4. Von der Idee zum Bauprojekt - Harzer Schmalspurbahnen
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<strong>4.</strong> <strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Idee</strong> <strong>zum</strong> <strong>Bauprojekt</strong> – Vorgeschichte und Bau <strong>der</strong> Selketalbahn<br />
Das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg galt als ein Pionier bei <strong>der</strong> eisenbahntechnischen Erschließung des Harzes. Das einst braunschweigische Has sel -<br />
felde erhielt erst 1892 einen Bahnanschluss. Im August 1981 gingen Lokführer und Heizer im Bahnhof Hasselfelde zu »ihrer« 99 24<strong>4.</strong> Foto: Gert Schütze<br />
zer splittert. Der Harz und das Harzvorland waren auf das Königreich<br />
Preußen, das Königreich Hannover, das Herzogtum Anhalt-<br />
Bernburg und das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg aufgeteilt<br />
(siehe Karte S. 38). Jede Landesregierung verfolgte bei <strong>der</strong><br />
eisenbahntechnischen Erschließung ihres Territoriums eigene<br />
Interessen und erließ dafür eigene Gesetze. Zudem stellte <strong>der</strong><br />
Harz mit seinen tiefen Tälern und steilen Bergen für die Eisenbahn-<br />
Ingenieure noch ein unüberwindliches Hin<strong>der</strong>nis dar.<br />
Wie groß die technischen Probleme und wie schwierig die politischen<br />
Verhältnisse waren, zeigte sich bereits beim Bau <strong>der</strong> ersten<br />
Eisen bahn im Harz, <strong>der</strong> Strecke Wolfenbüttel–Harzburg 1 durch<br />
die Braunschweigische Staatseisenbahn. Der Geheime Legationsrat<br />
Philipp von Amsberg (17.07.1788–09.07.1871) hatte bereits 1824<br />
in <strong>der</strong> Eisenbahn das Verkehrsmittel <strong>der</strong> Zukunft erkannt und einen<br />
»Plan zur Anlegung einer Eisenbahn zwischen Hannover und<br />
Braunschweig« vorgelegt. Doch es vergingen noch Jahre, bevor<br />
Philipp von Amsberg seine Visionen umsetzen konnte. Erst am<br />
29. Oktober 1836 stimmte die Stän de versammlung des Herzogtums<br />
Braunschweig-Lüneburg dem Bau <strong>der</strong> Strecke Braunschweig–<br />
Harzburg zu. Am 1. Dezember 1838 weihte schließlich Herzog<br />
Wilhelm August Ludwig Maximilian Friedrich (25.0<strong>4.</strong>1806–<br />
18.10.1884) den 11,75 km langen Abschnitt Braunschweig–<br />
Wolfenbüttel ein. Der Weiterbau <strong>der</strong> Strecke nach Harzburg gestaltete<br />
sich schwierig. Zwar hatten das Herzogtum Braunschweig-<br />
Lü ne burg und das Königreich Hannover am 13. November 1837<br />
den notwendigen Staatsvertrag unterzeichnet, doch die hannoversche<br />
Regierung untersagte <strong>der</strong> Braunschweigischen Staats -<br />
eisenbahn den Einsatz von Dampflokomotiven auf ihrem Hoheits -<br />
gebiet. So konnte die Braunschweigische Staatseisenbahn am 22.<br />
August 1840 zunächst nur den Abschnitt Wolfenbüttel–Schladen<br />
in Betrieb nehmen. Das Teilstück Vienenburg–Harzburg wurde<br />
bereits ab 10. August 1840 als Pferdebahn betrieben, da für den<br />
relativ steilen Abschnitt mit Steigungen von bis zu 1 : 49 noch keine<br />
geeigneten Dampflokomotiven zur Verfügung standen. Erst<br />
nachdem das Königreich Hannover seinen Wi<strong>der</strong>stand gegen<br />
das neue Verkehrsmittel aufgegeben hatte, konnte die Braun -<br />
schwei gische Staatseisenbahn das Zwischenstück Schladen–<br />
Vienenburg am 31. Oktober 1841 in Betrieb nehmen. Der erste<br />
durchgehende Dampfzug von Braunschweig nach Harzburg verkehrte<br />
schließlich am 8. Oktober 1843.<br />
Trotz all dieser Schwierigkeiten entwickelte sich die Eisenbahn zu<br />
einem Motor des wirtschaftlichen Fortschritts. Weitsichtige Ge -<br />
schäftsleute und mutige Bürgermeister sahen in <strong>der</strong> Eisenbahn<br />
mehr als nur eine attraktive Anlagemöglichkeit. Sie erkannten<br />
den großen Wert des Verkehrsmittels für die Erschließung <strong>der</strong><br />
Region. Bereits am 28. August 1836 konstituierte sich in Halberstadt<br />
ein Eisenbahn-Komitee, das sich für den Bau einer Strecke zwischen<br />
Magdeburg und Halberstadt einsetzte. Allerdings vergingen<br />
noch mehrere Monate, bevor am 2. November 1839 erstmalig<br />
<strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> Strecke Magdeburg–Oschersleben (Bode)–Hal berstadt<br />
konkret erörtert wurde. Der Magistrat <strong>der</strong> Stadt Hal berstadt<br />
bekundete in diesem Zusammenhang seine Bereit schaft, sich<br />
1 Erst ab 27. Mai 1892 hieß <strong>der</strong> Ort offiziell »Bad Harzburg«.<br />
56 <strong>Von</strong> <strong>der</strong> GHE zur HSB / Band 1