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Alex und das Frühlingsbuch

„Am verwegensten sind junge Stiere, wenn sie in Panik ge­raten.“ wusste Simone, „Du bist kein junger Stier, Alex, nicht war?“ Ihre Reaktion habe ja auch leicht panische Züge gehabt, aber ihre Verhal­tensressourcen seien darin äußerst dürftig, und einen Dolch besitze sie auch nicht, meinte Simone noch zur Problemlösung. Welche Probleme Simone und Alex noch, auch außerhalb des Frühlings zu lösen hatten, erzählt die Geschichte.

„Am verwegensten sind junge Stiere,
wenn sie in Panik ge­raten.“ wusste Simone, „Du bist kein junger Stier, Alex, nicht war?“
Ihre Reaktion habe ja auch leicht panische Züge gehabt,
aber ihre Verhal­tensressourcen
seien darin äußerst dürftig, und einen Dolch
besitze sie auch nicht,
meinte Simone noch zur Problemlösung.
Welche Probleme Simone und Alex noch,
auch außerhalb des Frühlings zu lösen hatten, erzählt die Geschichte.

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mein fehlendes Frühlingsgedächtnis, ein Buch der Freuden für mich allein.“<br />

antwortete <strong>Alex</strong>. Judiths Grinsen waren mokante Züge nicht ganz fern. „Ich<br />

sag's ja, du hättest Psychologie oder Philosophie studieren sollen, da hättest<br />

du deine Lust an der zweckfreien persönlichen Erbaulichkeit analysieren<br />

können.“ Judith zu <strong>Alex</strong>. „Judith, in welchen Kategorien denkst du? Gibt es<br />

keine anderen Werte für dich, als den Marktwert, den etwas verkörpert? Mir ist<br />

durch dieses Tagebuch auch klar geworden, wie oberflächlich wir leben, nicht<br />

nur beim Frühling. Ähnlich halten wir es in allen möglichen Bereichen, leben,<br />

wie man so lebt, ohne Gedanken. Was unsere Augen sehen werden, haben wir<br />

vorher schon gekannt. Alles ist alltäglich, kommt uns wie immer<br />

wiederkehrend vor. Dabei gibt es <strong>das</strong> nie <strong>und</strong> nirgendwo. Alles ist immer<br />

anders, ist immer neu, wie jeder neue Frühling auch anders ist.“ erläuterte<br />

<strong>Alex</strong>. „<strong>Alex</strong>, du bist frech. Natürlich gefällt es mir auch, wenn Frühling ist, <strong>und</strong><br />

ich mag auch andere Menschen, die den Frühling lieben. Einige davon habe ich<br />

zum Beispiel zu meiner Geburtstagsparty eingeladen. Wir kennen uns zwar nur<br />

vom Seminar <strong>und</strong> dem Kaffee, aber ich finde dich ganz nett, <strong>und</strong> mich würde<br />

es freuen, dich dort auch zu sehen.“ erklärte Judith.<br />

Zu doof für die Liebe<br />

Alles unbekannte Leute auf der Geburtstagsfète. Judith machte <strong>Alex</strong> mit allen<br />

bekannt. Ihre Mutter war der festen Überzeugung, <strong>das</strong>s <strong>Alex</strong> Judiths neuer<br />

Fre<strong>und</strong> sei. Judiths gegenteilige Beteuerungen blieben unwirksam. <strong>Alex</strong> mochte<br />

Judith zwar gut leiden, aber Fre<strong>und</strong>in, <strong>das</strong> war für ihn ein Tabu. Die Trennung<br />

von Sandra konnte er nicht verwinden, <strong>und</strong> <strong>das</strong> würde sein Leben lang so bleiben.<br />

Prinzipiell würde man als Mensch so etwas nicht verkraften oder sogar<br />

vergessen können. Sie liebten sich, Sandra ihn nicht weniger, aber sie waren<br />

zu doof, es zu leben. So sah es <strong>Alex</strong>. Eine Chance räumte er sich noch ein. Im<br />

späteren, reiferen Leben könnte er vielleicht in der Lage sein, mit Liebe richtig<br />

umzugehen. Immer wieder hatte es Interludien gegeben. Wenn die Sehnsucht<br />

nach Liebe zu groß ist, kann sie dich blind sein <strong>und</strong> alles vergessen lassen.<br />

Dann hatten sie sich versprochen, nie mehr zu streiten. Ein Versprechen wohl<br />

kaum, der momentane, starke Wunsch war es. Sie wussten es ja gar nicht,<br />

warum sie immer Streit hatten, aber es gab ihn ständig. Das hatte böse Folgen.<br />

Im Streit musste man den andern treffen, da sagte man sich auch Verletzendes.<br />

Zurückholen konnte man es nicht, auch wenn es nicht so gemeint war,<br />

sondern nur darum ging, den anderen zu treffen. Sandra war <strong>Alex</strong> erste richtige<br />

Liebe, aber sein Köcher war jetzt nicht mehr gefüllt mit Amors Pfeilen, sondern<br />

vergiftet waren die Pfeile, die Sandra treffen sollten. Die Trennung wurde<br />

nicht mehr diskutiert, nur realisierte sie keiner von beiden. Sandra hatte schon<br />

alles geordnet, sich auf den Auszug vorbereitet. Dass sie <strong>Alex</strong> abends anrief,<br />

<strong>und</strong> erklärte, sie bleibe heute bei Rike <strong>und</strong> auch für die nächste Zeit, bis sie<br />

eine Wohnung gef<strong>und</strong>en habe, machte ihn doch sprachlos. Wäre sie zu Hause<br />

gewesen, hätte <strong>Alex</strong> sie angegiftet, <strong>das</strong>s man so etwas doch nicht machen<br />

könne, <strong>und</strong> es zeige, <strong>das</strong>s sie kein Herz habe. Jetzt schien es <strong>Alex</strong> eher, <strong>das</strong>s<br />

seines zerrissen würde. Es hatte keinen Sinn, sie mussten sich trennen, aber<br />

ohne Sandra wollte <strong>Alex</strong> auch nicht sein. Er litt, meinte Sandra <strong>und</strong> seine Be-<br />

<strong>Alex</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> Frühlingsbuch – Seite 4 von 24

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