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Rückbau des Kernkraftwerkes Stade - E.ON AG

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<strong>Stade</strong><br />

Stilllegung und <strong>Rückbau</strong> <strong>des</strong> Kernkraftwerks –<br />

vom Kernkraftwerk zur „Grünen Wiese“


Inhaltsverzeichnis<br />

3 | Kurze Biographie <strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong><br />

4 | Was bedeuten<br />

Stilllegung und <strong>Rückbau</strong>?<br />

5 | Warum wurde das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> stillgelegt?<br />

Wirtschaftliche Gründe<br />

6 | Hat man schon Erfahrung<br />

mit dem <strong>Rückbau</strong> von Kernkraftwerken?<br />

<strong>Rückbau</strong>konzepte<br />

Wissen aus Erfahrung<br />

Stillgelegte und rückgebaute Anlagen in Deutschland<br />

Reaktorkonzepte<br />

Besonderheiten <strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong><br />

12 | Wie geht der <strong>Rückbau</strong> vor sich?<br />

Vom Leistungsbetrieb zur Stilllegung:<br />

der Nachbetrieb<br />

<strong>Rückbau</strong>phasen I - IV<br />

Konventioneller <strong>Rückbau</strong> (Phase V)<br />

Zeitlicher Ablauf<br />

20 | Was bedeutet<br />

der <strong>Rückbau</strong> für das Kraftwerkspersonal?<br />

Geänderte Anforderungen an die Personalstruktur<br />

Personalabbau<br />

22 | Was passiert mit dem abgebauten Material?<br />

Entsorgungsziele<br />

<strong>Rückbau</strong>massen<br />

Zerlegung und Zerkleinerung<br />

Dekontamination<br />

Freigabe<br />

Radioaktive Abfälle<br />

28 | Was passiert mit den frei werdenden Flächen?<br />

Die „Grüne Wiese“<br />

30 | Welche rechtlichen Randbedingungen<br />

gibt es für den <strong>Rückbau</strong>?<br />

Vorschriften und Gesetze<br />

Genehmigungsverfahren<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

32 | Kurz vorgestellt:<br />

das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong>


Kurze Biographie <strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong>


3<br />

28. Juli 1967 Beantragung der Errichtung und <strong>des</strong> Betriebs<br />

<strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong> durch die Nordwestdeutsche Kraftwerke <strong>AG</strong><br />

Oktober 1967 Auftragserteilung an die Siemens <strong>AG</strong> zur schlüsselfertigen Errichtung<br />

17. November 1967 Baubeginn nach Erteilung der Genehmigung für Erdarbeiten<br />

März 1968 Gründung der Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> GmbH<br />

Juni 1971 Durchführung der nichtnuklearen Inbetriebsetzung<br />

7. Januar 1972 Genehmigung für die nukleare Inbetriebsetzung<br />

8. Januar 1972 Einleitung der 1. Kritikalität<br />

29. Januar 1972 Erste Stromeinspeisung ins öffentliche Netz<br />

26. März 1972 Erster Test bei Volllast<br />

19. Mai 1972 Übergabe an die Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> GmbH und Beginn<br />

<strong>des</strong> kommerziellen Leistungsbetriebes<br />

Seit 1984 Fernwärmeauskopplung für einen benachbarten Salinenbetrieb<br />

Herbst 2000 Entscheidung der E.<strong>ON</strong> Kernkraft GmbH und der HEW <strong>AG</strong><br />

zur Stilllegung und zum Direkten <strong>Rückbau</strong> der Anlage aus wirtschaftlichen<br />

Gründen ab Herbst 2003<br />

Juli 2001 Antrag auf Stilllegung und <strong>Rückbau</strong> (Phase I)<br />

14. November 2003 Abschaltung nach Gesamterzeugung von 152.460.660 MWh (brutto)<br />

2004 bis 2008 Weitere Anträge zum <strong>Rückbau</strong> (Phasen II bis IV)<br />

7. September 2005 Genehmigung <strong>des</strong> nuklearen <strong>Rückbau</strong>s (Phase I)<br />

Sommer 2007 Inbetriebnahme <strong>des</strong> Lagers für radioaktive Abfälle<br />

Ende 2014 Entlassung aus der atomrechtlichen Überwachung<br />

Bis Ende 2015 Konventioneller Abriss der Gebäude


Was bedeuten Stilllegung und <strong>Rückbau</strong>?<br />

Stilllegung im weiteren Sinne<br />

Stilllegung im engeren Sinne<br />

_ endgültige Abschaltung<br />

<strong>des</strong> Reaktors<br />

_ endgültige Abschaltung<br />

aller weiteren Anlagen<br />

<strong>Rückbau</strong><br />

_ Zerlegung, Dekon tamination<br />

und Abtransport<br />

der Reststoffe<br />

Ein Kernkraftwerk stillzulegen bedeutet, dass das<br />

Kraftwerk endgültig abgeschaltet wird.<br />

Abgeschaltete Kern kraft werke werden „rückgebaut“:<br />

Nach und nach werden sie in ihre Bestandteile<br />

zerlegt, die dann, ab hängig vom Grad ihrer Konta mi -<br />

na tion, weiterbehandelt, verpackt und ab transportiert<br />

werden. Am Ende <strong>des</strong> Rück bau pro zesses ist der Stand -<br />

ort vollstän dig freigeräumt; die Flächen können ohne<br />

Einschränkung neu genutzt werden.<br />

Unter dem Begriff der Stilllegung wird häufig<br />

auch der ge sam te Vorgang zusam men gefasst, der im<br />

An schluss an die Be triebs zeit im Kern kraft werk<br />

ab läuft. Darun ter fällt dann außer der endgültigen<br />

Ab schal tung auch der gesamte Rück bau pro zess.


5<br />

Warum wurde das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> stillgelegt?<br />

Aus technischer Sicht gab es keinen Grund für die Still legung <strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong>,<br />

die Entschei dung zur Stilllegung fiel ausschließlich aufgrund wirt schaftlicher Betrachtungen.<br />

Bereits im Juli 2001 wurde der Genehmigungsantrag für die erste Phase <strong>des</strong> <strong>Rückbau</strong>s,<br />

den Restbetrieb der Anlage und die Errichtung <strong>des</strong> Zwischenlagers für radioaktive Abfälle,<br />

die in den Phasen <strong>des</strong> nuklearen <strong>Rückbau</strong>s anfallen, gestellt.<br />

Einflussfaktoren auf die Stilllegung eines Kernkraftwerks<br />

politische<br />

rechtliche<br />

technische<br />

wirtschaftliche<br />

_ Vereinbarung<br />

zur Kernenergie<br />

_ Atomgesetz<br />

_ Strahlenschutzverordnung<br />

_ Lebensdauer<br />

wichtiger Komponenten<br />

_ Überkapazitäten<br />

_ Freier Strommarkt<br />

_ Wasserpfennig<br />

Wirtschaftliche Gründe<br />

Nach der Liberalisierung <strong>des</strong> Strommarktes nahm<br />

die E.<strong>ON</strong> Energie <strong>AG</strong> insgesamt 4.800 MW unwirtschaftliche<br />

Kapazitäten vom Netz, darunter auch das<br />

Kernkraftwerk <strong>Stade</strong>.<br />

Die Anlage lieferte mit 630 MW (net to) etwa halb<br />

soviel Leistung wie die meisten anderen deutschen<br />

Kern kraftwerke, erforderte jedoch nicht im gleichen<br />

Verhältnis weniger Aufwand.<br />

Auch der niedersächsische Wasserpfennig spielte<br />

bei der Stilllegungsentscheidung eine Rolle. Diese Ab -<br />

gabe auf das aus der Elbe entnommene Kühlwasser<br />

verursachte für das Kernkraft werk <strong>Stade</strong> Kosten in<br />

Höhe von etwa 8 Millionen Euro im Jahr.<br />

Nach der Vereinbarung zum künftigen Betrieb<br />

der Kernkraftwerke hätte das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong><br />

ohnehin be reits im Jahr 2004 seine Reststrommenge<br />

ausge schö p ft, so dass die Stilllegung im Jahr 2003<br />

eine Ver kürzung der Laufzeit lediglich um circa<br />

ein Jahr darstellte.


Hat man schon Erfahrung<br />

mit dem <strong>Rückbau</strong> von Kernkraftwerken?<br />

Der wirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie in<br />

Deutschland gingen umfassende Forschungen mit<br />

radioaktiven Stoffen sowie mit unterschiedlichen<br />

Reaktoren voraus. So ist der Umgang mit radioaktiv<br />

belasteten Bau werken, Ma schi nen, Armaturen und<br />

Aggregaten kein Neuland mehr.<br />

Stilllegungen wurden hierzulande bereits geneh<br />

migt und durchgeführt. Dabei konnten die verschiedensten<br />

Verfahren erprobt werden. Auch das<br />

Aus land sammelte umfassende Still legungs erfah run -<br />

gen – hier von profitieren auch Stilllegungs aufgaben<br />

in Deutschland.


7<br />

Stilllegung von Kernkraftwerken<br />

Betrieb<br />

Nachbetriebsphase<br />

Herbeiführung <strong>des</strong> sicheren<br />

Einschlusses<br />

Direkter <strong>Rückbau</strong><br />

<strong>Rückbau</strong>konzepte<br />

Bereits Mitte der 70er Jahre erarbeiteten die Betrei -<br />

ber von Kernkraftwerken konzeptionelle Studien zur<br />

Stilllegung von Anlagen. Dabei wurden zwei Grund -<br />

varianten entwickelt und analysiert: der „<strong>Rückbau</strong> nach<br />

sicherem Einschluss“ und der „Direkte <strong>Rückbau</strong>“.<br />

Bei der ersten Methode wird das Kraftwerk zu -<br />

nächst für einige Jahre in einen sicheren Ein schluss -<br />

zustand versetzt, um die noch vorhandene Radio -<br />

aktivität teilweise abklingen zu lassen. Der <strong>Rückbau</strong><br />

selbst erfolgt dann unter etwas günstigeren radiologischen<br />

Bedingungen als beim Direkten <strong>Rückbau</strong>.<br />

Der Direkte <strong>Rückbau</strong> dagegen beinhaltet, wie der<br />

Begriff schon sagt, den <strong>Rückbau</strong> <strong>des</strong> Kernkraftwerks<br />

direkt nach seiner Außerbe trieb nahme. Diese Metho -<br />

de bietet den Vorteil, die betriebliche Systemtechnik<br />

zur Vorbereitung der <strong>Rückbau</strong> maß nahmen, zum Bei -<br />

spiel bei der Dekontamination, nutzen zu können.<br />

Möglich sind auch Mischformen aus beiden Varian -<br />

ten, indem man zum Beispiel nur Teile der Anlage in<br />

einen sicheren Einschluss versetzt.<br />

Sicherer Einschluss<br />

(ca. 30 Jahre)<br />

<strong>Rückbau</strong>


8<br />

Wissen aus Erfahrung<br />

In Deutschland sind bereits einige Kernkraftwerke endgültig stillgelegt<br />

worden, zwei davon wurden bereits vollständig bis zur „Grünen Wiese“<br />

rückgebaut. Die nebenstehende Ab bildung zeigt eine Übersicht.<br />

Bereits rückgebaute Anlagen sind blau gekennzeichnet.<br />

Wie unter anderem der <strong>Rückbau</strong> <strong>des</strong> Kern kraft werks<br />

Würgassen zeigt, ist auch die Metho de <strong>des</strong> Direkten<br />

<strong>Rückbau</strong>s problemlos beherr sch bar. Da sie den Vorteil<br />

<strong>des</strong> Erhalts von Arbeitsplätzen, damit <strong>des</strong> Know-how-<br />

Erhalts bietet und die Anlagen kenntnisse <strong>des</strong> Perso -<br />

nals zur Effektivität <strong>des</strong> Abbaus beitragen können,<br />

wurde sie auch für das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> gewählt.<br />

Im Unterschied zum Kernkraftwerk Würgassen<br />

handelt es sich beim Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> um eine<br />

Anlage mit Druck was se r reaktor. Dieser Unterschied<br />

soll im Folgenden kurz beschrieben werden.


9<br />

Stillgelegte und rückgebaute Anlagen in Deutschland<br />

Kernkraftwerk <strong>Stade</strong><br />

(Druckwasserreaktor)<br />

Kernkraftwerk Greifswald<br />

(Druckwasserreaktor)<br />

Kernkraftwerk Rheinsberg<br />

(Druckwasserreaktor)<br />

Kernkraftwerk Lingen<br />

(Siedewasserreaktor)<br />

AVR-Versuchskraftwerk Jülich<br />

(Hochtemperaturreaktor)<br />

Kernkraftwerk Würgassen<br />

(Siedewasserreaktor)<br />

THTR-300 Hamm-Uentrop<br />

(Hochtemperaturreaktor)<br />

Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich<br />

(Druckwasserreaktor)<br />

Heißdampfreaktor (HDR)<br />

Großwelzheim<br />

Kernkraftwerk Kahl<br />

(Siedewasserreaktor)<br />

Kernkraftwerk Obrigheim<br />

(Druckwasserreaktor)<br />

Mehrzweckforschungsreaktor (MZFR)<br />

Karlsruhe (Druckwasserreaktor)<br />

Kompakte Natriumgekühlte Kernreaktoranlage I/II<br />

(KNK) Karlsruhe<br />

Kernkraftwerk Gundremmingen A<br />

(Siedewasserreaktor)<br />

Kernkraftwerk Niederaichbach<br />

(Schwerwasserreaktor)<br />

rückgebaute Anlage<br />

stillgelegte Anlage


10<br />

Reaktorkonzepte<br />

In Kernkraftwerken mit Druckwasser reaktor beheizt<br />

der Reaktor einen eigenen geschlossenen Kühl kreis -<br />

lauf, den so genannten Primärkreislauf. In einem<br />

Wärme tauscher wird die Energie <strong>des</strong> Primär krei ses<br />

auf einen zweiten Kreislauf übertragen, den Sekun -<br />

därkreislauf. Der dabei im Sekundärkreis entstehende<br />

Dampf wird auf die Turbinen geleitet. Auf diese<br />

Weise sind die Turbinen vom Primärkreis ge trennt,<br />

was den Umgang mit ihnen erheblich vereinfacht.<br />

Diese Trennung von radiologisch möglicherweise<br />

belastetem und unbelastetem Teil findet sich<br />

sinnvollerweise auch in der Gebäudeaufteilung wieder:<br />

Lediglich das Reaktorgebäude und das Reaktor -<br />

hilfs an lagengebäude gehören zum so genannten<br />

Kontrollbereich. Das Maschinenhaus mit den Turbi -<br />

nen und dem Generator befindet sich außerhalb<br />

<strong>des</strong> Kontroll bereichs.<br />

In der unten stehenden Abbildung wird der Unter -<br />

schied zu einem Kernkraftwerk mit Siedewasser -<br />

reaktor (wie etwa dem Kernkraftwerk Würgassen)<br />

noch einmal deutlich. Bei diesem umschließt der<br />

Kontrollbereich (grau hinterlegt) den gesamten<br />

Block einschließlich <strong>des</strong> Maschi nenhauses.<br />

Bei einem Kernkraftwerk mit Druckwasserreaktor<br />

wie <strong>Stade</strong> erkennt man gut die Trennung von<br />

Reaktor ge bäu de und Maschinenhaus.<br />

Kontrollbereiche<br />

Druckwasserreaktor-Anlage<br />

1<br />

2<br />

Siedewasserreaktor-Anlage<br />

1 2<br />

Kontrollbereich<br />

1 Maschinenhaus<br />

2 Reaktorgebäude


11<br />

Besonderheiten <strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong><br />

Das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> war das erste rein kommerzielle<br />

Kernkraftwerk der Bun<strong>des</strong>republik mit Druck -<br />

wasserreaktor. Seine Leistung war etwa um die<br />

Hälfte niedriger als die Leistung späterer Anlagen.<br />

Dennoch war es zum Zeitpunkt seiner<br />

Inbetriebnahme das leistungsstärkste Kernkraftwerk<br />

mit Druckwasserreaktor in der Bun<strong>des</strong>republik.<br />

Seit 1984 gab es noch eine weitere Besonderheit:<br />

Das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> versorgte als einziges Kern -<br />

kraftwerk in Deutschland einen nahe gelegenen Sali -<br />

nenbetrieb mit Prozesswärme. Diese Versorgung fand<br />

über den Tertiärkreislauf, die so genannte Dampf aus -<br />

koppelung, statt. Durch die Dampfaus kopplung er -<br />

höhte sich der Gesamtwirkungs grad der Anlage.<br />

Druckwasserreaktor<br />

4<br />

4<br />

5<br />

6<br />

3<br />

3<br />

10<br />

11<br />

1<br />

1<br />

7<br />

2<br />

9<br />

10<br />

9<br />

8<br />

12<br />

13<br />

14<br />

1 Reaktordruckbehälter<br />

2 Umwälzpumpe<br />

3 Dampferzeuger<br />

4 Wasserabscheider und<br />

Zwischenüberhitzer<br />

5 Turbinensatz<br />

6 Generator<br />

7 Transformator<br />

8 Kondensator<br />

9 Wärmetauscher<br />

10 Vorwärmanlage<br />

11 Speisewasserpumpe<br />

12 Kühlwasserpumpe<br />

13 Kühlwasserreinigung<br />

14 Kraftschlussbecken


Wie geht der <strong>Rückbau</strong> vor sich?<br />

Für den <strong>Rückbau</strong> einer großen Anlage ist ebenso<br />

wie für den Bau eine genaue Planung erforderlich,<br />

damit nach und nach alle Anlagenteile entfernt<br />

werden können. Von besonderer Bedeu tung ist bei<br />

Kern kraftwerken dabei die Unterscheidung zwischen<br />

nuklearen und nichtnuklearen Anlagenteilen.


13<br />

Die meisten nicht von Strahlung betroffenen Anla<br />

gen teile könnten sofort nach der Stilllegung <strong>des</strong><br />

Kraftwerks abgebaut werden, soweit die Systeme<br />

für den weiteren Ablauf <strong>des</strong> <strong>Rückbau</strong>s nicht mehr<br />

erforderlich sind.<br />

Vom Leistungsbetrieb zur Stilllegung:<br />

der Nachbetrieb<br />

Der Übergang <strong>des</strong> Kraftwerks vom Leistungsbetrieb<br />

in die Phase <strong>des</strong> Anlagenabbaus war mit einigen Än -<br />

derungen in den Betriebsabläufen verbunden. Damit<br />

das reibungslos geschehen konnte, war eine Über -<br />

gangs phase von circa anderthalb Jahren vor gesehen,<br />

die so genannte Nachbetriebsphase. Die in dieser Zeit<br />

durch geführten Arbeiten dienten der Vorbereitung<br />

<strong>des</strong> Ab baus der nuklearen Anlagenteile:<br />

_ Abtransport der Brennelemente<br />

_ Systemdekontamination<br />

_ Dekontamination von Groß komponenten<br />

_ Freischaltung und Stilllegung von Systemen,<br />

die nicht mehr erforderlich waren<br />

Nach Abschluss dieser Phase und nach erfolgter<br />

Genehmigung für die Stilllegung begann für das<br />

Kraft werk der <strong>Rückbau</strong> der nuklearen Anlagen teile.<br />

Dieser erstreckt sich über vier Pha sen, die nach<br />

geltendem Recht jeweils einzeln genehmigungsbedürftig<br />

sind.


14<br />

<strong>Rückbau</strong>phase I<br />

1<br />

1<br />

3<br />

4<br />

2<br />

1 Materialschleuse und Umluftanlage<br />

2 Flutwasserbehälter<br />

3 Regelstabführung und Regelstabeinsatz<br />

4 Druckspeicher<br />

In der ersten <strong>Rückbau</strong>phase werden im Kon troll -<br />

bereich neben dem Auf bau der Logistik schon möglichst<br />

viele nicht mehr benötigte Systeme abgebaut.<br />

Auf diese Weise steht für die späteren Arbeiten<br />

mehr Platz zur Verfü gung. Andere Arbeiten dienen<br />

bereits der Vor bereitung für den späteren Abbau<br />

der großen Komponenten.<br />

Die Abbildung zeigt einen Teil der Systeme,<br />

die in dieser Phase abgebaut werden:<br />

_ Durch den Abbau der Flutwasser behälter für<br />

die Be speisung <strong>des</strong> Primärkreislaufs beim An- und<br />

Abfahren wird Platz für die Behandlung und Puffer -<br />

lage rung der Reststoffe aus dem <strong>Rückbau</strong><br />

geschaffen.<br />

_ Nach Ausbau der Regelstabführun gen und der<br />

Regelstab einsätze steht auch im Reak t o r raum mehr<br />

Platz zur Verfügung. Dabei handelt es sich ebenfalls<br />

um kleinere, leicht zu demontierende Komponen ten.<br />

_ Die Druckspeicher werden ebenfalls abgebaut.<br />

_ Weitere kontaminierte Systeme, die für den Restbetrieb<br />

nicht mehr genutzt werden, können abgebaut<br />

werden.<br />

Zusätzlich zu den bereits genannten Systemen<br />

werden bereits nichtnukleare Anlagenteile wie<br />

Frisch dampf- und Speisewassersystem, Notstrom -<br />

diesel, Turbinen- und Generator kom ponenten<br />

abgebaut.


15<br />

<strong>Rückbau</strong>phase II<br />

1<br />

2<br />

1 Dampferzeuger<br />

2 Primärkühlmittelleitungen einschließlich der Pumpen<br />

In der zweiten <strong>Rückbau</strong>phase wird zunächst der Ab -<br />

bau von Großkomponenten vorbereitet. Dann erfolgt<br />

der Abbau. Bei den betroffenen Anlagen teilen handelt<br />

es sich um<br />

_ die Primärkühlmittelleitungen einschließlich der<br />

Pumpen<br />

_ die Dampferzeuger<br />

Diese Anlagenteile sind in der Abbildung beispielhaft<br />

hervorgehoben. Weiterhin werden noch andere<br />

konta minierte Kompo nenten abgebaut, die in dieser<br />

Darstellung nicht zu erkennen sind.


16<br />

<strong>Rückbau</strong>phase III<br />

1<br />

2<br />

3<br />

1 Betonriegel<br />

2 Reaktordruckbehälter<br />

3 Betonabschirmung<br />

Die dritte <strong>Rückbau</strong>phase beinhaltet den Abbau der<br />

am stärksten belasteten Komponenten. Diese sind<br />

durch die aus dem Reaktor entweichenden Neutro nen<br />

aktiviert worden, das heißt die Aktivität ist fest in das<br />

Material eingebunden und kann nicht durch Dekont a -<br />

mination entfernt werden. In der Abbildung sind<br />

diese Komponenten hervorgehoben:<br />

_ der Reaktordruckbehälter<br />

_ die Betonabschirmung um den Reaktordruck -<br />

behälter (der so genannte Biologische Schild)<br />

Dazu kommen weitere feste und bewegliche Ein bau -<br />

ten <strong>des</strong> Reaktordruckbehälters sowie die Betonriegel<br />

zur Abschirmung <strong>des</strong> Reaktorraumes und die Gestelle<br />

im ehemaligen Brennelementlagerbecken.


17<br />

<strong>Rückbau</strong>phase IV<br />

1<br />

3<br />

2<br />

4 5<br />

1 Krananlage<br />

2 Wechselbühne<br />

3 Schalldämpfer<br />

4 Lüftung<br />

5 Abwasseraufbereitung<br />

In der letzten Phase <strong>des</strong> nuklearen <strong>Rückbau</strong>s werden<br />

alle noch verbliebenen Systeme im Kontrollbereich<br />

abgebaut. Zuletzt abgebaut werden die Abwasser auf -<br />

bereitung und die Abluftanlage.<br />

Verbliebene Gebäu<strong>des</strong>trukturen werden gereinigt<br />

und de kontaminiert, bis sie die Anforderungen an die<br />

Freigabe erfüllen. So ergibt sich eine stufenweise Ver -<br />

kleinerung und schließlich Aufhebung <strong>des</strong> Kon troll -<br />

bereiches. Diesen Vorgang nennt man Rückzug.


18<br />

Elbe<br />

Geplante Rückzugsreihenfolge<br />

Schritt 1<br />

Sicherheitsbehälter<br />

Schritt 2<br />

Reaktorgebäude<br />

Schritt 3<br />

Hilfsanlagengebäude<br />

Schritt 4<br />

Kontrollbereichseingang,<br />

Kamin<br />

Als letzter Schritt wird bis zum Nachweis der Er füllung der Frei gabe -<br />

bedingungen das Gelände aufgeräumt und gereinigt. Da nach erfolgt dann<br />

die Ent las sung aus der atomrechtlichen Überwachung.<br />

Konventioneller <strong>Rückbau</strong><br />

Zum vollständigen <strong>Rückbau</strong> <strong>des</strong> Kernkraftwerks ist<br />

jetzt nur noch der Abbruch der Gebäude erforderlich.<br />

Da dazu keine atomrechtliche Geneh mi gung mehr<br />

benötigt wird, kann der Abbruch konven tionell<br />

erfolgen.<br />

Die aus dem Abbruch der Gebäude stammenden<br />

Beton- und Stahlmassen werden im Rahmen der<br />

Möglichkeiten einer Wiederverwertung zugeführt.<br />

Mit der Wiederherstellung der „Grünen Wiese“ wird<br />

der vollständige <strong>Rückbau</strong> <strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong><br />

abgeschlossen sein.


19<br />

Zeitlicher Ablauf<br />

Der eigentliche Leistungsbetrieb <strong>des</strong> Kernkraftwerks<br />

<strong>Stade</strong> endete am 14. November <strong>des</strong> Jahres 2003.<br />

Nach Abschluss der vorbereitenden Tätigkeiten<br />

begann für das Kraftwerk die so genannte Nach be -<br />

triebs phase. In dieser Phase wurden die letzten<br />

Brennelemente ab transportiert.<br />

Nach erfolgter Genehmigung werden in den<br />

bereits beschriebenen vier Phasen die Einrichtungen<br />

<strong>des</strong> Kontroll be reiches abgebaut. Diese Zeit <strong>des</strong> An -<br />

lagenrückbaus wird fast zehn Jahre in Anspruch nehmen<br />

und vermutlich erst Ende 2014 abgeschlossen<br />

werden. Nach der Entlassung aus der atomrechtlichen<br />

Überwachung werden nur noch die Gebäude<br />

stehen. Diese sollen im Jahr 2015 abgerissen werden.<br />

Die genannten Phasen sind unabhängig voneinander<br />

und können daher teilweise parallel ablaufen.<br />

Für die erste Phase wurde der Genehmigungs -<br />

antrag bereits im Juli 2001 gestellt.<br />

<strong>Rückbau</strong>fahrplan<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />

Betrieb<br />

Nachbetrieb<br />

Restbetrieb (direkter <strong>Rückbau</strong>)<br />

<strong>Rückbau</strong> von nichtnuklearen Anlagen<br />

Abriss<br />

Nuklearer <strong>Rückbau</strong><br />

Phase I<br />

Phase II<br />

Phase III<br />

Phase IV<br />

Lager für radioaktive Abfälle<br />

Bau Betrieb (bis max. 2045)


Was bedeutet der <strong>Rückbau</strong> für das Kraftwerkspersonal?


21<br />

Personalabbau<br />

Geänderte Anforderungen<br />

an die Personalstruktur<br />

<strong>Rückbau</strong>betrieb und Leistungsbetrieb unterscheiden<br />

sich erheblich in den erforderlichen Betriebs abläufen.<br />

Dies wirkt sich auf die Betriebsorganisation aus und<br />

damit auf die Personalstruktur und -stärke.<br />

Nachdem es während <strong>des</strong> Leistungsbetriebes<br />

der Anlage vor allem darum ging, einen sicheren und<br />

zu verlässigen Betrieb zu gewährleisten, werden während<br />

<strong>des</strong> <strong>Rückbau</strong>s bereits viele dafür er for derliche<br />

An lagenteile außer Betrieb genommen sein. Mit de ren<br />

Abbau wird es für einige Mitar bei ter auch ihr bisheriges<br />

Aufgabenfeld nicht mehr geben.<br />

Auf der anderen Seite wird es auch neue Auf -<br />

gabenfelder geben. So ist zum Beispiel Fach kennt nis<br />

im Umgang mit den Gerä ten für den Abbau erforderlich,<br />

ebenso ist eine personelle Verstär kung <strong>des</strong><br />

Strahlenschutzpersonals vonnöten. Insge samt wird<br />

sich jedoch mit der Zeit eine Verringerung<br />

der Personalstärke ergeben.<br />

Es wird versucht, der zu erwartenden Personal ent -<br />

wicklung mit zwei Maßnahmen gerecht zu werden.<br />

Die erste dieser Maßnahmen sind spezielle Ruhestan<br />

d s regelungen. Allerdings erfordert der <strong>Rückbau</strong><br />

noch gut ausgebildetes Fachperso nal. Nicht jeder,<br />

der eigentlich alt genug wäre, wird in den Ruhe stand<br />

wechseln können.<br />

Die zweite Maßnahme ist die Weiterbeschäf ti gung<br />

an anderen Standorten der E.<strong>ON</strong> Kernkraft GmbH.<br />

Dies bedeutet für den betroffenen Mitarbeiter einen<br />

Ortswechsel und die Einarbeitung in neue Tätig kei ten.<br />

Diese Möglich keit wird vor allem von jüngeren Mit -<br />

arbeitern angenommen werden.


Was passiert mit dem abgebauten Material?<br />

Der weitaus größte Teil <strong>des</strong> abgebauten Materials<br />

ist radiologisch nicht belastet und daher nichts anderes<br />

als gewöhnlicher Betonschutt oder Stahlschrott.<br />

Dies gilt auch für das im Kontrollbereich abgebaute<br />

Material. Dieses kann jedoch direkten Kontakt mit<br />

radiologischer Belastung gehabt haben, so dass hier<br />

ein genaues Untersuchungsverfahren für sämtliche<br />

Komponenten durchgeführt wird. Danach ist dann für<br />

jede Komponente einzeln zu entscheiden, welches<br />

Entsorgungsziel für sie in Frage kommt.<br />

Die weder kontaminierten noch aktivierten<br />

Teile können sofort in anderen Bereichen weiter<br />

verwendet oder verwertet werden. Zum Beispiel<br />

können die aus dem Abbruch der Gebäude stammenden<br />

Betonreste als Bauschutt wieder verwendet<br />

werden. Die meisten metallischen Anlagenteile<br />

fließen als Schrott wieder in den Rohstoffkreislauf<br />

zurück. Die unten stehende Abbildung stellt die<br />

wichtigsten Entsorgungs wege für die Reststoffe<br />

aus dem Kontrollbereich dar.<br />

Reststoffe<br />

aus dem Kontroll -<br />

bereich<br />

Verschiedene Messungen und Behandlungen<br />

Freigabe als Rest -<br />

stoff oder konven -<br />

ti oneller Abfall<br />

Kontrollierte<br />

Verwertung<br />

Radioaktiver<br />

Abfall


23<br />

Entsorgungsziele<br />

Es gibt unterschiedliche Entsorgungspfade<br />

für die im Kontrollbereich anfallenden Reststoffe,<br />

zum Beispiel:<br />

_ uneingeschränkte Freigabe zur Weiterverwendung<br />

oder -verwertung<br />

_ Freigabe von Metallschrott zur Rezyklierung unter<br />

Beachtung bestimmter Bedingungen<br />

_ Freigabe zur Entsorgung als konventioneller Abfall<br />

(Deponierung)<br />

_ kontrollierte Verwertung im kerntechnischen<br />

Bereich<br />

_ Entsorgung als radioaktiver Abfall<br />

Die Einteilung der abgebauten Komponenten in<br />

die aufgeführten Freigabe-Kategorien erfolgt gemäß<br />

den in der Strah lenschutzverordnung festgelegten<br />

Grenzwerten und Anforderungen.<br />

Nach einer ersten Charakterisierung wird zu -<br />

nächst das Entsorgungsziel festgelegt. Danach folgt<br />

die Zerlegung bzw. Zerkleinerung sowie gegebenenfalls<br />

die Dekontamination, um die Anforderungen<br />

für das Entsorgungsziel zu erfüllen.


24<br />

<strong>Rückbau</strong>massen<br />

Aus den Erfahrungen mit anderen, bereits rückgebauten<br />

Anlagen und mit genauer Kennt nis der Kraft -<br />

werks anlage lassen sich be reits Abschätzungen treffen,<br />

die recht nahe an den tatsächlichen Werten<br />

liegen werden.<br />

Eine solche Abschätzung ist von der E.<strong>ON</strong> Kernkraft<br />

GmbH für das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> durchgeführt<br />

worden und ergab die in der unteren Tabelle aufgeführten<br />

Werte.<br />

<strong>Rückbau</strong>massen<br />

198.000 t<br />

Nichtnuklearer<br />

Bereich<br />

Ausschnitt<br />

Nuklearer Bereich<br />

132.000 t<br />

Nuklearer<br />

Bereich<br />

97,3 % Freigabe<br />

0,4 % Kontrollierte<br />

Verwertung<br />

2,3 % Radioaktiver<br />

Abfall<br />

Bereich<br />

in t<br />

Freigabe<br />

(eingeschränkt und<br />

un ein geschränkt)<br />

Kontrollierte<br />

Verwertung und<br />

Wiederverwendung<br />

Radioaktiver Abfall<br />

Summe<br />

Nuklearer Bereich 128.436 (97,3%) 528 (0,4 %) 3.036 (2,3%) 132.000 (100 %)<br />

Nichtnuklearer Bereich 198.000 - - 198.000<br />

Summe 326.436 528 3.036 330.000


25<br />

Dekontamination<br />

Bei radioaktiver Belastung von Komponenten handelt<br />

es sich in den meisten Fällen nur um eine Ober flä chenkontamination.<br />

Um eine Dekontamination zu erleichtern,<br />

wurden bereits beim Bau <strong>des</strong> Kernkraftwerks<br />

die Oberflächen vieler Bauteile mit einem porenfüllen -<br />

den Spezialanstrich versehen. Diese Bauteile kann<br />

man zu meist schon durch gründliches Abwaschen<br />

oder Ab reiben vollständig dekontaminieren. Durch<br />

Risse und Poren ins Material tiefer eingedrungene<br />

Kontamina tion wird mechanisch oder chemisch<br />

entfernt. Folgen de Techniken kommen dabei zum<br />

Einsatz:<br />

_ Stahlkiesstrahlen<br />

_ Hochdruckwasserstrahlen<br />

_ Spülen mit chemischen Lösungen<br />

Zerlegung und Zerkleinerung<br />

Beim <strong>Rückbau</strong> müssen teilweise sehr große Anlagen -<br />

teile zerlegt werden. Für die Arbeiten kommen die im<br />

konventionellen Bereich bewährten Geräte wie große<br />

Sägen, Hydraulikscheren, Schneidbrenner und Blech -<br />

schredder zum Einsatz. Zur Vermeidung von Aerosol -<br />

freisetzungen werden dabei bevorzugt langsam laufende<br />

mechanische Geräte eingesetzt.<br />

Die Geräte werden in verschiedenen Raum berei -<br />

chen in funktioneller Kombination aufgestellt, d.h. die<br />

Bereiche für Zerlegung, Dekontamination und Abfall -<br />

behandlung werden auch in dieser Reihenfolge angeordnet.<br />

Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl der<br />

ein zusetzenden Techniken ist es, die radiologische<br />

Be lastung für das Personal zu minimieren. Dazu sollen<br />

bei den Arbeiten Staub und Schmutz vermieden<br />

werden; gegebenenfalls finden Arbeiten in lüftungstechnisch<br />

getrennten Bereichen oder Containern<br />

statt. Die Luft am Arbeitsplatz wird abgesaugt und<br />

über Filteranlagen abgeleitet. So wird sichergestellt,<br />

dass keine Radioaktivität im Kraftwerk verschleppt<br />

wird; gleichzeitig ist der erforderliche Schutz für die<br />

Um gebung gewährleistet.<br />

Nach Möglichkeit werden die Komponenten in<br />

handhabbare Teilstücke zerlegt, die dann in Gitter -<br />

boxen zur weiteren Behandlung transportiert werden<br />

können. Grundsätzlich wird zunächst alles gereinigt.<br />

Anschließend wird mit hochempfindlichen Mess ge -<br />

räten Aktivität oder Kontamination <strong>des</strong> Materials e r-<br />

mittelt. Je nach Messergebnis wird das Material di -<br />

rekt der für die Freigabe notwendigen Entschei dungs -<br />

messung zugeführt oder vorher dekontaminiert.<br />

Das Trockenstrahlverfahren mit Stahlkies ist ein hochwirksames<br />

Dekontaminationsverfahren für zerlegte<br />

Komponenten mit leicht zugänglichen Oberflächen.<br />

Stecknadelkopfgroße Stahlkörner werden mit nahezu<br />

Schallgeschwindigkeit auf das zu reinigende Material<br />

gestrahlt, so dass die Oberfläche regelrecht abgeschmirgelt<br />

wird.<br />

Durch Spülen mit chemischen Lösungen sollen<br />

komplette Teilsysteme vor der Demontage dekontaminiert<br />

werden.<br />

Bei beiden Verfahren können kontaminierte Par -<br />

tikel leicht vom Stahlkies bzw. der chemischen Lösung<br />

isoliert werden. Dadurch entsteht ein Minimum an<br />

radioaktiven Sekundärabfällen. Durch die Dekon ta mi -<br />

nation sinkt außerdem die Strahlenbelastung <strong>des</strong><br />

Kraftwerkspersonals bei den nachfolgenden Arbeits -<br />

schritten. Die Dekontamination wird auf das jeweilige<br />

Entsorgungsziel abgestimmt.


26<br />

Freigabe<br />

An die uneingeschränkte Freigabe als konventioneller<br />

Reststoff sind hinsichtlich der erlaubten Strahlungs -<br />

aktivität besonders hohe Anforderungen geknüpft.<br />

Das Material durchläuft eine Abfolge von<br />

Messungen:<br />

_ Nach der bereits erfolgten Voruntersuchung auf<br />

vorhandene Radioaktivität, der Zerlegung bzw. Zer -<br />

kleinerung und der Dekontamination wird das Mate -<br />

rial zunächst einer Orientierungsmessung zugeführt.<br />

Dabei handelt es sich um eine Direktmessung auf<br />

Oberflächenkontamination, mit der vor allem die<br />

Aktivitätsverteilung bestimmt werden soll.<br />

_ Mit der Entscheidungsmessung wird geprüft, ob<br />

das Material tatsächlich die Voraussetzungen für die<br />

Freigabe erfüllt. Dabei kommen verschiedene Mess -<br />

verfahren zum Einsatz, die unter anderem auch unter -<br />

schiedliche Anforderungen an die Aktivitätsverteilung<br />

stellen. An dieser Stelle liegt die Schnittstelle zur<br />

Orientierungsmessung.<br />

_ Unter bestimmten Bedingungen werden vom Be -<br />

treiber noch so genannte Kontrollmessungen durch -<br />

geführt. Dabei kann es sich sowohl um Direktmessun -<br />

gen als auch um Probenahmen mit anschließender<br />

Laborauswertung handeln.<br />

Nach Abschluss der Messungen wird der atomrechtlichen<br />

Aufsichtsbehörde die vollständige Freigabe -<br />

dokumentation vorgelegt. Nach Zustimmung der Be -<br />

hörde und Freigabe durch den Strahlenschutz be auf -<br />

tragten erfolgt schließlich der Abtransport.<br />

Schritte zur Freigabe<br />

Demontage, Zerlegung,<br />

Zerkleinerung<br />

Dekontamination<br />

Vor- bzw. Orientierungsmessung<br />

Entscheidungsmessung<br />

Kontrollmessung<br />

Freigabe


27<br />

Radioaktive Abfälle<br />

Angrenzend an das bisherige Kraftwerksgelände<br />

wurde ein Lager für radioaktive Ab fälle errichtet.<br />

Dieses Lager nimmt ausschließlich radioaktive<br />

Abfälle aus dem <strong>Rückbau</strong> und Betrieb <strong>des</strong> Kernkraft -<br />

werks <strong>Stade</strong> auf. Dabei handelt es sich um Abfälle<br />

mittlerer und niedriger Aktivität; die Brennelemente<br />

wurden bereits vor Beginn <strong>des</strong> <strong>Rückbau</strong>s abtransportiert.<br />

Das Lager ist für eine Lebensdauer von 40 Jah ren<br />

ausgelegt und dient als Zwischenlager, bis ein End -<br />

lager <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> zur Verfügung steht. Die Lagerung<br />

der Abfälle erfolgt jedoch bereits in endlagergerechter<br />

Form.<br />

2<br />

Elbe<br />

1 3<br />

7<br />

1 Reaktorgebäude<br />

2 Hilfsanlagengebäude mit Anbauten<br />

3 UNS-Gebäude<br />

4 Schaltanlagengebäude<br />

5 Maschinenhaus<br />

6 Betriebsgebäude<br />

7 Büro- und Sozialgebäude<br />

8 Werkstatt und Lager<br />

9 Notstromdieselaggregate<br />

10 Transformatoren<br />

11 Lager für radioaktive Abfälle<br />

4<br />

6<br />

11<br />

5 8<br />

10<br />

9


Was passiert mit den frei werdenden Flächen?


29<br />

Die „Grüne Wiese“<br />

Bereits zwei deutsche Kernkraftwerke wurden<br />

bis zur so genannten „Grünen Wiese“ rückgebaut.<br />

Das be deutet, dass die ehemalige Kraftwerksfläche<br />

nach dem <strong>Rückbau</strong> begrünt wurde und nun brach<br />

liegt, also quasi der Natur wieder zu rückgegeben<br />

wurde. Für das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> ist ebenfalls<br />

der <strong>Rückbau</strong> bis zur „Grünen Wiese“ vorgesehen.<br />

Inwieweit eine andere industrielle Nutzung stattfinden<br />

soll, steht noch nicht fest.


Welche rechtlichen Randbedingungen gibt es<br />

für den <strong>Rückbau</strong>?<br />

Vorschriften und Gesetze<br />

In Deutschland ist das Atomgesetz maßgebend<br />

für Errichtung, Betrieb und Still legung von Kernkraft -<br />

werken. Hinzu kommen zahlreiche Rechtsverordnun -<br />

gen sowie Verwaltungsvorschriften, die bei der Still -<br />

legung ebenfalls beachtet werden müssen. Dazu zählen<br />

beispielsweise die Strahlen schutzverordnung,<br />

das Kreis laufwirt schafts- und Abfallgesetz, die<br />

Gefahr stoff verord nung und das Bun<strong>des</strong>immissions -<br />

schutz gesetz.


31<br />

Ablauf Genehmigungsverfahren<br />

Antrag<br />

beteiligte Behörden<br />

Genehmigungsbehörde<br />

(oberste Lan<strong>des</strong>behörde)<br />

Öffentlichkeit<br />

Gutachter<br />

atomrechtliche<br />

Aufsicht<br />

Bun<strong>des</strong>ministerium<br />

für Umwelt, Naturschutz und<br />

Reaktorsicherheit (BMU)<br />

Bescheid<br />

zusätzliche Stellungnahmen<br />

beteiligte Bun<strong>des</strong>behörden<br />

Reaktorsicherheitskommission<br />

Strahlenschutzkommission<br />

Genehmigungsverfahren<br />

Die endgültige Stilllegung und der sichere Einschluss<br />

bedürfen einer atomrechtlichen Genehmigung der zu -<br />

ständigen Lan<strong>des</strong>behörde. Im Falle <strong>des</strong> Kernkraft werks<br />

<strong>Stade</strong> hat das Niedersächsische Umweltministerium<br />

am 7. September 2005 die Genehmigung für die<br />

<strong>Rückbau</strong>phase I erteilt.<br />

In der oberen Abbildung sind die Wechsel -<br />

wirkun gen der maßgeblichen Institutionen während<br />

<strong>des</strong> Genehmi gungs verfahrens dargestellt.<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

Für das <strong>Rückbau</strong>vorhaben einschließlich der Errich -<br />

tung <strong>des</strong> Zwischenlagers für radioaktive Abfälle aus<br />

dem Betrieb und <strong>Rückbau</strong> <strong>des</strong> Kernkraftwerks <strong>Stade</strong><br />

war als Teil <strong>des</strong> Genehmigungsverfahrens eine Um -<br />

welt verträglichkeitsprüfung durchzuführen. Dabei ging<br />

es darum, die Folgen <strong>des</strong> Vorhabens für die Umwelt<br />

zu erfassen und zu bewerten: Keine nachhaltigen<br />

Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen in<br />

der Umgebung, so das Ergebnis der Prüfung.


32<br />

Kurz vorgestellt: das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong><br />

Kernkraftwerk <strong>Stade</strong><br />

Technische Daten<br />

Reaktortyp<br />

Druckwasserreaktor<br />

Nettoleistung<br />

630 MW<br />

Beginn <strong>des</strong> kommerziellen Leistungsbetriebes 19.05.1972<br />

Kerntechnische Anlage<br />

Reaktordruckbehälter<br />

Auslegungsdruck (Überdruck)<br />

Innendurchmesser<br />

Gesamthöhe<br />

Wandstärke <strong>des</strong> zylindrischen Teils mit Plattierung<br />

Gesamtgewicht<br />

Reaktorkern<br />

Anzahl der Brennelemente 157<br />

Gesamtes Urangewicht<br />

56 t<br />

Anzahl der Steuerstäbe 49<br />

175 bar<br />

4.080 mm<br />

10.400 mm<br />

192 + 7 mm<br />

270 t<br />

Dampferzeuger<br />

Anzahl 4<br />

Dampferzeugung je Einheit<br />

898,1 t/h<br />

Dampfdruck am Austritt<br />

52 bar<br />

Dampftemperatur am Austritt 265 °C<br />

Reaktorkühlsystem<br />

Anzahl der Kühlmittelpumpen 4<br />

Mittlere Kühlmitteltemperatur 298 °C<br />

Sicherheitsbehälter<br />

Kugeldurchmesser<br />

Auslegungsdruck (Überdruck)<br />

Wanddicke<br />

48 m<br />

3,8 bar<br />

25/35 mm<br />

Maschinentechnische Anlage<br />

Turbine und Kondensator<br />

Hochdruck-(HD-)Teil 1<br />

Niederdruck-(ND-)Teil 2<br />

Drehzahl 1.500 min -1<br />

Erwärmung <strong>des</strong> Kühlwassers im Kondensator<br />

9 K<br />

Generator<br />

Leistung<br />

780 MVA<br />

Klemmenspannung<br />

21 kV<br />

Leistungsfaktor cos phi 0,85<br />

Blocktrafo<br />

Anzahl 2<br />

Leistung je Einheit<br />

380 MVA<br />

Frequenz<br />

50 Hz<br />

Kraft-Wärme-Kopplung<br />

Tertiärdampfmenge<br />

60 t/h, entspr. 7,7 MW<br />

Dampfdruck<br />

10 bar<br />

Dampftemperatur 190 °C<br />

Dampfkondensatleitung<br />

zur Saline 1,5 km<br />

Das Kernkraftwerk <strong>Stade</strong>, das un -<br />

mittelbar an der Elbe liegt, ging 1972<br />

in Betrieb. Seit 1984 erzeugte es nicht<br />

nur Strom, sondern zusätzlich noch<br />

Fernwärme für einen benachbarten<br />

Salinenbetrieb.<br />

Die E.<strong>ON</strong> Kernkraft GmbH ist zu<br />

zwei Dritteln, die Vattenfall Europe<br />

Nuclear Energy GmbH zu einem Drittel<br />

an dem Kernkraftwerk beteiligt.


Impressum<br />

Herausgeber<br />

E.<strong>ON</strong> Kernkraft GmbH<br />

Unternehmenskommunikation<br />

Tresckowstraße 5<br />

30457 Hannover<br />

Redaktion<br />

E.<strong>ON</strong> Kernkraft GmbH<br />

Zentrale Hannover<br />

Unternehmenskommunikation<br />

Kernkraftwerk <strong>Stade</strong><br />

Standortkommunikation<br />

Bildquellen<br />

Peter Hamel<br />

Zefa, Hamburg (Seite 29)<br />

Archivberlin, Berlin (Seite 30)<br />

E.<strong>ON</strong> Kernkraft Archiv<br />

Gestaltung<br />

Maurer Werbeagentur<br />

Hannover<br />

Produktion<br />

gutenberg beuys GmbH<br />

Hannover<br />

3. Auflage 03/2008<br />

Vervielfältigung, auch auszugsweise,<br />

nur mit Genehmigung<br />

der Redaktion.


E.<strong>ON</strong> Kernkraft GmbH Postfach 4849 30048 Hannover<br />

Tresckowstraße 5 30457 Hannover<br />

T 0511-439-0 3 F 0511-439-2375<br />

www.eon-kernkraft.com<br />

Kernkraftwerk <strong>Stade</strong> Bassenflether Chaussee 21723 <strong>Stade</strong><br />

T 04141-77 23 91 F 04141-77 23 99<br />

EKK 03/2008

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