Albvereinsblatt_2009-6.pdf
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MundartDichtung – heute<br />
Bernd Merkle<br />
Nach Johann Martin Enderle, Bruno Gern, Marlies Grötzinger,<br />
Gottlob Haag, Hanno Kluge, Helmut Pfisterer und Fritz Schray<br />
stellen wir unter der Rubrik »MundartDichtung heute« den Au -<br />
tor Bernd Merkle vor. Merkle, Jahrgang 1943, wurde in Ess lingen<br />
geboren und wuchs in Göppingen auf. Nach dem Ab schluss einer<br />
Lehre als Maschinenbauer absolvierte er ein Pä da gogik-Studium<br />
an der PH in Schwäbisch Gmünd. 1970 bis 2005 war er<br />
Rektor der Grund- und Hauptschule Zell unter Aichelberg. Seit<br />
1986 sind acht Bücher in schwäbischer Mundart von ihm erschienen,<br />
im Frühjahr 2010 erscheint das neunte. Hörspiele, Beiträge<br />
für den SWR4 und Auftritte im Südwest-Fernsehen machten<br />
ihn weiterhin bekannt. In Prosa oder Gedichtform gelingen<br />
ihm vortreffliche Miniaturen schwäbischer Lebensart, die sein<br />
Publikum begeistern. Da er darüber hinaus noch ein Meister der<br />
Vortragskunst ist, glückt es ihm, mit spielerischer Leichtigkeit<br />
seine Figuren zum Leben zu er wecken. Er ist ein regelmäßiger<br />
Gast auf unseren Mundartbühnen.<br />
Helmut Pfitzer<br />
Kendr<br />
Send d Kender heud demmer?<br />
Oder<br />
Send d Kender heud schlemmer?<br />
Oder<br />
Send d Kender wia emmer?<br />
D Kender send demmer.<br />
D Kender send schlemmer.<br />
So war s aber scho emmer.<br />
Von de Eltern schwätzd koi Sau.<br />
Kenna – derfa – miaßa<br />
Wenn e bloß derf, wenn e soll,<br />
aber nia ka, wenn e will,<br />
na mag e au et, wenn e muaß.<br />
Wenn e aber derf, wenn e will,<br />
na mog e au, wenn e soll,<br />
ond na ka e au, wenn e muaß.<br />
Also:<br />
Dia kenna sollad,<br />
miaßad wölla derfa.<br />
Au a Droschd<br />
Geburdsdag. Drubel. S wird ghockd, dronga, gessa ond<br />
gschwätzd. Ällas uff oimol. Älle. Bsonders manche. Aber dia<br />
kennd mr. Von de andere Geburdsdäg.<br />
Dia, dia zuahörad, dia hörad et zua, weil se zuahöra wöllad,<br />
dia hörad bloß zua, weil se s Maul voll hend. Mit Kuacha.<br />
Uff oimal said oina so scheißfraindlich über dr Disch zur<br />
Schwägere nomm, dass de andere gschwend ganz schdill<br />
send: »Du, dai Kloiner, also noi, der isch dr grad wia aus am<br />
Gsichd gschnidda.«<br />
Ond genau en die Pause nai, said derra ihr Schwoger, der<br />
sonschd nix schwätzd: »Bei ma Bua isch des et so schlemm.«<br />
13<br />
D Alb geschdern<br />
Schdoiäcker<br />
Garba<br />
Schdaubschdräßla<br />
Wiesa<br />
Eisabähnla<br />
Obschdbäum<br />
Wäldla<br />
Höhla<br />
Küah<br />
Schleifaze<br />
Schofherda<br />
Ackergäul<br />
Baura<br />
Höfla<br />
Wacholderbüsch<br />
Kuahneschdr<br />
Wirtschäftla<br />
Hülba<br />
Koine Fremde<br />
Kaum Schduagerder<br />
D Alb heud<br />
Schdoiäcker<br />
Mähdrescher<br />
Betonwege<br />
Wiesa<br />
Schnellzugtrasse<br />
Obschdbäum<br />
Wäldla<br />
Freizeitparks<br />
Küah<br />
Skilifte<br />
a Schof<br />
Reitpferde<br />
Agraringenieure<br />
Aussiedlerhöfe<br />
a baar Wacholderbüsch<br />
staatlich anerkannte Kurorte<br />
Ausflugslokale<br />
Wasserleitung<br />
viel Fremde<br />
an haufa Schduagerder<br />
Herbschd uff dr Alb<br />
Uff dr Alb isch s emmer a bissle kälder als anderswo.<br />
Uff dr Alb isch s emmer a bissle neabliger als anderswo.<br />
Des machd nex, des derf so sai, weil, uff dr Alb isch<br />
s au emmer a bissle scheener als anderswo. Ond wenn<br />
da am a sonniga Herbschddag so über d Alb dabbsch,<br />
so an de Schlehahecka vorbei mit ihre blaue Beerla, dia<br />
mit de Hagebudda ond de Pfaffahüadla drom schdreidad,<br />
wer dr Schönschd isch, ond dia zu ama großa<br />
Schdrauß zammabonda send mit Schbennawebba, an<br />
dene sich Tautröpfla zom Trockna uffghengd hend. Ond<br />
wenn da so über dia schdoinige Felder gug gsch, wo na<br />
ab ond zua a alda Schuier sich an an alda Bieraboom<br />
naloind ond sich boide ananander hebad. Ond wenn na<br />
ganz weid weg aus ama Neabeldal an Kirchturm raus -<br />
schbiggeld, wia wenn r saga wödd: »Ih ben fai au no<br />
do, ond neaba mir schdohd dr Hirsch, wo mr a guads<br />
Veschbr ond an Moschd kriagd,« na kennd mr grad<br />
juchz ga wia der Bussard, der sich des ganze von oba a -<br />
guggd ond am blaua Hemmel mit saim Weible Fangerles<br />
duad.