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Traumfrau Lehrerin

„Sie haben mich verdorben. In allen Frauen suche ich immer nur sie.“ sagte ich zu Frau Senger, „Ich habe immer von ihnen geträumt. Mit Gedanken an sie bin ich eingeschlafen. Es war wundervoll.“ „Und warum haben sie mir nie etwas davon erzählt?“ fragte sie und verzog den Mund dabei zu einem uninterpretierbaren Lächeln. „Ich sollte ihnen sagen, dass ich sie liebe und ihnen erzählen, was ich von ihnen träume?“ ich musste bei der Vorstellung laut lachen. „Ja natürlich,“ reagierte Frau Sen­ger, „was gibt es Schöneres für eine Frau als Liebesträume, zumal wenn sie darüber hinaus noch von ihr selber handeln. Sie hätten mir in der Pause jeden Morgen ihre Träume vom Vorabend berichten sollen. Ich hätte sie dann korri­gieren und ihnen Tipps und Hilfen für weitere Träume geben können.“ Das war Frau Senger, die ich geliebt hatte, dazu noch das ganz feine Sandpapiertimbre in ihrer milden Stimme. Die Frau hatte ich geliebt und nicht das Gesicht. Ihre von mir geliebten Eigenschaften hatte ich in Frauen mit Gesichtern in ihrem Al­ter hineininterpretiert. Frau Senger hatte in mir etwas angesprochen, das ich noch immer liebte, nur mit ihrem Gesicht hatte das nichts zu tun.

„Sie haben mich verdorben. In allen Frauen suche ich immer nur sie.“
sagte ich zu Frau Senger, „Ich habe immer von ihnen geträumt. Mit
Gedanken an sie bin ich eingeschlafen. Es war wundervoll.“ „Und
warum haben sie mir nie etwas davon erzählt?“ fragte sie und verzog
den Mund dabei zu einem uninterpretierbaren Lächeln. „Ich sollte
ihnen sagen, dass ich sie liebe und ihnen erzählen, was ich von ihnen
träume?“ ich musste bei der Vorstellung laut lachen. „Ja natürlich,“
reagierte Frau Sen­ger, „was gibt es Schöneres für eine Frau als
Liebesträume, zumal wenn sie darüber hinaus noch von ihr selber
handeln. Sie hätten mir in der Pause jeden Morgen ihre Träume vom
Vorabend berichten sollen. Ich hätte sie dann korri­gieren und ihnen
Tipps und Hilfen für weitere Träume geben können.“ Das war Frau
Senger, die ich geliebt hatte, dazu noch das ganz feine
Sandpapiertimbre in ihrer milden Stimme. Die Frau hatte ich geliebt
und nicht das Gesicht. Ihre von mir geliebten Eigenschaften hatte ich
in Frauen mit Gesichtern in ihrem Al­ter hineininterpretiert.
Frau Senger hatte in mir etwas angesprochen, das ich noch immer
liebte, nur mit ihrem Gesicht hatte das nichts zu tun.

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cher Beziehung verfahren könnte, wie bei einem Besäufnis am Stammtisch. Ich<br />

hör doch auch nicht mitten beim Vögeln auf, weil's jetzt am schönsten ist.“<br />

Peggy schmunzelte und ich fuhr fort, „das ist doch hirnverbrannt, das sind<br />

doch Gefühle, tiefe emotionale persönliche Bindungen, da kann ich doch nicht<br />

mit umgehen, als ob ich einen Zug am Schachbrett mache. Das löst doch<br />

Schmerzen, Verlustempfinden und Traurigkeit aus, für sie selber genauso. Britta<br />

weiß das und besteht trotzdem darauf. Wie kann diese Frau, die so zärtlich,<br />

warm und einfühlsam sein kann, mit solcher Härte reagieren. Alles was sie so<br />

begehrenswert, so wundervoll erscheinen lässt, alles nur Fassade? Das will ich<br />

nicht wahrhaben, kann es nicht glauben und ich bin sicher, dass es nicht so<br />

ist.“ „Aber du hast doch auch schon mal erzählt, dass sie bei euch beiden nicht<br />

von einer langfristigen Beziehung ausginge.“ meinte Peggy. „Ja ich denke auch,<br />

dass das ihr Hauptmotiv war.“ bestätigte ich, „Mit Ben das ist mir zu unsicher,<br />

und wo stehe ich dann. Jetzt mit sechsundvierzig ließe sich noch etwas Sichereres<br />

für mich arrangieren. Ich, wie könnte die Zukunft für mich aussehen?<br />

Das ist der einzige zentrale dominierende Gesichtspunkt. Dafür kann man alle<br />

Emotionen und persönlich tiefen Verbindungen kaltschnäuzig kassieren. Tun als<br />

ob alles unbedeutend, von heute auf morgen einfach nur ein Stück Erinnerung<br />

wäre, wenn's um Bedenken für die eigene Zukunft geht. Dann zählen Liebe,<br />

Emotionen, Vertrauen und persönliche Bindungen nicht mehr. Dann mus das<br />

Liebste in den Hintergrund treten und ist plötzlich unbedeutend. War alles nur<br />

wie ein schönes Spiel. Das ist auch Britta, und das habe ich in ihrem Gesicht<br />

nie lesen können.“<br />

Treffen auf der Einkaufsstraße<br />

„Hallo, Frau Senger!“ rief ich der Frau, die mit der Werbetasche eines Geschäftes<br />

über die Einkaufsstraße eilte. Ja, das musste sie sein, meine Englischlehrerin<br />

von vor fünf Jahren. Sie drehte sich um und schaute mich fragend an. Als<br />

ich ihr erklärte wie ich hieße und zufügte, dass ich vor fünf Jahren Unterricht<br />

bei ihr gehabt hatte, sagte ihre Mimik: „Tut mir leid. Ich kann mich nicht erinnern.“<br />

„Dabei habe ich sie so geliebt, Frau Senger.“ bedauerte ich. „Ah!“ mit<br />

ganz langem A fuhr sie auf und lachte, „Natürlich, Ben, das vergesse ich doch<br />

nicht. Süß, sehr süß war das.“ „Sie haben es also gemerkt?“ erkundigte ich<br />

mich. „Natürlich, Ben, so etwas ist doch nicht zu übersehen.“ antwortete sie.<br />

„Sie waren meine erste ganz große Liebe, und die ist ständig unerfüllt geblieben.“<br />

fügte ich hinzu. „Und jetzt hast du das Objekt deiner Sehnsucht gefunden?<br />

Aber ich bin verheiratet und habe Kinder. Da wird es mit uns wohl nicht<br />

so ganz viel werden können.“ erklärte sie. Ja das war sie, genau so. Die leicht<br />

scherzhaften Worte mit dem ironischen Unterton, die immer sanft und freundlich<br />

und nie scharf wirken. Wenn sie jemanden korrigierte, wirkte das nie maßregelnd<br />

und zurechtweisend. Es klang immer, als ob sie dem zugefügt hätte:<br />

„Woll'n wir's in Zukunft so machen, ja?“. „Sie haben mich verdorben. In allen<br />

Frauen suche ich immer nur sie.“ sagte ich zu Frau Senger, „Ich habe immer<br />

von ihnen geträumt. Mit Gedanken an sie bin ich immer eingeschlafen. Es war<br />

wundervoll.“ „Und warum haben sie mir nie etwas davon erzählt?“ fragte sie<br />

und verzog den Mund dabei zu einem uninterpretierbaren Lächeln. „Ich sollte<br />

<strong>Traumfrau</strong> <strong>Lehrerin</strong> – Seite 18 von 20

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