Albvereinsblatt_2003-5.pdf
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Blumensymbolik im schwäbischen Lied<br />
Badenka mueß i brecha<br />
Von Fritz Schray<br />
Fotos: TP<br />
Unter allen Musikgattungen ist das Volkslied<br />
(„Volksweise“) besonders geeignet, eine Landschaft<br />
klingend darzustellen. Hat doch die Musikalität der<br />
Menschen in einer Region ganz bestimmte melodische<br />
Formen hervorgebracht, die als Eigenheit in dieser<br />
Landschaft von Generation zu Generation überliefert<br />
wurde.<br />
So gibt es auch bei uns im alamannischen und<br />
schwäbischen Raum in den volksmusikalischen<br />
Traditionen ein Liedgut, das durch den eigenwilligen,<br />
unverkennbaren Stil geprägt ist. Da ist einfach die Fülle<br />
des Erlebens eingefangen und wird vielfach variiert. Doch<br />
immer ist eine gewisse Übereinstimmung der<br />
Anschauungs- und Gefühlsweise zu entdecken. So haben<br />
auch die schwäbischen Lieder ihre Eigenart. Manche<br />
finden sie „reizend“, „entzückend“, „arg traurig“. Wir dürfen<br />
schon etwas tiefer schürfen: Denn es ist darin unsere<br />
Art, der Ausdruck unseres Wesens verborgen, unsere<br />
Gemüthaftigkeit. Da geht es um unser natürliches<br />
Verhältnis zu den Abläufen des Tages und des Jahres,<br />
um unsere Art, mit Gott und den letzten Dingen<br />
umzugehen, um die Empfindung von Liebesglück und<br />
Liebesleid, um Scheiden und Meiden, wenn wir aus dem<br />
Herzen singen, aber auch um unsere knitze Art zu<br />
scherzen mit einem Schuss Selbstironie. Dann natürlich,<br />
wenn wir gut aufgelegt sind, die „Schelmaliedle“ und<br />
„Lompaliedle“ mit oft derben Anspielungen.<br />
Rosmarin und Salbei<br />
Oft wird auch die Natursymbolik in die Lieder<br />
einbezogen. Dieser Symbolik wollen wir jetzt etwas<br />
nachgehen und dabei nette Entdeckungen machen. Da<br />
heißt es z. B. „Rosmarin und Salbeiblättlein schenk ich<br />
dir zum Abschiedsgruß“ in einem Lied, das Friedrich<br />
Silcher vertont hat. Rosmarin (als Baum, Strauch oder<br />
Zweig) ist das alte Symbol der Trauer und der unerfüllten<br />
Liebe, dann aber auch Symbol männlicher Tugend, wenn<br />
der Bräutigam ein Rosmarinsträußchen am Hut oder am<br />
Revers trug. Schließlich ist Rosmarin auch der Schmuck<br />
für die Toten. Im „Kannitverstan“ von J. P. Hebel heißt<br />
es: „…von allen deinen Blumen vielleicht ein Rosmarin<br />
auf die kalte Brust“.<br />
Salbei spielt als „Liebeskraut“ und als „Zweig ewiger<br />
Jugend“ darauf an, was man bei diesem Abschied verliert.<br />
Dazu gehört auch das Lied: „Ich hab die Nacht geträumet,<br />
wohl einen schweren Traum, es wuchs in meinem Garten<br />
ein Rosmarienbaum“. Das ist das Zeichen dafür, dass<br />
der Liebste gestorben ist.<br />
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