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Zweiter Rundbrief - Gerard Wagner - gerardwagner.de

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Lieber Herr Schuberth,<br />

mit Freu<strong>de</strong> habe ich <strong>de</strong>n <strong>Rundbrief</strong> gelesen. Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb, weil mich die Original-Werke von<br />

<strong>Gerard</strong> <strong>Wagner</strong> immer tief berührt haben, wenn ich ihnen begegnen konnte (im Goetheanum, im<br />

Haus Brosiweg 41). Auch die Kataloge <strong>de</strong>r Ausstellungen in Petersburg und in Krakau habe ich<br />

gekauft, eben wegen <strong>de</strong>r "Berührung" und wegen <strong>de</strong>r Kommentare.<br />

Dieses Wort "Berührung" kann aber ganz und gar nicht zum Ausdruck bringen, was da erlebt<br />

wird und was an Reproduktionen gera<strong>de</strong> nicht erlebt wer<strong>de</strong>n kann. Ich bin froh, dass ich das innerlich<br />

ein wenig korrigieren kann.<br />

Auch auf die Gefahr hin, offene Türen einzustoßen, möchte ich einige aus <strong>de</strong>m (historisch argumentieren<strong>de</strong>n)<br />

Zusammenhang genommene Zitate aus <strong>de</strong>r Schrift von Walter Benjamin, «Das<br />

Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit» hier anführen:<br />

"Es liegt eben so, dass die Malerei nicht im Stan<strong>de</strong> ist, <strong>de</strong>n Gegenstand einer simultanen Kollektivrezeption<br />

darzubieten…", an<strong>de</strong>rs als die Architektur, …<br />

Es ist "… eine schwere Beeinträchtigung…,wo die Malerei durch beson<strong>de</strong>re Umstän<strong>de</strong> und gewissermaßen<br />

wi<strong>de</strong>r ihre Natur mit <strong>de</strong>n Massen unmittelbar konfrontiert wird."<br />

"Noch bei <strong>de</strong>r höchst vollen<strong>de</strong>ten Reproduktion fällt eines aus: das Hier und Jetzt <strong>de</strong>s Kunstwerks,<br />

sein einmaliges Dasein an <strong>de</strong>m Orte, an <strong>de</strong>m es sich befin<strong>de</strong>t."<br />

"Das Hier und Jetzt <strong>de</strong>s Originals macht <strong>de</strong>n Begriff seiner Echtheit aus.“<br />

"Was (durch die technische Reproduzierbarkeit) ins Wanken gerät, das ist die Autorität (Authentizität)<br />

<strong>de</strong>r Sache."<br />

"… was verkümmert, das ist seine Aura.“<br />

Mit an<strong>de</strong>ren Worten, nach meiner Erfahrung: die echte Sinnes-Wahrnehmung <strong>de</strong>s wahrhaft Einmaligen<br />

und ursprünglich Glaubwürdigen wird durch die Massenreproduktion verdorben.<br />

Es war mir eine eindrückliche Erfahrung, als ich einst in <strong>de</strong>r oberen Etage <strong>de</strong>s van Gogh Museums<br />

in Amsterdam stand und aus <strong>de</strong>r Entfernung die Originale sich in <strong>de</strong>n Anblick von Reproduktionen<br />

verwan<strong>de</strong>lten (als Kunstlehrer hat man ja zu viel Umgang mit Reproduktionen)!<br />

Was erst einmal im Internet steht o<strong>de</strong>r sonst massenhaft reproduziert ist, ist je<strong>de</strong>m Missbrauch<br />

preisgegeben. Ein eklatantes Beispiel <strong>de</strong>r jüngsten Zeit ist <strong>de</strong>r Entwurf für ein Denkmal <strong>de</strong>r Toten<br />

<strong>de</strong>r „Lovepara<strong>de</strong>“ in Duisburg. Der "Künstler" hat das Vorbild für <strong>de</strong>n Entwurf im Internet "gefun<strong>de</strong>n",<br />

Kleinigkeiten verän<strong>de</strong>rt und nach <strong>de</strong>r Auf<strong>de</strong>ckung sein Plagiat mit <strong>de</strong>m Argument gerechtfertigt,<br />

nach <strong>de</strong>n Erfindungen von Marcel Duchomp sei das ein "Gefun<strong>de</strong>nes Objekt" (objet<br />

trouvé), das, in einen an<strong>de</strong>ren Zusammenhang gebracht, eine "Neuschöpfung" sei. Einsichtige Beurteiler<br />

haben seinen Entwurf abgelehnt. Aber die Argumentation spricht die Verrücktheiten <strong>de</strong>s<br />

Kunstmarktes, die Deka<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s Kunstbegriffs, die Entwertung <strong>de</strong>s Kunstverstehens und <strong>de</strong>s<br />

Kunstwahrnehmens über<strong>de</strong>utlich aus.<br />

Es wäre leicht möglich, auch die Werke von <strong>Gerard</strong> <strong>Wagner</strong> "in an<strong>de</strong>re Zusammenhänge" zu<br />

bringen, wenn sie allgemein zugänglich im Internet stehen. Ob das <strong>de</strong>n Werken gerecht wäre, <strong>de</strong>n<br />

Maler und <strong>de</strong>n wahren Freun<strong>de</strong>n seiner Kunst angemessen und sie wäre, möchte ich sehr bezweifeln.<br />

Ich weiß wohl, wie leicht einen <strong>de</strong>r Vorwurf gemacht wird, man sei antiquiert, technikfeindlich,<br />

nicht auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Zeit, gegen Neuerungen…, wenn man die Nachteile <strong>de</strong>s Internets kennzeichnet<br />

(neben <strong>de</strong>m Nutzen im Auffin<strong>de</strong>n von Informationen. Aber "Information" ist nicht die<br />

Sache selbst.).<br />

Ich schreibe das nicht "theoretisch", son<strong>de</strong>rn aus <strong>de</strong>r Erfahrung, dass von meinen veröffentlichten<br />

Grafiken diverse "Vignetten" ohne Urheber-Angaben weiterbenutzt wor<strong>de</strong>n sind; und ein englischer<br />

Cover-Designer hat ein Signet von mir für einen an<strong>de</strong>ren Buchumschlag mit an<strong>de</strong>rem Inhalt<br />

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