18.12.2013 Aufrufe

Projekt „M“ – MITEINANDER - Hasenbergschule

Projekt „M“ – MITEINANDER - Hasenbergschule

Projekt „M“ – MITEINANDER - Hasenbergschule

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ejs<br />

Evangelisches<br />

Jugendwerk<br />

Stuttgart<br />

Referat für<br />

schulbezogene<br />

Jugendarbeit im<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong><br />

Zwischenbericht<br />

Ein <strong>Projekt</strong> zur Gewaltprävention auf drei Ebenen:<br />

1. Ich-Stärkung<br />

2. Gemeinschaftsförderung<br />

3. Umgang im Konfliktfall<br />

A. Bestandteile<br />

1. Drei 2tägige Blockseminare pro Klasse zu den Themen „Ich und Wir“, „demokratische<br />

Grundhaltung“, „Umgang mit Konflikten“<br />

begleitet von<br />

2. regelmäßig stattfindender <strong>Projekt</strong>arbeit z.B. „Video-Theaterwerkstatt“, „Klettern“,<br />

„Stockkampf“, „Aikido“, „Afrikanisches Trommeln“ etc. zur Intensivierung von<br />

Erfahrungen eines gelingendes Miteinanders<br />

3. Exkursionen mit erlebnispädagogischem Charakter oder zu Einrichtungen, in denen<br />

Teamwork an höchster Stelle steht (Teamwork im Betrieb, Fair play im Sport etc.)<br />

4. Aktionen, die das Miteinander stärken (z.B. schulübergreifende Party aller beteiligten<br />

Klassen, Aktionstag etc.)<br />

ergänzt durch<br />

5. Elterninformation, <strong>–</strong>mitarbeit und <strong>–</strong>fortbildung<br />

6. Begleitangebote für interessierte Schüler/-innen mit dem Ziel der Ausbildung von Schüler-<br />

Mentoren/-innen und einem<br />

7. Fortbildungsangebot für Lehrer/-innen basierend auf dem in Israel entwickelten<br />

Betzavta-Programm zum demokratischen Miteinander<br />

Klassenstufen: 6/7 oder 7/8 (ausnahmsweise 8/9)<br />

Zeitraum: 1 ½ Jahre<br />

Januar 2001 bis Juli 2002<br />

Durchführung: Team des ejs<br />

(Jugendreferenten/-innen mit Unterstützung von Honorarkräften)<br />

in Kooperation mit Einrichtungen der Jugendhilfe und öffentlichen<br />

Stellen<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

2<br />

Nach knapp einem Jahr Laufzeit befindet sich das <strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> jetzt im zweiten von drei<br />

Halbjahresabschnitten.<br />

10 Klassen aus 6 Innenstadt-Schulen erproben<br />

— bessere Selbst- und Fremdwahrnehmung<br />

— gute Zusammenarbeit<br />

— demokratische Entscheidungsfindung und<br />

— den Umgang im Konfliktfall.<br />

Dieses Lernen soll mehr Toleranz und einen neuen Blickwinkel auf „das Andere“ , „das<br />

Fremde“ ermöglichen und praktische Handlungsformen für ein friedliches Miteinander in<br />

Gruppen und Klassen aufzeigen. Damit es nachhaltig wirkt, geschieht es unter bestimmten<br />

Bedingungen:<br />

— lange Laufzeit<br />

— früher Beginn (in Klasse 6 oder 7 <strong>–</strong> ausnahmsweise Klasse 8)<br />

— die Arbeit auf mehreren Ebenen und mit unterschiedlichen Zielgruppen (Schüler/-innen,<br />

Lehrer/-innen, Eltern)<br />

— Mischung unterschiedlicher Arbeitsformen (Seminar- und <strong>Projekt</strong>arbeit) und Kombination<br />

erfahrungsorientierten Lernens mit dem in Israel entwickelten Betzavta-Programm zum<br />

demokratischen Miteinander<br />

— Vernetzung unterschiedlicher Arbeitsbereiche innerhalb des ejs (Referat für<br />

schulbezogene Arbeit, Referat für musisch-kulturelle Bildung, Sportreferat, Musikreferat)<br />

und außerhalb des ejs mit anderen Jugendhilfe-Einrichtung bzw. öffentlichen Stellen (z.B.<br />

Polizei)<br />

— Fachleute in den Leitungsteams der einzelnen <strong>Projekt</strong>elemente<br />

• Jugendliche übernehmen selbst Verantwortung für die Entwicklung des <strong>Projekt</strong>es (in<br />

Übungen sind sie angehalten, Verantwortung für sich und das Geschehen zu übernehmen,<br />

für die Teilnahme am <strong>Projekt</strong> gilt: sie entscheiden sich zuerst freiwillig mitzumachen,<br />

verpflichten sich dann aber, dabei zu bleiben und sich aktiv zu beteiligen)<br />

• kontinuierliche Begleitung durch eine/n Lehrer/-in, der/die die Klasse auch im Alltag<br />

erlebt und so die Möglichkeit zur Umsetzung im Alltag hat.<br />

B. Erfahrungen und Erkenntnisse nach <strong>Projekt</strong>-Bestandteilen<br />

I. Seminare<br />

Jede Klasse nimmt im Verlauf von 1 ½ Jahren an drei zweitägigen Seminaren mit den Themen<br />

„Ich und Wir“, „Demokratische Grundhaltung“, „Umgang mit Konflikten“ teil.<br />

Basis der Übungen ist das Betzavta-Programm, kombiniert mit einem für die Sekundarstufe 1<br />

entwickelten Trainings-Programm „Eine Welt der Vielfalt“ 1 und weiteren Methoden<br />

erfahrungsorientierten und interaktiven Lernens.<br />

1 Eine Welt der Vielfalt, Trainigsprogramm des A WORLD OF DIFFERENCE-Institute der Anti-DefamationLeague, New<br />

York/in der Adaption für den Schulunterricht/Bertelsmann Stiftung, Forschungsgruppe Jugend und Europa (Hrsg.),<br />

Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1998)<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

3<br />

Spiele und Übungen bilden den Erfahrungshintergrund für die im anschließenden Gespräch<br />

erzielten Erkenntnisse. Am Ende eines jeden Seminars ordnen die Schüler/-innen nach ihren<br />

eigenen Aussagen vorformulierte Arbeitsergebnisse einzelnen Seminareinheiten zu.<br />

1. Beobachtungen und Äußerungen aus 1. Seminaren (Thema „Ich und Wir“):<br />

Im Mittelpunkt standen zu Anfang Entdeckungen über sich und die anderen in der Klasse:<br />

• „Im Haus 44 des ejs entdecken wir ganz neue Seiten an den anderen in der Klasse“.<br />

• „Wenn ich wirklich will, kann ich auch Gemeinsamkeiten mit Leuten entdecken, mit<br />

denen ich sonst nichts zu tun habe“.<br />

• „In unterschiedlichen Gruppen kann ich ganz verschiedene Fähigkeiten haben“.<br />

• Beim „Bingo“ erfahre ich, wer schon mal eine Geschichte geschrieben hat und wer<br />

manchmal in die Kirche oder Moschee geht.<br />

• Beim Steckbrief sagen mir die anderen in der Kleingruppe, welche Fähigkeiten sie an mir<br />

beobachtet haben.<br />

Wer sich und seine Fähigkeiten gut kennt und sich auch etwas zutraut, muss nicht jede Kritik<br />

gleich persönlich nehmen und im Konfliktfall um sich schlagen. Anderen gegenüber hilft es zu<br />

wissen, dass nicht jede ihrer Reaktionen so gemeint ist, wie sie bei mir ankommt.<br />

Bei der „Fernsteuerung“, wo eine Person ein blindes Gegenüber durch den Raum steuern<br />

muss, wird deutlich, dass jemand nur deshalb „nicht auf den anderen hört“, weil er ihn gar<br />

nicht verstehen kann. Und dann die Erkenntnis:<br />

„Verantwortung zu tragen kann gleichzeitig Spaß und Angst machen“.<br />

Die selbstgebaute „Eierflugmaschine“ stellt die Kooperationsfähigkeit der Einzelnen auf die<br />

Probe: nur das Produkt einer Gruppe, die gut zusammen gearbeitet hat, übersteht den Flug<br />

aus 10 Metern Höhe in der Kletteranlage des ejs.<br />

2. Beobachtungen in 2. Seminaren (Thema „Demokratische Grundhaltung“)<br />

Im Zentrum stand das Verhältnis von Mehrheiten und Minderheiten.<br />

Es war eine Herausforderung, einmal freiwillig zu einer Minderheit zu gehören oder sich im<br />

Konfliktfall so lange mit den anderen auseinander zu setzen, bis eine Lösung gefunden ist, die<br />

alle unterstützen können. Schnell wurde aus dem Spiel purer Ernst, und es zeigte sich, wie<br />

notwendig es ist, dass in einer Klasse alle ihre Bedürfnisse äußern, auch wenn sie meinen,<br />

nicht so wichtig zu sein.<br />

Es ging um Sensibilität für eigene Interessen und Verständnis für das Denken eines Anderen,<br />

auch wenn es von meinem ganz verschieden ist. Die Wahrnehmung dessen, was für mich ok.<br />

ist und wo meine Grenzen sind, wurde genauso wichtig, wie die Unterstützung von Anderen,<br />

die alleine vielleicht untergehen würden. Phantasie und Kreativität vervielfältigten die<br />

Möglichkeiten einer Gruppe, aus verfahrenen Situationen neue Aus-Wege zu finden. Dieser<br />

Prozess war anstrengend und manchmal langwierig. Er brachte aber eine neue Basis für die<br />

demokratische Entscheidungsfindung in der Klasse.<br />

Viele der Klassen hatten sich über die Zeit seit dem ersten Seminar sehr stark verändert<br />

(durch neue Schüler/-innen und die damit verbundenen „Machtkämpfe“; durch persönliche<br />

Entwicklung und Veränderungen im Verhältnis Mädchen - Jungen). So mussten die Inhalte des<br />

Seminars individuell an die Situation der Klasse angeglichen werden und konnten meist nicht<br />

automatisch an das vorherige anschließen.<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

4<br />

Es wurde deutlich, dass zwei Tage nicht ausreichen. Bei drei Tagen wäre es möglich<br />

gewesen, mit „Spielen“ am Anfang einzusteigen, um dann mit größerer Bereitschaft<br />

thematische Übungen durchzuführen.<br />

Interessant war die Beobachtung, dass es den Schüler/-innen der Förderschule sehr leicht fiel,<br />

sich auf die Übungen einzulassen, und (selbst-)kritisch zu analysieren, welche Rollen sie<br />

gespielt hatten.<br />

II. <strong>Projekt</strong>gruppen<br />

Die wesentlichen Inhalte aus den Seminaren vertieften die Schüler/-innen in den<br />

anschließenden <strong>Projekt</strong>gruppenphasen. Sie fanden 5 <strong>–</strong> 10 mal wöchentlich 1 ½ - 2h statt; eine<br />

Gruppe bestand aus 10 <strong>–</strong> 15 Schüler/-innen; bei zwei Klassen einer Schule setzten sich die<br />

<strong>Projekt</strong>gruppen mit Ausnahme der Schlossrealschule aus Schüler/-innen beider Klassen<br />

zusammen; die Begleitlehrer/-innen besuchten die <strong>Projekt</strong>gruppen regelmäßig oder nahmen<br />

selbst daran teil.<br />

1. Beispiel: <strong>Projekt</strong>gruppen Klettern<br />

Beim Aufstieg bis zur Decke, beim Sprung vom Kletterdreieck oder beim Fall-Training ging es<br />

um Gemeinschaft, gegenseitiges Vertrauen, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmung, Angst<br />

wahrnehmen und überwinden, eigene und fremde Grenzen respektieren und überwinden.<br />

Bei den anschließenden Reflexionen wurde deutlich, dass die Jugendlichen sehr<br />

unterschiedlich mit Angst umgingen. Während einige nach dem Augen-zu-und-durch-Verfahren<br />

vorgingen, ließen sich andere Jugendliche von der Angst lähmen. Dass sich-nicht-trauen nicht<br />

Feigheit bedeutet, wurde an dieser Stelle deutlich betont.<br />

Beim Klettern - und vor allem beim Abseilen - geben die Jugendlichen ihr Schicksal in die<br />

Hände ihrer Partner/-innen die sie sichern. Die Antworten einer Umfrage zeigten, dass die<br />

überwiegende Mehrheit der Jugendlichen keinerlei Probleme hatte, ihren Kletterpartnern zu<br />

vertrauen.<br />

Den Jugendlichen fiel das Vertrauen zueinander den Angaben zufolge eher leicht bis sehr<br />

leicht. Dies wurde durch Vertrauen bildende Spiele zu Beginn der Kletteraktionen noch<br />

gefördert.<br />

Die Jugendlichen nahmen Stärken und Schwächen der anderen wahr, die sie möglicherweise<br />

vorher nicht kannten. Dies war eine wichtige Voraussetzung, für einzelne aus festgefügten<br />

Rollen auszusteigen. Beispiel war ein Junge aus Klasse 7, der die Rolle des Sündenbocks hatte<br />

und plötzlich merkte, dass er sich nicht alle Übergriffe gefallen lassen musste, weil er ja auch<br />

etwas konnte.<br />

Gleichzeitig wurde jedoch auch eine Gefahr von erlebnispädagogischen Maßnahmen deutlich:<br />

Die Gefahr des Versagens vor den anderen. Um „Versagenserlebnisse“ zu verhindern, legten<br />

die Teams großen Wert darauf, unterschiedliche Fähigkeiten zu fördern (Klettern, Sichern,<br />

sich Zuhören, mit Worten begleiten etc.), so dass nicht nur zählte, wer besonders gut klettern<br />

konnte.<br />

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Kletteraktionen des „<strong>Projekt</strong> M“ einigen gewaltfördernden<br />

Determinanten entgegenwirkten:<br />

• Der durch Medienkonsum verbreitete Eindruck, dass immer wieder die Schwachen zu<br />

Opfern werden und die Starken sich durchsetzen: Stärke wird beim Klettern relativ.<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

5<br />

• Integration in eine delinquente Jugendkultur: Auch „schwierige“ Jugendliche erhielten bei<br />

den Kletteraktionen Anerkennung; ihnen wurde Vertrauen entgegen gebracht.<br />

• Lehrer-Schüler-Beziehung: Die Lehrkräfte wurden bei den Kletteraktionen vom „Pauker“<br />

zum Kletterpartner.<br />

• Schulische Ausgrenzung: Die Jugendlichen fanden bei den Mitschüler/-innen, ebenso wie<br />

bei den Lehrer/-innen Anerkennung und Gemeinschaft.<br />

2. Beispiel: Video-Theaterwerkstatt<br />

Die Klasse 8b des Evang. Mörike-Gymnasiums setzte sich in geschlechtsgetrennten<br />

<strong>Projekt</strong>gruppen mit den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Träumen auseinander. Während<br />

die Jungs in praktischen Übungen Konkurrenz und Kooperation einander gegenüberstellten,<br />

entwickelten die Mädchen ein Video-Theaterprojekt. „Heute wird mein Traum wahr“<br />

thematisiert das Miteinander unterschiedlicher (Jugend-) Szenen, die personifiziert als<br />

Kandidaten/-innen in einer Talk-Show auftreten, um ihren persönlichen Traum wahr werden<br />

zu lassen.<br />

Wichtig für die Umsetzung der Idee war der Prozess der Entscheidungsfindung. Es wurde so<br />

lange diskutiert und Ideen ausprobiert, wieder verworfen und neue Lösungen diskutiert, bis<br />

alle das Gefühl hatten, einen angemessenen Platz in der Show zu haben. Zum Schluss gab es<br />

keine Verliererinnen mehr.<br />

Dies brauchte Zeit und machte mehrere zusätzliche Gruppentreffen notwendig, wodurch viel<br />

regulärer Unterricht ausfiel. Dieses Entgegenkommen der Schule machte deutlich, wieviel<br />

Vertrauen in die Arbeit eines Kooperationspartners entstehen kann, wenn die<br />

Zusammenarbeit erfolgreich verläuft.<br />

In der <strong>Projekt</strong>gruppe der Falkertschule bestand zu Anfang ein Problem darin, dass die meisten<br />

am liebsten gleich einen „tollen Film“ gedreht hätten. Es kam zu Enttäuschungen und<br />

Konflikten in der Gruppe, die letztendlich überwunden werden konnten. Folgerichtig<br />

äußerten die SchülerInnen am Ende bei einer Umfrage:<br />

• „Mit Zusammenarbeit ist alles erreichbar“.<br />

• „Ich habe gelernt, dass Schauspieler und Kameraleute auch nur Menschen sind, die hart<br />

arbeiten müssen“.<br />

• „Ich habe Geduld gelernt“.<br />

Über die anderen in der Gruppe sagten sie, dass sie sie netter, interessierter, lockerer,<br />

fröhlicher als in der Schule erlebt hatten und der Kontakt zwischen Jungen und Mädchen<br />

besser geworden sei.<br />

Auf die Frage, ob sie mit anderen zusammenarbeiten konnten, die nicht ihre FreundInnen<br />

sind, antworteten 6 mit „Gut“, 3 mit „Meistens“, 2 mit „Manchmal“.<br />

Auf die Frage, welche Erkenntnisse aus dem ersten Seminar in der <strong>Projekt</strong>gruppe besonders<br />

wichtig waren, wählten aus einer Liste von 9 möglichen Antworten 9 Schüler/-innen<br />

„Miteinander reden“, 9 „Eine gemeinsame Lösung finden“, 4 „Rücksicht nehmen“, 4<br />

„Verschiedene Meinungen akzeptieren“, 4 „Aufeinander hören“.<br />

Nach dem ersten Halbjahresabschnitt konnten wir den Eindruck gewinnen, dass die<br />

<strong>Projekt</strong>gruppen von allen Schüler/-innen als sehr intensiv erlebt wurden; die in den Gruppen<br />

durchgeführten Befragungen am Ende zeigten, dass auch die Verbindung Seminar <strong>–</strong><br />

<strong>Projekt</strong>gruppe überwiegend gelungen zu sein scheint.<br />

Besondere Schwierigkeiten in diesem Punkt gab es lediglich in zwei Gruppen, die beide von<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

6<br />

Fremd-Einrichtungen geleitet wurden und wo es nicht gelungen ist, die <strong>Projekt</strong>-Idee<br />

ausreichend zu vermitteln.<br />

Wichtig für die Akzeptanz der <strong>Projekt</strong>gruppen war unter anderem die Freiwilligkeit der<br />

Entscheidung. Im Falle der Mädchengruppe des Evang. Mörikegymnasiums hatten die Lehrer<br />

ursprünglich für „Selbstbehauptung“ plädiert. Dies war auf großen Widerstand bei den<br />

Mädchen gestoßen. Das <strong>Projekt</strong> „Video-Theaterwerkstatt“ entstand in einem gemeinsamen<br />

Gespräch durch Interessenabwägung aller. Es wurde zu einer der erfolgreichsten<br />

<strong>Projekt</strong>gruppen.<br />

3. Qualifizierung der <strong>Projekt</strong>gruppenleiter/-innen<br />

Damit die <strong>Projekt</strong>gruppen überhaupt stattfinden konnten, war es notwendig, qualifizierte<br />

Fachkräfte zu finden. Das Spektrum reichte von der ausgebildeten Schauspielerin über eine<br />

Sozialpädagogin mit Fortbildung in Stockkampf bis hin zu ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen<br />

des Jugendwerks, die sich durch gezielte Schwerpunktbildung in Einzelbereichen Zusatz-<br />

Qualifikationen erworben haben (Bsp.: Videogruppenleiterin).<br />

Um diese <strong>Projekt</strong>gruppenleiter/-innen für die Arbeit im <strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> zu qualifizieren, wurden<br />

in jedem Halbjahresabschnitt Treffen zur Information und für gegenseitigen<br />

Erfahrungsaustausch veranstaltet. Im Mittelpunkt stand unter anderem die Zusammenarbeit<br />

mit den begleitenden Lehrer/-innen und die Diskussion ihrer Rolle innerhalb der<br />

<strong>Projekt</strong>gruppe. Häufig waren die <strong>Projekt</strong>gruppenleiter/-innen jünger als die Begleitlehrer/-<br />

innen, gleichzeitig aber wesentlich fachkompetenter. Dies zu vermitteln war und ist eine<br />

besondere Aufgabe.<br />

Um die <strong>Projekt</strong>gruppenleiter/-innen intensiver über Inhalte von <strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> und Betzavta zu<br />

informieren und zu schulen, wird ihnen im letzten Abschnitt ein Fortbildungstag angeboten.<br />

III. Exkursionen<br />

1. Erlebnispädagogischer Schwerpunkt<br />

Als Höhepunkt im Halbjahr forderte die Schüler/-innen eine erlebnispädagogische Exkursion<br />

zur Erprobung des Gelernten heraus: beim Abseilen vom Kirchturm, im Kanadier auf der Enz,<br />

beim Seilgarten im Wald, bei der Durchquerung der Gustav-Jacobs-Höhle auf der<br />

Schwäbischen Alb, beim Fantasie-Abenteuer-Spiel im Wald usw. standen Vertrauen und<br />

Verlässlichkeit, Zuhören und genaue gegenseitige Wahrnehmung, Konzentration und völlige<br />

„Hingabe“ an die Aufgabe, gute Zusammenarbeit und der Wille, miteinander ein gemeinsames<br />

Ziel zu erreichen, im Vordergrund.<br />

Berichtet wurde von Glücksgefühlen, Erleichterung und Stolz, Spaß und<br />

Gemeinschaftserlebnissen. In allen Fällen zeigte sich, dass es gut ist, wenn die Jugendlichen<br />

etwas aktiv zusammen erleben. Unter solchen Bedingungen ließen sich dann Reflexionen über<br />

Erfahrungen und Erkenntnisse beinahe mühelos anschließen. Es war auch wesentlich einfacher<br />

als in den <strong>Projekt</strong>gruppen oder Seminaren, Gefühle zu verbalisieren.<br />

2. Schwerpunkt: „Gewaltlosigkeit und Sicherheit im Alltag“<br />

Eine erste Exkursion mit dem Präventionsbeamten des Polizeireviers Stuttgart-Süd zum Thema<br />

„Gewaltlosigkeit und Sicherheit im Alltag“ fand statt. Im Mittelpunkt standen die Themen<br />

„Waffen“ (und was darunter zu verstehen ist) und „Drogen“. Den Abschluss bildete ein Gang<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

7<br />

durch das Polizeirevier. Die Schüler/-innen zeigten die gesamte Zeit über großes Interesse.<br />

Sie erkannten vor allem, dass sich persönliche Sicherheit nicht mit dem Besitz von Waffen<br />

verträgt, sondern vielmehr zur Eskalation führen kann.<br />

3. Schwerpunkt: „Miteinander im Alltag“<br />

In der Konzeption vorgesehen waren außerdem Exkursionen zu Betrieben, in denen<br />

Teamwork eine wichtige Rolle spielt, und zu diakonischen Einrichtungen mit dem<br />

Schwerpunkt „helfendes Engagement“. Sie kamen bis jetzt nicht zustande, weil diese<br />

Bereiche entweder im Rahmen von Sozialpraktika oder berufsvorbereitenden Maßnahmen<br />

durch die Schulen abgedeckt werden und weil sich durch die Erfahrungen in den Seminaren<br />

und <strong>Projekt</strong>gruppen andere Bedarfe ergeben hatten.<br />

IV. Elternarbeit<br />

Für Eltern gehören regelmäßige Informationen in Elternpflegschaftsabenden, Infobriefe über<br />

den Verlauf des <strong>Projekt</strong>es und Einladungen zu thematischen Veranstaltungen zum Programm.<br />

Elternbeteiligung im <strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> ist mehr als nur Information. Es geht um Einbeziehung und <strong>–</strong><br />

wenn möglich - aktives Mitmachen: bei der Exkursion, beim Elternabend mit Übungen zum<br />

demokratischen Lernen, beim schulübergreifenden Themenabend im Haus 44.<br />

Bei einer Umfrage in den ersten Elternpflegschaftsabenden aller Klassen entstand folgendes<br />

Ergebnis über die Interessen den Eltern:<br />

Bei einem<br />

Thematischen<br />

Elterntreffen würde<br />

ich gerne:<br />

Übungen zum<br />

demokratischen<br />

Miteinander<br />

ausprobieren<br />

Konfliktlösungen im<br />

Verhältnis Eltern -<br />

Kinder besprechen<br />

Konflikte im Stadtteil<br />

oder im Umfeld der<br />

Schule besprechen<br />

<strong>Hasenbergschule</strong><br />

Falkertschule<br />

Schloss-<br />

Realschule<br />

Schlossrealsch.<br />

Mäd.<br />

Evang.<br />

Mörike-<br />

Gymn.<br />

Schickhardt-<br />

Gymnasium<br />

durchschnittlich<br />

40% 33% 30% 18% 33% 67% 37 %<br />

80% 61% 74% 64 % 78% 73% 72 %<br />

20% 50% 33% 0 6% 33% 24 %<br />

das ejs kennenlernen 80% 67% 59% 64% 10% 20 % 50 %<br />

Die Begleitlehrer/-innen wiesen uns darauf hin, dass nach ihrer Einschätzung Veranstaltungen<br />

außerhalb der Schule und schulübergreifend nur noch sehr wenige Eltern zur Teilnahme<br />

motivierten, auch wenn sie ursprünglich ihr Interesse daran bekundet hatten. Deshalb<br />

entschieden wir uns für ein dreistufiges Konzept zur Umsetzung der Elterninteressen, das<br />

einen schrittweisen Vertrauensaufbau beinhaltet:<br />

1. Erster Elternpflegschaftsabend im 2. Halbjahresabschnitt:<br />

kurze Vorstellung und Information über die aktuellen Entwicklungen der Klasse(n),<br />

Austausch mit den Eltern<br />

2. Zweiter Elternpflegschaftsabend (Januar/Februar 2002)<br />

als klassenübergreifendes Angebot mit dem Thema „Soziales Miteinander praktisch <strong>–</strong><br />

Betzavta-Übungen für Eltern“<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

8<br />

3. Einladung ins Haus 44/ejs<br />

als schulübergreifendes Angebot zum Thema „Konfliktlösungen im Verhältnis Eltern <strong>–</strong><br />

Kinder“ in Zusammenarbeit mit dem städtischen Elternseminar<br />

kurze Vorstellung der Arbeit im Haus 44/ejs<br />

Bisher haben jeweils nur die 1. Elternpflegschaftsabende statt gefunden. Im Falle einer<br />

Schule war die Einheit zum <strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> Gelegenheit für die Eltern, ihre Kinder in einem<br />

anderen Licht zu sehen, als sie durch die zum Teil extrem negative Darstellung durch mehrere<br />

Fachlehrer/-innen zu Anfang des Abends erschienen. Es wurde eine andere Sichtweise<br />

deutlich, die die Jugendlichen in ihrer gesamten Person zeigte und sie nicht auf deren<br />

Leistungen in Schulfächern reduzierte.<br />

V. Lehrer/-innen<br />

Für die begleitenden Lehrer/-innen fand ein dreitägiges vertiefendes Betzavta-Seminar in<br />

Zusammenarbeit mit der Evang. Akademie Bad Boll statt.<br />

Sie hatten viele Übungen mit ihren Schüler/-innen in den Seminaren gemeinsam erlebt und<br />

die Arbeit der ejs-Teams aktiv unterstützt. Dazwischen bearbeiteten sie im Alltag „Reste“ aus<br />

den einzelnen Veranstaltungen und arbeiten Konflikte nach, die in deren Verlauf aufbrachen.<br />

Das vertiefende Seminar war als Unterstützung gedacht. Es gab Gelegenheit, Übungen zum<br />

Demokratielernen selbst auszuprobieren und Erkenntnisse umzusetzen. Es sollte mithelfen, im<br />

Sinne des <strong>Projekt</strong>es auch nach seinem Ende weiter zu arbeiten.<br />

Teilgenommen haben 10 Begleitlehrer/-innen aus 5 der 6 beteiligten Schulen. Am Ende des<br />

erfolgreichen Seminars beschäftigte die Anwesenden vor allem die Frage nach der<br />

Umsetzbarkeit des Betzavta-Programms beziehungsweise seiner demokratischen Grundhaltung<br />

im Schulalltag. Deutlich wurden Dilemmata im Zusammenhang mit schulischer Hierarchie,<br />

Leistungsdruck, Erfüllung des Lehrplans etc.<br />

Darüber hinaus trug das Seminar erheblich dazu bei, Vorurteile gegenüber den Kollegen/-<br />

innen der jeweils anderen Schulen und Schultypen abzubauen. Es war ein wichtiger Baustein<br />

für das Miteinander der beteiligten Schulen und eine gute Voraussetzung für den weiteren<br />

Dialog.<br />

VI. Begleitangebote<br />

Schüler/-innen, die sich besonders engagieren wollen, können durch ein zusätzliches Praktikum<br />

und einen Spezialisierungskurs ein Zertifikat als Junior-Schülermentor/-in erwerben.<br />

Drei Bausteine sind notwendig für das vom Kultusministerium ausgestellte Zertifikat:<br />

• die Teilnahme an den Blockseminaren<br />

• die Teilnahme an einem Spezialisierungskurs<br />

• ein Praktikum im Bereich des ejs in einer Kinder- oder Jugendgruppe, einem<br />

Ferienprojekt, an einer Aktion mit Vor- und Nachbereitung etc.<br />

Zur Zeit finden im Rahmen der Seminare Informationseinheiten über dieses Angebot statt.<br />

Seine Umsetzung soll in der Phase bis Juli 2002 geschehen.<br />

VII. Aktionstag<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite<br />

9<br />

Als Abschluss des <strong>Projekt</strong>es ist im Juli 2002 ein schulübergreifender Aktionstag geplant. Alle<br />

10 Klassen aus unterschiedlichen Schularten sind eingeladen, gemeinsam Spiele und Übungen<br />

ausprobieren und das Miteinander als Großgruppe testen. Geplant ist eine Mischung aus<br />

Begegnung und Übung, aus Präsentation und Aktion.<br />

C. Erfahrungen und Erkenntnisse nach Themen<br />

Für den Erfolg entscheidend erscheint uns nicht, ob eine Klasse vom Gymnasium oder der<br />

Förderschule kommt, sondern wie groß die Bereitschaft ist, bei Übungen und Spielen<br />

mitzumachen und z.B. freiwillig in die Minderheit zu gehen oder sich im Konfliktfall so lange<br />

mit den anderen auseinander zu setzen, bis eine Lösung gefunden ist, mit der alle gut leben<br />

können.<br />

Zusammenarbeit zwischen Lehrer/-innen + Jugendreferenten/-innen (Sozialpädagogen/-<br />

innen)<br />

Die insgesamt erfreuliche Zusammenarbeit zwischen Pädagogen/-nnen des ejs und den<br />

Begleitlehrer/-innen stellte sich bei der Frage der Lehrer/-innen-Rolle als schwierig heraus:<br />

Lehrer/-innen sind es gewohnt, allein vor der Klasse zu stehen, Stoff zu vermitteln, für<br />

Ordnung und Ruhe zu sorgen und sich um Einzelne zu kümmern. Diese Aufgaben wurden im<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> von Pädagogen/-innen/<strong>Projekt</strong>gruppenleiter/-innen übernommen.<br />

Die Lehrer/-innen hatten zum Teil Schwierigkeiten, sich den ihnen für die Zeit der Seminarund<br />

<strong>Projekt</strong>gruppeneinheiten übertragenen Aufgaben zu widmen (Begleitung der Klasse,<br />

Vermittlung zum ejs-Team, Unterstützung in der Kleingruppenarbeit, Bewertung von<br />

Ergebnissen usw.) bzw. die Zeit als Chance anzusehen, ihre Schüler/-innen neu kennen zu<br />

lernen. Dieser Punkt wurde mit großer Offenheit beim Treffen der Begleitlehrer/-innen zum<br />

Informations- und Erfahrungsaustausch diskutiert. Festgestellt wurde, dass es ständiger<br />

Bedarf bleibt, darüber im konkreten Fall zu reden und die Aufgabenverteilung zu klären und<br />

zu besprechen.<br />

In einigen Teams wurde auch eine unterschiedliche Sichtweise der Schüler/-innen deutlich<br />

(ähnlich wie oben im Zusammenhang mit dem Elternpflegschaftsabend beschrieben). Von<br />

Seiten der Jugendarbeiter/-innen wurde dies manchmal als hinderlich für die pädagogische<br />

Arbeit angesehen, von Seiten der Lehrer/-innen als „blauäugig“ . Dies wirkte sich unter<br />

anderem durch einen völlig anderen Umgang mit Strafen aus.<br />

Andererseits kam es vor, dass Klassen austesteten, wie weit sie bei uns gehen konnten, weil<br />

sie wussten, dass wir mit anderen Mitteln arbeiteten als ihre Lehrer/-innen. In jedem Fall<br />

ging es darum, gemeinsam mit dem/der begleitenden Lehrer/-in herauszufinden, wie stark<br />

er/sie eingreift, um einen bestimmten Rahmen aufrechtzuerhalten, ohne die pädagogische<br />

Arbeit im <strong>Projekt</strong> zu behindern.<br />

Insgesamt jedoch beobachteten wir ein wachsendes gegenseitige Vertrauen und die Einsicht<br />

in die jeweils unterschiedlichen Kompetenzen des/der Anderen. Dieser Effekt verstärkte sich<br />

besonders während des Betzavta-Seminars.<br />

Verhältnis Freiwilligkeit - Schulpflicht<br />

Obwohl sich die Klassen freiwillig zum <strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> gemeldet hatten, tauchten im Verlauf<br />

immer wieder „schwierige“ Phasen auf. Besonders bei den 2. Seminaren (Demokratische<br />

Grundhaltung) kam es vor, dass Einzelne sich den Übungen verweigerten. Von der Vorgabe des<br />

Leitungsteams her war es zwar möglich, vorüber gehend an einer Einheit nicht teilzunehmen,<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite 10<br />

umgesetzt in der Praxis wurde es aber fast nie, ausgenommen als Disziplinierungsmaßnahme<br />

durch den/die Lehrer/-in. Daraus entstand ein Dilemma: Erkenntnisse aus Betzavta-Übungen<br />

entstehen nur mit innerer Bereitschaft und können nie durch äußere Vorgaben erzwungen<br />

werden. Auf der anderen Seite wäre es für die gesamte Klasse nicht vermittelbar gewesen,<br />

wenn Einzelne eine Sonderbehandlung erfahren hätten. Naheliegend war es deshalb, das<br />

Programm so zu verändern, dass störendes oder verweigerndes Verhalten durch gezielten<br />

Einsatz bestimmter Übungen zum Thema gemacht und Einzelne mit sich selbst konfrontiert<br />

wurden.<br />

In einzelnen Fällen tauchten Schwierigkeiten auf beim Besuch von <strong>Projekt</strong>gruppen.<br />

<strong>Projekt</strong>gruppen fanden überwiegend an Stelle von Unterrichtszeiten statt und beanspruchten<br />

einen kleinen Anteil Freizeit der Jugendlichen. So bestand sowohl vom <strong>Projekt</strong>ansatz her als<br />

auch von Seiten der Schule die Verpflichtung, an den <strong>Projekt</strong>gruppen, für die sie sich<br />

entschieden hatten, teilzunehmen. Trotzdem nutzten Einzelne die Gelegenheit zum<br />

Schwänzen. Es stellte sich aber oft heraus, dass im <strong>Projekt</strong> nicht mehr geschwänzt wurde, als<br />

in der Schule und dass es sich meist um die selben Leute handelte.<br />

Umgekehrt gab es Gruppen, die sich freiwillig an Brückentagen oder Pädagogischen Tagen der<br />

Schule zur <strong>Projekt</strong>gruppe trafen, während ihre Mitschüler/-innen frei hatten.<br />

Darüber hinaus gibt es jetzt schon deutliche Anzeichen für ein großes Interesse an der Junior-<br />

Schülermentoren/-innen-Ausbildung, die in besonderem Maße freiwilliges Engagement<br />

verlangt.<br />

Überwindung von Grenzen zwischen Klassen und Schulen<br />

Schon jetzt gibt es häufig Gelegenheit, die bestehenden Grenzen zwischen Klassen und<br />

Schulen zu überwinden: z.B. wenn sich Schüler/-innen aus dem Seminar der Schlossrealschule<br />

mit den Teilnehmenden der Falkertschule an der <strong>Projekt</strong>gruppe Afrikanisches Trommeln an<br />

der Glasscheibe zur Kletteranlage begegnen, wo gerade die Hasenbergschul-Klasse<br />

Sturztraining macht. Oder beim Treffen der Begleitlehrer/-innen, bei gemeinsamen<br />

Elternpflegschaftsabenden, beim gemeinsamen Rundfunkinterview usw.<br />

Die Erkenntnis löste schon mehrfach Erstaunen aus, dass Schüler/-innen einer im Niveau<br />

„untergeordneten“ Schulart dasselbe Programm hatten wie andere, die eine höhere Schule<br />

besuchen.<br />

Für den letzten Halbjahresabschnitt sind zum ersten Mal <strong>Projekt</strong>gruppen geplant, die von<br />

Schüler/-innen unterschiedlicher Schulen gemeinsam besucht werden. Auch der<br />

Spezialisierungskurs für Junior-Schülermentoren/-innen, die letzte Elternveranstaltung und<br />

der Aktionstag werden schulübergreifend stattfinden.<br />

Wir stellten jedoch auch mit gewisser Verwunderung fest, welch große Bedeutung schon die<br />

Überwindung von Klassengrenzen innerhalb der selben Schule hat. Besonders die Schüler/-<br />

innen der Falkertschule betonten im Verlauf der ersten <strong>Projekt</strong>gruppenphase mehrfach, dass<br />

sie entgegen ihrer Erwartungen „mit denen von der Para-Klasse“ doch ‚könnten’ “.<br />

Transfer in der Schulalltag<br />

Für den Transfer der Seminarinhalte in den Schulalltag ist es wichtig, dass Arbeitsergebnisse<br />

festgehalten werden. Dafür eignet sich die bei den Seminaren beschriebene methodische<br />

Vorgehensweise, die die Ergebnisse für die Klassen auch nach dem Seminar sichtbar macht<br />

(die Schüler/-innen ordnen vorformulierte und im Seminar selbst erzielte Arbeitsergebnisse<br />

einzelnen Seminareinheiten zu; daraus sind Plakate entstanden, die im Klassenzimmer<br />

aufgehängt oder in einer verkleinerten Form den SchülerInnen ausgeteilt wurden).<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> - Zwischenbericht Seite 11<br />

Das gemeinsame Lernen von Lehrer/-innen und Schüler/-innen fördert eine Übertragung in<br />

den Alltag. Aus diesem Grund war die Teilnahme der Lehrer/-innen an den Seminaren von<br />

vornherein Bestandteil der Konzeption.<br />

Durch die Seminarinhalte wurden schon mehrfach Gruppenprozesse in der Klasse dynamisiert.<br />

Beispiel:<br />

Schlossrealschule Mädchen: Schwelende Konflikte und unausgesprochene Vorwürfe in Richtung<br />

Unehrlichkeit Einzelner und Diebstahl von Wertsachen brachen auf, nachdem sich die Klasse<br />

mit dem Thema „Mehrheiten und Minderheiten“ beschäftigt hatte. Begleitlehrer und <strong>–</strong>lehrerin<br />

bearbeiteten in der Zeit danach gemeinsam mit den Mädchen die aufgebrochenen Konflikte<br />

und bezogen zum Teil die Eltern mit ein.<br />

Beispiel:<br />

Evang. Mörike-Gymnasium: Zwei neu hinzugekommene Schüler eroberten sich innerhalb<br />

kürzester Zeit die entscheidenden Positionen in der Klasse und setzten andere unter Druck.<br />

Eine Übung zur „demokratischen Entscheidungsfindung“ brachte die neuen Machtverhältnisse<br />

ans Licht. Nach dem Seminar verschärfte sich die Situation in der Klasse, und die<br />

Klassenlehrerin führte mehrere Klassenrat-Sitzungen gemeinsam mit dem Schulpsychologen<br />

durch. Die anschließenden <strong>Projekt</strong>gruppen (Mädchen und Jungen getrennt) wurden gezielt<br />

abgestimmt auf die Stärkung Einzelner.<br />

Zur Zeit gibt es deutliche Anzeichen für Widerstand gegen die „Fremdbestimmung“ durch<br />

einzelne Schüler/-innen und eine gegenseitige Unterstützung beim Beziehen von Positionen.<br />

Besonders erfreulich ist die Tendenz einzelner Mädchen, ihre von scheinbarem Desinteresse<br />

geprägte Haltung des Rückzugs aufzugeben.<br />

Abstimmungen sind das am häufigsten angewandte Mittel zur Entscheidungsfindung in<br />

Gruppen (und Klassen). Das Betzavta-Programm zielt auf ein anderes Vorgehen zur<br />

Entscheidungsfindung ohne Sieger/-innen und Verlierer/-innen. Da dies in den Seminaren<br />

konsequent geübt wurde, versuchten die Klassen die Umsetzung auch im Schulalltag.<br />

Entscheidend ist jedoch nicht nur das Wissen darum, wie so etwas geht, sondern vor allem die<br />

innere Grundhaltung, die die nötige Wachsamkeit für Alltagssituationen hervorruft - so dass es<br />

in der Hektik des Schulgeschehens auch bei den teilnehmenden Klassen immer wieder zu<br />

schnellen und unüberlegten Mehrheitsentscheidungen kam.<br />

Die Teilnehmenden des Betzavta-Seminars für Lehrer/-innen äußerten bei der Abschlussrunde<br />

mehrmals, dass sie die Bedeutung eines Entscheidungsprozesses erst jetzt verinnerlicht<br />

hätten.<br />

Auch darin zeigte sich für uns, wie langfristig eine solche Arbeit angelegt sein muss, um<br />

dauerhaft Wirkung zu zeigen.<br />

Für den Erfolg besonders wichtig war und ist die Unterstützung des <strong>Projekt</strong>es durch die<br />

Schulen: Der reguläre Unterricht wurde durch Seminare und <strong>Projekt</strong>gruppen zum Teil ersetzt,<br />

Gewaltprävention wurde zum Thema des pädagogischen Tages eines Lehrerkollegiums, zwei<br />

Schulen führten ergänzend Streitschlichterprogramme ein, Begleitlehrer/-innen und<br />

Schulleitungen kümmern sich um die Information der Eltern, zwischen Lehrer/-innen,<br />

Schulleitung und dem ejs besteht ein regelmäßiger Austausch, die Begleitlehrer/-innen<br />

wurden für das Betzavta-Seminar freigestellt.<br />

Auf diese Art ist das <strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> ein wirkliches Kooperationsprojekt. Sein Erfolg hat mit<br />

Vernetzung und Miteinander auf allen Ebenen zu tun.<br />

Dorrit Brandstetter, <strong>Projekt</strong>leiterin<br />

20.01.02<br />

Evang. Jugendwerk Stuttgart<br />

Fritz-Elsas-Straße 44<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: (0711) 18771-0<br />

Telefax: (0711) 18771-99<br />

projekt.m@ejs-online.de<br />

Durchwahl Brandstetter <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Gläsle <strong>–</strong>21<br />

Durchwahl Kunzmann <strong>–</strong>33


Anlage 3<br />

ejs<br />

Evangelisches<br />

Jugendwerk<br />

Stuttgart<br />

Referat für<br />

schulbezogene<br />

Jugendarbeit im<br />

I. Blockseminare<br />

1. Blockseminar: Thema „Ich + Wir“<br />

Inhalte<br />

• Meine Fähigkeiten <strong>–</strong> meine Grenzen<br />

• Wer ich bin - Vielfalt in der Klasse<br />

• Wahrnehmung<br />

• Kommunikation<br />

• Kooperation miteinander<br />

Ziele<br />

‣ Die SchülerInnen können sich selbst als<br />

Individuum mit besonderen Merkmalen,<br />

Fähigkeiten, Entwicklungsmöglichkeiten<br />

und Grenzen erkennen und annehmen.<br />

‣ Sie sind sich bewusst über ihre<br />

Zugehörigkeit zu verschiedenen<br />

gesellschaftlichen Gruppen.<br />

‣ Sie kennen Ähnlichkeiten und<br />

Unterschiede bei Menschen.<br />

‣ Sie kennen Möglichkeiten, eine Aufgabe<br />

gemeinsam zu lösen unter<br />

Berücksichtigung unterschiedlicher<br />

Rollen und Fähigkeiten in der Gruppe.<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>„M“</strong> <strong>–</strong> <strong>MITEINANDER</strong> / Rahmenziele<br />

2. Seminar: „Demokratische Grundhaltung“<br />

Inhalte<br />

• Das gleiche Recht eines/r jeden auf persönliche Entfaltung<br />

• Das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit<br />

Wie fühle ich mich in einer Minderheit? Interessen von<br />

Minderheiten, 5 Wege, mit einer Minderheit umzugehen<br />

• Darstellung von Positionen ßà Darstellung von<br />

Bedürfnissen<br />

• Wahrnehmung, Kommunikation, Kooperation<br />

Ziele<br />

‣ Die SchülerInnen erkennen, dass es im Alltag viele<br />

Möglichkeiten gibt, einer Minderheit anzugehören.<br />

‣ Sie nehmen diskriminierendes Verhalten bei sich und<br />

anderen wahr. Sie verstehen das Wesen und die<br />

Auswirkungen von falschen Vorannahmen, Klischees und<br />

Vorurteilen.<br />

‣ Sie erkennen, dass das persönliche Recht auf freier<br />

Entfaltung dem/der anderen genauso zusteht wie<br />

einer/m selbst. Sie akzeptieren die/den anderen, auch<br />

wenn er/sie anderer Meinung ist.<br />

‣ Sie erkennen, dass die Mehrheitsentscheidung sehr oft<br />

keine wirklich demokratische Methode ist und dass sie<br />

nicht notwendig ist, wenn keine Interessenkonflikte<br />

vorliegen.<br />

‣ Sie sind in der Lage, sich gegenseitig zuzuhören und<br />

zusammenzuarbeiten<br />

3. Seminar: „Umgang mit Konflikten“<br />

Inhalte<br />

• Umwandlung des Konfliktes in ein<br />

Dilemma<br />

• Demokratische Entscheidungsfindung, 4<br />

Wege der Entscheidungsfindung<br />

Ziele<br />

‣ Die SchülerInnen kennen die<br />

Notwendigkeit, ihre Meinung mit einer<br />

Darstellung ihrer Bedürfnisse zu<br />

begründen.<br />

‣ Sie sind in der Lage, eine Sache mit den<br />

Augen des Gegenüber zu sehen.<br />

‣ Sie sind in der Lage zu erkennen, wann<br />

ein tatsächlicher Konflikt vorliegt.<br />

‣ Sie akzeptieren Alternativen, die sie<br />

bisher immer abgelehnt haben<br />

(Toleranz).<br />

‣ Sie sind der Lage, einen Konflikt<br />

gewaltfrei, tolerant und unter<br />

Berücksichtigung der eigenen und der<br />

anderen Interessen zu lösen.<br />

Brandstetter, 20.01.02

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!