FAQs Tarifverhandlungen - BDZV
FAQs Tarifverhandlungen - BDZV
FAQs Tarifverhandlungen - BDZV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
18 FRAGEN und ANTWORTEN<br />
zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong>
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Seite 3<br />
1 Der Wirtschaft in Deutschland geht es gut, wieso profi tieren die Zeitungen nicht davon?<br />
2 Der <strong>BDZV</strong> sagt, dass es der Zeitungsbranche grundsätzlich gut geht; wieso sollten wir Journalisten<br />
dann auf einen merklichen Gehaltszuwachs verzichten?<br />
Seite 4<br />
3 Die Zeitungsverlage erwirtschaften immer noch eine oft zweistellige Rendite, über die sich andere Branchen<br />
freuen würden. Wieso kommt bei denen, die für die Qualität der Zeitung sorgen, nichts davon an?<br />
4 Wir haben bereits in den letzten Jahren nur Brosamen und nicht einmal den Infl ationsausgleich erhalten!<br />
Seite 5<br />
5 Die Verleger haben es versäumt, in den letzten zehn Jahren funktionierende Geschäftsmodelle aufzubauen.<br />
Wieso sollen nun wir Redakteure unter diesem Versagen leiden?<br />
6 Wieso brauchen wir überhaupt einen neuen Tarifvertrag?<br />
Seite 6<br />
7 Wieso wollen die Verleger einen langlaufenden Tarifabschluss?<br />
8 Wenn der <strong>BDZV</strong> seine tarifpolitischen Ziele verwirklicht, müssen Redakteure im Lauf ihrer Karriere auf<br />
xx Prozent ihres Einkommens verzichten.<br />
9 Was wollen die Verleger tun, um junge Talente für den Journalistenberuf zu gewinnen bei diesen<br />
lausigen Einstandsgehältern?<br />
Seite 7<br />
10 Wer soll sich noch für den Journalistenberuf interessieren, wenn es nichts mehr zu verdienen gibt und<br />
andere Branchen uns beim Gehalt weit überholen?<br />
11 Welche Sicherheiten gibt der <strong>BDZV</strong>, dass OT-Verlage bei einem „maßvollen“ Tarifabschluss in den Tarif<br />
zurückkehren bzw. zu einer Beschäftigungssicherung bereit sind?<br />
Seite 8<br />
12 Der <strong>BDZV</strong> fordert eine regionale Anpassung des Tarifvertrags. Wie soll das genau aussehen?<br />
13 Der <strong>BDZV</strong> schlägt statt der Berufsjahresstaffel eine Entlohnung mit erfolgsabhängigen Komponenten vor.<br />
Wie soll das genau aussehen?<br />
Seite 9<br />
14 Der <strong>BDZV</strong> schlägt statt der Berufsjahresstaffel einen Anspruch auf Weiterbildung vor. Welche Sicherheiten<br />
gibt der <strong>BDZV</strong>, dass Weiterbildungsangebote wirklich gemacht werden?<br />
15 Redakteure absolvieren weit mehr als einen 8-Stunden-Tag. Wieso wollen die Verleger uns die zur<br />
Erholung dringend nötigen zusätzlichen Urlaubstage streichen?<br />
16 Redakteure leiden unter einer immer höheren Arbeitsverdichtung. Das muss kompensiert werden.<br />
Seite 10<br />
17 Wieso sollen Redakteure Gehaltseinbußen akzeptieren mit der Begründung, die Zeitungen stünden ökonomisch<br />
schlecht da, wenn an anderer Stelle Zeitungen zur gleichen Zeit Millionendeals einfädeln?<br />
18 Beim Gehalt werden die Redakteure an Tageszeitungen seit mehr als zehn Jahren weit von der Entwicklung<br />
in anderen Branchen abgehängt. Damit muss endlich Schluss sein.<br />
Seite 11-13<br />
Grafiken<br />
2<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
1<br />
Der Wirtschaft in Deutschland geht es gut,<br />
wieso profi tieren die Zeitungen nicht davon?<br />
Die Zeitungsbranche befi ndet sich, wie viele andere Industrien auch, seit Jahren in einem umfassenden<br />
Transformationsprozess. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer alternden, sich<br />
wandelnden Gesellschaft und geht einher mit sich immer radikaler ändernden Nutzungsgewohnheiten.<br />
Wichtigste Einnahmequelle der Zeitungen waren über Jahrzehnte die Umsätze aus<br />
Anzeigen und Werbung. Sie sinken seit dem Jahr 2000, weil der Werbekuchen mit immer mehr<br />
Marktteilnehmern geteilt werden muss (allen voran Global Playern wie Google, Facebook und<br />
Co.) – bei einem aktuell stagnierenden Gesamtwerbemarkt. Eine Änderung dieser Entwicklung<br />
ist kurz- und mittelfristig trotz der erheblichen Anstrengungen der Zeitungen im Digitalgeschäft<br />
nicht abzusehen. Das ist ein Indiz dafür, dass wir es in der Zeitungsbranche auch nicht mit einer<br />
kurzfristigen konjunkturellen Schwäche zu tun haben, sondern mit einem strukturellen Wandel.<br />
Eine wichtige Rolle spielt aber auch das geänderte Nutzungsverhalten: Immer mehr Menschen<br />
orientieren sich weg von Print und hin zur Online- oder mobilen Nutzung von redaktionellen<br />
Inhalten. Funktionierende Geschäftsmodelle hierfür sind jedoch gerade erst im Entstehen.<br />
Die damit verbundene IT erfordert obendrein in den Unternehmen erhebliche Investitionen.<br />
2<br />
Der <strong>BDZV</strong> sagt, dass es der Zeitungsbranche<br />
grundsätzlich gut geht; wieso sollten wir Journalisten<br />
dann auf einen merklichen Gehaltszuwachs verzichten?<br />
Die Zeitungen in Deutschland werden gedruckt, online und mobil heute von so vielen Menschen<br />
gelesen und/oder genutzt wie noch nie in ihrer Geschichte. Dieser Erfolg lässt sich allerdings<br />
bisher nicht monetär in gleicher Weise abbilden.<br />
Die Aufgabe eines Tarifvertrags ist es, Mindestarbeitsbedingungen sicherzustellen. Ein Tarifwerk<br />
Zukunft muss also immer auch die schwächeren Glieder in der Kette der Unternehmen berücksichtigen.<br />
Andernfalls führt dies dazu, dass sich die wirtschaftlich stärker herausgeforderten Verlage<br />
der Bindung entziehen. Wirtschaftlich besser aufgestellte Unternehmen können mit individuellen<br />
Zusatzvereinbarungen natürlich auch mehr bezahlen. Wir haben diesen Aspekt unter dem<br />
Punkt „Berücksichtigung der regionalen Kaufkraft-Unterschiede“ aufgenommen.<br />
3<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
3<br />
Die Zeitungsverlage erwirtschaften immer noch eine<br />
oft zweistellige Rendite, über die sich andere Branchen<br />
freuen würden. Wieso kommt bei denen, die für die Qualität<br />
der Zeitung sorgen, nichts davon an?<br />
Es gibt ohne Frage Verlage mit einem soliden wirtschaftlichen Fundament. Jedoch wächst die<br />
Zahl der Verlage, die wirtschaftlich am Limit kämpfen – und auch für diese Häuser müssen die<br />
Bedingungen eines Flächentarifvertrags erfüllbar bleiben.<br />
Zudem wird oft übersehen, dass sich Zeitungsverlage inzwischen zu Unternehmen mit einer<br />
breiten Produktpalette gewandelt haben und häufi g durch Zusatzgeschäfte Geld verdienen,<br />
die mit der Zeitung nicht in unmittelbarem oder in gar keinem Zusammenhang stehen. Erlöse<br />
aus privater Briefdienstleistung, Lesereisen, Veranstaltungen u.Ä. dürfen nicht der Rendite<br />
des Kerngeschäfts des Zeitungsverlags zugerechnet werden, um dort Gehaltserhöhungen zu<br />
begründen. Andersherum wird ein Schuh daraus: Solche Zusatzgeschäfte helfen dabei, Arbeitsplätze<br />
im Kerngeschäft zu sichern und den dort notwendigen Transformationsprozess fi nanziell<br />
zu stemmen.<br />
Im Übrigen sind Renditen volatil. Anders als die Umsatzerhebung über die gesamte Branche<br />
erlauben sie immer nur die Augenblicksbetrachtung eines einzelnen Hauses und können keine<br />
Richtschnur für eine zukunftsorientierte Tarifpolitik sein. Hinzu kommt: Tarifverträge sind von ihrer<br />
Ausgangsidee her Mindestarbeitsbedingungen, müssen also immer auch das schwächste Glied<br />
in der Kette der Unternehmen berücksichtigen. Andernfalls führt dies dazu, dass die wirtschaftlich<br />
stärker herausgeforderten Unternehmen sich der Bindung entziehen.<br />
4<br />
Wir haben bereits in den letzten Jahren nur Brosamen<br />
und nicht einmal den Infl ationsausgleich erhalten!<br />
Wenn die Einnahmen sinken, kann die Infl ationsrate kein Gradmesser sein. Die Infl ationsrate<br />
betrug beim letzten Tarifabschluss im Jahr 2010 durchschnittlich 1,2 %, in den Jahren 2011 und<br />
2012 durchschnittlich 2,0%. Die Gehälter der Redakteure stiegen ab dem 1. Mai 2012 um 1,5 %<br />
an. Zusätzlich erhielten die Redakteure im Oktober 2011 und im Februar 2013 je eine Einmalzahlung<br />
in Höhe von € 200. Zum Vergleich die Abschlüsse anderer Branchen:<br />
Kreditinstitute: 1,1 %, Verkehr: 1,6 %, Handel: 1,9 % etc.<br />
4<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
5<br />
Die Verleger haben es versäumt, in den letzten zehn Jahren<br />
funktionierende Geschäftsmodelle aufzubauen. Wieso sollen<br />
nun wir Redakteure unter diesem Versagen leiden?<br />
Zeitungen sind Wirtschaftsunternehmen. Sie können ihre Zukunft nur erfolgreich gestalten, wenn<br />
dies auf einer wirtschaftlich gesunden Grundlage geschieht.<br />
Die Zeitungsbranche befi ndet sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess. Im Zuge der<br />
Digitalisierung ändert sich nicht nur das Geschäftsmodell, sondern auch das Nutzungsverhalten<br />
der Menschen. Papier ist immer noch der wichtigste Umsatzträger. Die digitalen redaktionellen<br />
Produkte tragen hingegen bisher wenig (oder nichts) zum Ergebnis der Unternehmen bei.<br />
Werbung allein wird die digitalen Produkte weder jetzt noch in Zukunft fi nanzieren. Vor diesem<br />
Hintergrund ist es wichtig, die Nutzer davon zu überzeugen, dass sie für online oder mobil vertriebene<br />
redaktionelle Inhalte genau so bezahlen wie bisher/heute noch für Gedrucktes. Dies<br />
wird jedoch nur gelingen, wenn diese Angebote inhaltlich, optisch und/oder in der einfachen und<br />
intelligenten Handhabung etwas Besonderes sind.<br />
Ohne Frage sind die Redakteure dabei das Rückgrat der Zeitung und der neu zu entwickelnden<br />
Produkte. Gebraucht werden aber auch IT-Spezialisten, die die Technik als Treiber dieser neuen<br />
Produkte verstehen und kreativ einsetzen, ferner Designer, die für die attraktive Verpackung der<br />
Inhalte sorgen, außerdem Vertriebsmitarbeiter und Anzeigenakquisiteure sowie das Marketing.<br />
Das bedeutet neue Formen der Zusammenarbeit, für die wir mit einem Tarifwerk Zukunft den<br />
Rahmen schaffen wollen.<br />
6<br />
Wieso brauchen wir überhaupt einen neuen Tarifvertrag?<br />
Neue (digitale) Produkte, mit denen wir unser Leser-Publikum wie bisher schon mit der<br />
gedruckten Zeitung an uns binden wollen, erfordern auch neue Formen der Zusammenarbeit.<br />
Das bedeutet aber auch, dass das traditionelle Denken aufgegeben werden muss, um<br />
zukunftsfähig zu sein.<br />
Wenn wir am starren Tarifsystem der Vergangenheit festhalten, werden die Verlage weitere,<br />
derzeit noch tarifgebundene Arbeitsplätz outsourcen oder sogar ganz abbauen. Dagegen zeigen<br />
Haustarife, wie sie derzeit mit den Gewerkschaften abgeschlossen werden, wie Verlage künftig<br />
organisiert werden müssen, um erfolgreich zu bleiben. Die Unterstützung der Hausverträge<br />
durch die Gewerkschaften zeigt, dass es Verständnis für die konkrete Situation der Branche gibt.<br />
5<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
7<br />
Wieso wollen die Verleger einen langlaufenden Tarifabschluss?<br />
Verlage wie Mitarbeiter erhalten damit Planungssicherheit. Nur durch einen langlaufenden<br />
Tarifabschluss kann ein nachhaltiger Umbau der gesamten Tarifverträge ermöglicht werden. Nur<br />
so kann auf beiden Seiten Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Flächentarifvertrags aufgebaut<br />
werden. Es zeigt auch, dass die Verleger an das Geschäftsmodell Zeitung glauben.<br />
8<br />
Wenn der <strong>BDZV</strong> seine tarifpolitischen Ziele verwirklicht,<br />
müssen Redakteure im Lauf ihrer Karriere auf xx Prozent<br />
ihres Einkommens verzichten.<br />
Dieses Rechenmodell geht davon aus, dass ein Arbeitsplatz vom Einstieg bis zur Rente unverändert<br />
bleibt und eine berufliche Laufbahn ohne jede Veränderung verläuft – dem Vergleich mit<br />
heutigen Berufsbiographien hält diese Annahme jedoch nicht stand. Gerade der Journalismus ist<br />
ein sehr dynamisches, lebhaftes Berufsfeld mit viel Raum für eigene Entwicklung.<br />
Auch fällt auf, dass DJV und dju in ihrer Argumentation verschiedene Bemessungsgrundlagen<br />
heranziehen. Bei den Lohnsteigerungen wird von Tarifabschluss zu Tarifabschluss argumentiert;<br />
bei der Bewertung der Verluste wird hingegen die Lebensarbeitszeit ins Feld geführt. Das verzerrt<br />
naturgemäß das Ergebnis.<br />
Der hier zum Ausdruck kommenden Angst der Redakteure vor Gehaltseinbußen begegnen wir<br />
ganz klar: Besitzstände werden berücksichtigt. Bestehende Gehälter werden mit einem neuen<br />
Tarifwerk nicht gekürzt.<br />
9<br />
Was wollen die Verleger tun, um junge Talente für<br />
den Journalistenberuf zu gewinnen bei diesen lausigen<br />
Einstandsgehältern?<br />
Ein Berufsanfänger hat in den ersten drei Jahren seiner Tätigkeit ein monatliches Gehalt in<br />
Höhe von € 3.032. Zusätzlich erhält er eine Jahresleistung (das sogenannte Weihnachtsgeld) in<br />
Höhe von 95% sowie Urlaubsgeld in Höhe von 80 % eines Monatsgehalts. Das ist ein Bruttojahresverdienst<br />
von € 41.386,80. Ferner hat ein Redakteur 30 Tage Urlaub, eine verlängerte Fortzahlung<br />
der Bezüge im Krankheitsfall und eine betriebliche Altersversorgung, bei der der Verlag<br />
zwei Drittel der Kosten übernimmt. Summa summarum sprechen wir von einem Einstiegsgehalt<br />
von mehr als € 43.000 brutto. Dies ist ein mit anderen Branchen vergleichbares und durchaus<br />
übliches Einstiegsgehalt. Zum Vergleich: Die Besoldung eines Juristen im öffentlichen Dienst<br />
beträgt € 3.185,46 brutto (A 12), die eines Arztes etwa € 3.400 brutto.<br />
6<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
10<br />
Wer soll sich noch für den Journalistenberuf interessieren,<br />
wenn es nichts mehr zu verdienen gibt und andere<br />
Branchen uns beim Gehalt weit überholen?<br />
Bruttojahreseinkommen von etwa € 43.000 für einen Berufseinsteiger und rund € 63.000 für<br />
einen Redakteur mit mehrjähriger Berufserfahrung bei vorbildlicher Altersversorgung zeigen,<br />
dass die Gehälter in unserer Branche nach wie vor als attraktiv gelten können. Die Gehälter von<br />
Redakteuren mit Führungsverantwortung oder Chefredakteuren liegen noch einmal deutlich<br />
darüber.<br />
Wie in anderen Branchen gilt aber auch für uns: Die Einkommen und deren Entwicklungen<br />
müssen immer auch mit den konkreten Situationen im Unternehmen und den wirtschaftlichen<br />
Erfordernissen im Einklang stehen.<br />
11<br />
Welche Sicherheiten gibt der <strong>BDZV</strong>, dass OT-Verlage bei<br />
einem „maßvollen“ Tarifabschluss in den Tarif zurückkehren<br />
bzw. zu einer Beschäftigungssicherung bereit sind?<br />
Wir brauchen eine Reform des gesamten Tarifwerks. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
haben sich verändert, zugleich spiegeln die Regelungen die Arbeitswirklichkeit in den Redaktionen<br />
nicht mehr wider. Dies müssen auch die Redakteure und Journalisten erkennen. Darum ist es<br />
erforderlich, den Umbau des Tarifsystems zügig anzugehen und auch den Verlagen ein Signal zu<br />
geben, dass Verleger und Gewerkschaften gemeinsam eine realistische Tarifpolitik anstreben.<br />
In der letzten Tarifrunde ist bei vielen Verlagen das Vertrauen in einen zeitgemäßen Flächentarif<br />
für die Branche geschwunden. Die Flucht in eine OT-Mitgliedschaft erscheint dann als Ultima<br />
ratio. Nur zu gerne würde der <strong>BDZV</strong> OT-Mitglieder für den Flächentarifvertrag zurückgewinnen.<br />
Das wird jedoch nur mit (mehr) Mut zu neuen und modernen Tarif-Modellen auf beiden Seiten<br />
möglich sein.<br />
Wenn man sich die Haustarifverträge ansieht, die im Zeitungsbereich mit Gewerkschaftshilfe<br />
abgeschlossen sind, dann scheint es dort großes Verständnis für die konkrete Situation der<br />
jeweiligen Häuser und der Branche insgesamt zu geben. Diese Zusammenarbeit und Verständnis<br />
wünschen wir uns auch für die Verhandlung des gesamten Tarifwerks auf Bundesebene.<br />
7<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
12<br />
Der <strong>BDZV</strong> fordert eine regionale Anpassung<br />
des Tarifvertrags. Wie soll das genau aussehen?<br />
Zwingend ist ein Umbau der gesamten Tarifwerke dahingehend, dass Verlage in strukturschwachen<br />
Regionen andere Tarifbindungen haben müssen als Unternehmen in wirtschaftlich<br />
stärkeren Regionen mit hoher Kaufkraft. Nur so können wir den unterschiedlichen regionalen<br />
Entwicklungen entsprechen. Ein Redakteur im Sauerland zum Beispiel hat deutlich andere Lebenshaltungskosten<br />
als ein Redakteur in München. Gleiches gilt für die Verlage. Bisher wurden immer<br />
Verlage in strukturstarken Gebieten als Vorbild für den Tarifabschluss herangezogen und damit<br />
Höchstarbeitsbedingungen vereinbart. Nun müssen wir zu Normalbedingungen zurückkehren.<br />
Ein Vorschlag für die Gestaltung sieht so aus: Da, wo die Lebenshaltungskosten hoch sind,<br />
sollen die Gehälter steigen. Dort, wo die Lebenshaltungskosten niedriger sind, werden die derzeitigen<br />
Gehälter parallel zur Kaufkraft in der Region eingefroren oder aber nur leicht erhöht.<br />
Gekürzt wird in keinem Fall!<br />
Die Idee einer Differenzierung ist im Übrigen nicht neu. In früheren Tarifabschlüssen wurde bis<br />
Anfang der 90er-Jahre das Gehalt an die Aufl age der Zeitungen geknüpft.<br />
13<br />
Der <strong>BDZV</strong> schlägt statt der Berufsjahresstaffel eine<br />
Entlohnung mit erfolgsabhängigen Komponenten vor.<br />
Wie soll das genau aussehen?<br />
Wir brauchen eine Modernisierung des gesamten Tarifwerks, um zukunftsfähig zu sein. Dies<br />
beinhaltet, dass beispielsweise bei den Gehaltsstaffeln die automatischen Gehaltssteigerungen<br />
durch erfolgs- und leistungsgerechte Komponenten ersetzt werden können.<br />
Dem bestehenden Tarifvertrag wird auf Seiten der Arbeitgeber immer wieder der Vorwurf gemacht,<br />
nicht zeitgemäß zu sein. Dies gelte vor allem für die starren Regelungen zum Urlaubsgeld und<br />
der Sonderzahlung. Hierbei wird von den Verlegern eine moderne, dem Unternehmensergebnis<br />
sowie den individuellen Leistungen des Redakteurs angepasste Vergütung gefordert. Im Gegensatz<br />
zu den derzeitigen Automatismen soll dabei künftig die Zahlung des Urlaubsgelds und der<br />
Sonderleistungen an das Erreichen von individuellen und/oder unternehmerischen Zielen geknüpft<br />
werden, wobei im Übrigen auch eine Art „Übererfüllung“ möglich ist. Folglich können die<br />
Redakteure bei besonderen Aufgaben und Leistungen auch mehr verdienen als bisher. Dabei<br />
werden die Rahmendaten im Tarifvertrag festgelegt und ggf. in einem weiteren Schritt auf betrieblicher<br />
Ebene mit dem Betriebsrat fixiert. Das ist nicht zuletzt Ausdruck und Ergebnis einer modernen<br />
Personalentwicklung.<br />
8<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
14<br />
Der <strong>BDZV</strong> schlägt statt der Berufsjahresstaffel einen Anspruch<br />
auf Weiterbildung vor. Welche Sicherheiten gibt der <strong>BDZV</strong>,<br />
dass Weiterbildungsangebote wirklich gemacht werden?<br />
Der Ansatz des <strong>BDZV</strong> besteht darin, das Thema „Weiterbildung“ praxisrelevant zu leben. Folgende<br />
Überlegungen gibt es:<br />
Zum einen geht es um die Weiterentwicklung des Volontär-Tarifvertrags, der derzeit die multimediale<br />
Wirklichkeit nicht abbildet. Hier muss dringend nachgebessert und müssen auch entsprechende<br />
Zeitfenster eingeplant werden. Zum anderen gibt es Überlegungen, Veränderungen bei<br />
der Berufsjahresstaffelung dahingehend vorzunehmen, dass beispielsweise das Erreichen der<br />
letzten Berufsjahresstaffelung an die erfolgreiche Teilnahme und Umsetzung von für den Verlag<br />
relevanten Weiterbildungsmaßnahmen gekoppelt wird. Das gibt dem Redakteur die Sicherheit,<br />
dass Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden.<br />
15<br />
Redakteure absolvieren weit mehr als einen 8-Stunden-Tag.<br />
Wieso wollen die Verleger uns die zur Erholung dringend<br />
nötigen zusätzlichen Urlaubstage streichen?<br />
Auch hier geht es um eine Anpassung der bestehenden tariflichen Regelungen an die tatsächlichen<br />
Gegebenheiten. Wenn man sich die Entwicklung des Urlaubs aus der tarifvertraglichen Historie<br />
ansieht, so wurden die zusätzlichen Urlaubstage zu einer Zeit in den Tarifvertrag geschrieben, als<br />
es noch eine 6-Tage-Woche gab und die wöchentliche Arbeitszeit nicht tarifvertraglich festgelegt<br />
war. Die zusätzlichen Urlaubstage sollten als Kompensation dienen. Die Notwendigkeit einer<br />
tarifvertraglichen Kompensation ist jedoch durch die Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit<br />
von 36,5 Stunden sowie der Einführung der 5-Tage-Woche obsolet. Aus diesem Grund hat der<br />
Verband der Zeitschriftenverleger (VDZ) bereits vor Jahren seine tarifvertragliche Urlaubsregelung<br />
angepasst und modernisiert. Dies ist bislang von den Zeitungsverlegern versäumt worden und<br />
muss nachgeholt werden, um eine realistische Tarifpolitik abzubilden.<br />
16<br />
Redakteure leiden unter einer immer höheren<br />
Arbeitsverdichtung. Das muss kompensiert werden.<br />
Arbeitsverdichtung gibt es in allen Berufen und Berufsgruppen. Der gewachsenen Belastung<br />
durch die technische Entwicklung steht auch eine erhebliche Entlastung durch neue Technik gegenüber.<br />
So ist zum Beispiel die Recherche durch digitalisierte Archive und das Internet erheblich<br />
vereinfacht worden. Namen und Daten lassen sich binnen Sekunden verifi zieren, Fotos aus Hunderten<br />
von Quellen stehen auf Knopfdruck zur Verfügung, Nutzerdaten geben online minütlich<br />
Aufschluss über die beliebtesten Inhalte, soziale Netzwerke helfen bei der Themenfi ndung usw.<br />
9<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
17<br />
Wieso sollen Redakteure Gehaltseinbußen akzeptieren mit der<br />
Begründung, die Zeitungen stünden ökonomisch schlecht da,<br />
wenn an anderer Stelle Zeitungen zur gleichen Zeit Millionendeals<br />
einfädeln?<br />
Die Tatsache, dass Zeitungen nicht nur verkauft, sondern auch gekauft werden, ist ein positives<br />
Signal. Zeitung hat Zukunft! Zugleich handelt es sich damit aber auch um Investitionen in die<br />
Zukunft des Mediums, die erst einmal verdient bzw. fi nanziert werden müssen.<br />
18<br />
Beim Gehalt werden die Redakteure an Tageszeitungen seit<br />
mehr als zehn Jahren weit von der Entwicklung in anderen<br />
Branchen abgehängt. Damit muss endlich Schluss sein.<br />
Wenn die Einnahmen sinken, kann die günstigere Entwicklung anderer Branchen kein Gradmesser<br />
sein. Obendrein lassen die scheinbar unvorteilhaften Vergleiche mit der Gesamtwirtschaft die besonderen<br />
Vorteile für Redakteure tunlichst außen vor: Dazu zählen bisher zum Beispiel die bis zu<br />
34 Tage Urlaub und die komfortable Altersversorgung, um die uns viele andere Branchen beneiden.<br />
10<br />
18 FRAGEN und ANTWORTEN zu den <strong>Tarifverhandlungen</strong> | Stand: August 2013
GRAFIKEN<br />
zu den Fragen und Antworten<br />
Die folgenden Grafi ken dienen ausschließlich der Information der Verlage und sind nicht zur Weitergabe an Dritte gedacht!<br />
3*&')4'*1"#$%&'(5'1%#67'.(8')%1*4'*(92*(:;;
$!"!#<br />
3'#-"%1"#$%&'(4'1%#56'.(7')%1*8'*(9::;(
&("#<br />
Vergleich *$'+,$-./)0"(&-.1,2"+)3$/4,($')562'"7,-8($")9)3$87:(2:87(;)2"#)