Kollege Namgel - 4-Seasons.de
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88 <strong>Kollege</strong> Globetrotter<br />
Von Montag bis Freitag bleibt <strong>Namgel</strong> in <strong>de</strong>r Schule. Bis auf <strong>de</strong>n<br />
Unterricht muss sich <strong>de</strong>r Zehnjährige dort um alles selber kümmern,<br />
Brennholz, Kleidung und Nahrung von daheim mitschleppen.<br />
Will gar nicht auf <strong>de</strong>n Everest – <strong>Namgel</strong> träumt »nur« von einem 7000er.<br />
Familienbild mit Platzhalter – <strong>de</strong>r Papa, Bru<strong>de</strong>r und Mann muss knipsen.<br />
Uns Europäern erscheint es als ein Leben aus<br />
längst vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rten. Für <strong>Namgel</strong><br />
ist es Alltag. Dabei geht es <strong>Namgel</strong> gut.<br />
Seine Familie ist verhältnismäßig wohlhabend<br />
und legt auf schulische Bildung großen Wert.<br />
Die Grundschule ist gleich im Dorf, keine zwei<br />
Minuten von zu Hause. Mit zehn Jahren darf er<br />
in die weiterführen<strong>de</strong> Schule, eine nagelneue<br />
Schule, von Sir Edmund Hillary erbaut. Für die<br />
zehn Kilo meter dorthin braucht <strong>Namgel</strong> eine<br />
Stun<strong>de</strong>. Von Montag bis Freitag bleibt <strong>Namgel</strong><br />
in <strong>de</strong>r Schule. Bis auf <strong>de</strong>n Unterricht muss sich<br />
<strong>de</strong>r Zehnjährige dort um alles selber kümmern,<br />
Brennholz, Kleidung und Nahrung von daheim<br />
mitschleppen.<br />
Die Last mit <strong>de</strong>r Last<br />
<strong>Namgel</strong>s Heimatdorf liegt an einer Trekking-<br />
Route über Lukla und Namche Bazaar zum<br />
Everest-Basislager. Seit <strong>Namgel</strong> <strong>de</strong>nken kann,<br />
pilgerten westliche Touristen vor und nach<br />
<strong>de</strong>r Monsunzeit an Großmutters Haus vorbei.<br />
Einig e von <strong>Namgel</strong>s Verwandten sind Führer<br />
o<strong>de</strong>r Träger. Auch <strong>Namgel</strong> startet eine Karriere<br />
bei seinem Onkel, <strong>de</strong>r für das <strong>de</strong>utsche Reiseunternehmen<br />
Hauser Exkursionen Touren leitet.<br />
<strong>Namgel</strong> verdingt sich auch als Träger, schleppt<br />
als Zwölfjähriger Lasten bis zu 80 Kilogramm<br />
vier Tage hinau f nach Namche Bazaar. Eine entsetzliche<br />
Schin<strong>de</strong>rei, selbst für einen Sherpa.<br />
Nach <strong>de</strong>r Schule lernt <strong>Namgel</strong> das Trekking-<br />
Busines s von <strong>de</strong>r Pike auff. Er arbeitet als Küchenjunge,<br />
Träger und schließlich als Assistent seines<br />
Onkels, muss das Lager auf- und abbauen, <strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>n mit Rat und Tat zur Seite stehen. Seit <strong>de</strong>r<br />
vierten Klasse hatte <strong>Namgel</strong> Englisch in <strong>de</strong>r Schule,<br />
aber viele Kun<strong>de</strong>n von Hauser Exkursionen<br />
sind Deutsche, also lernt er auch ein paar Brocken<br />
Deutsch. Fünf Jahre sammelt <strong>Namgel</strong> Erfahrungen,<br />
dann macht er die offizielle Ausbildung zum geprüften<br />
Trekkinggui<strong>de</strong>, einem äußerst angesehenen<br />
Beruf in Nepal. Die Nepal Mountaineering<br />
Association (NMA), vergleichbar mit <strong>de</strong>m Alpenverein,<br />
bietet Einheimischen diese Ausbildung in<br />
Kooperation mit <strong>de</strong>n örtlichen Hotelverbän<strong>de</strong>n<br />
und westlichen Trekkingexperten an. <strong>Namgel</strong> lernt<br />
in einem vierwöchigen Kurs in Kathmandu, worauf<br />
man mit Kun<strong>de</strong>n von 16 bis 80 Jahren zu achten<br />
hat, wie man Erste Hilfe leistet, eine gute Service-<br />
Mannschaft zusammenstellt und eine Trekkingtour<br />
von Anfang bis En<strong>de</strong> reibungslos und zur Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />
aller Kun<strong>de</strong>n durchführt. <strong>Namgel</strong> besteht<br />
die Prüfung mit Bravour. Die Ausgaben für die<br />
Ausbildung belaufen sich auf etwa 100 Euro. Das<br />
klingt nicht nach viel Geld, doch ein Träger verdient<br />
nur etwa drei Euro pro Tag und die Saison dauert<br />
gera<strong>de</strong> mal vier Monate. Aber es ist eine gute<br />
Inves tition, <strong>de</strong>nn auf Nepals Trekkingpfa<strong>de</strong>n stellt<br />
das Schicksal die Weichen für <strong>Namgel</strong>s Zukunft.<br />
Auf einer dreiwöchigen Tour lernt <strong>Namgel</strong> Eva-<br />
Maria kennen, eine junge Frau aus Deutschland.<br />
Eva-Maria ist Kundin, <strong>Namgel</strong> ist Gui<strong>de</strong>. Die bei<strong>de</strong>n<br />
verlieben sich ineinan<strong>de</strong>r. Eva-Maria kehrt in <strong>de</strong>n<br />
kommen<strong>de</strong>n Jahren mehrfach nach Nepal zurück<br />
und auch <strong>Namgel</strong> besucht Eva-Maria in Deutschland.<br />
2000 wird Eva-Maria schwanger, Zeit für eine<br />
Entscheidung. Bei<strong>de</strong> sehen keine Zukunft für eine<br />
junge Familie in Nepal. <strong>Namgel</strong> entschließt sich<br />
nach Deutschland zu ziehen. In <strong>de</strong>n Bergen Nepals<br />
kommt es zuvor noch zu einer weiteren folgenschweren<br />
Begegnung. Während einer Dhaulagiri-<br />
Umrundung mit 60 Kun<strong>de</strong>n arbeitet <strong>Namgel</strong> als<br />
Gui<strong>de</strong> für Hauser Exkursionen und lernt <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />
Reiseleiter Martin Radwanski kennen. Martin<br />
ist nicht nur Reiseführer, son<strong>de</strong>rn arbeitet halbtags<br />
bei Globetrotter.<br />
(Anm. <strong>de</strong>r Red.: Martin war »<strong>Kollege</strong> Globetrotter«<br />
in 4-<strong>Seasons</strong> Nr. 1, www.sendme.to/radwanski)<br />
Vom Himalaja zum Han<strong>de</strong>lsfachwirt<br />
<strong>Namgel</strong>s Frau arbeitet beim Kartellamt in Bonn,<br />
das Rheinland wird seine neue Heimat. Martin<br />
Radwansk i stellt für <strong>Namgel</strong> <strong>de</strong>n Kontakt zur<br />
Globe trotter-Filiale in Bonn her und <strong>Namgel</strong> bekommt<br />
2002 auf Anhieb eine Aushilfsstelle. Keine<br />
drei Monate später kann er eine Ausbildung zum<br />
Einzelhan<strong>de</strong>lskaufmann beginnen. <strong>Namgel</strong> drückt<br />
erneut die Schulbank und verkauft bei Globetrotter<br />
Schuhe, Zelte und Rucksäcke. Ein Jahr später<br />
schließt er eine Ausbildung zum Han<strong>de</strong>lsfachwirt<br />
an. Als 2006 die Kölner Filiale im Olivan<strong>de</strong>nhof