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Nova-Artikel - Caritasverband Duisburg e.V.

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Neues Angebot<br />

Bedarf erkannt:<br />

<strong>Caritasverband</strong> <strong>Duisburg</strong> eröffnet Mutter-Kind-<br />

Haus für psychisch erkrankte Frauen<br />

Claudia Weiss, Redaktion Caritas Compact<br />

„ A ußenwohngruppe <strong>Nova</strong>“ steht schlicht<br />

auf dem sehr dezenten Schild des neuen<br />

Caritas-Hauses in der Obermarxloher Str.<br />

in <strong>Duisburg</strong>-Neumühl – und das ist Absicht!<br />

Denn dieses Haus ist nicht nur ein Heim für<br />

alleinerziehende junge Mütter, sondern es<br />

bietet ihnen und ihren Kindern auch einen<br />

besonderen Schutz. Einrichtungsleitung<br />

Kirsten Trumpold erklärt, worum es geht:<br />

„In der täglichen Arbeit in diesem Bereich<br />

fiel uns in den vergangenen Jahren immer<br />

wieder der Bedarf an spezialisierten Einrichtungen<br />

für psychisch erkrankte junge Mütter<br />

auf. Immer wieder betreuen wir junge Frauen<br />

in unserem Appartementhaus und in der<br />

Wohngruppe Viva, die z.B. an Traumata,<br />

Persönlichkeits- oder Borderlinestörungen<br />

leiden. Für diese Frauen ist es häufig<br />

schwierig, sich in Gruppen zu integrieren,<br />

zumal auch der vorhandene Personalschlüssel<br />

hierfür gar nicht ausgelegt ist. Die<br />

bei diesen Müttern zusammen kommenden<br />

Thematiken „alleinerziehend, jugendlich und<br />

psychisch erkrankt“ erfordern eine sehr individualisierte<br />

Betreuung!“<br />

Deutschlandweit gibt es ca. 80 Mutter-Kind-<br />

Einrichtungen, doch nur wenige davon<br />

beschäftigen sich ausschließlich mit diesem<br />

Personenkreis. Die beiden explizit auf<br />

psychisch kranke und geistig behinderte<br />

Mütter spezialisierten Einrichtungen in NRW<br />

haben entsprechende Wartelisten. Weitere<br />

drei Einrichtungen haben einen Teil ihres


Angebotes auf diese Zielgruppe ausgerichtet<br />

und berichten ebenfalls, dass sie überregional<br />

angefragt und belegt werden. <strong>Duisburg</strong><br />

selbst und die nähere Umgebung halten<br />

lediglich ambulante Angebote oder Formen<br />

des betreuten Wohnens für alleinerziehende<br />

psychisch kranke Mütter vor.<br />

Kirsten Trumpold: „Im Austausch mit Fachleuten<br />

bestätigen diese regelmäßig unsere<br />

Wahrnehmung, dass psychische Krankheitsbilder<br />

bei unseren Klientinnen stetig<br />

zunehmen und damit der Bedarf an entsprechendem<br />

Fachpersonal und Facheinrichtungen<br />

wächst.“<br />

Mit Unterstützung des Landesjugendamtes<br />

und des städtischen Jugendamtes durch<br />

Jugendamtsleiter Thomas Krützberg und<br />

Koordinatorin Annette Uelsmann hat nun<br />

der <strong>Caritasverband</strong> <strong>Duisburg</strong> ein tragfähiges<br />

Konzept für das neue Haus in Neumühl<br />

entwickelt: Hier werden zurzeit sechs Mütter<br />

mit ihren insgesamt sieben Kindern betreut.<br />

Sie wohnen in eigenen kleinen Wohnungen<br />

mit separaten Kinderzimmern und kochen<br />

gemeinsam in der großen Gemeinschaftsküche.<br />

Einmal pro Woche übernimmt jede<br />

Bewohnerin den Küchendienst, während<br />

eine andere anschließend ab- und aufräumt<br />

und die Spülmaschine bestückt.<br />

Heute gibt es Käsespätzle und zum Dessert<br />

Früchtejoghurt. Während unten im Esszimmer<br />

schon der Tisch gedeckt wird, ist Anna*<br />

in ihrer Wohnung aktiv: Hausputz! „Das Kinderzimmer<br />

sieht chaotisch aus“, warnt die<br />

23-jährige Mutter lachend, doch das überwiegend<br />

in mädchenhaftem Pink gehaltene<br />

Zimmer sieht aus wie jedes durchschnittliche<br />

Kinderzimmer, in dem zwei Schwestern<br />

im Alter von 3 und 5 Jahren zusammen<br />

leben, schlafen und spielen. Tina* und<br />

Lisa* zeigen begeistert ihre Schätze, lassen<br />

sich leidenschaftlich gern fotografieren<br />

und hantieren auch gleich in der kleinen Kinderküche<br />

herum, um ein Mahl aus Plastik-<br />

Pommes und Gummi-Paprika zu servieren.<br />

Strahlend posieren Sie vor einem kleinen<br />

Prinzessinnen-Schloss (Pink!) und zeigen<br />

stolz Familienfotos an der Wand. Sie fühlen<br />

sich in ihrem neuen Zuhause sichtlich wohl<br />

und hüpfen freudig die Treppe herunter, als<br />

das Essen fertig ist. Mutter Anna schließt<br />

die Tür hinter sich ab, die ein gelbes Schild<br />

aufweist: Zickenzone! „Immerhin wohnen<br />

hier drei Frauen“, schmunzelt sie und<br />

erzählt, dass das Schild ein Geschenk ihres<br />

Freundes sei. Der Vater ihrer beiden Töchter<br />

schaut auch vorbei und wird stürmisch von<br />

seinen Mädchen begrüßt. Im gemeinsamen<br />

Esszimmer füttern derweil junge Mütter ihre<br />

Babys und Kleinkinder und können sich bei<br />

Bedarf an eine der Erzieherinnen wenden.


Es herrscht eine ruhige Atmosphäre, das<br />

Miteinander scheint harmonisch.<br />

Dennoch: „Für mich ist das hier nur eine<br />

Durchgangsstation“, stellt eine junge Frau<br />

klar. „Ich bin zu Beginn meiner Ausbildung<br />

schwanger geworden und habe den Fehler<br />

gemacht, zu meinem Freund zu ziehen. Das<br />

war keine gute Idee…“ deutet sie an und<br />

erklärt dann nur ganz knapp: „ Hier habe ich<br />

Schutz gefunden. Ich habe hier ein Dach<br />

über dem Kopf, kann mich mit meinen Sachen<br />

einrichten, dann fühle ich mich schon<br />

sicherer. Ich werde zügig meine Ausbildung<br />

beenden und dann in eine eigene Wohnung<br />

ziehen.“ Liebevoll reicht sie ihrem kleinen<br />

Sohn ein weiteres Löffelchen Brei.<br />

Wer in dieses Haus ziehen darf, entscheidet<br />

das jeweils zuständige Jugendamt, erklärt<br />

Teamleitung Christa Herold. Und das wird<br />

sofort aktiv, wenn sich der Verdacht einer<br />

„Kindeswohlgefährdung“ andeutet. Doch<br />

eine Voraussetzung muss erfüllt sein: Trotz<br />

psychischer Probleme müssen diese jungen<br />

Bewohnerinnen in der Lage sein, sich selbst<br />

um ihre Kinder kümmern zu können. Allen<br />

ist dabei gemein, dass sie außerhalb dieses<br />

Hauses kein soziales und funktionierendes<br />

Netz haben, das sie auffangen oder unterstützen<br />

könnte: Als junge Mutter ohne<br />

Ausbildung 24 Stunden lang allein für zwei<br />

lebhafte Kinder verantwortlich zu sein – das<br />

kann so erschöpfen und überfordern, dass<br />

man sich irgendwann nur noch ins Bett verkriecht<br />

und die Decke über die Ohren zieht.<br />

Während die Kinder sich selbst überlassen<br />

sind und unbezahlte Rechnungen aus den<br />

Schubladen quellen…<br />

Oder: Wenn man selber ohne Liebe und<br />

Zuwendung bei emotional instabilen Eltern<br />

aufgewachsen ist, dann muss man den<br />

Umgang mit sich, seinen Gefühlen und vor<br />

allem den liebevollen Umgang mit seinem<br />

Baby erst lernen. Eine junge Bewohnerin,<br />

die vor ihrer Schwangerschaft mit Depressionen<br />

zu kämpfen hatte, ist hier in der Lage,<br />

den liebevollen Umgang abzuschauen,<br />

nachzuahmen und schließlich sogar selbst<br />

Zugang zu den entsprechenden Gefühlen<br />

zu finden.<br />

An sogenannten Team-Tagen formulieren<br />

die jungen Frauen zwischen 19 und 25<br />

(auch eine 31-jährige Bewohnerin ist dabei)<br />

persönliche Ziele – für sich als Frau, für sich<br />

als Mutter. Und sie definieren, welche<br />

kleinen Schritte zu dem gewünschten Ziel<br />

führen. Oberste Priorität hat dabei bei allen:<br />

Die Selbstständigkeit! Und hier stellt Christa<br />

Herold klar: „Diese jungen Frauen sind<br />

tapfer und zäh, sie sind gewillt! Sie bringen<br />

täglich eine ungeheure Disziplin auf und<br />

darauf können sie sehr stolz sein!“<br />

So ist für eine junge Mutter zum Beispiel ein<br />

konkretes Ziel, ihr Kind täglich pünktlich in<br />

den Kindergarten zu bringen, wo es gut betreut<br />

wird. Dadurch gewinnt sie Zeit für sich<br />

und verspürt ein Erfolgserlebnis, das sie zu<br />

weiteren Schritten motiviert. Durch einen gut<br />

organisierten Tagesablauf bekommen die<br />

Frauen eine Struktur, die Halt gibt. Unterstützt<br />

werden sie dabei in Schichtdiensten<br />

von insgesamt drei Sozialarbeiterinnen,<br />

einer Erzieherin, einer Hauswirtschaftskraft<br />

und ab August auch noch von einer Familienpflegerin.<br />

Thomas Krützberg, Jugendamtsleiter <strong>Duisburg</strong>,<br />

hat dieses Konzept von Anfang an<br />

unterstützt und nennt das Caritas-Angebot<br />

gar einen „Solitär in der NRW-Landschaft“,<br />

eine Einrichtung, die er gerne belege. Das<br />

freut nicht nur das engagierte Team rund<br />

um Kirsten Trumpold und Christa Herold,<br />

davon profitieren vor allem auch die jungen<br />

Mütter und ihre Kinder, die in ihrer ganz<br />

besonderen Situation eine angemessene<br />

Rund-um-Unterstützung brauchen, wie es<br />

der <strong>Caritasverband</strong> <strong>Duisburg</strong> mit seinem<br />

komplexen Netzwerk beispielhaft leisten<br />

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