Ist Linux auf dem GNU/Desktop tot?
Ist Linux auf dem GNU/Desktop tot?
Ist Linux auf dem GNU/Desktop tot?
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Ist</strong> <strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>GNU</strong>/<strong>Desktop</strong> <strong>tot</strong>?<br />
Peter H. Ganten <br />
http://www.ganten.org/<br />
Einleitung<br />
Zusammenfassung<br />
In letzter Zeit hört man immer wieder, dass <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> in<br />
absehbarer Zeit keine Chance hat und seine Stärken im wesentlichen in den<br />
Bereichen Server und Embedded Systems verwirklichen kann. Gleichzeitig<br />
gibt es seit einiger Zeit zwei ausgereifte <strong>Desktop</strong>-Umgebungen, eine große<br />
Menge freier Software für den <strong>Desktop</strong> und auch kommerzielle Softwareentwickler<br />
gehen dazu über, ihre Produkte nach <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> zu portieren. Wie<br />
sehen nun die mittel- und langfristigen Chancen von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>Desktop</strong> aus? Wann lohnt es sich für Privatpersonen und in Unternehmen,<br />
Arbeitsplätze <strong>auf</strong> <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> umzustellen? Wo liegen zur Zeit die Schwachstellen<br />
von <strong>Desktop</strong>-Systemen, die <strong>auf</strong> Freier Software basieren und mit welchen<br />
Schwierigkeiten muss bei der Migration gerechnet werden? Erleichtern<br />
oder erschweren Initiativen wie Microsofts .NET oder Suns ONE die Umstellung<br />
<strong>auf</strong> <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> oder erschweren sie diese eher? Wie können Migrationen<br />
erfolgen und wo liegen die Vorteile nach einer erfolgreichen Umstellung?<br />
Ein Ziel der Free-Software-Bewegung und vieler im<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Umfeld tätiger Personen besteht darin, eine<br />
Infrastruktur freier Software zu schaffen, mit der sich alle<br />
an einen Rechner gestellten Aufgaben lösen lassen. Dieses<br />
Ziel ist in vielen Bereichen erreicht, wenngleich es<br />
gewisse Anwendungen gibt, für die freie Software entweder<br />
noch gar nicht oder nicht in akzeptabler Qualität<br />
verfügbar ist.<br />
Begriffsbestimmung<br />
Trotz des großen Erfolges freier Software und insbesondere<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> im Serverbereich, ist nicht zu<br />
übersehen, dass dieses System im so genannten <strong>Desktop</strong>-<br />
Bereich, also beispielsweise <strong>auf</strong> Arbeitsplatzrechnern<br />
oder <strong>auf</strong> Consumer-PCs heute noch eine untergeordnete<br />
Rolle spielt. Es ist in diesem Bereich noch nicht gelungen,<br />
die Monopolstellung von Microsoft zu brechen oder<br />
sie zumindest zu gefährden.<br />
Wenn man von <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong>“ spricht, so meint<br />
”<br />
man solche Computer, welche Benutzern direkt zur<br />
Verfügung stehen und die einerseits die Computer-<br />
Mensch-Schnittstelle (wie z. B. Maus, Tastatur, Soundund<br />
Graphiksystem) bereitstellen und andererseits die<br />
vom Anwender eingesetzten Programme ausführen oder<br />
zumindest die Darstellung der graphischen Ausgabe<br />
dieser Programme übernehmen. Die Bezeichnung<br />
<strong>Desktop</strong>“ dient also zur Abgrenzung von Serversystemen,<br />
welche Dienste (wie Web-, Mail- oder<br />
”<br />
Datenbankservices)<br />
bereitstellen und von Endbenutzern normalerweise<br />
nicht direkt sondern nur mittelbar über Programme<br />
benutzt werden. Man spricht deswegen an<br />
Stelle von <strong>Desktop</strong>“-Systemen oft auch von Client“-<br />
” ”<br />
Systemen (im Gegensatz zu Servern“). ”<br />
<strong>Desktop</strong>-Systeme können nach der Art ihrer Anwendung<br />
grob in zwei Kategorien eingeteilt werden. In Arbeitsoder<br />
Produktivumgebungen kommen oft Rechner zum<br />
Einsatz, <strong>auf</strong> denen in der Regel nur eine kleine Anzahl<br />
von Programmen zur Durchführung ganz bestimmter,<br />
durch die Arbeits<strong>auf</strong>gabe vordefinierter Tätigkeiten<br />
ausgeführt werden. Beispiele hierfür sind die Eingabe<br />
von Daten, die Erstellung von Briefen unter Verwendung<br />
vorgefertigter Textbausteine oder die Abfrage von Informationen<br />
aus einer Datenbank. Solche Systeme werden<br />
in der Regel nicht vom Anwender, sondern von dafür vorgesehenen<br />
Administratoren oder Technikern verwaltet.<br />
Auf der anderen Seite stehen solche <strong>Desktop</strong>-Systeme,<br />
<strong>auf</strong> denen eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Anwendungen<br />
ausgeführt werden. Auf <strong>dem</strong> Heim-PC einer Familie<br />
werden beispielsweise von unterschiedlichen Benutzern<br />
verschiedene Programme wie Textverarbeitungen,<br />
Finanz- und Steuersoftware, HTML-Browser, Programmierumgebungen<br />
und Spiele ausgeführt. Solche<br />
Rechner werden normalerweise von einem oder mehreren<br />
Benutzern administriert.<br />
In der Praxis ist der Übergang zwischen diesen beiden<br />
Gattungen von <strong>Desktop</strong>-Systemen natürlich fließend.<br />
Beispiel für einen zwischen beiden Typen angesiedelten<br />
Computer wäre z. B. der Arbeitsplatzrechners eines<br />
Unternehmensmitarbeiters, <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> neben den für das
Unternehmen typischen Anwendungen auch weitere von<br />
diesem Mitarbeiter installierte Applikationen ausgeführt<br />
werden. Der Mitarbeiter würde diesen Rechner dann zumindest<br />
teilweise selbst administrieren.<br />
Durch die Unterscheidung zwischen dediziertem und<br />
fremdadministrierten Arbeitsplatzrechners und <strong>dem</strong> vielseitig<br />
genutzten und selbstadministrierten Heimrechner<br />
sollen die unterschiedlichen Anforderungen an <strong>Desktop</strong>-<br />
Systeme verdeutlicht werden. Außer<strong>dem</strong> ergeben sich<br />
zwischen beiden Systemen eine Reihe unterschiedliche<br />
Anforderungen an seine Nutzung: Während der<br />
Heim-PC möglichst vielseitig nutzbar sein soll und die<br />
tatsächliche Nutzung oft lediglich von den momentanen<br />
Vorlieben des Benutzers abhängig ist, ist es am Arbeitsplatz<br />
in der Regel gerade nicht gewünscht, <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />
als Werkzeug dienenden Rechner alle möglichen arbeitsfremden<br />
Beschäftigungen zu erlauben.<br />
Der Erfolg offener Standards<br />
Der Erfolg des PCs ist unter anderem darin begründet,<br />
dass durch ihn eine Reihe von Standards definiert werden,<br />
die es ermöglichen Hardwarekomponenten verschiedener<br />
Hersteller miteinander zu kombinieren. Obwohl<br />
sich hierdurch (vor allem dann, wenn die Standards<br />
nicht vollständig eingehalten werden) auch Probleme ergeben<br />
können, wurde so die Möglichkeit des Wettbewerbs<br />
zwischen den Hardwareherstellern gewährleistet,<br />
wodurch leistungsfähige und relativ preiswerte Systeme<br />
realisiert werden konnten. Ein anderes, wohlvertrautes<br />
Beispiel für den Erfolg offener Standards ist das Internet,<br />
dass sich ebenfalls gegen eine Reihe proprietärer<br />
Netzwerke durchsetzen konnte. Auch hier können unterschiedliche<br />
Service-Provider miteinander konkurrieren,<br />
ohne dass die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems beeinträchtigt<br />
wird.<br />
Im Hinblick <strong>auf</strong> die <strong>auf</strong> <strong>Desktop</strong>-PCs eingesetzte Software<br />
sieht die Situation zur Zeit völlig anders aus: Hier<br />
dominiert mit MS-Windows ein Betriebssystem, welches<br />
nicht einen offenen Standard implementiert, sondern<br />
nach <strong>dem</strong> Gutdünken seines Herstellers beliebig<br />
verändert werden kann. Softwareproduzenten, die ihre<br />
Programme für dieses System herstellen und die Anwender<br />
von MS-Windows sind <strong>auf</strong> das Wohlwollen von<br />
Microsoft angewiesen, damit sie ihre Programme auch<br />
zukünftig verwenden oder ohne <strong>auf</strong>wendige Umstellungen<br />
weiterpflegen und -entwickeln können. Es stellt sich<br />
die Frage, inwieweit heute nicht leistungsfähigere und<br />
kostengünstigere Software verfügbar wäre, wenn in diesem<br />
Bereich ebenfalls ein offener Standard von mehreren,<br />
miteinander konkurrierenden Herstellern umgesetzt<br />
worden wäre.<br />
Mit <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> steht ein solcher Standard zur<br />
Verfügung, dessen Implementierung darüber hinaus<br />
sogar noch als freie Software bereitsteht, wodurch sich<br />
eine Reihe zusätzlicher Vorteile ergibt, <strong>auf</strong> die in diesem<br />
Rahmen nur am Rande eingegangen werden soll. Die<br />
Bedeutung dieses Standards ist allerdings entscheidend<br />
von seiner Verbreitung abhängig.<br />
Der <strong>Linux</strong>-Markt<br />
Leider ist bei den im <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Umfeld tätigen Unternehmen<br />
in vielen Fällen ein Desinteresse an diesem<br />
Einsatzgebiet des Systems zu beobachten und auch Unternehmen,<br />
die sich ursprünglich in diesem Bereich engagiert<br />
haben, wenden sich in letzter Zeit eher von <strong>dem</strong><br />
Thema <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> ab, als dass sie es<br />
stärker forcieren. Die Ursachen hierfür sind vielfältig:<br />
Einerseits schreckt die starke Dominanz von Microsoft in<br />
diesem Gebiet viele Unternehmen ab, andererseits stehen<br />
die meisten <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Unternehmen unter <strong>dem</strong> Druck<br />
innerhalb kürzester Zeit Gewinne machen zu müssen, es<br />
erscheint dann kurzfristig attraktiver, in Marktsegmenten<br />
aktiv zu sein, in denen freie Software bereits eine wichtige<br />
Rolle spielt.<br />
Abschreckend mag auch der ausbleibende Erfolg von Corel<br />
und einigen anderen Unternehmen, <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> zu etablieren, gewesen sein. Eine Reihe<br />
von Unternehmen, die in diesem Marktsegment aktiv<br />
waren befinden oder befanden sich kürzlich in aktuellen<br />
Schwierigkeiten (z. B. NaN, Loki, Storm, VistaSource).<br />
Gerade im Fall von Corel sollten die Ursachen für<br />
die entstandenen Probleme allerdings genauer untersucht<br />
werden, bevor man ein versucht ein allgemeines Urteil zu<br />
fällen.<br />
Viele Hersteller von <strong>Desktop</strong>systemen wie IBM, Dell,<br />
HP, Compaq oder Fujitsu-Siemens sind mittlerweile dazu<br />
übergegangen, in geringem Umfang auch Rechner zu<br />
verk<strong>auf</strong>en, <strong>auf</strong> den (zumindest als Option) <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
vorinstalliert ist. Hiermit wird zwar das Interesse der<br />
Branche an <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> in diesem Bereich deutlich, allerdings<br />
handelt es sich bei den angebotenen Systemen<br />
in der Regel um Geräte des höheren Preissegments, durch<br />
die der Consumer-Markt nicht angesprochen wird.<br />
Welche Bedeutung hat <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> heute <strong>auf</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong>?<br />
Eine Messung der Verbreitung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> ist prinzipiell<br />
schwierig, weil dieses System beliebig oft <strong>auf</strong><br />
unterschiedlichen Rechnern installiert werden kann und<br />
es in vielen Fällen (wie z. B. bei der Distribution Debian<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>) nicht einmal notwendig ist, eine einzige<br />
CDROM zu erwerben oder zu besitzen, um das<br />
System installieren zu können. Verk<strong>auf</strong>szahlen sind bei<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> also kein Indiz für die tatsächliche Verbreitung.
Außer<strong>dem</strong> gibt es nur eine geringe Anzahl von Studien<br />
zur Verbreitung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong>. Betrachtet<br />
man die unterschiedlichen Ergebnisse dieser Studien,<br />
wird jedoch schnell klar, dass der Anteil dieses Systems<br />
zur Zeit eher als gering zu bezeichnen ist. Im folgenden<br />
seien die wichtigsten Ergebnisse wiedergegeben:<br />
• Nach einer von S.u.S.E in Auftrag gegebenen<br />
Emnid-Studie [1] nutzen 10% der PC-Nutzer,<br />
welche die Anschaffung eines neuen oder die<br />
Aufrüstung des vorhandenen PCs planen, bereits<br />
beruflich oder privat <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>.<br />
• Dan Kusnetzky von IDC beziffert den Marktanteil<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> <strong>auf</strong> 4% [2].<br />
• Laut IDC hat sich die Nutzung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
zwischen 1999 und 2000 um 25% gesteigert [3].<br />
Mit Ausnahme der Emnid-Studie muss berücksichtigt<br />
werden, dass die vorgelegten Zahlen oft nur die<br />
Anzahl der verk<strong>auf</strong>ten <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Distributionen<br />
berücksichtigen und dass sie sich in der Regel ausschließlich<br />
<strong>auf</strong> Intel-x86-kompatible PCs beziehen<br />
(wenngleich diese Plattform den <strong>Desktop</strong> heute dominiert).<br />
Trotz der relativ geringen Verbreitung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> sollte beachtet werden, dass diese (je<br />
nach zugrunde gelegter Studie) bereits vergleichbar mit<br />
oder über der Verbreitung des Apple-Betriebssystems<br />
MacOS ist. Die Emnid-Studie beispielsweise beziffert<br />
den Anteil derjenigen Computer-Benutzer, welche die<br />
Anschaffung oder Aufrüstung eines PCs planen und MacOS<br />
benutzen <strong>auf</strong> nur 6% und IDC beziffert den Anteil<br />
von MacOS bei den Client-Betriebssystemen <strong>auf</strong> 5% (<strong>Linux</strong>:<br />
4.1%). Bedenkt man den kurzen Zeitraum, in <strong>dem</strong><br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> diesen Stellenwert erreicht hat, muss man also<br />
zumindest einen Anfangserfolg anerkennen.<br />
Wo liegen heute die Stärken von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong>?<br />
Die in der Emnid-Studie am häufigsten genannten Vorteile<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> beim Einsatz <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> sind<br />
Stabilität, Sicherheit und Preis. Neben der Freiheit des<br />
Quellcodes dürften dies die gleichen Vorteile sein, die<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> in einigen Serveranwendungen bereits eine<br />
Vormachstellung haben erreichen lassen.<br />
Weitere wichtige und schon heute erreichte Vorteile von<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> im Hinblick <strong>auf</strong> den <strong>Desktop</strong>-Einsatz sind:<br />
• Gebräuchliche <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Distributionen werden<br />
neben <strong>dem</strong> eigentlichen Betriebssystem mit einer<br />
großen Anzahl unterschiedlicher Anwendungen<br />
für sehr viele verschiedene Anwendungsbereiche<br />
ausgeliefert. Dem Benutzer bleibt es nach<br />
der erstmaligen Inbetriebnahme seines Rechners<br />
erspart, verschiedene zusätzliche Programme zu<br />
lokalisieren und zu installieren.<br />
• Die Distributionen verfügen über eine Paketverwaltung,<br />
mit der sich Software über eine einheitliche<br />
und definierte Schnittstelle installieren, aktualisieren<br />
oder wieder entfernen lässt.<br />
• Distributionen wie Debian <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> bieten die<br />
Möglichkeit, Software von vordefinierten Servern<br />
automatisch herunterzuladen und zu installieren.<br />
Anwender müssen lediglich wissen, welches Programm<br />
sie installieren wollen, damit sie es installieren<br />
können. Ein einziger Befehl oder ein einziger<br />
Klick ist hierzu ausreichend.<br />
• Mit zunehmender Anbindung von <strong>Desktop</strong>s im<br />
Heimbereich an das Internet ist Sicherheit auch<br />
hier ein immer wichtigeres Thema. <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-<br />
Distributoren reagieren in der Regel schnell <strong>auf</strong><br />
bekannt werdende Sicherheitsprobleme und bieten<br />
Fixes, die sich oft durch einen einzigen Befehl<br />
automatisch installieren lassen. Außer<strong>dem</strong> bietet<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> viele Sicherheitsmechanismen, die für<br />
den Einsatz <strong>auf</strong> Servern oder in Netzkomponenten<br />
entwickelt wurden und sich leicht für den Einsatz<br />
<strong>auf</strong> <strong>Desktop</strong>-Systemen anpassen lassen.<br />
• Bei vergleichbaren Aufgaben sind die Hardwareanforderungen<br />
an <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Systeme oft geringer.<br />
• Eine große Anzahl von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Benutzern ist<br />
normalerweise bereit, bei Problemen im Umgang<br />
mit diesem System zu helfen.<br />
• <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> bietet lang erprobte Konzepte und<br />
Mechanismen, um einen sicheren und komfortablen<br />
Multi-User-Betrieb zu gewährleisten. Sobald<br />
Heim-PCs von mehr als einem einzigen Anwender<br />
benutzt werden, ergeben sich hier echte Vorteile.<br />
• Das System lässt sich komfortabel über das Netzwerk<br />
administrieren. Dies ist ein Vorteil, der sich<br />
im wesentlichen im kommerziellen Einsatz auszahlt.<br />
• Der Einsatz von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> bietet<br />
die Möglichkeit, auch in diesem Bereich Geräte<br />
einzusetzen, bei denen es sich nicht um Intel-x86-<br />
kompatible PCs handelt. Mittelfristig kann so eine<br />
größere Herstellerunabhängigkeit erreicht werden.<br />
• <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> eignet sich hervorragend für den Einsatz<br />
<strong>auf</strong> Thin-Clients 1 , so dass Software und Daten<br />
zentral administriert und gesichert werden können.<br />
• Die <strong>tot</strong>ale Anpassbarkeit des Systems ermöglicht<br />
es, <strong>auf</strong> einfache Weise hochspezialisierte Appliances<br />
zu erstellen, die einfach administriert werden<br />
können und kompatibel zu anderen Systemen sind.<br />
1 Rechner, <strong>auf</strong> denen in der Regel weder Software noch Benutzerdaten<br />
gespeichert werden.
• Durch die Herstellerunabhängigkeit beim Einsatz<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> ergibt sich im kommerziellen<br />
Umfeld eine hohe Investitionssicherheit. Das System<br />
kann nicht <strong>auf</strong>gek<strong>auf</strong>t oder eingestellt werden<br />
und es wird immer möglich sein, <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> an<br />
neue Bedürfnisse anzupassen. Wer als privater Anwender<br />
oder Unternehmen Kompetenz im Umgang<br />
mit <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong>baut, kann dieses Wissen <strong>auf</strong><br />
einer breiter Palette unterschiedlicher Systeme und<br />
unterschiedlicher Hardware einsetzen.<br />
• <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> gilt mittlerweile als gut erprobtes Serverbetriebssystem.<br />
Die dort eingesetzten Applikationen<br />
wie beispielsweise der Webserver Apache<br />
sind in vielen Fällen auch für den Einsatz <strong>auf</strong> privaten<br />
<strong>Desktop</strong>-Systemen interessant.<br />
Dass es sich bei <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> um freie Software handelt,<br />
mag für viele private Anwender zunächst nicht im Vordergrund<br />
des Interesses stehen. Allerdings ergeben sich<br />
aus diesem Umstand auch für diese Benutzergruppe eine<br />
Reihe von Vorteilen:<br />
1. Die Software kann frei weitergegeben werden.<br />
2. Änderungen und Anpassungen sind möglich.<br />
Auch wenn hierzu spezielle Kenntnisse erforderlich<br />
sind, werden Anwender davon profitieren,<br />
dass Verbesserungen und Weiterentwicklungen<br />
von Software in der Regel wesentlich schneller<br />
und frei verfügbar sind, als dies bei proprietärer<br />
Software der Fall ist.<br />
3. Die Tatsache, dass der Quellcode des Systems<br />
verfügbar und nachvollziehbar ist, gewährleistet<br />
zwar nicht automatisch, dass die eingesetzte Software<br />
sicherer ist, allerdings erhöht sich die Wahrscheinlichkeit<br />
dafür erheblich. Außer<strong>dem</strong> wird<br />
durch den offenen Quellcode ausgeschlossen, dass<br />
Softwarehersteller in ihre Produkte nur schwer <strong>auf</strong>findbare<br />
Mechanismen einbauen, mit denen unerwünscht<br />
Informationen an Dritte übertragen werden<br />
können.<br />
In welchen Bereichen sind Verbesserungen<br />
notwendig?<br />
Laut der Emnid-Befragung sind die wichtigsten Probleme<br />
für den Einsatz von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>Desktop</strong>-<br />
Systemen die als schwierig empfundene Installation, eine<br />
als zu kompliziert empfundene Bedienung und die Tatsache<br />
selbst, dass <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> relativ wenig verbreitet ist.<br />
Ein bemerkenswertes Ergebnis der Umfrage ist, dass die<br />
Verfügbarkeit von Spielen für das eigene Betriebssystem<br />
für die Mehrzahl der privaten PC-Benutzer nur von<br />
untergeordneter Bedeutung ist, Stabilität, Sicherheit und<br />
Preis-Leistungsverhältnis spielen hier eine weitaus wichtigere<br />
Rolle.<br />
Installation<br />
In Hinsicht <strong>auf</strong> die Installationsprogramme der Distributionen<br />
hat sich in letzter Zeit eine Menge getan. Moderne<br />
Distributionen sind ähnlich leicht oder leichter zu<br />
installieren, wie andere professionelle Betriebssysteme.<br />
Soll sich <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> allerdings <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> etablieren,<br />
dürfen sich die Installationsprogramme nicht mit<br />
den Pendants professioneller Betriebssysteme messen,<br />
sondern müssen sich mit den Installationenroutinen von<br />
Consumer-Betriebssystemen wie Windows 98 oder Windows<br />
Me messen. Hier sind immer noch eine Reihe von<br />
Verbesserungen erforderlich:<br />
• Die Installationsprogramme müssen gängige Hardware<br />
vollständig erkennen und mit sinnvollen Voreinstellungen<br />
automatisch konfigurieren.<br />
• Die Partitionierung von Festplatten überfordert die<br />
meisten Benutzer. Jedes Installationsprogramm<br />
sollte die Option mitbringen, die Partitionierung<br />
automatisch durchzuführen, ohne dabei die Benutzbarkeit<br />
anderer, bereits installierter Betriebssysteme<br />
zu gefährden.<br />
• Die Auswahl der zu installierenden Software stellt<br />
für viele Benutzer ein großes Problem dar. Die Tatsache,<br />
dass es für viele Anwendungszwecke unterschiedliche<br />
freie Programme gibt, von denen jedes<br />
eigene Vor- und Nachteile hat, sollte vor <strong>dem</strong> Benutzer<br />
zunächst verborgen bleiben. Vielmehr wäre<br />
es hier Aufgabe der Distributoren, noch mehr als<br />
bisher sinnvolle Vorauswahlen zu treffen. Dabei<br />
darf allerdings nicht die Möglichkeit verloren gehen,<br />
ohne weiteres auch Alternativprogramme zu<br />
verwenden.<br />
• Bei der Installation von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> werden vom<br />
Benutzer in der Regel zu viele Informationen abgefragt.<br />
Für einen Anfänger sollte es ausreichend<br />
sein, während der Installation lediglich seinen Namen<br />
anzugeben, ein Passwort auszuwählen und ein<br />
Softwareprofil festzulegen. Falls weitere Konfigurationsschritte<br />
notwendig sind, können diese bei<br />
Bedarf an geeigneter Stelle während der Benutzung<br />
des Systems durchgeführt werden.<br />
Eine besondere Herausforderung wird bei der Implementierung<br />
dieser Forderungen darin bestehen, die heute von<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Benutzern und -Administratoren erwartete<br />
Flexibilität nicht zu beschneiden.<br />
Administration<br />
Die Administration von UNIX/<strong>Linux</strong> geschieht traditionell<br />
durch die Anpassung von Konfigurationsdatei-
en, bei denen es sich in der Regel um einfache Textdateien<br />
handelt. Zusätzlich muss eine Anzahl von<br />
Befehlen beherrscht werden, die üblicherweise in einer<br />
Kommandozeilen-orientierten Shell editiert und an<br />
das System übergeben werden. Hierzu sind Kenntnisse<br />
erforderlich, welche das vorhandene Wissen und<br />
oft auch die Lernbereitschaft von Computer-Anwendern<br />
überschreiten.<br />
Aus diesem Grund bringen die verschiedenen Distributionen<br />
unterschiedliche Werkzeuge mit, mit deren Hilfe<br />
viele Standardeinstellungen über Menügesteuerte Benutzerinterfaces<br />
vorgenommen werden können. Leider<br />
sind solche Werkzeuge von sehr unterschiedlicher Qualität.<br />
In vielen Fällen muss man sich entscheiden, ob man<br />
ausschließlich mit <strong>dem</strong> von der eingesetzten Distribution<br />
mitgebrachten Konfigurationswerkzeug arbeiten will<br />
(und dann eine Reihe von Anpassungsmöglichkeiten verliert)<br />
oder ob man <strong>auf</strong> das betreffende Werkzeug verzichtet<br />
und ausschließlich mit Texteditor und Kommandozeile<br />
arbeiten will.<br />
Ein weiteres Problem besteht in der Unterschiedlichkeit<br />
der Administrationswerkzeuge. In vielen Fällen ist<br />
es schon heute so, dass ein Benutzer der Distribution<br />
S.u.S.E. nicht weiß, wie er bestimmte Einstellungen beispielsweise<br />
<strong>auf</strong> einem System des Distributors Mandrake<br />
vornehmen soll. Zur Lösung dieser beiden Probleme erscheinen<br />
die folgenden Verbesserungen notwendig:<br />
• Werkzeuge zur Systemkonfiguration sollten direkt<br />
die zugrunde liegenden Konfigurationsdateien bearbeiten.<br />
Es muss vermieden werden, dass Konfigurationsinformation<br />
an anderen Orten als in den<br />
betreffenden Dateien gespeichert wird. Benutzer<br />
und Administratoren könnten dann immer gefahrlos<br />
<strong>auf</strong> die Bearbeitung der Konfigurationsdateien<br />
ausweichen.<br />
• Wünschenswert wäre eine einheitliche, in die Arbeitsplatzumgebungen<br />
integrierte Schnittstelle zur<br />
Systemkonfiguration. Die Distributoren sollten<br />
keine eigenen Konfigurationswerkzeuge schreiben,<br />
sondern an der Entwicklung dieser Schnittstellen<br />
mitarbeiten. Um die Individualität der<br />
Distributionen zu bewahren könnten dann unterschiedliche<br />
Frontends <strong>auf</strong> diese Schnittstellen <strong>auf</strong>setzen.<br />
Im Rahmen der Definition eines solchen Standards zur<br />
Systemkonfiguration ließen sich auch Schnittstellen definieren,<br />
mit denen die Netzwerkweite Konfiguration von<br />
Arbeitsplatzrechnern und Servern möglich ist.<br />
Ein weiteres, eng mit der Konfiguration verknüpftes Problem<br />
betrifft die Installation, Deinstallation oder Aktualisierung<br />
von Software. Viele Distributoren haben es bis<br />
heute nicht geschafft, robuste Mechanismen zur dauerhaften<br />
Aktualisierung ihrer Distributionen zu implementieren,<br />
weswegen viele Anwender im Falle des Erscheinen<br />
einer neuen Version oft die Neuinstallation der Distribution<br />
vorziehen. Es sei dar<strong>auf</strong> hingewiesen, dass die<br />
freie Distribution Debian <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> hier eine bemerkenswerte<br />
Ausnahme darstellt.<br />
Die meisten kommerziellen Distributionen verwenden<br />
heute das RPM-Paketformat. Wenn Benutzer dieser Distributionen<br />
zusätzliche, nicht in der Distribution enthaltene,<br />
Software installieren wollen, sehen sie sich häufig<br />
mit <strong>dem</strong> Problem konfrontiert, das richtige Paket für die<br />
passende Version ihrer Distribution finden zu müssen.<br />
Verantwortlich hierfür ist zum einen ein Design-Fehler<br />
im RPM-Format, welches nämlich Abhängigkeiten zu<br />
einzelnen Dateien zulässt und zum anderen die mäßige<br />
Übereinstimmung in der von den Distributionen bereitgestellten<br />
Infrastruktur. Hilfreich wäre hier ein Pool von<br />
Basispaketen, der von allen Distributoren gleichermaßen<br />
benutzt wird, so wie es das Debian-Projekt und die <strong>auf</strong><br />
Debian <strong>auf</strong>bauenden kommerziellen Distributionen vormachen.<br />
Bei der Installation bestimmter Software wird es sich<br />
nicht immer vermeiden lassen, dass vom Administrator<br />
oder vom Benutzer Eingaben zur Konfiguration der betreffenden<br />
Programme erforderlich sind. In vielen Fällen<br />
sollen diese Abfragen jedoch nicht während der Installation<br />
vorgenommen werden und hinterher ist es für den<br />
Anwender nur schwer ersichtlich, wo er die notwendigen<br />
Einstellungen vornehmen kann. Eine einheitliche, distributionsübergreifende<br />
Konfigurationsschnittstelle könnte<br />
sicherlich auch hier eine Abhilfe bieten.<br />
Das Hinzufügen und Verwenden einiger Systemkomponenten<br />
gestaltet sich unter <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> heute noch<br />
deutlich schwieriger, als es bei anderen <strong>Desktop</strong>-<br />
Betriebssystemen der Fall ist. Bekannte Beispiele hierfür<br />
sind die Installation von Schriftarten oder die Konfiguration<br />
von Druckern. Im Umgang mit Druckern gibt es<br />
darüberhinaus eine Reihe von weiteren Schwächen, wie<br />
beispielsweise das Fehlen einer einheitliche Schnittstelle<br />
zum Abfragen und Konfigurieren von Druckereigenschaften<br />
aus Anwendungen heraus. In diesem Bereich ist<br />
mit cups [7] allerdings Abhilfe in Sicht.<br />
Bedienung<br />
Die beiden wichtigen für <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> verfügbaren Arbeitsplatzumgebungen,<br />
KDE und GNOME, bieten heute<br />
im Bereich der täglichen Anwendung die gleiche Funktionalität<br />
und den gleichen Komfort, wie dies bei den<br />
Oberflächen von MS-Windows oder Apples MacOS der<br />
Fall ist. Dies gilt allerdings nur solange, wie der Benutzer<br />
mit einem Programm arbeitet, dass für die von<br />
ihm eingesetzte Arbeitsplatzumgebung geschrieben worden<br />
ist. Vielfach hört man von Anwendern Fragen wie:<br />
Läuft das Programm auch unter GNOME/KDE?“ Hin-<br />
”
sichtlich der Arbeitsplatzumgebungen herrscht also noch<br />
ein großes Maß an Verwirrung und es gibt viele Verbesserungsmöglichkeiten:<br />
• Von Benutzern im KDE- oder GNOME-<br />
Kontrollzentrum vorgenommene Einstellungen<br />
sollte sich auch <strong>auf</strong> die jeweils andere Umgebung<br />
auswirken.<br />
• ”<br />
Themes“ und Einstellungen zur Benutzerinteraktion<br />
(wie Doppelklickzeit oder Warntöne) sollten<br />
für beide Umgebungen und dort wo es möglich ist,<br />
auch für Applikationen gelten, die mit einem anderen<br />
Toolkit erstellt worden sind.<br />
• Verknüpfungen von Dateitypen und Applikationen<br />
sollten allgemein gültig sein.<br />
• Drag and Drop zwischen KDE- und GNOME-<br />
Applikationen sollte problemlos funktionieren.<br />
• Die Startmenü- und die <strong>Desktop</strong>systeme beider<br />
Umgebungen müssen miteinander kompatibel<br />
sein.<br />
Langfristig wäre es wünschenswert, auch miteinander<br />
kompatible Komponentenmodelle in beiden Umgebungen<br />
zu haben, so dass sich beispielsweise eine KOffice-<br />
Komponente in die Tabellenkalkulation Gnumeric einbinden<br />
ließe.<br />
Hardwarekompatibilität<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> lässt sich heute <strong>auf</strong> beinahe je<strong>dem</strong> handelsüblichen<br />
Intel-x86-kompatiblen System installieren.<br />
Dies stellt einen enormen Fortschritt dar. Trotz<strong>dem</strong> muss<br />
diese Aussage mit einigen Einschränkungen versehen<br />
werden. Nicht jede Hardware ist mit <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> kompatibel,<br />
manchmal fehlt es an geeigneter Anwendungssoftware<br />
und in einigen Fällen sind ganze Klassen von Hardware<br />
(z. B. GDI-Drucker oder WinMo<strong>dem</strong>s) gar nicht<br />
oder nur nach langwieriger manueller Konfiguration betreibbar.<br />
Gelegentlich lässt sich unter <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> auch<br />
nur ein Teil des Leistungsumfangs bestimmter Hardwarekomponenten<br />
nutzen.<br />
Im produktiven Einsatz als <strong>Desktop</strong>-Betriebssystem wird<br />
dies in der Regel kein Problem darstellen, weil preiswerte<br />
und gut unterstützte Hardware in großem Umfang<br />
verfügbar ist und vor <strong>dem</strong> Einsatz ausgewählt werden<br />
kann. Private Anwender sind hiermit gelegentlich allerdings<br />
überfordert und k<strong>auf</strong>en <strong>auf</strong> Verdacht eine bestimmte<br />
Hardware um hinterher feststellen zu müssen, dass diese<br />
mit <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> nicht sinnvoll benutzbar ist. Abhilfe<br />
können hier die Hardwarekompatibilitätsdatenbanken<br />
der Distributoren bieten. Lang- und mittelfristig wird<br />
in diesem Problembereich jedoch nur eine größere Bereitschaft<br />
der Hardwarehersteller, <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> zu unterstützen<br />
eine wirkliche Besserung bringen. Die Distributoren<br />
könnten dieses Ziel fördern, in <strong>dem</strong> sie einen<br />
einheitlichen Weg zur Installation von Hardwaretreibern<br />
definieren. Außer<strong>dem</strong> ist zu überlegen, ob nicht die<br />
gemeinsame Durchführung eines Logo-Programms der<br />
Verbreitung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> insgesamt förderlich wäre.<br />
Anwendungsverfügbarkeit und Anwendungskompatibilität<br />
Für <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> stehen heute beinahe alle Anwendungen<br />
des täglichen Bedarfs zur Verfügung. Dazu gehören zwei<br />
proprietäre Officeprogramme (Corel Office, Applixware),<br />
ein kommerziell entwickeltes und freies Officepaket<br />
(StarOffice) und verschiedene freie, noch in der Entwicklung<br />
befindliche, aber in vielen Bereichen bereits einsetzbare<br />
Officeprogramme (wie z. B. KOffice, Gnumeric,<br />
abiword). Es gibt eine Anzahl verschiedener Webbrowser,<br />
Mail-Clienten und Programme zur Bearbeitung von<br />
Pixel- oder Vektorgraphiken. Darüberhinaus steht eine<br />
unüberschaubar große Anzahl kleinerer Programme für<br />
die verschiedensten Anwendungszwecke zur Verfügung.<br />
Ein Groupware-Werkzeug wie Outlook unter Windows<br />
ist bisher noch nicht verfügbar, befindet sich aber mit<br />
Evolution in der Entwicklung und dürfte <strong>dem</strong>nächst in<br />
einer ersten fertigen Version vorliegen.<br />
Es ist allerdings zur Zeit noch nicht zu übersehen, dass<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> seine Stärken als Arbeitsplatzbetriebssystem<br />
bisher in Bereichen hatte, die für durchschnittliche private<br />
Endanwender eher selten von Interesse sind. Dazu<br />
gehören die sehr komplette und umfangreiche Entwicklungsumgebung<br />
und das Textsatzsystem L A TEX, beides ist<br />
für andere Plattformen zwar auch erhältlich, muss dort<br />
aber entweder zusätzlich erworben oder relativ mühselig<br />
installiert werden.<br />
Im Bereich der Mainstream“-Anwendersoftware liegen<br />
”<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Programme gelegentlich also noch hinter<br />
der Qualität vergleichbarer Programme für andere Plattformen,<br />
wenngleich es hier bemerkenswerte Ausnahmen<br />
gibt. Hervorgehoben werden sollte in diesem Zusammenhang<br />
die Tatsache, dass es mit OpenOffice und Mozilla<br />
sowohl ein umfangreiches Office-Paket als auch<br />
einen kompletten Browser gibt, die beide als freie Software<br />
erhältlich sind. Die Vorteile von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>, die<br />
sich <strong>auf</strong> Betriebssystemebene daraus ergeben, dass es<br />
sich bei <strong>dem</strong> System um freie Software handelt, scheinen<br />
sich also im Bereich der Standard-Anwendungssoftware<br />
fortzusetzen.<br />
Wer heute <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> erstmals einsetzen<br />
will, wird in der Regel bereits über Erfahrungen<br />
im Umgang mit Rechnern und Anwendungssoftware<br />
verfügen. Es wäre unzumutbar, hier zu fordern, ein Anwender<br />
solle sich nach <strong>dem</strong> Umstieg <strong>auf</strong> <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> so-
fort mit einer Reihe von neuen Programmen vertraut machen.<br />
Und in Unternehmen, wo Mitarbeiter für viel Geld<br />
für den Umgang mit bestimmten Applikationen geschult<br />
worden sind, wird man mit dieser Forderung sicherlich<br />
keinen Erfolg haben.<br />
Dazu kommt das Problem der Dateiformate. Auch wenn<br />
ein Anwender bereit sein sollte, sich in neue Anwendungsprogramme<br />
einzuarbeiten, ist er oft mit der Situation<br />
konfrontiert, Dateiformate bearbeiten zu müssen, die<br />
mit Programmen erstellt worden sind, die für <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
direkt nicht verfügbar sind.<br />
Weiter sind zur Zeit viele Anwendungsprogramme nur<br />
für MS-Windows erhältlich. Heimanwender von PCs<br />
möchten in der Regel in der Lage sein, alle für ihren<br />
Rechner verfügbaren Programme auch ausführen zu<br />
können.<br />
Für diesen Problemkreis gibt es mittlerweile eine Reihe<br />
von teilweise ausgereiften und teilweise in der Entwicklung<br />
befindlichen Lösungen:<br />
• Die proprietäre Software VMWare ermöglicht es,<br />
eine Reihe von Betriebssystemen und damit die<br />
benötigte Anwendungssoftware unter <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
auszuführen. Diese Lösung ist allerdings mit verschiedenen<br />
Schwächen belastet: Sie ist relativ teuer,<br />
neben der Installation und Administration von<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> muss das unter VMWare als Gast“ ”<br />
ausgeführte Betriebssystem installiert und administriert<br />
werden und es sind hierfür normalerweise<br />
zusätzliche Lizenzen erforderlich. Ein weiterer<br />
Nachteil besteht darin, dass unter VMWare<br />
ausgeführte Programme sich nicht in die für<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> verfügbaren Arbeitsplatzumgebungen<br />
einfügen.<br />
• Alternativ zu VMWare kann in vielen Fällen<br />
das Programmpaket Win4Lin eingesetzt werden.<br />
Es kostet weniger und bietet lediglich die<br />
Möglichkeit eine der DOS-basierten Versionen von<br />
MS-Windows unter <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> auszuführen (wie<br />
z. B. Windows 98).<br />
• Das plex86-Projekt [4] arbeitet an einer freien Implementierung<br />
der von VMWare bereit gestellten<br />
Technologie. Mit plex86 ist es unter bestimmten<br />
Bedingungen bereits möglich, Windows 95 unter<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> auszuführen.<br />
• Mit DOSEmu können beinahe alle DOS-<br />
Programm unter <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> eingesetzt werden.<br />
• Neuere Versionen von MS-Windows (Windows<br />
2000 Server, Windows XP) ermöglichen<br />
einen ähnlichen Multi-User-Betrieb, wie er unter<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> seit langem möglich ist. Über das<br />
Remote-<strong>Desktop</strong>-Protokoll bieten diese Windows-<br />
Versionen, ähnlich <strong>dem</strong> X Window System, die<br />
Möglichkeit, graphische Programmausgaben und<br />
Benutzerinteraktion <strong>auf</strong> einem entfernten Rechner<br />
stattfinden zu lassen. Für <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> steht mit<br />
<strong>dem</strong> Programm rdesktop [5] eine Klientapplikation<br />
für dieses Protokoll zur Verfügung, so dass<br />
solche Dienste ohne zusätzliche Software genutzt<br />
werden können.<br />
Wenngleich man im Heimbereich normalerweise<br />
keinen zusätzlichen Server zur Ausführung von<br />
Windows-Programmen <strong>auf</strong>stellen wird, stellt dies<br />
in Unternehmen oft die bequemste, zuverlässigste<br />
und kostengünstigste Möglichkeit dar, Windows-<br />
Anwendungen im Netzwerk bereitzustellen.<br />
• Schließlich steht mit WINE [6] ein Softwarepaket<br />
bereit, welches die Ausführung von Windows-<br />
Programmen unter <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> ermöglicht, ohne<br />
dass dazu eine MS-Windows Lizenz erforderlich<br />
ist. Wenngleich sich WINE noch in der Entwicklung<br />
befindet, ist es schon heute möglich,<br />
mit <strong>dem</strong> Paket viele Windows-Programme, wie<br />
Office-Applikationen, Webbrowser oder Spiele unter<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> zu benutzen.<br />
WINE bietet außer<strong>dem</strong> die Möglichkeit, für<br />
MS-Windows geschriebene Programme nach<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> zu portieren, ohne dabei große Teile<br />
des Programmcodes neu schreiben zu müssen.<br />
Hierdurch kann sich in vielen Fällen die Chance<br />
ergeben, auch mit In-House-Anwendungen, nach<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> zu migrieren.<br />
• Eine große Anzahl von Windows-Anwendungen<br />
ist in der Programmiersprache Delphi geschrieben.<br />
Mit der Entwicklungsumgebung Kylix steht auch<br />
hier ein einfacher Weg offen, diese Anwendungen<br />
mit geringen Aufwand zu portieren.<br />
Es gibt also eine reiche Palette von Möglichkeiten zur<br />
Lösung der Frage der Anwendungkompatibilität, auch<br />
wenn man bemerken muss, dass diese zur Zeit nicht immer<br />
die kostengünstigsten und einfachsten Varianten darstellen,<br />
wenn es ausschließlich darum geht, Windows-<br />
Programme auszuführen. Sobald allerdings auch die Vorteile<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> genutzt werden sollen, erscheint<br />
die Verwendung dieser Möglichkeiten sinnvoll. Hier gilt<br />
es, im Einzelfall zu prüfen, welche der angesprochenen<br />
Möglichkeiten einen gegebenen Einsatzzweck am besten<br />
abdeckt.<br />
Für die Zukunft ist es durchaus denkbar, dass eine große<br />
Anzahl von Windows-Programmen unter <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
genau so installiert und eingesetzt werden kann, wie dies<br />
unter Windows der Fall ist, wobei <strong>auf</strong> die Verwendung<br />
von Windows-Lizenzen verzichtet werden kann. Auch<br />
sollte es möglich sein, die im Startmenü einer Windows-<br />
Installation vorhandenen Einträge bei der Installation von<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> zu übernehmen, um eine für den Benutzer<br />
möglichst einfache Migration zu erreichen.
Verbreitung<br />
Eine Art Henne-Ei-Problem ist die mangelnde Verbreitung<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong>. Anwender wollen<br />
das System u. U. nicht einsetzen, weil sie niemanden<br />
kennen, der es auch einsetzt und der ihnen im Falle eines<br />
Problems helfen kann. Und Hard- und Softwarehersteller<br />
produzieren keine oder schlechte Treiber, weil das<br />
System nur eine geringe Verbreitung hat, so dass die Verwendung<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> weniger attraktiv wird.<br />
Vergleicht man allerdings den hohen Bekanntheitsgrad<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> heute mit <strong>dem</strong> von vor wenigen Jahren,<br />
so wird klar, dass es durchaus möglich ist, diesen Teufelskreis<br />
zu durchbrechen. <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> hat gegenüber proprietären<br />
Betriebssystemen den Vorteil, dass es für Medien<br />
und Anwender an sich“ und als gesellschaftliches<br />
”<br />
Phänomen interessant ist und als freie Software Eigenschaften<br />
mitbringt, die proprietäre Software prinzipiell<br />
nicht haben kann. Die hohe Verbreitung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
im Servermarkt (die vor einigen Jahren auch nicht für<br />
möglich gehalten wurde) und aktuelle Umfrageergebnisse<br />
scheinen diese Vermutung zu belegen. So kommt die<br />
bereits zitierte Emnid-Studie zu <strong>dem</strong> Ergebnis, dass 28%<br />
(!) aller Windows-Benutzer, welche die Anschaffung<br />
oder Aufrüstung eines PCs planen, es für wahrscheinlich<br />
halten, <strong>dem</strong>nächst <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> einzusetzen. Eine<br />
Umfrage der Zeitschrift PC-Welt [8] kommt sogar zu<br />
<strong>dem</strong> Ergebnis, dass 32% aller PC-Nutzer <strong>dem</strong>nächst <strong>auf</strong><br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> umsteigen könnten.<br />
Welche Rolle wird der PC in der Zukunft<br />
spielen?<br />
Die zukünftige Bedeutung und der Stellenwert des PCs<br />
in seiner heutigen Form sind in der IT-Branche umstritten.<br />
Es spricht viel dafür, dass in Zukunft an Stelle des<br />
Allround“-PCs immer häufiger eine Ansammlung unterschiedlicher<br />
und dedizierter Geräte eingesetzt werden,<br />
”<br />
wie beispielsweise Wiedergabegeräte für Musik- und Videoformate,<br />
Spielekonsolen, PDAs, Fernseher oder Telefone,<br />
die auch als Web-Browser eingesetzt werden<br />
können. Inwieweit diese Geräte den klassischen PC<br />
ablösen oder ihn nur ergänzen, könnte u. a. von den folgenden<br />
Umständen abhängen:<br />
• Der PC mit Tastatur, Maus und relativ großem<br />
Display bietet heute die beste Möglichkeit zur<br />
Bedienung komplexer Programme und vor allem<br />
zur Eingabe und Bearbeitung von Texten. Ob<br />
dies zukünftig im Heimbereich erforderlich sein<br />
wird, hängt davon ab, wie komplex die Benutzung<br />
alltäglich eingesetzter Programme sein wird<br />
und ob sich alternative Methoden zur Texteingabe,<br />
wie Spracherkennung und Handschrifterkennung<br />
durchsetzen können.<br />
• Der PC dient heute als Gerät zur Datenspeicherung.<br />
Dies ist in der Regel mit erheblichen Gefahren<br />
verbunden, weil sinnvolle Datensicherungen<br />
normalerweise nicht durchgeführt werden. Geht<br />
man davon aus, dass zukünftig auch im Heimbereich<br />
Netzwerkanbindungen mit ausreichender<br />
Bandbreite und Verfügbarkeit vorhanden sind,<br />
spricht viel dafür, die Sicherung wichtiger Daten<br />
einem Service-Provider zu übertragen. Voraussetzung<br />
hierfür ist allerdings, dass die Daten vor <strong>dem</strong><br />
Transport zum Provider so verschlüsselt werden,<br />
dass sie von diesem nicht untersucht oder verändert<br />
werden können. Dies bietet den zusätzlichen Vorteil,<br />
dass <strong>auf</strong> die betreffenden Daten von überall<br />
und mit einer großen Anzahl von Geräten zugegriffen<br />
werden kann, ohne dass der Benutzer eine<br />
manuelle Datenübertragung durchführen muss.<br />
• Der PC dient zur Zeit dazu, unterschiedliche<br />
Geräte, wie Scanner, Drucker, Digitalkameras,<br />
MP3-Player oder CD-Brenner miteinander und mit<br />
<strong>dem</strong> Internet zu verbinden. In manchen Fällen<br />
besteht die Aufgabe des PCs dabei nicht nur<br />
in der Organisation von Datenübertragung und -<br />
Sicherung, sondern in der Bearbeitung und Darstellung<br />
der betreffenden Daten. Während sich der<br />
Datenaustausch zwischen den Geräten auch ohne<br />
zentrales System bewerkstelligen lässt, wird der<br />
PC seine Stärken zukünftig bei der Bearbeitung<br />
und Verwaltung von Daten ausspielen können.<br />
Ein weiterer sich abzeichnender Trend besteht darin, dass<br />
viele Programme in Zukunft nicht mehr <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Rechner<br />
des Anwenders selbst, sondern <strong>auf</strong> dafür vorgesehenen<br />
Servern ausgeführt werden. Es entfällt dadurch die Notwendigkeit,<br />
Applikationen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Anwendersystemen<br />
zu installieren und zu pflegen, Daten können zentral gesichert<br />
werden und es ist leichter eine nutzungsabhängige<br />
Berechnung beanspruchter Ressourcen möglich.<br />
Selbstverständlich ist das Verschieben von Applikationen<br />
<strong>auf</strong> geeignete Server nicht in allen Fällen möglich,<br />
so erscheint es heute noch nicht sinnvoll, beispielsweise<br />
Zeichen- oder Bildbearbeitungsprogramme, die von<br />
zu Hause aus benutzt werden, <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Server eines<br />
Application-Service-Providers (ASP) auszuführen. Im<br />
Bereich von Produktivumgebungen sieht dies allerdings<br />
schon anders aus, hier stehen die erforderlichen Bandbreiten<br />
oft bereits zur Verfügung, und die Einrichtung<br />
von Applikationsservern stellt in vielen Fällen eine wirtschaftliche<br />
Alternative dar.<br />
In vielen anderen Bereichen kann das eigentliche Rechnen<br />
schon heute auch vom Heim-PC <strong>auf</strong> entsprechende<br />
Server verschoben werden, beispielsweise lassen sich Visitenkarten,<br />
einfache Briefe oder Einladungen über Webinterfaces<br />
erstellen. Steuererklärungen könnten über<br />
den Server des Steuerberaters erstellt werden und Telefonnummern<br />
werden über eine Internetseite und nicht
über ein Programm <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> eigenen Rechner gesucht.<br />
Die Verlagerung zum ASP bietet darüberhinaus oft die<br />
Möglichkeit, zusätzlichen Mehrwert zu erzeugen. Visitenkarten,<br />
Briefe oder Einladungen können gleich in hoher<br />
Qualität gedruckt werden, der Steuerberater kann in<br />
bestimmten Situationen einschreiten und das Telefonverzeichnis<br />
befindet sich immer <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> neuesten Stand.<br />
Außer<strong>dem</strong> ist es nicht erforderlich, vor jeder Recherche<br />
einen Datenträger in das L<strong>auf</strong>werk einzulegen.<br />
Initiativen wie .NET von Microsoft oder ONE von Sun<br />
greifen diese Trends <strong>auf</strong> und versuchen eine Infrastruktur<br />
zu schaffen, mit denen sich lokal und entfernt <strong>auf</strong><br />
verschiedenen Geräten ausgeführte Anwendungen besser<br />
integrieren lassen. Obwohl hierbei natürlich auch versucht<br />
wird, die eigene Position im Markt zu verbessern,<br />
sind diese Unternehmen gezwungen, in vielen Bereichen<br />
ihrer Initiativen offene Standards zu verwenden, wenn<br />
sie sich durchsetzen wollen. Beide Unternehmen scheinen<br />
dies erkannt zu haben und verwenden in ihren offene<br />
Standards, die <strong>auf</strong> allgemein akzeptierten Protokollen<br />
basieren (XML, HTTP, SOAP). Dadurch wird es für die<br />
Entwickler freier Software tendenziell leichter, zu diesen<br />
Standards kompatible Applikationen zu entwickeln.<br />
Prognosen<br />
Die Umfrageergebnisse von Emnid und PC-Welt sind ermutigend.<br />
Es besteht schon heute bei knapp einem Drittel<br />
der PC-Benutzer die Bereitschaft, innerhalb kurzer<br />
Zeit <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> einzusetzen. Andere Studien sind vorsichtiger.<br />
So prognostiziert Forrester Research lediglich<br />
eine Verbreitung von 5% von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> im <strong>Desktop</strong>-<br />
Bereich für das Jahr 2004 und kommt zu <strong>dem</strong> Ergebnis,<br />
dass der Weg zum meist verbreitetsten Betriebssystem<br />
noch bis zu zehn Jahre dauern kann [9]. Welcher Anteil<br />
mittelfristig tatsächlich erreicht werden kann, hängt<br />
von einer Vielzahl von Faktoren ab:<br />
• <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> muss eine einheitliche Plattform bleiben.<br />
Obwohl die Konkurrenz zwischen den freien<br />
und kommerziellen Distributoren für die Weiterentwicklung<br />
von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> förderlich ist und<br />
von Anwendern als weniger störend empfunden<br />
wird, wie vermutet, darf es nicht passieren, dass<br />
die Distributionen zueinander inkompatibel werden.<br />
Außer<strong>dem</strong> muss Hard- und Softwareherstellern<br />
eine einheitliche und verlässliche Plattform<br />
zur Verfügung stehen, <strong>auf</strong> der sie ihre Entwicklungen<br />
ohne großen zusätzlichen Aufwand für alle<br />
wichtigen Distributionen durchführen können.<br />
Grundsätzlich scheint es so, als wird diese Ansicht<br />
von den Distributoren geteilt, wenngleich es in der<br />
Vergangenheit ein paar unrühmliche Ausnahmen<br />
gegeben hat. Mit der <strong>Linux</strong>-Standard-Base (LSB)<br />
gibt es eine Distributionsübergreifende Organisation<br />
zur Festlegung von Standards [10].<br />
• Förderlich für die schnelle Verbreitung von<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> sind Anwendungen,<br />
die für andere Betriebssysteme in gleicher<br />
Form nicht zur Verfügung stehen. <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
könnte z. B. dort Chancen nutzen, wo kommerzielle<br />
Anbieter von Betriebssystemen versuchen,<br />
Möglichkeiten einzuschränken. Wenn es Microsoft<br />
tatsächlich gelingen sollte, die Qualität<br />
der unter Windows erzeugten MP3-Dateien einzuschränken,<br />
so wäre dies für viele Anwender u. U.<br />
nicht akzeptabel und sie würden sich nach Alternativen<br />
umschauen.<br />
• Leichtigkeit der Installation sowie einfache Bedienung<br />
und Administration scheinen für Endanwender<br />
im Vordergrund zu stehen. Im Bereich der<br />
Installation sind im wesentlichen die Distributoren<br />
gefragt, ihre Installationsprogramme zu verbessern.<br />
Zur Vereinfachung von Konfiguration<br />
und Bedienung erscheint es erforderlich auch hier<br />
einen einheitlichen Standard zu finden.<br />
• Förderlich für die Verbreitung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> scheint der Trend zu sein, dass<br />
zukünftig weniger Applikationen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Rechner<br />
des Anwenders sondern <strong>auf</strong> entfernten Maschinen<br />
ausgeführt werden. Die Anforderungen an den<br />
Umfang verfügbarer Software für das Clientsystem<br />
werden dadurch geringer.<br />
• Als weiterhin förderlich für die Verbreitung von<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> könnte sich der hohe Preiskampf<br />
im Bereich der Consumer-PCs erweisen. Weil<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> prinzipiell kostenlos verfügbar ist,<br />
könnte die Verwendung dieses Betriebssystems<br />
zum Preisvorteil werden.<br />
• Die Anwendungsvielfalt und die Kompatibiltät zu<br />
bereits eingesetzten Anwendungen wird mitentscheidend<br />
über den Erfolg von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>Desktop</strong> sein. Der Entwicklung von WINE<br />
kommt hierbei eine ganz besondere Bedeutung zu.<br />
• Neben der Qualität des Systems selbst, wird es<br />
im professionellen Umfeld entscheidend sein, in<br />
welchem Umfang Fachleute zur Verfügung stehen.<br />
Dabei dürfte es sich als vorteilhaft erweisen, dass<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> für IT-Profis und ”<br />
Power-User“ schon<br />
heute oft das attraktivere System ist.<br />
Ein oft gehörtes Argument gegen den Versuch, Microsofts<br />
Vorherrschaft über den <strong>Desktop</strong> zu brechen ist der<br />
gescheiterte Versuch IBMs mit OS/2 in diesem Segment<br />
Fuß zu fassen. OS/2 hatte zwar im Hinblick <strong>auf</strong> die<br />
Softwareverfügbarkeit und -kompatibilität ähnliche Probleme<br />
wie <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>, allerdings wird bei diesem Vergleich<br />
übersehen, dass sich beide Systeme in einem entscheidenden<br />
Punkt unterscheiden. IBM konnte letztendlich<br />
nur mit technischen Vorteilen für sein System werben,<br />
es handelte sich jedoch ebenso wenig um ein freies<br />
und offenes System, wie dies bei Windows der Fall
ist. Aus Sicht von Anwendern bedeutete dies, dass sie<br />
beim Wechsel von Windows nach OS/2 zwar ein technisch<br />
besseres System einsetzten (und dies mit geringerer<br />
Freiheit bei der Hard- und Softwareauswahl bezahlten),<br />
aber letztendlich die Abhängigkeit zu einem Hersteller<br />
durch die Abhängigkeit zu einem anderen Hersteller<br />
austauschten. Mit <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> steht hingegen<br />
ein System freier Software zur Verfügung, dass weder<br />
Anwender noch Hard- und Softwarehersteller allzu eng<br />
an einen bestimmten Hersteller bindet. Neben einem<br />
freieren Wettbewerb und der damit verbundenen Chance<br />
höherer Qualität und kleinerer Preise, ergibt sich daraus<br />
die Möglichkeit, sicherere und offenere Systeme einzusetzen,<br />
an deren Verbesserung und Weiterentwicklung<br />
jeder mitarbeiten kann und dies tun wird, sofern er daran<br />
Freude hat oder für sich oder sein Unternehmen einen<br />
Nutzen darin sieht.<br />
Fazit<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> für den <strong>Desktop</strong> ist lebendiger denn je. Obwohl<br />
es noch eine Reihe von Nachteilen beim Einsatz<br />
dieses Systems gibt, werden die Vorteile schon heute<br />
bei vielen gewerblichen und privaten Anwendungen<br />
überwiegen.<br />
Im gewerblichen Umfeld werden die Schwierigkeiten bei<br />
der Installation und Administration des Systems nicht so<br />
sehr ins Gewicht fallen, weil diese Aufgaben dort von<br />
speziellen Mitarbeitern oder externen Dienstleistern geplant<br />
und durchgeführt werden können. In diesem Bereich<br />
lassen sich auch Probleme hinsichtlich der Anwendungskompatibilität<br />
am leichtesten lösen, etwa in<strong>dem</strong><br />
Applikationsserver für Windows-Programme eingesetzt<br />
werden. Nach einer erfolgreichen Migration<br />
nach <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> werden Unternehmen durch höherere<br />
Sicherheit, Stabilität und Transparenz, bessere Anpassungsmöglichkeiten,<br />
Herstellerunabhängigkeit und geringere<br />
Administrationskosten belohnt.<br />
Referenzen<br />
[1] http://www.suse.de/de/news/PressReleases/<br />
emnid.html<br />
[2] http://www.techweb.com/wire/story/<br />
TWB20000814S0017<br />
[3] http://www.idg.co.nz/webhome.nsf/UNID/<br />
A19E34EB90F5B6F8CC256A020030B8E3!<br />
opendocument<br />
[4] http://www.plex86.org/<br />
[5] http://www.rdesktop.org/<br />
[6] http://www.winehq.com/<br />
[7] http://www.cups.org/<br />
[8] http://www.pcwelt.de/content/news/<br />
newpcwelt/2001/02/xn190201011.html<br />
[9] http://abcnews.go.com/sections/scitech/<br />
DailyNews/linuxworld010201.html<br />
[10] http://www.linuxbase.org/<br />
Über den Autor:<br />
Peter H. Ganten ist Autor des erfolgreichen Buches ”<br />
Debian<br />
<strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> - Grundlagen, Installation, Administration und Anwendung“.<br />
Er beschäftigt sich seit vielen Jahren beruflich und privat mit<br />
freier Software und insbesondere mit <strong>dem</strong> Betriebssystem <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong><br />
und seinen Anwendungen. Ein wichtiges Interessensgebiet ist für ihn<br />
dabei die Verwendung von <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> als <strong>Desktop</strong>-Betriebssystem,<br />
weswegen er sich u. a. intensiv mit den Möglichkeiten zur Integration<br />
von Windows-Anwendungen und speziell <strong>dem</strong> WINE-Projekt befasst<br />
hat. Der Diplom-Psychologe blickt <strong>auf</strong> umfangreiche Erfahrungen<br />
in diesem Bereich zurück und hat zahlreiche Vorträge und Artikel<br />
zu verschiedenen Themen im <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong>-Umfeld gehalten bzw.<br />
veröffentlicht.<br />
Im Bereich der privaten Nutzung stellt <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> heute<br />
eine sichere, kostengünstige, stabile und freie Alternative<br />
zu den proprietären Systemen dar, mit der sich<br />
alle üblicherweise in diesem Bereich anfallenden Aufgaben<br />
oft besser lösen lassen und die in einigen Anwendungsbereichen<br />
ihren Konkurrenten weit überlegen<br />
ist. Es bestehen in diesem Bereich allerdings noch eine<br />
Reihe lösbarer Probleme, so dass mancher Privatanwender<br />
kurzfristig nicht <strong>auf</strong> sein proprietäres Betriebssystem<br />
verzichten wollen wird. Die Geschwindigkeit, mit der<br />
sich <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> in verschiedenen Server-Anwendungen<br />
durchgesetzt hat und mit der vollständige und komfortable<br />
Arbeitsplatzumgebungen entwickelt wurden, zeigt<br />
jedoch, dass <strong>GNU</strong>/<strong>Linux</strong> auch in diesem Segment ein hohes<br />
Potential hat.