagruva für Verunsicherung.<br />
Gleichzeitig verlor das zunehmend subventionsabhängige traditionelle<br />
System Longyearbyens seinen besten Verbündeten, den Angstgegner<br />
Sowjetunion. Bis zu deren Zusammenbruch ließen sich stetig wachsende<br />
jährliche Millionenzuschüsse nach Spitzbergen im norwegischen Parlament<br />
damit rechtfertigen, daß die Sicherung der norwegischen Souveränität über
das strategisch interessante Spitzbergen zu den wichtigsten<br />
Bündnisbeiträgen des vom Schutz der NATO abhängigen kleinen Norwegens<br />
gehörte.<br />
Angesichts des Verfalls der Sowjetunion und später Rußlands einschließlich<br />
seiner Streitkräfte und parallel dazu dem drastischen Rückgang russischer<br />
Präsenz in Spitzbergen ergab sich hier Anlaß zur Überprüfung der<br />
norwegischen Spitzbergen-Politik, und dies primär zu Lasten der bisher gegen<br />
die jahrzehntelange weltweite Krise der Kohlewirtschaft abgeschirmten SNSK<br />
und ihrer Beschäftigten. Normalisierung und geringere staatliche<br />
Subventionsbereitschaft bedeuteten für sie zunächst: Gefährdete<br />
Arbeitsplätze, fortschreitender Abbau von Privilegien (wenngleich i.d.R. mit<br />
Ausgleichszahlungen) und die Aussicht auf schlechtere Arbeitsbedingungen<br />
durch Pendelverkehr ins abgelegene Sveagruva mit entsprechend längerer<br />
Trennung von Heim und Familie in Longyearbyen.<br />
Tatsächlich sank die Zahl der Arbeitsplätze in der SNSK innerhalb von 10 |ahren<br />
von 376 (1989) auf nur noch 201 (Ende 1998. geringer weiterer Abbau<br />
wahrscheinlich) und mit der Verlagerung des Hauptteils der Produktion nach<br />
Sveagruva seit l 997 ist ein großer Teil der Belegschaft von Schichtsystemen<br />
betroffen, die längere Abwesenheit von Longyearbyen erforderlich machen,<br />
zumal die von der SNSK gewünschte Verbindungsstraße zwischen<br />
Longyearbyen und Svea ojjer durchs Inland Spitzbergens an<br />
Naturschutzargumenten scheiterte und die Pendler daher auf Lufttransport<br />
angewiesen sind.<br />
Ein Teil der Belegschaft war nicht bereit, diese neuen Bedingungen zu<br />
akzeptieren und verließ die SNSK. Trotzdem breitet sich in den letzten |ahren<br />
in ihrer Führung und Belegschaft wieder mehr Optimismus aus: Die erhoffte<br />
hohe Wirtschaftlichkeit der gerade begonnenen Grube im Zentralfeld (nun<br />
Svea Nord genannt) reduziert in absehbarer Zeit (falls der Kohlepreis nicht<br />
noch weiter sinkt) die Abhängigkeit von Subventionen und der Ausbau von<br />
anderen Arbeitsplätzen in Longyearbyen gibt der SNSK in Svea größere<br />
Freiheit, die Produktionsmenge an wirtschaftlichen Kriterien zu orientieren,<br />
statt aus Rücksicht auf die früher gewünschte langfristige Absicherung<br />
Longyearbyens ausschließlich durch Bergbau die Produktion auf unrentabler<br />
Sparflamme zu halten. Schließlich kann die Grube 7 mit einem Miniteam von<br />
15 Mann und Beschränkung auf die lohnendsten Bereiche noch wirtschaftlich<br />
bis ca. 2010 betrieben werden, um dort jährlich ca. 47.000 to. Kohle für das<br />
Longyearbyer Kraftwerk und einzelne weitere Kunden abzubauen, während<br />
noch l 999 von einer Schließung im |ahre 2001 ausgegangen wurde.
Gleichzeitig hat sich herausgestellt, daß die größere Aktivitätsvielfalt in<br />
Longyearbyen die Lebensbedingungen der Bevölkerung in vieler Hinsicht<br />
verbessert hat: Noch nie gab es so viele Einkaufsmöglichkeiten und<br />
Restaurants - ermöglicht vor allem durch den Tourismus.<br />
Die größere Vielfalt an Arbeitsplätzen, gerade auch mit körperlich weniger<br />
schwerer Arbeit, hat zu einem ausgeglicheneren Zahlenverhältnis der<br />
Geschlechter geführt. Und die Etablierung von UNIS verstärkte die vorher<br />
unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppe junger Erwachsener im Alter um 20<br />
durch ca. 100 Studenten. Das breitere Spektrum an Arbeitsplätzen - neben<br />
Bergbau zunehmend im Tourismus, Forschung / Lehre, private kleine<br />
Dienstleistungsbetriebe, fördert im übrigen auch ein breiteres Spektrum<br />
unterschiedlicher Menschen, den Meinungspluralismus und ein bunteres<br />
Ortsleben: erwünschte Aspekte der politisch angestrebten Normalisierung.<br />
Hinzu kommen die allgemeinen Annehmlichkeiten einer modernen<br />
Infrastruktur - von mittlerweile überwiegend asphaltierten Straßen (statt der<br />
früheren Schlamm- bzw. Staubpisten) bis hin zu Satelliten Fernsehen, Video-<br />
Verleih, ISDN und Internet.
Gegenüber früheren Jahrzehnten ohne diese privaten Zerstreuungsmöglichkeiten<br />
mögen die geselligen Aktivitäten etwas zurückgegangen sein,<br />
aber noch immer hat Longyearbyen ein reges Vereinsleben, besonders in der<br />
Polarnacht, die viele Einheimische als die beste lahreszeit empfinden. Tanzund<br />
Musikvereinigungen, Vorbereitung der jährlichen örtlichen Revue und des<br />
Sonnenfestes, Schützenverein, Sportgruppen, etc. sind feste Bestandteile des<br />
örtlichen Lebens, genau wie im Frühjahr die Ausfahrten mit dem<br />
Motorschlitten, über den heute fast jeder Einwohner über 16 lahre verfügt.<br />
Geschätzt wird aber auch die noch immer minimale Kriminalität, die ein relativ<br />
sorgenfreies Miteinander erlaubt.<br />
Die bescheidene Polizeistatistik wird angeführt von relativ harmlosen Punkten<br />
wie nächtlicher Ruhestörung unter Alkoholeinwirkung und in Abwesenheit<br />
sonstiger Gewaltakte finden einzelne Fälle von Vandalismus gelangweilter<br />
weil materiell bestens versorgter aber ansonsten wenig geforderter<br />
lugendlicher Aufmerksamkeit in der Ortszeitung Svalbardposten. die einmal<br />
wöchentlich ausschließlich mit lokalen Nachrichten erscheint - über die Hälfte<br />
der rund 3.000 Abonnenten lebt außerhalb Spitzbergens. Insgesamt erlaubt<br />
Longyearbyen auch heute ein beschauliches, problemarmes Leben, mit einer<br />
für so wenige Menschen phantastisch gut ausgebauten Infrastruktur.<br />
Der mit Rückgang des Bergbaus als angeblich unverzichtbarer Grundlage des<br />
Ortes befürchtete Niedergang Longyearbyens ist jedenfalls nicht in Sicht: Mit<br />
derzeit ca. 1.650 Einwohnern ist der Ort so groß wie kaum je zuvor und die<br />
Politik ist momentan eher bestrebt, ihn bei dieser Größe zu halten, statt weiter<br />
wachsen zu lassen.<br />
Die Diversifizierung des Erwerbslebens ist gut gelungen. Mit vier größeren<br />
Unterkünften für Touristen, überwiegend im gehobenen Preissegment, vier<br />
Restaurants, mehreren Bars und der sonstigen Infrastruktur des Ortes konnte
sich der ortsgebundene Tourismus von nahezu Null 1989 (Ausnahme:<br />
Zeltplatz) zunächst rasant, dann langsamer auf über 70.000 Übernachtungen<br />
pro |ahr in Longyearbyen (2001). wo der landbasierte Tourismus Spitzbergens<br />
zu über 90 % seine Basis hat, steigern. Eine Studie für 1998 ergab bereits 126<br />
rechnerische Vollarbeitsplätze in Longyearbyen im Tourismus, davon 51 %<br />
weiblich besetzt, seine Ringwirkungen sicherten anteilig indirekt weitere<br />
örtliche 84 Vollzeit-Arbeitsplätze in vor- und nachgeordneten Sektoren (Taxi,<br />
Handel, etc.).<br />
Auch Sorgen hinsichtlich einer starken Saisonalität der Tourismus-<br />
Arbeitsplätze scheinen sich nicht zu bestätigen: immerhin 79% sind<br />
ganzjährig. Übertroffen wird er damit nur durch den Bergbau (216 direkte und<br />
58 indirekte örtliche Arbeitsplätze) und den öffentlichen Dienst (190 direkte<br />
und 162 indirekte Arbeitsplätze, ohne Forschung / Lehre), während Forschung<br />
und Lehre 58 direkte und 36 indirekte Arbeitsplätze auf sich vereinigten, die 91<br />
Studenten schließlich schufen nur 6 rechnerische indirekte Arbeitsplätze (alle<br />
Zahlen 1998. Statistik zusammengefaßt zu den genannten 5 Gruppen).<br />
Weniger erfolgreich blieben die Versuche, den wirtschaftlichen Gewinn aus<br />
dem Kreuzfahrttourismus (Souvenirverkauf, etc.) in Longyearbyen zu steigern:<br />
obwohl dieser langsam wächst und obwohl in Longyearbyen mit seinem 1994<br />
vollendeten neuen Pier nun Schiffe bis 2.000 Passagiere direkt anlanden<br />
können und endlich sowohl geteerte Straßen als auch Transferbusse zur<br />
Verfügung stehen, stagniert die Zahl der Kreuzfahrer eher: offenbar ist<br />
Longyearbyen im Verhältnis zu Ny Älesund oder Barentsburg nicht mehr<br />
exotisch genug.<br />
Neben dem Tourismus wies vor allem die Forschung durch massiven Einsatz<br />
von staatlichen Mitteln ein beträchtliches Wachstum in Longyearbyen auf - vor<br />
allem durch Ausweitung der Aktivitäten des Norsk Polarinstitut und den<br />
Aufbau von UNIS als gemeinsamer Ausbildungseinrichtung der 4<br />
norwegischen Universitäten, während die zwar teuren und Flächenver-
schlingenden technischen Forschungs Großanlagen von EISCAT und<br />
SVALSAT nur einen im Verhältnis zum Aufwand geringen Beschäftigungseffekt<br />
haben.<br />
Gewachsen ist natürlich, wie überall in der Welt, der öffentliche Dienst (SSD,<br />
Sysselmann, Bergmester, Krankenhaus, etc.), mit entsprechenden Kosten für<br />
den Steuerzahler, aber durch seine zahlreichen örtlichen Auftragnehmer<br />
(Hubschrauber - Firma, Kfz-Werkstätten, etc.) auch mit beträchtlichen<br />
indirekten Beschäftigungseffekten.<br />
Auch der Energieverbrauch Longyearbyens ist gestiegen (auf mittlerweile ca.<br />
25.000 to. Kohle pro Jahr für das Kraftwerk, hinzu kommt ein wachsender<br />
Verbrauch an Benzin und Diesel für den zunehmenden Kfz-Verkehr und<br />
Kerosin für immer mehr Linienflug-Verbindungen).<br />
Gemeinsam mit dem hohen Flächenverbrauch Longyearbyens gerade in den<br />
90er jähren (vor allem durch Bergbau und Forschung aber auch durch die<br />
Zentrumserweiterung, wobei keine Rücksich auf die dabei zerstörten<br />
produktivsten Vegetationsflächen genommen wurde) paßt dies schlecht zu<br />
den hohen umweltpolitischen Zielen.<br />
Am deutlichsten wird der Aufschwung Longyearbyens im neuen Ortszentrum:<br />
Nach Post/Bank (1983, 1999 erweitert) und Lompen/Kafe Busen (1985)<br />
entstanden dort in den 90er lahren ein Jugend Freizeitheim (l990), das neue
Krankenhaus (1991), Nxringsbygget (Büro- und Verwaltungsgebäude, 1991 /<br />
93), die neue Svalbardbutikken (1991, Hauptladen, Alkoholladen), ein weiterer<br />
Kindergarten (1998) und 1997 durch den Umbau von "Lompen" in ein<br />
Einkaufszentrum zahlreiche weitere kleine Läden (Sportartikel, Souvenirs,<br />
Blumen, Schuhe, Frischwaren, Friseur, Bibliothek, Mode).<br />
1999 wurde der zentrale Platz, schon 1998 durch ein Bergarbeiterdenkmal<br />
verziert, mit einem aufwendigen Pflaster und einer breiten Treppenanlage<br />
versehen. Nach Süden hin entstanden weitere Läden (Strickwaren,<br />
Lederwaren, Sportartikel, Kiosk) und ein Restaurant (Svalbard Kro), nach<br />
Norden hin ein weiteres Restaurant (Nansen) nebst Pub - insgesamt ein<br />
Versorgungsstand, den sich 1989 kaum jemand erträumt hätte.<br />
Verloren geht dabei allerdings das Charakteristische und Normalisierung<br />
bedeutet in Longyearbyen zunehmend unreflektierte Anonymisierung,<br />
Austauschbarkeit mit beliebigen anderen modernen Orten des norwegischen<br />
Festlandes, statt Entwicklung von wirklich arktis-angepaßten Bau- und<br />
Ortsbildformen. Dieser Identitätsmangel kann durch romantische<br />
Beschwörungen und Vermarktung der vergangenen härteren Pionier-Zeit in<br />
Form von künstlich auf Bergwerk oder Trapperhütte getrimmten Restaurants<br />
oder gar Hotelzimmern kaum ausgeglichen, eventuell hingegen sogar noch<br />
deutlicher hervorgehoben werden.<br />
Durch die gerade eingeführte Lokaldemokratie hat die Bevölkerung erstmals<br />
die Möglichkeit, auf die Entwicklung und Gestaltung Longyearbyens direkter<br />
und effektiver Einfluß zu nehmen - es wird spannend, zu sehen, mit welchen<br />
Resultaten. Möglicherweise entspricht der sich ausbreitende Mangel an<br />
Eigenständigem und an das Leben in der Arktis Angepaßtem einem Bedürfnis<br />
vieler Einheimischer, die ja überwiegend nur für begrenzte Zeit in Spitzbergen<br />
leben.<br />
Mit zunehmender Normalisierung verschwinden nicht nur schrittweise die<br />
Besonderheiten des Lebens in Spitzbergen, sondern auch materielle Vorteile.<br />
Erheblich gestiegene Preise, die die Steuervorteile zunehmend auffressen -<br />
bei allerdings gleichzeitig enorm verbesserter Auswahl in den Läden, sowie<br />
stetig steigende Abgaben für kommunale Leistungen aufgrund sinkender<br />
Staatssubventionen machen es heute längst nicht mehr so attraktiv, für einige<br />
Jahre nach Longyearbyen zu gehen, um dort gut zu verdienen.<br />
Der exotische Wohnort Spitzbergen und die bestens entwickelte Infrastruktur<br />
zusammen mit der sozialen Sicherheit und Geborgenheit eines so kleinen<br />
isolierten Ortes, sowie der Ruf des Steuervorteils locken sicher immer noch,<br />
aber die meisten kommen auf begrenzte Zeit und die voranschreitende<br />
Normalisierung fördert nicht gerade eine aktive innerliche<br />
Auseinandersetzung und Identifikation mit dem besonderen Lebensgefühl<br />
Spitzbergen. Da ist es viel naheliegender und bequemer, möglichst<br />
weitgehend das Festland zu kopieren — klein Norwegen in die Arktis kopiert,<br />
plus ein wenig Motorschlitten und Eisbärengeschichten.
Trotz des möglichen Unbehagens über Einzelaspekte hat Longyearbyen mit<br />
massiver staatlicher Unterstützung in den kritischen letzten lahren gezeigt,<br />
daß es auch mit stark rückläufigem Bergbau gute Überlebenschancen hat. Im<br />
Gegenteil: die Stimulation einer vielfältigeren örtlichen Wirtschaft hat zu<br />
einem in diesem Ausmaß nicht erwarteten Wachstum auf die heutige<br />
Rekordbevölkerung von über 1.600 Einwohnern geführt, einschließlich damit<br />
verbundenem Wohnungsmangel, und die Zahl wird wohl weiter steigen durch<br />
bereits beschlossene Projekte wie etwa dem neuen Großprojekt<br />
Forschungspark - der Erweiterung von UNIS, Norsk Polarinstitutt. etc. in<br />
einem gewaltigen zusätzlichen Gebäudekomplex neben dem bisherigen UNIS-<br />
Gebäude. Ein Wachstum trotz steigender Abgaben und sinkender staatlicher<br />
Subventionen für den Ort Longyearbyen. nachdem 2002 erstmalig der früher<br />
erhebliche Posten finanzieller Unterstützung für die Bergwerksgesellschaft<br />
SNSK wegfällt, die ab 2002 wirtschaftlich arbeiten soll und will.<br />
Die Regierung kündigte bereits weitere Subventionskürzungen an, da ein<br />
weiteres Wachstum nicht gefördert werden soll - zur Unterstreichung der<br />
norwegischen Souveränität ist Longyearbyens Bevölkerung mehr als groß<br />
genug.
Freitag 14.08.2009<br />
Barentsburg (78°04'N 014°12'E)<br />
Die Geschichte Barentsburgs<br />
Der Grönfjorden ist schon seit Jahrhunderten ein Liegeplatz der Walfänger<br />
und Jagdbasis. Es begann mit einer norwegischen Walfangstation 1905 bis<br />
1912 und einem im Sommer geöffneten norwegischen Postamt Green Harbour<br />
für die Schiffstouristen, das 1926 in Ankershamn umbenannt und 1932<br />
aufgegeben wurde.<br />
Zum Postamt gesellte sich ebenfalls auf Finneset 1911 die ganzjährig<br />
betriebene norwegische Telegraphenstation Svalbard Radio, die 1930 nach<br />
Longyearbyen umzog.<br />
Auch das Interesse an den Kohlevorkommen im Grönfjorden geht auf den<br />
Beginn des 20. Jh. zurück. Die ersten Ansprüche erhob 1900 die norwegische<br />
Kulkompaniet Isefjord <strong>Spitsbergen</strong>. 1905 annektierte die Arctic Coal Company<br />
ACC Boston, ein weiteres Kohlefeld auf der Ostseite des Grönfjorden.<br />
Erst ab 1912 gab es ernsthafte Versuche eines organisierten Abbaus. Die<br />
meisten der Ansprüche wurden 1916 von der neu gegründeten Store Norske<br />
<strong>Spitsbergen</strong> Kulkompani A/S (SNSK) zusammen mit Longyears Arctic Coal<br />
Company und Longyear City im Adventfjorden aufgekauft; andere gingen über<br />
eine russische Firma als Zwischenbesitzer dann 1920 an die holländische N.V<br />
Nederlandsche <strong>Spitsbergen</strong> Compagnie (Nespico). Sie war die erste, die im
Grenfjorden ab 1921 mit professionell organisiertem Kohlebergbau begann<br />
und dafür die Siedlung Barentsburg gründete. Als die Holländer ihr Bergwerk<br />
infolge der Weltwirtschaftskrise aufgeben mußten, erwarb 1932 die<br />
sowjetische Staatsfirma Trust Arktikugol die Siedlung samt der zugehörigen<br />
Flächen.<br />
Wie Longyearbyen wurde auch Barentsburg 1941 während der Evakuierung<br />
zum Teil und 1943 durch das Schlachtschiff Tirpitz weitgehend zerstört. Erst<br />
1948 begannen die Sowjets mit dem Neuaufbau. Nach der Stillegung von<br />
Grumantbyen 1962 wurde Barentsburg zum sowjetischen Hauptort in<br />
Spitzbergen. Hier hat Trust Arktikugol ihre Verwaltung, und hier befindet sich<br />
auch das 1983 errichtete imposante Konsulatsgebäude.<br />
Wie in Longyearbyen fand auch in Barentsburg, dessen Einwohnerzahl vor<br />
1990 zwischen 1.100 und 1.450 Personen schwankte (derzeit 900), eine<br />
umfangreiche Bautätigkeit statt. Von 1975 bis 1985 entstanden über 200<br />
Wohnungen und Apartments, 1975 wurde ein neues Kraftwerk gebaut und<br />
1984 ein großes, aus neun Gebäuden bestehendes Forschungszentrum<br />
fertiggestellt.<br />
Die sozialen Einrichtungen waren umfangreich und beeindruckend. Neben<br />
Kindergarten und Schule zählten hierzu z.B. ein großes Krankenhaus, eine<br />
Bibliothek sowie eine Schwimmhalle mit einem 50 m-Becken. Kulturelle<br />
Betätigungen der Bewohner wurden gefördert.<br />
Derzeit werden in Barentsburg jährlich ca. 300.000 to. Kohle abgebaut - seit<br />
1997 in einer neuen Grube, deren Eingang direkt unter dem Ort liegt und die<br />
für weitere 20 Jahre noch genug Kohle enthalten soll - allerdings unter<br />
produktionstechnisch kritischeren Verhältnissen.
Im September 1997 wurde diese Grube von der zweitgrößten<br />
Explosionskatastrophe des spitzbergischen Bergbaus für mehrere Monate<br />
zerstört, mit 23 Toten. Als Erinnerung an die beiden großen Unglücke (1996<br />
Absturz der russischen Chartermaschine bei Longyearbyen mit 143 Toten)<br />
wurde 2001 eine orthodoxe Kapelle in Barentsburg geweiht.<br />
Aufgrund der anhaltenden geologischen Probleme in der derzeitigen Grube,<br />
die immer wieder zu Produktionsstops und sogar Unglücken führen, hofft man<br />
stark auf das geplante neue Bergwerk in Colesbukta, wo angeblich schon<br />
2002 oder 2003 mit dem Bau der ersten Anlagen begonnen werden soll.<br />
Barentsburg soll weiter die russische Hauptsiedlung bleiben, wobei die<br />
Arbeiter, ähnlich wie bei den Norwegern zwischen Longyearbyen und<br />
Sveagruva, hin- und herpendeln.<br />
Derzeit hat Barentsburg rund 900 Einwohner - darunter seit 1999 auch wieder<br />
mittlerweile 30 Kinder, betreut in einem kleinen Kindergarten und<br />
Grundschule. Dies ist eines der vielen Signale, daß die tiefste Krise der 90er<br />
Jahre vorbei ist und man sich in Rußland - auch finanziell - wieder an den<br />
arktischen Vorposten in Spitzbergen erinnert.
Samstag 15.08.2009<br />
Ny Aalesund (78°56'N 011°56'E)<br />
Nachdem die Polarstar die Pier in Longyearbyen um 04:00 Uhr verlassen<br />
hatte, setzte sie Kurs auf Ny Aalesund.<br />
16:00 Uhr kam die Polarstar längsseits der Pier von Ny Aalesund. Das letzte<br />
Mal eine trockene Anlandung. In 4 Gruppen aufgeteilt ging es in den Ort. Dort<br />
paaren sich zwei Sehenswürdigkeiten, zum einen die Historie, Amundsen ist<br />
allgegenwärtig, zum anderen die moderne Wissenschaft, die Zukunft.<br />
Viele Nationen betreiben an diesem Ort Forschung, um unter anderem hinter<br />
das Geheimnis des Klimawandels zu kommen. In 4 Gruppen ging es durch die<br />
Ansiedlung, die Führung endete am Ankermast der Luftschiffe. Ein<br />
besonderes Gefühl, an einem Ort zu sein, wo berühmte Polarforscher ihre<br />
Expeditionen zum Nordpol gestartet haben. Auf den gleichen Wegen zu<br />
wandeln wie Amundsen, Ellsworth, Byrd und Nobile.<br />
Abschliessend durfte natürlich nicht der Besuch des nördlichsten Postamtes<br />
und der letzten Boutik vor dem Nordpol fehlen. Um 12:30 verlassen wir Ny<br />
Aalesund in Richtung Norden, von nun an befinden wir uns im Land des<br />
Polarbären, die Expedition Spitzbergen beginnt.
Geschichte, Bergbau und Forschung<br />
Ny Aalesund als nördlichste Dauersiedlung der Welt wurde 1916 als<br />
Kohlebergwerk der Kings Bay Kuli Company A/S gegründet. Im Gegensatz zu<br />
allen anderen Bergwerken Spitzbergens befinden sich die Kohlelager hier in<br />
Küstennähe, tief unter Meereshöhe und somit unterhalb des<br />
Dauerfrostbodens. Dies ist einer der Gründe für mehrere Explosionsunglücke<br />
mit zahlreichen Toten, die letztlich zur Aufgabe der Kohleproduktion in den<br />
60er lahren führten.<br />
Die Produktion war vor dem Zweiten Weltkrieg sehr bescheiden, teilweise<br />
unter 100 to. pro Jahr. 1929 war die Firma bankrott und wurde vom<br />
norwegischen Staat gekauft. 1936 gab man die Kohleproduktion vorläufig auf<br />
und experimentierte etwas mit der Fischerei und einem Hotel<br />
(Nordpolhotellet). 1939 beschloß der norwegische Staat, den Bergbau in Ny<br />
Aalesund wieder aufzunehmen, der Kriegsausbruch verzögerte dies jedoch<br />
bis Sommer 1941, so daß letztlich bis zur Evakuierung Ende August 1941 nur<br />
wenige Woche Produktion blieben.<br />
1945 begann der Bergbau erneut, Ende der 50er Jahre lebten hier 200<br />
Menschen mit einer Schule, einem Krankenhaus und einer eigenen Zeitung.<br />
Von 1948 bis 1963 ereigneten sich immer wieder schwere Unglücke mit<br />
insgesamt 80 Todesopfern - das letzte am 5. November 1962 (die Explosion<br />
war bis Long-yearbyen bemerkbar) führte zur Aufgabe des Bergbaus und 1963<br />
zum Rücktritt der norwegischen Regierung. An den Bergbau erinnern heute<br />
noch die alten Silos und die restaurierte Lok (wiederum die nördlichste) der<br />
ehemaligen Kohlebahn zur Verladestation.
Während der letzten Jahre wurde auch sonst erheblich in die Erhaltung von<br />
Kulturdenkmälern investiert, die an Ny Älesunds große Bedeutung für die<br />
Polarforschung und an die Zeiten des Kohleabbaus erinnern. Vor kurzem<br />
wurde hierfür ein kleines Museum eingerichtet.<br />
Ny Aalesunds Bekanntheit geht vor allem auf die Zeit der Polarpioniere und<br />
Flugpioniere der 20er Jahre zurück. Bereits 1910 hatte Graf Zeppelin die<br />
Möglichkeiten von Polarexpeditionen mit Luftschiffen in Ny Aalesund auf einer<br />
Expedition untersucht. Roald Amundsen und Lincoln Ellsworth versuchten<br />
1925, von hier mit zwei Dornier Flugbooten zum Nordpol zu fliegen, mußten<br />
aber nach einer Notlandung bei 88° N umdrehen.<br />
1926 schaffte der Amerikaner Byrd, von Ny Aalesund startend, als erster einen<br />
Flug über den Nordpol (behauptet er), und im gleichen Jahr erreichten<br />
Amundsen und Nobile mit dem Luftschiff Norge den Pol und flogen bis Nome<br />
in Alaska weiter. Ihr Ankermast steht noch immer knapp außerhalb von Ny<br />
Aalesund, während der große Luftschiffhangar mittlerweile verschwunden ist.<br />
Von hier startete Nobile auch 1928 mit der Italia zu seinem tragisch endenden<br />
Polflug.<br />
Im und um den Ort finden sich zahlreiche Denkmäler. Amundsens Büste nahe<br />
dem Norsk Polarinstitutt, das Italia Denkmal, das Erinnerungsdenkmal für den<br />
Flug von Amundsen und Ellsworth und das Denkmal für die<br />
Grubenunglücksopfer.<br />
Heute ist Ny Aalesund vor allem Forschungsstützpunkt und die weiterhin den<br />
Ort betreibende staatliche ehemalige Kings Bay Kuli Company KBKC hat sich
folgerichtig 1998 in Kings Bay A/S umgetauft, um so ihren Wandel vom<br />
Grubenbetrieb zur Servicefirma zu dokumentieren.<br />
Während im Winter lediglich eine Stammbesatzung von etwa 25 Personen<br />
zurückbleibt (technisches Personal, Stationsleiter, Forscher), beherbergt der<br />
Ort im Sommer rund 100 Bewohner, überwiegend Wissenschaftler. Nicht<br />
mitgezählt sind dabei die Tagungsbesucher, die sich mit arktischen Themen<br />
beschäftigen, oder die Touristenscharen, die hier jeden Sommer vor allem von<br />
den Kreuzfahrtschiffen anlanden.<br />
Das Interesse an Ny Aalesund als polarer Forschungsstützpunkt hält an, wie<br />
immer neue Delegationen zeigen, bis hin zu China, Südkorea oder Indien.<br />
Einen deutlichen Forschungsschwerpunkt bildet in Ny Älesund die<br />
Atmosphären- und Klimaforschung, ergänzt gerade in den Monaten mit Licht<br />
durch Biologen (Meeresbiologie, Vögel, Säugetiere, Botanik), Glaziologen und<br />
Geologen und natürlich die Geophysiker u.a. mit der Geodätischen Station.<br />
Damit sich die Projekte sich nicht gegenseitig stören, wird mit Hilfe des<br />
örtlichen Forschungsrates NySMAC (Ny Älesund Science Managers<br />
Committee) die Forschung koordiniert.<br />
Die Entwicklung Ny Aalesunds als Forschungsstandort spiegelt sich auch im<br />
Ortsbild wieder, in dem es einerseits bemerkenswert gelungen ist, das<br />
umfangreiche historische Erbe aus der Bergwerksepoche und der Zeit der<br />
Polarpioniere zu bewahren und zeitgemäß weiterzunutzen, andererseits aber<br />
mit den für eine Forschungsbasis erforderlichen modernen Anlagen zu
ergänzen, bei denen auch schon wieder ein Generationenwandel aufgetreten<br />
ist.<br />
So waren Ny Aalesunds modernes Wahrzeichen der neuen Forschungsepoche<br />
und beliebtes Kontrast Fotomotiv mit der umgebenden eiszeitlichen Fjord<br />
und Gletscherwelt bis in die 90er Jahre die beiden großen weißen Kuppeln der<br />
ESRO Satellitenstation, die allerdings schon 1974 ihre Tätigkeit eingestellt<br />
hatten. Beide Kuppeln sind mittlerweile verschwunden, ihre immerhin mehrere<br />
Stockwerke hohen Unterbauten hingegen werden von neuen<br />
Forschungsaktivitäten als Gebäude weiter genutzt.<br />
Ny Aalesund verfügt über eine private Landebahn der Kings Bay A/S für<br />
kleinere Flugzeuge. Mittlerweile sind es angesichts der gestiegenen<br />
Forschungsaktivitäten im Sommer bis zu drei Flüge wöchentlich mit bis zu 18<br />
Passagieren für NOK 1.360 pro Strecke zwischen Longyearbyen und Ny<br />
Aalesund.<br />
Unter den verschiedenen nördlichsten Dingen, die der Ort zu bieten hat, findet<br />
sich unter anderem das nördlichste Postamt (im Sommer), eine kleine<br />
Kunstgalerie sowie eine zum nördlichsten Zeltplatz der Welt erklärte Fläche.<br />
Das Warensortiment im Ort ist für Touristen äußerst begrenzt (Kiosk und<br />
Souvenirladen, außerdem Gemäldegalerie).<br />
Aufgrund der spektakulären Umgebung ist Ny Aalesund samt Umgebung<br />
(Kongsfjorden und Krossfjorden, Mitrahalvöya) ein Bereich Spitzbergens, der<br />
von praktisch allen Kreuzfahrtschiffen und Küstenschiffen angesteuert wird.<br />
Der für Touren an Land nutzbare Bereich, frei von größeren Gletschern, ist<br />
hier allerdings wesentlich begrenzter als in Zentralspitzbergen.
Forschung und Tourismus bilden in Ny Aalesund ein gewisses Konfliktfeld.<br />
Einerseits ist die defizitäre staatliche Kings Bay A/S an Einnahmen<br />
(Landegebühren. Führungen, Souvenirverkauf) interessiert, andererseits<br />
behindern die Touristen teilweise die Forschung, insbesondere wenn die<br />
Menschenmassen eines großen Kreuzfahrtschiffs den winzigen Ort fluten.<br />
Insgesamt ist man in Ny Aalesund nicht an einer stärkeren Ausweitung des<br />
Tourismus interessiert und versucht, die bisherigen Probleme durch ein<br />
verbessertes Informationsangebot (Führungen, Rundweg mit<br />
Informationstafeln) zu begrenzen.<br />
Samstag 15.08.2009<br />
Magdalenefjorden (79°34' N 011°03' E)<br />
Gegen 23:00 Uhr fuhr die Polarstar in die Magdalenenbucht ein, welche von<br />
dem imposanten Wagonwaybreen (Wagenspur Gletscher) abgeschlossen<br />
wird. Der Kapitän gab uns allen eine beeindruckende Schiffscruise durch die<br />
Trinityhamma (Dreifaltigkeitshafen) und dem Wagonwaybreen. Danach setzten<br />
wir unsere Fahrt in Richtung Norden fort, vorbei an weiteren Relikten aus der<br />
Walfangzeit auf Amsterdamöya und Smeerenburg.<br />
Walfang und Eis<br />
In landschaftlicher Hinsicht ist dieser vergleichsweise kleine Fjord wohl der<br />
bekannteste Spitzbergens, da die Mischung aus alpiner Bergwelt, steilen<br />
Fjordwänden und in den Fjord abstürzenden Gletschern sehr reizvoll ist.
Auf der Südseite ragt eine flache Landzunge in den Fjord, die früher als<br />
Begräbnisplatz diente (Seebestattungen waren damals noch nicht üblich).<br />
Heute wurden mehrere alte Gräber zusammengelegt und mit einem<br />
Gedenkstein an die Walfänger versehen.<br />
In ihrem Schutz ankert fast jedes Passagierschiff, um den Mitfahrern<br />
Gelegenheit zu einem Ausflug auf die Gräberhalbinsel zu geben, auf der man<br />
im Rahmen einer kleinen Wanderung die eindrucksvolle Umgebung auf sich<br />
wirken lassen kann.
Die Bucht wurde bereits von Willem Barents 1596 besucht und zieht heute<br />
alpinistische Expeditionen als Ausgangspunkt für Eis- und Felsklettertouren<br />
an. Die geschützte Bucht hinter der Gräberhalbinsel hieß in Walfängerzeiten<br />
Trinityhamna (Dreifaltigkeitshafen) und wurde von englischen Walfängern des<br />
17. Jh. als Verarbeitungsplatz genutzt (4 Tranofenreste am Strand).<br />
Wegen des starken Schiffstourismus stationiert der Sysselmann in den letzten<br />
Jahren über die Sommermonate einen Polizisten als Aufsicht auf der<br />
Gräberhalbinsel. Diese Halbinsel ist der wohl am stärksten von Touristen<br />
besuchte Ort Spitzbergens - rund 20.000 Menschen gehen hier Sommer für<br />
Sommer an Land.<br />
Bei den Kreuzfahrten wird hierfür meist ein provisorischer Anleger aufgestellt<br />
und am Strand ein Stand für heiße Getränke und ein Imbiß eingerichtet,<br />
teilweise mit einem als Eisbär verkleideten Besatzungsmitglied "verschönert".<br />
Bei dieser starken Nutzung sind natürlich Spuren unvermeidlich, es ist eines<br />
der ganz wenigen Gebiete Spitzbergens mit regelrechten Trampelpfaden, die<br />
sich allerdings auf eine Fläche von nur ca. 500 x 300 m beschränken.<br />
Am 18. Juli 1977 wurde ein Mitglied einer größeren österreichischen<br />
Alpinistengruppe in deren Zeltlager am Fjordufer durch einen eindringenden<br />
Eisbären mit mehreren Prankenhieben erschlagen, ein weiterer verletzt und<br />
der Tote vom Bären vor den Augen anderer Teilnehmer mitgenommen.
Sonntag 16.08.2009<br />
Drottenneset (79 o 49.2’ N 11 o 25.5’ E)<br />
Während unserer Fahrt gen Norden Spitzbergens erhielten wir von der Orego<br />
einen Funkruf, indem uns der Kapitän des Schiffes mitteilte, das in der Nähe<br />
der Insel Fugleöya ein gestrandeter Wal liegt, und das sich dort einige<br />
Polarbären am Kadaver zu schaffen machten.<br />
Um 03:20 Uhr fiel der Anker bei Drottenneset, alle Gäste wurden aus dem<br />
Schlaf geweckt für ein Erlebnis welches sie so schnell nicht wieder vergessen<br />
sollen. Wer wollte konnte in die Zodiacs steigen, welche uns zu dem<br />
gestrandeten Wal brachten. Welch ein Anblick ! 6 Polarbären labten sich, im<br />
Schein der Mittagnachtssonne, am Walkadaver. Absolute Stille im Boot, nur<br />
das Klicken der Kameras war zu hören, als wir uns den Tieren auf ca. 100 m<br />
näherten. Um 06:30 Uhr war die nächtliche Aktion beendet und der Anker<br />
wurde wieder gehoben. Die Polarstar setzte ihr Fahrt in Richtung Moffen fort.
Moffen (80°00' N 014°30' E)<br />
Die Nächte an Bord sind kurz im Norden, Dank der Mitternachtssonne, welche<br />
auch im August noch die Nacht erhellt. Gegen 09:30 Uhr überfuhr das Schiff<br />
den 80. Breitengrad in Richtung Moffen.<br />
Die Insel war sehr gut im Schein der Morgensonne zu erkennen. Ebenfalls<br />
eine große Anzahl von Walrossen liegend am Strand. Ungefähr eine halbe<br />
Stunde dauerte die Passage an der Südspitze von Moffen, bevor das Schiff<br />
den Kurs in Richtung Lagöya fortsetzte.<br />
Die ringförmige, sehr flache (ca. 2 m Höhe) Kiesinsel mit Lagune in der Mitte<br />
ist während des Sommers wichtigster Aufenthaltsort von Walrossen in<br />
Spitzbergen. Die Insel ist ein Schutzgebiet für die Tiere, die Annäherung ist in<br />
dieser Zeit nur auf 300 m erlaubt.
Lagöya (80 o 22.3’ N 18 o 22.5’ E)<br />
Gegen 15:00 Uhr erreichte unser Shiff seine Position vor der Insel Lagöya,<br />
was übersetzt – Flache Insel bedeutet. Nun, das diese Insel reltiv flach ist<br />
konnten wir wenige Minuten später selbst feststellen. In 2 Gruppen ging es mit<br />
4 Zodiacs an Land. 12 Personen in jedem Boot. Strahlend blauer Himmel<br />
wölbte sich über unsere Anlandestelle, welche wir nach einer Strecke von ca 2<br />
NM erreichten. Am Strand wurde wir neugierig von einer Gruppe Walrosse in<br />
Augenschein genommen, diese kamen fast auf Armlänge an die Boote heran.<br />
Kies und noch mehr Kies erwarteten uns auf Lagöya. Eine Gruppe ging zur<br />
Walrosskolonie, die andere zu 2 toten Polarbärjungen, welche, warum auch<br />
immer, von ihrer Mutter zurückgelassen wurden und hier verstarben. Nach ein<br />
paar Minuten welchselten die Guppen ihre Position, so das jeder in den<br />
Genuss des Anblicks der Walrosskolonie kam.
Rossöya – Nördlichste Position (80 o 49.65’ N 20 o 20.09’ E)<br />
Unser Schiff stieß in Richtung Nord auf nur vereinzelte Drifteisfelder, so<br />
konnten wir trotz der Nebelfelder schnell die 7 Inseln erreichen. Die<br />
nördlichste dieser Inseln war das Ziel des Abends. Diese Insel ist nicht nur die<br />
nördlichste Insel Spitzbergens sondern auch der nördlichste Punkt Europas.<br />
Was ist schon das Nordkapp ?
Das Wetter spielte mit und zeigte uns die strahlende Seite, im Schein der<br />
Mitternachtssonne erreichten wir mit den Zodiacs dieses Eiland. Die<br />
Anlandung war für den einen oder anderen ein wenig schwierig.<br />
Kletterkünstler waren gefragt, denn diese Insel, bestehend aus Granit, hat<br />
keinen idealen Anlandepunkt. So konnte der Kapitän den Toast auf die<br />
nördlichste Position ausbringen.<br />
Recht müde, aber sehr zufrieden kehrten wir nach einen kurzen Aufenthalt<br />
zurück zu unserem Schiff. Das nächste Ziel unsere Reise ist die<br />
Hinlopenstrasse.<br />
Hinlopen Strasse<br />
Montag 17.08.2009<br />
Am Morgen durchfuhren wir die Hinlopenstrasse, welche Westspitzbergen von<br />
Nordöstlandet trennt, in südliche Richtung. Teilweise macht uns dichter Nebel<br />
zu schaffen, aber unaufhörlich bahnen wir uns den Weg zu unserem<br />
morgendlichen Ziel, dem Vogelfelsen.
Alkefjellet (79°36' N 018°28' E)<br />
09:30 Uhr ging es für die meisten der Gäste in die Boote zu einer Zodiac<br />
Rundreise vor dem Vogelfelsen. Das Wetter ändertsich schnell hier im Norden,<br />
Der Wind hatte zugenommen und blies mit Stärke 5 aus nördlicher Richtung.<br />
So wurde diese Fahrt zu einer Schaukelpartie auf den Wellen, die meisten<br />
jedoch fanden Gefallen an der Rundreise.<br />
Leichter Schnellfall setzte am Ende ein, tja, der Winter in der Arktis ist nicht<br />
mehr fern.<br />
Vor allem zwei Vogelarten sind hier am Alkefjellet (auf deutsch<br />
„Lummenberg") versammelt, Dickschnabellummen, mit geschätzt mindestens<br />
60.000 Brutpaaren, und Dreizehenmöwen.<br />
Die Lummen saßen dicht gepackt auf den zahllosen Felssimsen in den steilen<br />
Wänden. Andere schwammen vor der Felswand auf dem Wasser, und auch in<br />
der Luft vor der Wand war ein ständiges Kommen und Gehen bzw. Anfliegen<br />
und Abfliegen zu beobachten. Wir sahen die Lummen auch direkt neben den<br />
Zodiacs tauchen und ihre Schwierigkeiten, von der Wasseroberfläche<br />
abzuheben. Die Dreizehenmöwen waren ebenfalls zahlreich in den Wänden<br />
zugegen. Diese Möwenart ist so lange an die luftigen Brutplätze gebunden, bis<br />
die Jungen voll flugfähig sind - anders als die Lummen, deren Junge schon<br />
vom Felsen springen, bevor sie fliegen können.<br />
Auf unserer Gummiboot Kreuzfahrt konnten wir auch den Bären erspähen,<br />
welcher aber gar nicht Bärenlike seine Vegetarischen Minuten hatte und wie<br />
eine Kuh am grasen war.
Myrkberget (79° 27.2’ N 020° 06.7’ E)<br />
Kurz nach dem Mittagessen fiel der Anker vor Nordöstlandet. Die zweitgrößte<br />
Insel des Spitzbergen Archipels, die Heimat der Polarbären. Diese Insel ist bis<br />
zu 70 % vergletschert. Der imposante Austfonne, die Eiskappe der Insel, mit<br />
einer Mächtigkeit von bis zu 500 m, taucht mit seinen Ausläufern vor uns auf.<br />
3 Gruppen machen sich auf dem Weg die Anlandestelle zu erkunden, die<br />
„Bergsteiger“ unter uns wollen dem Myrkberg erklimmen, eine weitere bis zur<br />
Eiskappe vordringen und die 3. Gruppe erkundet die Anlandestelle mit der<br />
Option einer Zodiac Rundfahrt.<br />
Das Wetter ist uns immer noch Hold, allerdings hat der Wind spürbar<br />
zugenommen, so das wir einen Hauch des kommenden Winters zu spüren<br />
bekommen. Besonders nachdem am Morgen bereits die ersten zaghaften<br />
Schneeflocken herab rieselten.<br />
Austfonna (79 o 12,65’ N 023 o 15,55’ E)<br />
Wieder geht ein ereignisreicher Tag in der Arktis zu Ende. Aber mit welch<br />
einem Ende, das Schiff küsste den Austfonna, die Eiskappe welche weite Teile<br />
von Nordöstlandet bedeckt. Eine weitere Meisterleistung unseres Kapitäns.<br />
Die Mitternachtssonne steht hoch am Himmel und taucht zeitweise mit dem<br />
Nebel alles in ein mystisches Licht.
Dienstag 18.08.2009<br />
Edgeöya<br />
STURM in der Olgastrasse…. Schon in der Nacht, auf der Fahrt vom<br />
Austfonna nahm der Wind beträchtlich zu. Als wir morgens im<br />
Freemannsundet ankamen mussten wir feststellen, dass der Wind erhebich<br />
zugenommen hatte. Windgeschindigkeiten in Spitzenböen von mehr als 40 ktn<br />
(ca. 70 km/h). Das hiess natürlich das eine Anlandung bei Kap Waldenburg<br />
nicht vertretbar war. Das Schiff setzte Kurs auf Kapp Lee auf Egeöya. Aber<br />
auch hier war wetterbedingt keine Anlandung möglich.<br />
Wir verblieben einige Zeit unter Landschutz bei Barentsöya. Währenddessen<br />
gab es zahlreiche informative Vorträge von Axel, Steffen, Stefan und Kjersti.
Nach einer logistischen Operation bei Doloritneset (Bergung von<br />
Treibstoffkanister) mit 2 Zodiacs ging die Fahrt weiter in Richtung Hornsund.<br />
Edgeöya ist mit 5.100 km 2 die 3. größte Insel des Archipels. Ca. 2.500 Rentiere<br />
leben auf dieser Insel. Erstmalig wurde diese Insel gesichtet und beschrieben<br />
von dem englischen Walfänger Thomas Edge im Jahre 1616. Die Umrisse der<br />
Insel wurden jedoch 1612 auf holländischen Karten eingezeichnet. Im 17.<br />
Jahrhundert war auch diese Insel ein Ort, auf dem sich die Walfänger<br />
niederließen. Im Jahre 1827 stellte der norwegische Wissenschaftler Matthias<br />
Keilhau fest, das sich hier 50 russische Jäger niedergelassen hatten.
Mittwoch der 19.08.2009<br />
Hornsundet<br />
Burgerbukta (77 o 02.2’ N 15 o 54.5’ E)<br />
Langsam glitt unser Schiff in den Hornsund hinein. Dieser malerische, von<br />
hohen Bergen umgebende Fjord zeigte sich uns von seiner besten Seite. Auf<br />
der Backbordseite war die polnische Station „Little Poland“ sehr gut zu<br />
erkennen. Seit 1957 betreibt die polische Akademie der Wissenschaften hier<br />
eine Forschungsstation. Diese ist, auch wenn sie abgelegen liegt, fest mit den<br />
anderen Stationen in Ny Aalesund verbunden. 10 – 12 Wissenschaftler<br />
verfolgen hier verschiedene wissenschaftliche Projekte, auch im Winter. Das<br />
Wetter war so verlocked, das wir uns kurzfristig zu einer Bootstour durch die<br />
westliche Burgerbukta, durch die hier schwimmenden Eisberge und<br />
Brucheisfelder, entschlossen.
Weiter ging die Reise, hinein in den Brepollen am Ende des Fjordes, wo wir<br />
eine phantastische Rundfahrt mit unserem Schiff unternahmen.<br />
Brepollen
Krykkjestupen (76 o 58.4’ N 015 o 59.5’ E)<br />
Um 14:40 Uhr fiel der Anker des Schiffes im Hornsund. Eine neue<br />
Anlandestelle wurde vom Guideteam erkundet, da die eigentliche<br />
Anlandestelle bei Gnalodden von einem Polarbär frequentiert wurde. Es gab 3<br />
Alternativangebote, ein langer Hike, bis hoch zum Gashamma. Ein mittlerer<br />
Hike auf die Moräne des anliegenden Gletschers mit anschließender<br />
Zodiacrundfahrt vor der imposanten Gletscherabbruchkante. Die 3.<br />
Möglichkeit eine Zodiacrundfahrt vor dem Gletscher.<br />
Um 19:00 Uhr waren alle wieder wohlbehalten zurück an Bord und die<br />
Polarstar fuhr in die Abendstimmung hinaus auf den Atlantik um Wale zu<br />
beobachten.<br />
Berge und Eis<br />
Die landschaftlich eine der spektakulärsten Ecken der Westküste durch ihr<br />
enges Nebeneinander zahlreicher in den Fjord abbrechender Gletscher und<br />
steil aufragender, wildalpiner Bergmassive wird überragt vom 1.431 m hohen<br />
Hornsundtind, der fast unmittelbar aus dem Fjord aufsteigt. Das östliche<br />
Fjordende, Brepollen, ist nahezu rundum von imposanten Eiswänden der<br />
Fronten verschiedener Gletscher umgeben.
Von hier sind es nur wenige Kilometer über die Gletscher zur Hamburgbukta<br />
an der Ostküste - eine beliebte Route der Eisbären im sogenannten<br />
"Eisbärenkarussell", bei dem sich die Tiere auf der Suche nach Robben ums<br />
Sörkapp herum auf den Eisschollen treiben lassen und dann über den<br />
Hornsundet zur Ostküste zurückkehren. Entsprechend gut sind die Chancen,<br />
im Hornsundet einem Eisbären zu begegnen.<br />
Hier gibt es mehrere große Seevogelkolonien sowie Überreste der Wal- und<br />
Walroßjagd und aus der Zeit der Trapper.<br />
Trygghamna, Alkhornet (78°13' N 013°52' E)<br />
Donnerstag, 20. August 2009<br />
Gegen 9 Uhr erreichten wir Trygghamna, einen kleinen Seitenarm des<br />
Isfjorden. Trygghamna bedeutet so viel wie „Sicherer Hafen", und dieser Platz<br />
ist tatsächlich dafür bekannt, besonders geschützt und ruhig zu sein,<br />
weshalb sich hier im Laufe der Jahrhunderte seit der Entdeckung<br />
Spitzbergens sowohl englische Walfänger als auch Pomoren ansiedelten,<br />
später dann norwegische Pelztierjäger. Auch hier unternahmen wir wieder<br />
unterschiedlich lange Wanderungen. Unsere Aufmerksamkeit bei diesem<br />
Landgang galt aber vor allem der üppigen Vegetation und der unüberhörbaren<br />
Vogelkolonie an der senkrechten Felswand des Berges Alkhornet (zu deutsch<br />
„Lummenhorn"), durch deren Düngung die Hänge überhaupt erst so stark mit<br />
Moosen und Blumen bewachsen sind. Wir erspähten auch einige Rentiere, die<br />
von der üppigen Vegetation unter der Vogelklippe profitierten.
E<br />
Ekmannfjorden (78 o 39.8’N 14 o 33.5’E)<br />
Im Ekmannfjord sind zwei kleine, flache Inseln zu finden, welche anlässlich<br />
eines plötzlichen Abrutsches des Selfstroem Gletschers entstanden sind. Also<br />
Moränenmaterial und Geschiebe. Die Gäste wurden in zwei Gruppen eingeteilt,<br />
die erste ging in einem geologisch sehr interessanten Tal an Land. Der<br />
krönende Abschluß der Wanderung war der Wasserfall.<br />
Die andere Gruppe unternahm zuerst eine Zodiac Rundfahrt im interessanten<br />
Fjord, vorbei an einer Insel bestehend aus Moränenmaterial, welches hier vom<br />
Gletscher nach einem plötzlichen Surge angehäuft wurde. Die Landschaft<br />
sieht der Oberfläche des Mars nicht unähnlich. Nach ca. 1 Stunde wurden die<br />
Gruppen dann getauscht.<br />
Vor der malerischen Kulisse um unseren Ankerplatz klang der Tag in der<br />
Observation Lounge beim Kapitäns Cocktail, einer von Musik untermalten<br />
Präsentation von Bildern unserer Reise und später beim Grillen auf dem<br />
Achterdeck aus.<br />
Geschrieben von Axel Krack (Assistant Expedition Leader)<br />
axelkrack@gmx.de<br />
Im Namen von <strong>Spitsbergen</strong> <strong>Travel</strong>, dem Guide Team, der Schiffsführung und<br />
der gesamten Crew bedanken wir uns dafür, dass Sie sich für diese Reise<br />
nach Spitzbergen entschieden haben.