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2/2012<br />

Auf dem Weg<br />

zum Flüsterjet<br />

<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> Holding AG<br />

Dachauer Straße 665<br />

80995 München • Deutschland<br />

Tel. +49 89 1489-0<br />

Fax +49 89 1489-5500<br />

info@mtu.de<br />

www.mtu.de<br />

Kunden + Partner<br />

Frischer Wind aus<br />

„Down Under“<br />

Technik + Wissenschaft<br />

Schaufeln im<br />

Röntgenblick<br />

Global<br />

Mit Accessories auf<br />

Expansionskurs


Inhalt<br />

Titelthema<br />

Auf dem Weg zum Flüsterjet<br />

6 – 13<br />

Kunden + Partner<br />

Schritt für Schritt voran<br />

Frischer Wind aus „Down Under“<br />

Weltweit im Einsatz<br />

Indien – Boom trotz Barrieren<br />

14 – 17<br />

18 – 21<br />

22 – 25<br />

26 – 29<br />

Technik + Wissenschaft<br />

Schaufeln im Röntgenblick<br />

Ausgewogene Toleranzen<br />

30 – 33<br />

34 – 39<br />

Frischer Wind aus „Down Under“<br />

Schaufeln im Röntgenblick<br />

Produkte + Services<br />

Doppelt hält besser<br />

Erfolgreiche Premiere<br />

40 – 43<br />

44 – 47<br />

Virgin Australia ist innerhalb eines Jahrzehnts zur zweitgrößten Fluggesellschaft<br />

Australiens aufgestiegen. Um die Instandhaltung der<br />

GE90-115B-Triebwerke der Langstreckflugzeuge Boeing 777-300ER<br />

kümmert sich die <strong>MTU</strong> Maintenance Hannover in Langenhagen.<br />

Seite 18 – 21<br />

Turbinenschaufeln der neuesten Generation haben ein kompliziertes<br />

Innenleben. Um Abweichungen in den Hightech-Gussbauteilen aufzuspüren,<br />

hat die <strong>MTU</strong> ein vollautomatisches Computertomografie-Verfahren<br />

entwickelt, das die Qualitätssicherung verbessert.<br />

Seite 30 – 33<br />

Global<br />

Hightech in der Wüste<br />

Mit Accessories auf Expansionskurs<br />

Reportage<br />

Bewährungsprobe bestanden<br />

48 – 51<br />

52 – 55<br />

56 – 59<br />

Auf dem Weg zum Flüsterjet<br />

Laute Flugzeuge belasten Mensch, Natur und die Kassen der Fluglinien.<br />

Deshalb sind Technologien, die den Fluglärm verringern,<br />

äußerst gefragt – vor allem in der Triebwerksentwicklung. Die <strong>MTU</strong><br />

und Pratt & Whitney haben die Antwort: den Getriebefan.<br />

Seite 6 – 13<br />

In Kürze<br />

Impressum<br />

60 – <strong>61</strong><br />

<strong>61</strong><br />

Mehr REPORT digital<br />

Multimediale Features im<br />

eMagazin und in der iPad-App<br />

unter www.mtu.de/report<br />

Erfolgreiche Premiere<br />

Glückliche Gesichter bei GE Aviation und der <strong>MTU</strong>: In München hat<br />

das GE38 den Turbine Stress Test erfolgreich absolviert. Das Besondere<br />

daran ist, dass zum ersten Mal ein deutsches Unternehmen ein<br />

US-Militärtriebwerk im Auftrag des Herstellers getestet hat.<br />

Seite 44 – 47<br />

Mit Accessories auf Expansionskurs<br />

Bei den 21. Olympischen Winterspielen 2010 herrschte im Außenterminal<br />

des Flughafens von Vancouver buntes Treiben. Heute repariert<br />

die <strong>MTU</strong> Maintenance dort Anbaugeräte. Sie hat das Gebäude übernommen<br />

und mit einem hochmodernen Maschinenpark ausgerüstet.<br />

Seite 52 – 55<br />

2 3


Editorial<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

in diesem Jahr haben zwei der wichtigsten Luftfahrtmessen der Welt stattgefunden<br />

– die Farnborough International Airshow vor den Toren Londons<br />

und die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung ILA auf einem neuen<br />

Messegelände in Berlin. Beide waren für die <strong>MTU</strong> sehr wichtig: Die Aufträge<br />

über Triebwerksneubestellungen und Instandhaltungsdienstleistungen, die<br />

in Farnborough erteilt wurden, haben uns durch unsere Beteiligungen den<br />

höchsten Auftragswert in der Geschichte unseres Unternehmens beschert.<br />

Auf der ILA, der wichtigsten deutschen Luftfahrtmesse, haben wir uns nicht<br />

nur als einer der größten Aussteller präsentiert, sondern auch als leistungsstarkes,<br />

innovationsfähiges und ambitioniertes Unternehmen.<br />

Im Blitzlichtgewitter stand natürlich wieder der Getriebefan (GTF), der nicht<br />

nur durch seine Effizienz besticht, sondern auch durch einen weiteren<br />

Vorteil: die Halbierung des Lärms. Die Lärmproblematik spielt in der Öffentlichkeit<br />

eine immer größere Rolle – für geplagte Anwohner genauso wie für<br />

die Luftfahrtakteure. Ich freue mich und bin sehr stolz darauf, dass wir<br />

zusammen mit unserem US-Partner Pratt & Whitney die Zeichen der Zeit<br />

rechtzeitig erkannt und jetzt mit dem GTF bereits die Antwort auf diese<br />

drängende Zukunftsfrage parat haben.<br />

Unsere Innovationsfähigkeit spiegelt sich auch in anderen Produkten wider:<br />

etwa im Turbinenzwischengehäuse des GEnx-Triebwerkes, dessen erstes<br />

Exemplar wir ausgeliefert haben und das in Zukunft in Cargolux-Frachtfliegern<br />

unterwegs sein wird, im Hubschrauberantrieb GE38, zu dem wir nicht<br />

nur die Nutzturbine beisteuern, sondern erstmals auch Stresstests im Auftrag<br />

des Triebwerksherstellers General Electric durchführen sowie im neuentwickelten<br />

Reparaturverfahren für Air Seals. Das sind nur einige Beispiele<br />

der jüngsten Zeit. Sie unterstreichen meine feste Überzeugung, unser ehrgeiziges<br />

Ziel zu erreichen – einen Umsatz in Höhe von sechs Milliarden Euro<br />

im Jahr 2020 und damit eine Verdoppelung des derzeitigen Werts. Ich bin<br />

zuversichtlich, dass wir das schaffen werden.<br />

Überzeugen Sie sich in dieser neuen Report-Ausgabe von der Vielfältigkeit<br />

und Leistungsfähigkeit der <strong>MTU</strong> – Sie werden Spaß daran haben.<br />

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen<br />

Ihr<br />

Egon Behle<br />

Vorsitzender des Vorstands<br />

4 5


Titelthema<br />

Auf dem<br />

Weg zum<br />

Flüsterjet<br />

Denis Dilba<br />

Laute Flugzeuge belasten nicht nur Mensch und Natur, sondern<br />

zunehmend auch die Kassen der Fluggesellschaften.<br />

Technologien, die den Fluglärm künftig deutlich mindern und<br />

so helfen, teure Flughafengebühren zu sparen, sind daher<br />

äußerst gefragt – vor allem in der Triebwerksentwicklung.<br />

Die <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> und Pratt & Whitney haben die Antwort<br />

darauf: den Getriebefan. Dieser Antrieb ist nicht nur<br />

kerosinsparender und schadstoffärmer, sondern auch um die<br />

Hälfte leiser als derzeitige Triebwerke. Seine Markteinführung<br />

ist für 2013 geplant.<br />

Von den Einflüssen, die Menschen am Flugverkehr<br />

störend empfinden, nimmt Lärm seit einigen Jahren<br />

unangefochten den Spitzenplatz ein. Das in<br />

der Öffentlichkeit häufig sehr emotional diskutierte Thema<br />

rangiert sogar noch vor dem Abgasproblem. Fluglärm<br />

ist nicht nur lästig, sondern wird zunehmend auch<br />

zu einem immer ernst zu nehmenderen wirtschaftlichen<br />

Faktor für Airlines und Flugzeugbauer. Längst müssen<br />

Betreiber von Flugzeugen auf nahezu allen Flughäfen der<br />

Welt eine Lärmabgabe zahlen. Dabei gilt grob: Je lauter<br />

die Maschine beim Abheben oder im Landeanflug ist,<br />

desto höher sind die Flughafengebühren. „Diese Abgaben<br />

können heutzutage bis zu fünf Prozent der gesamten<br />

Betriebskosten eines Flugzeuges ausmachen“, erläutert<br />

Paul Traub, <strong>Aero</strong>akustiker bei der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> in<br />

München. Eine behördliche Beschränkung des Luftverkehrs<br />

an Airports ist das Flugverbot zum Schutz der<br />

Bevölkerung gegen Nachtfluglärm. Ausgenommen sind<br />

neben Sondereinsätzen (Rettungs- oder Kurierflüge) nur<br />

Flugzeugtypen mit geräuschärmeren Triebwerken.<br />

6 7


Titelthema<br />

Verschärft wird die Thematik durch das stetig<br />

steigende Verkehrsaufkommen in der zivilen<br />

Luftfahrt: Es wird sich bei einem durchschnittlichen<br />

jährlichen Wachstum von derzeit<br />

etwa 4,5 Prozent in den kommenden 15<br />

Jahren schlichtweg verdoppeln. Weniger Fluglärm<br />

bei deutlich erhöhter Treibstoffeffizienz<br />

ist daher eine der größten Herausforderungen<br />

der Branche. Das wissen die Beteiligten<br />

natürlich nicht erst seit gestern: Die europäische<br />

Luftfahrtindustrie hat sich bereits im<br />

Jahr 2000 selbst dazu verpflichtet, den Treibstoffverbrauch<br />

und den Fluglärm bis 2020 zu<br />

halbieren. Auch wenn bereits große Verbesserungen<br />

erreicht worden sind, macht das<br />

den Job von Traub und seinen Kollegen nicht<br />

einfacher: Da Flugzeuge inklusive ihrer Triebwerke<br />

mehrere Jahrzehnte im Dienst sind,<br />

müssen sie eine mögliche Verschärfung der<br />

vorgeschriebenen Lärmgrenzwerte berücksichtigen<br />

und diese schon heute deutlich<br />

unterbieten.<br />

Zwar ist das Triebwerk, vor allem beim Start,<br />

eine der wesentlichen Lärmquellen eines Passagierjets<br />

– es ist aber nicht die alleinige.<br />

Auch das Flugzeug selbst erzeugt durch<br />

Luftverwirbelungen beispielsweise an Rumpf,<br />

Flügeln und Fahrwerk einen merklichen und<br />

relevanten Lärmanteil. Im Landeanflug ist die-<br />

4 5<br />

Lärmpegel (kumulative Marge in EPNdB )<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

-40<br />

B737-200<br />

B747-100<br />

Stufe 2<br />

Stufe 3<br />

A300<br />

Stufe 4<br />

A310 A320 - CFM56<br />

A320 -V2500<br />

B737-800<br />

A340-600<br />

A380<br />

Stufe 5<br />

1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040<br />

Jahr der Flugzertifizierung<br />

A320neo - GTF<br />

heutiger GTF3<br />

ACARE 2020 Ziel<br />

1 Einschätzung der zukünftigen gesetzlichen Lärmgrenze (offiziell noch zu definieren)<br />

2 Beibehaltung des A320 Designs mit GTF<br />

3 Flugzeug-Neudesign mit GTF der 1. Generation<br />

4 Summe der Differenzwerte zwischen bescheinigtem Flugzeuglärm und gesetzlichen Grenzwerten<br />

aus 3 Referenzmessungen<br />

5 Effective Perceived Noise Level in Dezibel (Messgröße für Flugzeuglärm bei der Zertifizierung)<br />

Viel erreicht: Seit 1970 konnte der Fluglärm drastisch reduziert werden. Der GTF ist ein weiterer<br />

Quantensprung.<br />

1<br />

2<br />

ser von der Luftströmung erzeugte Part häufig<br />

größer als jener der Triebwerke, die dann mit<br />

geringer Drehzahl arbeiten. Traub: „Fluglärm<br />

ist immer ein Zusammenspiel einer Vielzahl<br />

von Schallquellen am Flugzeug und im Triebwerk.“<br />

Ob nun drehend oder stillstehend:<br />

Nahezu alle Bauteile erzeugen Druckschwankungen<br />

oder Verwirbelungen in der sie umströmenden<br />

Luft – und damit Lärm.<br />

„Die größten Lärmverursacher sind nach wie<br />

vor der Fan und der Abgasstrahl“, erklärt Dr.<br />

Dominik Broszat, Fachverantwortlicher für<br />

<strong>Aero</strong>akustik bei <strong>MTU</strong>. Wobei für Fachleute<br />

wie ihn Lärm nicht gleich Lärm ist. Er unterscheidet<br />

tonale Schallanteile und breitbandigen<br />

Lärm: „Tonale Schallanteile sind diskrete<br />

Frequenzen, die von rotierenden Komponenten<br />

erzeugt werden und zum Beispiel am<br />

Fan, in der Turbine oder auch im Verdichter<br />

durch wechselseitig erzeugte Druckschwankungen<br />

zwischen Lauf- und Leitschaufeln entstehen.“<br />

Dieser tonale Geräuschanteil spielt<br />

in der Lärmbewertung eine wesentliche Rolle.<br />

Breitbandiger Lärm, wie er z.B. bei Strömungsverwirbelungen<br />

am Rumpf oder an den<br />

Flügeln, aber auch durch Vermischung des<br />

heißen Düsenstrahls mit der Umgebungsluft<br />

entsteht, wird hingegen als lautes Rauschen<br />

wahrgenommen.<br />

Teure Angelegenheit: Fast alle Flughäfen erheben Lärmentgelte für Starts und Landungen.<br />

Flugzeugrumpf<br />

Flügel und Leitwerk<br />

Turbinen-Lärm<br />

Brennkammer-Lärm<br />

Fan-Lärm<br />

Strahl-Lärm<br />

Fan-Lärm<br />

Verdichter-Lärm<br />

Bug- und Hauptfahrwerk<br />

Triebwerke und Gondel<br />

Landeklappen und<br />

Steuerflächen<br />

Typische Lärmquellen am Flugzeug.<br />

Lärmquellen im Turbofan-Triebwerk sind der Fan, der Verdichter, die Brennkammer, die Turbine und der Abgasstrahl.<br />

8 9


Titelthema<br />

Was ist Lärm?<br />

Lärm bedeutet ein lautes, störendes Geräusch.<br />

Ein Lärmereignis verursacht Schallwellen d.h.<br />

Druckschwankungen, die sich in der Umgebung<br />

ausbreiten. Diese werden vom Sinnesorgan Ohr<br />

als akustische Reizinformation (Ton, Geräusch)<br />

wahrgenommen. Weil das Trommelfell als Sensor<br />

mit dem Ohrsystem die Eigenschaften eines<br />

Schalldruckempfängers hat, beschreibt der<br />

Schalldruck die Stärke des Höreindrucks am<br />

besten. Je größer der Schalldruck, desto lauter<br />

wird das Geräusch empfunden. Die Empfindlichkeit<br />

des Ohrs ist außerordentlich. Wegen der<br />

großen Spreizung des Schalldrucks zwischen<br />

„gerade noch hörbar“ (Hörschwelle: 0 dB) und<br />

„sehr laut“ (Schmerzschwelle: 130 dB), wird dieser<br />

als Pegelwert in Dezibel (Abk.: dB), also auf<br />

einer logarithmischen Skala, angegeben. Eine<br />

Änderung um zehn Dezibel entspricht etwa einer<br />

Verdopplung beziehungsweise Halbierung der<br />

empfundenen Lautstärke.<br />

Zum Vergleich: Der Lärm einer Hauptverkehrsstraße<br />

erreicht auf der Pegelskala 80 dB, der<br />

eines Presslufthammers 100 dB. Ein startendes<br />

Verkehrsflugzeug mit Getriebefan-Triebwerken<br />

der 1. Generation wird in naher Zukunft vergleichbare<br />

Pegel aufweisen wie ein mit 80 km/h<br />

fahrender LKW. Wie störend das Geräusch empfunden<br />

wird, hängt nicht nur vom objektiv gemessenen<br />

Schalldruck ab, sondern auch vom<br />

subjektiven Hörempfinden bzw. von psychoakustischen<br />

Parametern, wie z.B. Lautheit, Tonhaltigkeit<br />

und Einwirkdauer. Die für die Fluglärmzertifizierung<br />

verwendete Messgröße, auch<br />

effektiver Lärmstärkepegel genannt (Einheit:<br />

EPNdB), bildet praxisgerecht diese Störparameter<br />

ab.<br />

Nah<br />

explodierender<br />

Knallkörper<br />

Rockkonzert<br />

Turbofan-Triebwerk<br />

(startendes<br />

Flugzeug**)<br />

GTF-Triebwerk<br />

(startendes<br />

Flugzeug*)<br />

ruhige<br />

Unterhaltung<br />

Flüstern<br />

dB(A)<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

* ca. 85 dB(A), vergleichbar mit LKW (80 km/h in 15 m Abstand)<br />

** Indienststellung im Jahr 2000<br />

Geräuschquellen und ihr Schalldruck.<br />

0<br />

akute, nicht reversible<br />

Schädigung<br />

Schmerzschwelle<br />

starker<br />

Straßenverkehr<br />

Gesundheitsgefährdung<br />

bei<br />

Dauereinwirkung<br />

Kommunikation<br />

beeinträchtigt<br />

Hörschwelle<br />

Auch die A320neo wird mit Getriebefantechnologie fliegen.<br />

ren entsteht durch die Limitierung der Fan-<br />

Drehzahl aus Lärmgesichtspunkten bei der<br />

Niederdruckturbine eine zunehmende aerodynamische<br />

Belastung. Ein schlechterer Wirkungsgrad<br />

oder ein erhöhtes Gewicht wären<br />

die Folgen.<br />

Den entscheidenden Technologiesprung in<br />

Sachen Lärmreduzierung bringt ab 2013<br />

erst der Getriebefan (GTF). Das namensgebende<br />

Getriebe des neuen Triebwerkstyps<br />

sorgt dafür, dass Fan und Turbine nun in<br />

ihren bevorzugten leistungsoptimalen Drehzahlbereichen<br />

rotieren können. Das Ende des<br />

bisherigen Drehzahl-Kompromisses führt zu<br />

deutlich günstigeren Verbrauchs- und Emissionswerten.<br />

Gleichzeitig setzt der GTF neue<br />

Maßstäbe bei der Absenkung des Fluglärms.<br />

Ein langsamer rotierender Fan und eine dreimal<br />

schneller drehende Niederdruckturbine<br />

machen es möglich. Weil diese <strong>MTU</strong>-Kernkomponente<br />

mit höheren Drehzahlen betrieben<br />

wird, arbeitet sie nicht nur deutlich effizienter,<br />

sie erzeugt auch hochfrequente Töne, die<br />

einerseits in der Atmosphäre stärker gedämpft<br />

werden, und andererseits zum Teil<br />

außerhalb des Hörbereichs liegen. Erste Lärmtests<br />

des GTF haben die Vorausberechnungen<br />

und Simulationen der <strong>MTU</strong>-Ingenieure<br />

bestätigt: „Der Lärmteppich eines Getriebefans<br />

gegenüber einem Turbofan für die heutige<br />

Generation an Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen<br />

ist um 70 Prozent kleiner“, freut<br />

sich Dr. Klaus-Peter Rüd, Leiter Vorauslegung<br />

bei der <strong>MTU</strong>. Und schon jetzt ist absehbar,<br />

dass die kommenden GTF-Generationen<br />

Bisher war eine der schärfsten Waffen im<br />

Kampf gegen den Triebwerkslärm ein möglichst<br />

großes Nebenstromverhältnis. In Nebenstrom-Triebwerken,<br />

sogenannten Turbofans,<br />

wird der Luftstrom aufgeteilt: Der innere<br />

Teil wird verdichtet, strömt durch die Brennkammer,<br />

wo das Luft-Kerosin-Gemisch gezündet<br />

wird und die freiwerdende Energie die<br />

Turbine antreibt. Da auf einer gemeinsamen<br />

Welle gelagert, bringt die Turbine wiederum<br />

das riesige Gebläse, den sogenannten Fan<br />

Zukünftig werden die Lärmminderungserfolge<br />

mit diesen konventionellen Triebwerken<br />

jedoch stagnieren. Zum einen, weil für ein<br />

größeres Nebenstromverhältnis ein größeres<br />

Turbofantriebwerk benötigt würde, dessen<br />

Gewicht ab einem gewissen Punkt zu einem<br />

unwirtschaftlichen Betrieb führt. Zum andeam<br />

Triebwerkseinlass, zum Rotieren. Er beschleunigt<br />

den äußeren Teil des Luftstroms,<br />

wodurch der Löwenanteil der Antriebsleistung<br />

entsteht. Seit Einführung des Turbofans<br />

vor rund 50 Jahren und dessen Weiterentwicklung<br />

bis zur heutigen Triebwerksgeneration<br />

vergrößerte sich das Nebenstromverhältnis<br />

auf Werte um 10:1, mit anderen<br />

Worten: Die äußere Luftmasse nahm im Verhältnis<br />

zur inneren deutlich zu. Dadurch wurden<br />

zwei Fliegen mit einer Klappe geschla-<br />

gen: Der Treibstoffverbrauch sank, und auch<br />

der Fluglärm verringerte sich beispielsweise<br />

in der Startphase um satte 75 Prozent.<br />

Die Lärmkontur eines Flugzeugs mit Turbofan-Triebwerken.<br />

Die Lärmkontur eines Flugzeugs mit GTF-Triebwerken reduziert sich um ca. 70 Prozent.<br />

10 11


Titelthema<br />

Erfolgsstory Getriebefan<br />

Dr. Rainer Martens, Vorstand Technik<br />

Dr. Rainer Martens ist seit 2006 Technologie-Vorstand der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong><br />

<strong>Engines</strong>. Der Getriebefan ist maßgeblich unter seiner Ägide entstanden<br />

und hat sich mittlerweile auf dem Markt durchgesetzt: Mehr als<br />

2.500 Getriebefan-Triebwerke sind inzwischen bestellt.<br />

Herr Dr. Martens, wie ist der <strong>MTU</strong> dieser Erfolg gelungen?<br />

Ein solcher Erfolg kommt nicht von ungefähr, sondern basiert auf<br />

jahrzehntelanger Grundlagenarbeit. Wir haben bereits in den 1990er-<br />

Jahren erste Voruntersuchungen für ein Getriebefan-Triebwerk<br />

durchgeführt, aber dann aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr<br />

weiterverfolgt. Jetzt sind die Marktbedingungen anders: Steigende<br />

Kerosinpreise und härtere Umweltauflagen haben die Nachfrage nach<br />

verbrauchsärmeren und leiseren Triebwerken entscheidend erhöht.<br />

Es wurde schnell klar, dass die von den Kunden geforderten Spezifikationsverbesserungen<br />

allein mit Optimierungen bestehender Technologien<br />

kaum zu realisieren sind. Man musste einen anderen Weg<br />

gehen, den die <strong>MTU</strong> zusammen mit Pratt & Whitney eingeschlagen<br />

hat. Herausgekommen ist der Getriebefan.<br />

Für welchen Schubbereich ist der GTF gedacht?<br />

Die neue Triebwerksfamilie deckt einen Schubbereich zwischen<br />

10.000 und 33.000 Pfund ab. Wir realisieren dies durch Größenskalierung<br />

der einzelnen Komponenten, um sie den unterschiedlichen<br />

Schubbereichen anzupassen; die neue Triebwerksarchitektur und die<br />

Baugruppen der Turbomaschine bleiben identisch.<br />

Wie sehen Sie die Zukunft des GTF?<br />

Längerfristig können die im GTF genutzten Technologien – wie Getriebe,<br />

kleiner Core, Fan mit geringem Druckverhältnis und schnelllaufende<br />

Niederdruckturbine – die Basis für alle denkbaren Triebwerksarchitekturen<br />

sein – für Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge<br />

genauso wie für Langstreckenflieger.<br />

Wie kann der Getriebefan in Zukunft weiter optimiert werden?<br />

Der Getriebefan hat noch erhebliches Verbesserungspotenzial. Neben<br />

der Vergrößerung des Fandurchmessers arbeiten wir bereits an<br />

Optimierungen des Kerntriebwerks und steigern die Drücke und<br />

Temperaturen im Inneren des Triebwerks weiter. Ein Schwerpunkt ist<br />

die Einführung hochfester Werkstoffe, die noch leichter sind als diejenigen,<br />

die wir heute verwenden.<br />

Langfristig arbeiten wir an der Zwischenkühlung im Verdichter und<br />

einem Wärmetauscher im Austritt. Wir wissen von stationären Gasturbinen,<br />

dass dies Vorteile bringt. Um diese Vorteile auch in einer<br />

Fluganwendung zu nutzen, muss noch einiges optimiert werden.<br />

Zum Beispiel muss die Frage geklärt werden, wie man mit dem Gewicht<br />

der zusätzlichen Komponente Wärmetauscher umgeht.<br />

Das PW1500G treibt die CSeries von Bombardier an – und zwar<br />

exklusiv.<br />

Ende nächsten Jahres soll die CSeries mit Getriebefanpower in Dienst gestellt werden.<br />

noch leiser werden. Die Technologie erschließt<br />

nämlich Bereiche von Nebenstromverhältnissen<br />

jenseits von 10:1, wodurch der<br />

Strahllärm immer weiter abgesenkt werden<br />

kann. Schon heute ist der Antrieb der Zukunft<br />

ein voller Erfolg: Die <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

ist derzeit an vier GTF-Programmen von Pratt<br />

& Whitney beteiligt: Das PW1000G wurde als<br />

Exklusivantrieb für den Mitsubishi Regional<br />

Jet (MRJ) ausgewählt. Bombardier wird seine<br />

CSeries-Flugzeuge damit ausstatten; die<br />

CSeries soll 2013 in Dienst gestellt werden.<br />

Auch Airbus hat das Antriebskonzept für den<br />

A320neo ausgewählt sowie Irkut für den MS-<br />

21-Jet.<br />

Traub, Broszat und Rüd haben noch weitere<br />

Trümpfe in der Hand, um den Triebwerken den<br />

Lärm auszutreiben: Bei der sogenannten<br />

Cut-Off-Auslegung wählen die <strong>MTU</strong>-Ingenieure<br />

die Schaufelzahlverhältnisse zwischen<br />

Leit- und Laufschaufeln so, dass sie der Ausbreitung<br />

des Schalls in Strömungsrichtung<br />

möglichst entgegenwirken. „Dabei müssen<br />

wir immer auch die <strong>Aero</strong>dynamik, das<br />

Gewicht und die Kosten im Blick behalten“,<br />

beschreibt Traub die Herausforderungen der<br />

Detailarbeit. Da zum Beispiel die Rotorschaufeln<br />

sehr teuer sind, sei man hier nur<br />

bedingt flexibel in der Wahl der Anzahl, so<br />

der Ingenieur. Auch die 3D-Gestaltung der<br />

einzelnen Schaufeln beeinflusst das Schallabstrahlverhalten.<br />

Leichtes Kippen oder Neigen<br />

der Schaufeln in Umfangs- oder Axialrichtung<br />

kann es beispielsweise reduzieren.<br />

Klar ist aber auch, dass diese Flüsterkur<br />

keine Leistungseinbußen erzeugen darf.<br />

„Wie fast überall im Triebwerk gilt es, den<br />

jeweils besten Kompromiss aus den unterschiedlichen<br />

Anforderungen und Möglichkeiten<br />

zu finden“, so Broszat.<br />

Eine andere Lärmreduktionstechnik besteht<br />

darin, die Strömungskanäle der Triebwerke<br />

mit dünnen, gelochten Platten und dahinterliegenden<br />

Hohlräumen definierter Tiefe auszukleiden.<br />

Diese sogenannten Helmholtzoder<br />

Lambda-Viertel-Resonatoren filtern stö-<br />

rende Schallfrequenzen heraus. Zum Einsatz<br />

kommen sie standardmäßig im Einlauf des<br />

Triebwerks, dem Kaltgas-Bereich. Dort habe<br />

sich die Technologie bereits bewährt, so<br />

Broszat. „Im Heißgas-Bereich, also dort, wo<br />

das Abgas strömt, ist sie noch nicht so verbreitet,<br />

wäre aber in Zukunft eine weitere<br />

Option, um noch leiser werden zu können“,<br />

sagt der <strong>MTU</strong>-<strong>Aero</strong>akustiker. Er verfolge die<br />

Entwicklungen in allen Bereichen, die zur<br />

Lärmminderung des Triebwerks führen können,<br />

sehr genau. „Wenn wir davon etwas<br />

anwenden können, werden wir das in Zukunft<br />

auch tun“, so Broszat. Denn: „Flugzeuge<br />

mit leisen Triebwerken freuen nicht nur die<br />

Flughafenanrainer und die Umwelt, sie verkaufen<br />

sich einfach auch besser.“<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Dr. Dominik Broszat<br />

+49 89 1489-6097<br />

Interessante Multimedia-Services zu diesem<br />

Artikel unter:<br />

www.mtu.de/report<br />

12 13


Kunden + Partner<br />

Schritt für Schritt<br />

voran<br />

Bernd Bundschu<br />

Ende Mai hat Boeing eine 747-8F an Cargolux ausgeliefert. Es ist die vierte<br />

von 13 bestellten Maschinen und doch eine Premiere: Der luxemburgische<br />

Frachtflieger ist mit GEnx-2B67-Triebwerken ausgestattet, die die ersten Turbinenzwischengehäuse<br />

der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> enthalten. Das Turbine Center<br />

Frame (TCF) ist im Strahltriebwerk der Übergang von der Hoch- zur Niederdruckturbine<br />

und ein hochanspruchsvolles Bauteil. Beim neuen GEnx trägt die<br />

<strong>MTU</strong> für dieses Modul die Designverantwortung.<br />

Dr. Hans Penningsfeld, Technischer Programmleiter,<br />

erklärte: „Die Übergabe des Flugzeugs<br />

an Cargolux ist ein weiterer wichtiger Meilenstein<br />

für die <strong>MTU</strong> und ein großer Erfolg für unser ganzes<br />

GEnx-Team“. Und Wolfgang Hiereth, Leiter GE-<br />

Programme bei der <strong>MTU</strong> in München, ergänzt: „Wir<br />

sind alleiniger Lieferant von Turbinenzwischengehäusen<br />

für die GEnx-Triebwerke – sowohl für die Boeing<br />

787 als auch die B747-8.“<br />

Beim GEnx-Programm kommen die Münchner im Rekordtempo<br />

voran: Erst Anfang 2009 hatte Deutschlands<br />

führender Triebwerkshersteller begonnen, das<br />

ursprünglich von GE entwickelte TCF zu überarbeiten.<br />

Nach der Übergabe des ersten Serienmoduls am 24.<br />

August 2011 an GE übernahm die <strong>MTU</strong> die komplette<br />

Designverantwortung für das Modul. Im Mai 2012 –<br />

also nur neun Monate später – erfolgte die Übergabe<br />

des Cargolux-Frachters und im September lieferte die<br />

<strong>MTU</strong> das 100. TCF an GE aus.<br />

Das TCF muss mehrere Herausforderungen bewältigen.<br />

„Zunächst muss es die extrem heißen Gase aus<br />

der Hochdruckturbine mit möglichst geringen aerodynamischen<br />

Verlusten an Strukturbauteilen mit den<br />

darin enthaltenen Ölleitungen vorbei in Richtung<br />

Niederdruckturbine leiten“, erklärt Dr. Penningsfeld.<br />

„Zugleich trägt es das hintere Rollenlager für die<br />

Hochdruckturbinenwelle und führt die Kühlluft zu den<br />

Rotoren von Hoch- und Niederdruckturbine. Hauptelemente<br />

sind das Gehäuse mit Stützstreben und<br />

einer Nabe (Hub-Strut-Case) sowie die Innenverkleidung<br />

der Heißgaskanäle (Flowpath Hardware). Für die<br />

Produktion dieser beiden Komponenten hat die <strong>MTU</strong><br />

zwei innovative Fertigungslinien aufgebaut.<br />

14 15


Kunden + Partner<br />

Königin der<br />

Luftfrachtflotte<br />

Die Boeing 747-8F (Freighter) ist die jüngste Frachtversion<br />

des legendären Jumbos von Boeing. Das<br />

Design des Großraumtransporters basiert auf dem<br />

seines Vorgängers, der 747-400F – der Rumpf ist<br />

allerdings um 5,60 Meter gestreckt. Die verbesserte<br />

Version erhielt außerdem eine moderne technische<br />

Ausstattung sowie neue Triebwerke. Exklusiver Antrieb<br />

für den vierstrahligen Frachtjumbo ist das<br />

GEnx-2B67 von General Electric mit einem Schub<br />

von 299,8 Kilonewton.<br />

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Dank der sparsamen und zugleich leistungsfähigeren<br />

Antriebe hat die 747-8F eine Reichweite von<br />

8.130 Kilometern und eine maximale Nutzlastkapazität<br />

von ca.140 Tonnen – 20 Tonnen mehr als bei<br />

der 747-400F. Mit einem zusätzlichen Ladevolumen<br />

von circa 120 Kubikmetern übertrifft die 747-8F ihre<br />

Vorgängerin um 16 Prozent. Sie bietet damit Platz<br />

für sieben zusätzliche Standardpaletten. Die Beladung<br />

der Maschine erfolgt über eine Bugöffnung<br />

und ein großes seitliches Frachttor.<br />

Der Rollout der ersten Maschine erfolgte am18. November<br />

2009 und der Erstflug fand am 8. Februar<br />

2010 in Everett im US-Bundesstaat Washington statt.<br />

Ihre Zulassung durch die FAA und die europäische<br />

Luftfahrtbehörde (EASA) erhielt die Maschine am<br />

19. August 2011.<br />

Pro Woche werden in München drei Turbinenzwischengehäuse gefertigt.<br />

Die neuen Fertigungs- und Montagekonzepte sorgen für<br />

höchste Effizienz, Prozessstabilität und Bauteilqualität sowie<br />

kurze Durchlaufzeiten. Josef Moosheimer, Leiter Auftragssteuerung<br />

GEnx: „Die bei Neuanläufen übliche Lernkurve<br />

haben wir schneller als erwartet durchlaufen.“ In diesem Jahr<br />

wird die <strong>MTU</strong> im Schnitt drei TCFs pro Woche fertigen. Das<br />

Maximum soll bei fast 300 Stück pro Jahr liegen, denn das<br />

GEnx verspricht ein echter Bestseller zu werden: Aktuell liegen<br />

rund 1.400 Bestellungen vor. Der Gesamtmarkt wird auf<br />

etwa 4.400 Triebwerke geschätzt.<br />

Die neuen GEnx-2B67-Triebwerke verhelfen der Boeing 747-8F,<br />

im Vergleich zur alten B747-400F, zu Verbesserungen im<br />

zweistelligen Prozentbereich beim Treibstoffverbrauch sowie<br />

erheblichen Reduzierungen bei Emissionen und Betriebskosten.<br />

„Gegenüber dem GE-Vorgängertriebwerk CF6 wurde das<br />

Gesamtdruckverhältnis von 35:1 auf 43:1 und das Bypass-<br />

Verhältnis von 5,1:1 auf 8,6:1 angehoben“, erläutert Dr.<br />

Penningsfeld. Auch die Optimierung des Turbine Center Frame<br />

hat zur Effizienzsteigerung beigetragen. „Die Flugkapitäne loben<br />

das Triebwerk in höchsten Tönen“, sagt Hiereth stolz.<br />

Montiert wird das GEnx-Turbinenzwischengehäuse bei der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> in München.<br />

Die Boeing 747-8F ist die jüngste Frachtversion von Boeing.<br />

Aktuell liegen für die Boeing 747-8F 70 Bestellungen<br />

vor, 16 Maschinen wurden ausgeliefert. Die erste<br />

747-8F ging am12. Oktober 2011 an die luxemburgische<br />

Frachtfluggesellschaft Cargolux.<br />

Am14. Juni 2012 wurde im GEnx-Programmzeitplan eine weitere<br />

Etappe erreicht: Die US-Luftfahrtbehörde FAA erteilte<br />

die Zulassung für das erste Performance Improvement<br />

Package (PIP) zur Leistungssteigerung. „Weitere Upgrades<br />

sind bereits in Vorbereitung – ihre Einführung ist der nächste<br />

wichtige Meilenstein“, erklärt Programmkoordinatorin Sabine<br />

Ludwig. Sie arbeitet schon heute daran, die Instandhaltung<br />

vorzubereiten. Das Ziel ist für Ludwig klar: „Wir wollen die<br />

hohe Performance der <strong>MTU</strong> im Programm nachhaltig absichern.“<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Wolfgang Hiereth<br />

+49 89 1489-3501<br />

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Kunden + Partner<br />

Frischer Wind<br />

aus<br />

„Down Under“<br />

Achim Figgen<br />

Virgin Australia ist innerhalb eines Jahrzehnts aus bescheidenen<br />

Anfängen zur zweitgrößten Fluggesellschaft Australiens aufgestiegen.<br />

Wurden anfangs in Low-Cost-Manier nur Inlandsrouten geflogen,<br />

ist Virgin Australia heute auch interkontinental unterwegs. Mit<br />

der jungen Fluglinie ist dem australischen Platzhirschen Qantas ein<br />

ernst zu nehmender Wettbewerber erwachsen. Die GE90-115B-<br />

Triebwerke der Langstreckflugzeuge Boeing 777-300ER werden von<br />

der <strong>MTU</strong> Maintenance in Hannover instandgesetzt.<br />

Die Erfolgsgeschichte begann Ende 1999, als die Virgin-<br />

Gruppe des britischen Milliardärs Sir Richard Branson ankündigte,<br />

in Australien eine Fluggesellschaft ins Leben zu<br />

rufen. Bis dahin waren dort derartige Versuche gescheitert.<br />

Entsprechend bescheiden waren die Anfänge von Virgin Blue: Mit<br />

gerade einmal zwei Boeing 737 und nur 200 Mitarbeitern wurde<br />

Ende August 2000 der Flugverkehr auf der Strecke zwischen dem<br />

Heimatflughafen Brisbane und der Metropole Sydney aufgenommen.<br />

In den folgenden Monaten legte die junge Fluggesellschaft<br />

ein rasantes Tempo vor: Flotte und Streckennetz wuchsen, so<br />

dass bereits im Juni 2001 der einmillionste Fluggast begrüßt werden<br />

konnte.<br />

Besonders rasch aufwärts ging es, nachdem im September 2001<br />

die traditionsreiche Ansett Australia die Segel strich. Virgin Blue<br />

nutzte die Lücke und die Wachstumsmöglichkeiten, die sich in<br />

Form freier Slots an den zuvor unter Kapazitätsmängeln leidenden<br />

australischen Flughäfen boten. 2004 wagte man den Schritt über<br />

die Grenzen: Die Tochtergesellschaft Pacific Blue mit Sitz in<br />

Neuseeland bot vor allem von Touristen genutzte Flüge zwischen<br />

Australien, Neuseeland und diversen Pazifik(insel)staaten an. Ein<br />

Jahr später folgte als Gemeinschaftsunternehmen mit der Regierung<br />

von Samoa die Gründung von Polynesian Blue.<br />

18 19


Kunden + Partner<br />

Nachdem Virgin Blue zunächst eine Low-Cost-Gesellschaft war – einheitliche<br />

Flotte, nur Punkt-zu-Punkt-Verbindungen – , wandte man sich<br />

recht bald von der reinen Lehre ab: Bereits 2002 hatte man Umsteigeverbindungen<br />

angeboten; 2005 wurde ein Vielfliegerprogramm aufgelegt;<br />

2006 wurde mit der Bestellung von Embraer Flugzeugen der<br />

Modelle170 und190 das Konzept einer Nur-Boeing-Flotte aufgegeben;<br />

selbst Lounges gehörten mittlerweile zum Service. Als 2007 Pläne<br />

zur Schaffung einer weiteren Fluggesellschaft für Langstreckenverbindungen<br />

angekündigt wurden, war klar, dass die Australier weitreichende<br />

Ambitionen hegten. Im Februar 2009 hob die erste Boeing<br />

777-300ER der V Australia, so der Name der neuen Airline, zum ersten<br />

Flug von Sydney nach Los Angeles ab.<br />

Mittlerweile gehören auch fünf A330-200 – für transkontinentale<br />

Flüge innerhalb Australiens – zur Flotte. Zudem setzt der Partner<br />

Skywest Airlines ATR 72 auf regionalen Routen ein und dank einer<br />

Reihe von Allianzen und Kooperationen mit bekannten Fluggesellschaften,<br />

wie Air New Zealand, Delta Air Lines, Etihad Airways oder<br />

Singapore Airlines, ist das Streckennetz in jüngster Zeit gewaltig<br />

gewachsen. Der Entschluss, das Heimatland im Namen zu tragen, war<br />

nur konsequent und so hören seit 2011 Virgin Blue, V Australia und<br />

Pacific Blue auf den neuen Namen Virgin Australia Airline; aus<br />

Polynesian Blue wurde Virgin Samoa.<br />

Rechtlich ist die Langstreckendivision, deren Flugzeuge zwischen<br />

Sydney und Abu Dhabi sowie Sydney, Brisbane sowie Melbourne und<br />

Los Angeles eingesetzt werden, unter der internen Bezeichnung<br />

„Virgin Australia International“ nach wie vor selbstständig, wie John<br />

Weber, Fleet Engineer der Fluggesellschaft, erläutert. Er ist mit gerade<br />

einmal sieben Ingenieuren für die Wartungs- und Überholungsarbeiten<br />

an der „Triple Seven“ verantwortlich. Da die Arbeiten nicht in<br />

Eigenregie durchgeführt werden können, traf es sich gut, dass die<br />

<strong>MTU</strong> Maintenance Hannover Ende 2010 die Lizenz zur Instandhaltung<br />

von GE90-110B1 und -115B erhalten hatte. Im Spätsommer 2011<br />

vergab Virgin Australia International – gemeinsam mit Air New Zealand<br />

– im Rahmen eines Zwölf-Jahres-Vertrages die Instandhaltung<br />

der 777-300ER-Antriebe an die deutschen Triebwerksspezialisten.<br />

Bereits im August 2011 traf das erste GE90-115B in Hannover ein; es<br />

ging im folgenden Februar wieder zurück.<br />

Fit für das Schwergewicht: Der Prüfstand der <strong>MTU</strong> Maintenance<br />

Hannover wird für GE90-Testläufe zugelassen.<br />

Bislang hat die <strong>MTU</strong> Maintenance vier der riesigen Triebwerke instandgehalten,<br />

zwei davon im Auftrag von Virgin Australia International.<br />

Erfahrungsgemäß dauern die ersten Arbeiten immer etwas länger;<br />

die Triebwerke wurden aber immer zum vorgesehenen Zeitpunkt fertig,<br />

wie John Weber bestätigt. Bereits beim vierten GE90, so Tobias<br />

Wensky von der <strong>MTU</strong> Maintenance Hannover, habe man die Erwartungen<br />

bezüglich der Durchlaufzeit übertroffen. Die äußerst steile<br />

Lernkurve führt Wensky darauf zurück, dass das GE90 konzeptionell<br />

den – bei der <strong>MTU</strong> Maintenance seit langem bekannten – Triebwerken<br />

CF6 und CFM56 ähnelt sowie auf das hoch motivierte und erfahrene<br />

Personal in Hannover. Wim van Beers, Verkaufsdirektor für die Region<br />

Asien/Pazifik in Hannover, sieht einen weiteren Vorteil seines Unternehmens:<br />

Als herstellerunabhängiger Anbieter könne man eine sehr<br />

viel individuellere Kundenbetreuung anbieten, von der Rundum-Versorgung<br />

bis zu nach den spezifischen Anforderungen einer Airline gestrickten<br />

Instandhaltungsprogrammen. Zudem gestatte es die <strong>MTU</strong>-Erfahrung<br />

im Triebwerksbau, eigene Reparaturverfahren zu entwickeln.<br />

Air New Zealand lässt ihre GE90-115B-Triebwerke von der <strong>MTU</strong> Maintenance<br />

betreuen.<br />

Die Termine für planmäßige Triebwerksinstandhaltungen werden in<br />

der Regel etliche Monate im Voraus festgelegt, doch bei außerplanmäßigen<br />

Shop-Aufenthalten ist Flexibilität gefragt. Oliver Skop, bei<br />

der <strong>MTU</strong> Maintenance unter anderem für die Betreuung der Kunden<br />

Virgin Australia International und Air New Zealand verantwortlich,<br />

lobt die Kooperation mit der australischen Fluggesellschaft: „Virgin<br />

informiert uns immer zeitnah.“ Zudem führe die <strong>MTU</strong> bei den betreuten<br />

Triebwerken ein sogenanntes „Trend Monitoring“ durch, bei dem<br />

Leistungsdaten und diverse Triebwerkparameter regelmäßig ausgewertet<br />

werden. „Daher wissen wir relativ früh, wenn ein Problem auftritt“,<br />

so Skop.<br />

Holger Sindemann, Geschäftsführer der <strong>MTU</strong> Maintenance Hannover,<br />

freut sich, Virgin Australia International als Kunden gewonnen zu<br />

haben: „Diese Gesellschaft ist eine der wichtigsten Fluglinien in der<br />

Region. Ich bin stolz darauf, dass wir Virgin Australia International mit<br />

unseren Instandhaltungsfähigkeiten und unserem hohen Qualitätsniveau<br />

überzeugen konnten.“ Das GE90 ist für seinen Standort ein<br />

wichtiger Wachstumsträger, für den man Einiges tut: Nach erfolgter<br />

Instandhaltung der Triebwerke gehen sie derzeit noch zu Emirates<br />

nach Dubai, um dort abschließend getestet zu werden. Diese Übergangslösung<br />

ist auch nur mehr eine Frage der Zeit, denn der Prüfstand<br />

in Hannover durchläuft gerade den Abnahmeprozess für GE90-<br />

Prüfläufe.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Wim van Beers<br />

+49 511 7806-2390<br />

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:<br />

www.mtu.de/report<br />

20 21


Kunden + Partner<br />

Weltweit<br />

im Einsatz<br />

Patrick Hoeveler<br />

Fast 30 Jahre nach der Gründung des IAE-Konsortiums bleibt das<br />

mehrfach verbesserte V2500 ein wahrer Bestseller. Mittlerweile hat<br />

der Antrieb der A320-Familie von Airbus und der McDonnell Douglas<br />

MD-90 mehr als 100 Millionen Flugstunden bei Betreibern aus über<br />

70 Ländern absolviert und wird für viele Jahre eines der wichtigsten<br />

Triebwerksprogramme überhaupt bleiben.<br />

Damals in den 1980er-Jahren waren die Zweifel groß, denn<br />

fünf Firmen aus fünf Nationen wollten ein Triebwerk entwickeln<br />

und bauen. Konnte das gut gehen, zumal sich die<br />

Konkurrenz in Form des CFM56 bereits etabliert hatte? Ein Blick<br />

auf die aktuellen Zahlen nach fast drei Jahrzehnten genügt als<br />

Antwort: Derzeit wurden mehr als 5.000 Exemplare des V2500<br />

der IAE International <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> AG ausgeliefert; weitere 2.000<br />

Triebwerke sind bestellt. Dabei hatten die Partner – Pratt &<br />

Whitney, Rolls-Royce, <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong>, Japanese <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Corporation (JAEC; bestehend aus Ishikawajima-Harima, Kawasaki<br />

und Mitsubishi Heavy Industries) sowie FiatAvio (wechselte<br />

später in die Rolle als Zulieferer) – vor dem Erstlauf im Dezember<br />

1985 recht optimistisch ein Potenzial von gerade einmal 3.500<br />

Antrieben vorhergesagt.<br />

Knapp vier Jahre danach ging der Newcomer bei Adria Airways,<br />

Cyprus Airways und Indian Airlines in Dienst. Schon bald folgten<br />

weitere Kunden aus der ganzen Welt – von China über die USA bis<br />

hin nach Neuseeland. 1998 ging bereits das 1.000. V2500 an die<br />

Lufthansa. Mit zunehmenden Verkaufserfolgen häuften sich die<br />

Meilensteine: So konnte IAE das 2.000. Triebwerk schon im Jahr<br />

2002 ausliefern; das 5.000. folgte Anfang dieses Jahres. Heute<br />

wird das V2500 von etwa 190 Kunden aus über 70 Ländern geflogen,<br />

und ein Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht abzusehen: „IAE<br />

hat eine lange und strahlende Zukunft vor sich“, erklärte David<br />

Hess, Pratt & Whitney-Präsident und neuer Vorsitzender des Konsortiums,<br />

auf der diesjährigen Farnborough Airshow.<br />

22 23


Kunden + Partner<br />

SelectTwo – das<br />

neuste V2500<br />

190 Kunden aus über 70 Ländern fliegen das V2500.<br />

Auch bei der <strong>MTU</strong>, die für die Niederdruckturbine des Antriebs<br />

verantwortlich ist, stellt das V2500 weiterhin das wichtigste<br />

Triebwerksprogramm dar. „In den nächsten zwei Jahren befinden<br />

sich die Produktionszahlen auf höchstem Niveau“,<br />

bestätigt Leo Müllenholz, Programmleiter für IAE-Programme<br />

bei der <strong>MTU</strong> in München. Der Antrieb ist bei den Kunden<br />

nach wie vor sehr beliebt: „Wir bekommen sehr gute Rückmeldungen<br />

der Betreiber bezüglich der sehr hohen Zuverlässigkeit<br />

und des Treibstoffverbrauchs, der geringer als beim<br />

Konkurrenzprodukt ausfällt.“ Aufgrund dieser Vorzüge entscheiden<br />

sich Airlines und Leasinggesellschaften weiterhin<br />

für das V2500, das mit einer Produktionsrate von fast zwei<br />

Triebwerken pro Arbeitstag den höchsten Wert seit Bestehen<br />

des Programms überhaupt erreicht.<br />

Bei der <strong>MTU</strong> steigt die Fertigung von 470 Turbinenmodulen in<br />

diesem Jahr auf rund 530 Exemplare ab 2013. Deutlich zunehmen<br />

wird auch der Umsatz des deutschen Unternehmens:<br />

„Der Ausstieg von Rolls-Royce aus dem IAE-Konsortium<br />

hat uns die Möglichkeit eröffnet, unseren Programmanteil<br />

von elf auf 16 Prozent zu erhöhen.“ In diesem Rahmen<br />

übernimmt die <strong>MTU</strong> die Verantwortung für mehr als 500 Teile<br />

im Bereich der Anbaugeräte. In den kommenden 25 Jahren<br />

rechnet die Firma mit einem zusätzlichen Umsatz von drei bis<br />

vier Milliarden Euro. „Außerdem besitzt das V2500 eine sehr<br />

große Bedeutung für das Nachfolgeprogramm, den Getriebefan<br />

PW1100G-JM, an dem die <strong>MTU</strong> ebenfalls beteiligt ist“,<br />

meint Müllenholz. „Sehr viele Kunden wollen sowohl das<br />

V2500 als auch den Getriebefan beschaffen.“ Seiner Ein-<br />

schätzung nach wird das IAE-Produkt für die A320-Familie<br />

von Airbus noch bis zum Ende der Dekade gefertigt. Dann<br />

dürften mehr als 7.000 Triebwerke weltweit ausgeliefert sein.<br />

Darüber hinaus wird das V2500-E5 im militärischen Bereich<br />

für den Transporter Embraer KC-390 noch viele weitere Jahre<br />

in Produktion bleiben.<br />

Aber auch bei der Instandhaltung ist das V2500 ein unverzichtbares<br />

Standbein: „Es ist an fast allen Standorten der<br />

<strong>MTU</strong> Maintenance vertreten und macht rund 60 Prozent des<br />

Umsatzes aus“, erklärt Andrea Lübke, Director Engine Programs<br />

bei der <strong>MTU</strong> Maintenance. „Das Programm wird in den<br />

nächsten zehn Jahren unser Hauptwachstumsträger sein.“<br />

Pro Jahr durchlaufen rund 250 Exemplare die Instandsetzung.<br />

„Dank unserer sehr großen Erfahrung können wir gezielt auf<br />

unsere Kunden eingehen und den optimalen Arbeitsumfang<br />

für die Notwendigkeiten jedes Triebwerks definieren.“ Im Juli<br />

dieses Jahres konnten die Spezialisten aus Hannover bereits<br />

das 3.000. V2500 instandsetzen. Der Bestseller wird also<br />

noch sehr lange in der ganzen Welt vertreten sein. Kein<br />

Wunder, dass die IAE-Partner ihre Zusammenarbeit bis zum<br />

Jahr 2045 verlängert haben.<br />

Schlag auf Schlag geht es auch bei den<br />

Verbesserungen des Bestsellers: Mit der<br />

SelectOne TM -Version, die im Jahr 2008 in<br />

Dienst ging, wurde der Treibstoffverbrauch<br />

im Vergleich zum ursprünglichen V2500 um<br />

etwa ein Prozent reduziert. Nur knapp drei<br />

Jahre später konnten die Partner bereits das<br />

1.000. Exemplar dieser neuen Variante ausliefern.<br />

Gearbeitet wurde bereits an der<br />

nächsten Stufe: SelectTwo TM beinhaltet eine<br />

modifizierte Software der elektronischen<br />

Triebwerksregelung, um die Drehzahlen beim<br />

Taxi (Rollen) und während des Landeanflugs<br />

zu senken. Auf diese Weise lässt sich der<br />

Verbrauch um weitere etwa 0,5 Prozent senken.<br />

Diese Ersparnis mag moderat klingen,<br />

aber beim Einsatz in einer A320-Flotte bei<br />

2.300 Flügen pro Jahr kann eine Fluglinie<br />

über zehn Jahre 4,3 Millionen Dollar einsparen.<br />

Die neueste V2500 SelectTwo-Version soll<br />

nächstes Jahr in Dienst gehen. Daher laufen<br />

die Zulassungstests auf Hochtouren. So fanden<br />

bei der <strong>MTU</strong> in München unter anderem<br />

Versuche mit eingesaugtem Wasser statt.<br />

Hier wiesen die Ingenieure das einwandfreie<br />

Betriebsverhalten des Antriebs bei starkem<br />

Regen nach, indem sie auf dem Prüfstand<br />

Wasser in den Verdichter einspritzten. Gleichzeitig<br />

laufen bei den IAE-Mitgliedern die<br />

Planungen für weitere Verbesserungen, die<br />

sich bei der bestehenden Flotte nachrüsten<br />

lassen und so die Betriebskosten weiter senken.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Leo Müllenholz<br />

+49 89 1489-3173<br />

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:<br />

www.mtu.de/report<br />

Ein unschlagbares Team seit Jahrzehnten: A320 und V2500.<br />

Die Instandsetzung ihrer V2500-Triebwerke überlässt die brasilianische Fluglinie TAM der <strong>MTU</strong> Maintenance.<br />

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Kunden + Partner<br />

Indien –<br />

Boom trotz Barrieren<br />

Andreas Spaeth<br />

Der indische Luftverkehrsmarkt verfügt über eines der größten Wachstumspotenziale der Welt: Fliegen<br />

bisher im Inland pro Jahr nur etwa rund 60 Millionen Passagiere – sechs Prozent der Bevölkerung –<br />

könnten es langfristig 800 Millionen Inder werden, die mit dem Flugzeug reisen. Doch Bürokratie und<br />

Ineffizienz hemmen die Entwicklung des Subkontinents. Im Luftfahrtbereich ist der Low-Cost-Carrier<br />

IndiGo als einzige indische Fluggesellschaft profitabel – und jetzt auch ein wichtiger Kunde der <strong>MTU</strong>.<br />

Der indische Subkontinent ist ein boomender Markt von einer<br />

Milliarde Menschen. Der stetig wachsende Mittelstand verfügt<br />

über eine Kaufkraft, die Unternehmen in aller Welt zu einem<br />

Run auf das Land veranlasst. Nur die Passagierluftfahrt kann mit der<br />

Entwicklung bisher nicht Schritt halten. Im Februar 2012 verzeichnete<br />

Indien den zweitgrößten Zuwachs im Inlandsverkehr weltweit mit über<br />

zwölf Prozent, in Brasilien war die Steigerung noch größer. Damit konnten<br />

die sechs großen indischen Inlandsgesellschaften über 75 Prozent<br />

ihrer Plätze füllen. Das Potenzial für die Zukunft ist riesig: Während in<br />

den USA jeder Bürger jährlich im Schnitt 1,8 mal fliegt, liegt der Wert<br />

für Indien bisher nur bei 0,1 Flügen pro Jahr und Kopf; statistisch gesehen<br />

fliegt jeder Inder also nur einmal in zehn Jahren. „Wenn Inder<br />

nur ein Drittel so viel fliegen würden wie Amerikaner, dann würden<br />

700 bis 800 Millionen Menschen pro Jahr ins Flugzeug steigen, ein<br />

mit den USA vergleichbares Aufkommen“, sagt IATA-Generalsekretär<br />

Tony Tyler.<br />

26 27


Kunden + Partner<br />

Indischer Überflieger<br />

Im August 2006 ist die private indische Low-Cost-Airline<br />

IndiGo zum ersten Mal mit einem Airbus A320 abgehoben.<br />

Seitdem hat sich die mit US-Unterstützung gestartete Gesellschaft<br />

zum am schnellsten wachsenden Niedrigpreisanbieter<br />

der Welt gemausert sowie zum einzig profitablen Anbieter<br />

Indiens.<br />

Elf Millionen Menschen leben allein in der Metropole Delhi.<br />

Doch die Gegenwart ist wenig glanzvoll: Die indischen Carrier erlitten<br />

im Finanzjahr 2011/12 gemeinsam einen Verlust von rund 2,5 Milliarden<br />

US-Dollar und schleppen Schulden in Höhe von insgesamt 20<br />

Milliarden US-Dollar mit sich herum. Besonders prekär ist die Lage<br />

bei der staatlichen Air India, die allein mit 3,6 Milliarden US-Dollar in<br />

der Kreide steht. Erst jüngst sicherte die Regierung bis zum Jahr 2020<br />

weitere 5,8 Milliarden US-Dollar Staatshilfe zu, ohne die Air India<br />

längst bankrott wäre. Damit kann die Staatsgesellschaft niedrige Flugpreise<br />

anbieten, denen alle anderen folgen und bei denen niemand<br />

Gewinn macht. „Der derzeitige Ticketpreis in Indien liegt bei durchschnittlich<br />

95 US-Dollar. Um die Gewinnschwelle zu erreichen, wären<br />

aber 106 US-Dollar nötig“, konstatiert Dinesh Keskar, Präsident von<br />

Boeing India. Am Abgrund steht auch die private Kingfisher Airlines,<br />

die in gut sechs Jahren ihres Bestehens nie einen Cent Profit erzielen<br />

konnte und zuletzt ihr Streckennetz stark zusammenstreichen musste.<br />

Viele Probleme könnte nur die indische Regierung beheben: Etwa die<br />

extrem hohen Steuerbelastungen für die Branche reduzieren – derzeit<br />

über acht Prozent auf Kerosin und nochmals bis zu 30 Prozent, die die<br />

Bundesstaaten auf Inlandsflüge aufschlagen. Oder eine direkte Beteiligung<br />

ausländischer Fluggesellschaften an heimischen Airlines zulassen,<br />

was bisher verboten ist. Ein erhebliches Hemmnis ist auch der<br />

Mangel an Infrastruktur: Fast alle großen Flughäfen sind überlastet;<br />

Flugzeugabstellplätze sind Mangelware. Außer in Delhi hat bisher kein<br />

Ausbau der großen Drehkreuze stattgefunden. Das Fehlen von Flughäfen<br />

in Millionenstädten der Provinz behindert die Ausweitung des<br />

Inlandsverkehrs und enthält vielen Indern den Zugang zum Luftverkehr<br />

vor. Die Liberalisierung der Branche im Jahr 2005 hat zwar zu einem<br />

kurzzeitigen Boom, zur Gründung neuer Gesellschaften sowie<br />

massiven Flugzeugbestellungen geführt, doch jetzt zeigt sich, dass<br />

das Geschäftsmodell der meisten Airlines in diesem Umfeld nicht<br />

funktioniert. Einzige Ausnahme: der Niedrigpreis-Anbieter IndiGo.<br />

Derzeit befördert sie mit 60 Airbus A320, ausgerüstet mit<br />

V2500-Triebwerken, für die die <strong>MTU</strong> die Niederdruckturbinen<br />

liefert, über zwölf Millionen Passagiere im Jahr. Weitere<br />

65 A320-Flugzeuge werden bis 2015 in die Flotte integriert.<br />

30 davon waren 2011 Teil einer der größten Bestellungen der<br />

Luftfahrtgeschichte, als IndiGo auch 150 A320neo-Maschinen<br />

orderte. Auf der Luftfahrtschau in Farnborough im Juli<br />

2012 erteilte IndiGo für diese A320neo den Festauftrag über<br />

300 PurePower ® PW1100G-JM-Triebwerke. Zu diesen Getriebefan-Antrieben<br />

steuert die <strong>MTU</strong> die schnelllaufende Niederdruckturbine<br />

sowie die Hälfte des Hochdruckverdichters<br />

bei. Auch für die Triebwerkshersteller ist das einer der größten<br />

Aufträge aller Zeiten.<br />

„Damit setzt IndiGo von Anfang an auf einen Wettbewerbsvorteil“,<br />

resümiert Klaus Müller, Leiter Unternehmensentwicklung<br />

bei der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong>. Und Dr. Anton Binder,<br />

Leiter Zivile Programme, weiß: „Dabei spielten vor allem wirtschaftliche<br />

Überlegungen eine Rolle, etwa die 15-prozentige<br />

Treibstoffersparnis gegenüber dem V2500.“ Das bestätigt<br />

Aditya Ghosh, Präsident von IndiGo: „Dank der geringeren<br />

Triebwerks-Betriebskosten sind wir zuversichtlich, dass wir<br />

150 A320neo mit Getriebefan-Antrieben hat IndiGo geordert.<br />

unsere wettbewerbsfähigen Niedrigpreise halten können, während<br />

wir unseren Kunden die umweltfreundlichste Art zu<br />

Fliegen anbieten.“ IndiGo, die derzeit 32 Inlandsziele und<br />

sechs internationale Destinationen anfliegt, ist im Begriff<br />

Marktführer in Indien zu werden. Im Juni 2012 lag sie nach<br />

stetigen Zuwächsen mit 26 Prozent nur noch knapp hinter<br />

Jet Airways (27,4 Prozent).<br />

„IndiGo ist sehr gut aufgestellt“, urteilt Müller. Vor allem die<br />

einheitliche Flotte und das strikte Festhalten am Low-Cost-<br />

Modell gelten als Gründe für den Erfolg. Oder, wie es Aditya<br />

Ghosh formuliert: „Unser Ziel ist es zu beweisen, dass niedrige<br />

Kosten nicht geringe Qualität bedeuten.“<br />

„Wegen der Probleme bei Infrastruktur und Bürokratie entwickelt sich<br />

Indien nicht so schnell wie China“, sagt Klaus Müller, Leiter Unternehmensentwicklung<br />

bei der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> in München. „Anders<br />

als in China, wo wir seit über zehn Jahren in Zhuhai vertreten sind,<br />

sind Investitionen der <strong>MTU</strong> in Indien für die nächsten fünf Jahre nicht<br />

absehbar. Die <strong>MTU</strong> hat insgesamt aber eine sehr positive Sicht auf<br />

Indien“, versichert Klaus Müller und meint damit vor allem gut ausgebildete<br />

indische Arbeitskräfte.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Dr. Anton Binder<br />

+49 89 1489-2884<br />

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:<br />

www.mtu.de/report<br />

Die indische Luftfahrtbranche verfügt über ein riesiges Potenzial.<br />

IndiGo fliegt auch die klassische A320.<br />

28<br />

29


Technik + Wissenschaft<br />

Schaufeln im<br />

Röntgenblick<br />

Denis Dilba<br />

Turbinenschaufeln der neuesten Generation haben ein kompliziertes<br />

Innenleben mit unzähligen filigranen Kühlkanälen und<br />

Kühlluftbohrungen. Herkömmliche Prüftechnologie stößt hier<br />

schnell an ihre Grenzen. Um Abweichungen in den Hightech-<br />

Gussbauteilen verlässlich aufzuspüren, hat die <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong><br />

<strong>Engines</strong> ein vollautomatisches Computertomografie-Verfahren<br />

entwickelt, das nicht nur den Ablauf der Qualitätssicherung<br />

entscheidend verbessert, sondern auch besonders wirtschaftlich<br />

arbeitet.<br />

Am Anfang der von Stefan Neuhäusler angestoßenen<br />

Reform in der <strong>MTU</strong>-Fertigungstechnik stand<br />

ein schwer zu durchschauendes Triebwerksbauteil.<br />

Das Bauteil wies Unregelmäßigkeiten auf, die mit<br />

der damaligen Prüftechnik nur sehr schwer ausgemacht<br />

und lokalisiert werden konnten, erinnert sich der Technologe<br />

und Experte für digitale Radioskopie und Röntgenprüftechnik<br />

bei der <strong>MTU</strong> in München. Die <strong>MTU</strong>-<br />

Ingenieure bekamen die Auffälligkeit mit der herkömmlichen,<br />

zeit- und kostenintensiven Methode in den Griff:<br />

Bauteil aufschneiden, ins Innenleben schauen und<br />

daraufhin den Fertigungsprozess optimieren. „Das muss<br />

schneller und einfacher gehen“, überlegte Neuhäusler<br />

und ließ testen, ob sich die entsprechende Stelle in<br />

einem Computertomografen (CT) zu erkennen gab. Er<br />

hatte den richtigen Riecher: „Wir konnten die Abweichung<br />

mit Hilfe des dreidimensionalen CT-Bildes exakt<br />

lokalisieren.“ Das war vor rund sieben Jahren.<br />

30 31


Technik + Wissenschaft<br />

Vom Start des Technologieprojektes zur Detektion<br />

von Auffälligkeiten und zur Reduzierung<br />

der Prüfzeiten bei Turbinenschaufeln bis<br />

zum stabilen Serieneinsatz bei der <strong>MTU</strong> sollten<br />

noch fünf Jahre vergehen. „Wir wussten<br />

zwar sofort, dass die Methode Potenzial für<br />

die Prüfung in der Fertigungstechnik hat“, erläutert<br />

Neuhäusler. Da aber das Ursprungsproblem<br />

gelöst war und alle anderen Abweichungen<br />

noch mit herkömmlicher Prüftechnik<br />

aufgespürt werden konnten, rechnete sich der<br />

CT-Darstellung des rekonstruierten Airfoil-Segments<br />

einer GP7000-Niederdruckturbinenschaufel.<br />

Einsatz der zwar sehr genauen, aber vergleichsweise<br />

teuren Technologie zunächst<br />

nicht. Erst die komplexen Hochdruckturbinen-(HDT)-Schaufeln<br />

des A380-Triebwerks<br />

GP7000 brachten das CT-Verfahren auf den<br />

Weg in die Serienanwendung. „Die Details,<br />

die wir hier beurteilen mussten, konnten wir<br />

mit der Standardtechnologie nicht mehr<br />

erkennen“, so der <strong>MTU</strong>-Experte. Der Grund:<br />

Die Informationsdichte der zu untersuchenden<br />

Turbinenschaufeln war zu groß, um die<br />

nötigen Details auf einer zweidimensionalen<br />

Röntgenaufnahme erkennen und bewerten zu<br />

können.<br />

Im Gegensatz zu anderen HDT-Schaufeln<br />

haben die des GP7000 eine gewundenere<br />

Außenkontur für optimale aerodynamische<br />

Eigenschaften und ein reicheres Innenleben<br />

mit viel mehr Kühlkanälen und Kühlluftbohrungen,<br />

die per Laserstrahl in die Schaufel<br />

gebohrt werden. Neuhäusler: „Dabei kann es<br />

beispielsweise vorkommen, dass zu tief ins<br />

dahinter liegende Material gebohrt wird. Das<br />

darf passieren, aber nur bis zu einer bestimmten<br />

Tiefe in Kombination mit einer bestimmten<br />

Restwandstärke.“ Andernfalls wirkt<br />

solch ein „Overshot“, wie Fachleute das<br />

Phänomen nennen, wie eine Kerbe und kann<br />

die Lebensdauer der Schaufeln verkürzen.<br />

CT-Schnittbild einer GP7000-Niederdruckturbinenschaufel. Prüfmerkmale: Untersuchung auf Gusskernreste,<br />

Wanddickenmessung, Poren.<br />

Um die Overshots sichtbar zu machen und<br />

analysieren zu können, erzeugt der CT-Scanner<br />

hunderte zweidimensionale Schaufel-<br />

Schnittbilder. Die digitalisierten Schnitte wandern<br />

in ein Rechner-Cluster, das daraus – wie<br />

in einem Krankenhaus – ein 3D-Bild berechnet.<br />

Im Unterschied zu einer medizinischen<br />

CT-Anlage drehen sich bei der industriellen<br />

Prüftechnik nicht Strahlenquelle und Detektor<br />

um den Patienten, sondern der Patient –<br />

hier die HDT-Schaufel – im Strahlengang zwischen<br />

Röntgenröhre und Detektor. Im Gegensatz<br />

zu einem menschlichen Körper, der im<br />

Wesentlichen aus Wasser besteht, benötigt<br />

man für das Durchstrahlen von Nickelbasislegierungen<br />

härtere Röntgenstrahlen. „Sind<br />

im medizinischen Bereich weiche Röntgenstrahlen<br />

über eine Dauer von wenigen Millisekunden<br />

üblich, setzen wir in unserer CT-<br />

Anlage gehärtete Röntgenstrahlen und etwa<br />

600 Millisekunden Belichtungszeit pro Bild<br />

ein“, erklärt Christof Piede-Weber. Er hat die<br />

CT-Anlage vom funktionierenden Prototypen<br />

zur Serienreife gebracht. Sie wurde zusammen<br />

mit einem der Weltmarktführer in der<br />

industriellen Röntgentechnik gebaut und ist<br />

standardmäßig komplett mit Blei ummantelt.<br />

Piede-Weber: „Da kommt bis auf die Schaufeln<br />

nichts rein und nichts raus.“<br />

Mit der CT-Anlage erreicht man hohe Auflösungen,<br />

die ein sicheres Prüfen der geforderten<br />

Prüfmerkmale ermöglichen. „Das<br />

Besondere und eigentliche Know-how an der<br />

Anlage ist ihre Schnelligkeit durch den sehr<br />

hohen Grad an Automatisierung. Das ist es<br />

auch, was sie letztendlich so wirtschaftlich<br />

macht“, so der Experte. Die Praxis sieht so<br />

aus: Die HDT-Schaufeln werden über ein<br />

Transportsystem der Prüfanlage zugeführt;<br />

ein Roboter führt dann die Schaufel in den<br />

strahlengeschützten Röntgenprüfraum ein.<br />

Der CT-Scanner macht nahezu 1.000 Bilder,<br />

rekonstruiert daraus die 3D-Geometrie und<br />

analysiert vollautomatisch das Bauteil auf<br />

Anomalien. Anschließend befördert das<br />

System die Schaufel je nach Ergebnis in das<br />

richtige Körbchen. „Wir kommen hier ganz<br />

ohne manuelle Tätigkeiten aus, was den Prozess<br />

extrem beschleunigt“, erklärt Dr. Bertram<br />

Kopperger, Leiter Technologieprogramme<br />

Fertigung und MRO bei der <strong>MTU</strong>. „In den<br />

letzten anderthalb Jahren konnten wir die<br />

Prüfzeit pro Schaufel halbieren.“<br />

Damit die Anlage Diskrepanzen in der Schaufel<br />

automatisch erkennen kann, mussten Neuhäusler<br />

und Piede-Weber zusammen mit Kollegen<br />

aus der Prüfstelle der Bilderkennungs-<br />

Überprüfung der Wicklungslagen nach Thermoschockversuchen.<br />

software beibringen, was eine Abweichung ist.<br />

Dazu wurde das System mit HDT-Schaufeln<br />

angelernt, die definierte Phänomene aufwiesen.<br />

Kopperger: „Die CT-Anlage ist konservativ<br />

eingestellt, um ein Höchstmaß an Sicherheit<br />

zu gewährleisten.“ Eine nur möglicherweise<br />

abweichende Schaufel wird immer als<br />

Ausschuss aussortiert. Solche Zweifelsfälle<br />

werden dann noch einmal individuell nachgeprüft.<br />

„Der zerstörungsfreie und damit Zeit<br />

und Kosten sparende CT-Prozess kommt<br />

neben dem GP7000-Programm auch für kommende<br />

Programme, wie dem MTR390 für<br />

den Eurocopter Tiger oder die kleineren<br />

Triebwerke für Regionaljets zum Einsatz“, er-<br />

gänzt Kopperger. Zusätzlich werden NDT-<br />

Schaufeln und Elektronikbauteile zur Absicherung<br />

der Serienprozesse mit CT geprüft.<br />

Mit der neuen Prüftechnik verfüge man über<br />

ein Alleinstellungsmerkmal und sei somit<br />

exzellent für die Zukunft aufgestellt.<br />

Weitere Anwendungsfelder für die CT-Prüftechnologie<br />

sieht Kopperger zukünftig bei<br />

generativ gefertigten Bauteilen.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Stefan Neuhäusler<br />

+49 89 1489-6620<br />

32 33


Technik + Wissenschaft<br />

Ausgewogene<br />

Toleranzen<br />

Daniel Hautmann<br />

Die Triebwerks- und Komponentenentwicklung wird immer komplexer<br />

und die dafür zur Verfügung stehende Zeit immer kürzer. Um innovative<br />

Produkte zu entwickeln, die allen Ansprüchen gerecht werden, arbeitet<br />

die <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> seit Jahren im Rahmen von Kompetenzzentren<br />

mit Professoren, Wissenschaftlern und Nachwuchsingenieuren zusammen.<br />

Ein Paradebeispiel dieser erfolgreichen Kooperation zwischen<br />

Industrie, Forschung und Hochschule ist das Technologieprojekt „Tolerant<br />

Airfoils“, das kurz vor dem Abschluss steht.<br />

Tolerant Airfoils wurde im Jahr 2009 aufgelegt und ist eines der<br />

ehrgeizigsten und zugleich vielversprechendsten Technologie-<br />

Projekte, an denen Deutschlands führender Triebwerkshersteller<br />

derzeit arbeitet. Ziel ist die Kosten- und Funktionsoptimierung<br />

von <strong>MTU</strong>-Hochdruckverdichtern der nächsten Generation. Im Speziellen<br />

wird analysiert, wie Blisks wirtschaftlicher gefertigt werden<br />

können. Blisks (Bladed Integrated Discs) sind Hochtechnologie-Bauteile,<br />

die integral aus einem Stück gefertigt werden und zunehmend<br />

in modernen Triebwerksverdichtern zum Einsatz kommen. Die Projektbetreuung<br />

liegt in Händen von Dr. Gerhard Kahl, der bei der <strong>MTU</strong> alle<br />

Technologie-Projekte für Verdichter koordiniert. Er arbeitet eng mit<br />

dem „Kompetenzzentrum Verdichter“, welches am Institut für Strahlantriebe<br />

(IST) und am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der Rheinisch-<br />

Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen etabliert<br />

ist, zusammen.<br />

„Blisks sind hochpräzise Integralbauteile, die meist aus einer Titanlegierung<br />

bestehen“, erklärt Kahl. Ihnen gehört die Zukunft, denn sie<br />

ermöglichen leichtere und sparsamere Triebwerke. Daher kommen sie<br />

in immer mehr Triebwerkstypen zum Einsatz, unter anderem werden<br />

sie auch im neuen Airbus A320neo fliegen. Die <strong>MTU</strong> ist Spezialist für<br />

die Auslegung und Fertigung dieser Bauteile und fährt die Produktion<br />

hoch: Werden derzeit noch rund 500 Blisks pro Jahr gefertigt, werden<br />

es schon bald mehrere Tausend sein. Um den Bedarf zu decken, entsteht<br />

in München eine neue Fertigungshalle, in der die Bliskfertigung<br />

konzentriert werden soll.<br />

34 35


Technik + Wissenschaft<br />

Jede Blisk hat bis zu 100 Schaufeln, die aus dem Vollen gefräst werden.<br />

Leicht vorstellbar, welchen Wert so ein Teil hat. „Die Fertigung<br />

darf sich keinerlei Ausschuss leisten“, sagt Prof. Peter Jeschke vom<br />

IST, der maßgeblich verantwortlich für „Tolerant Airfoils“ ist. „Ich muss<br />

zwei Dinge tun: robustere Schaufeln entwickeln und gleichzeitig die<br />

Fertigungsspezifikationen anpassen.“ Letztlich geht es um Fertigungstoleranzen.<br />

„Wir bewerten die <strong>Aero</strong>dynamik und die Strukturmechanik<br />

und weisen nach, wo die Toleranzen wichtig sind und wo sie aufgelockert<br />

werden können. Gemeinsam mit der <strong>MTU</strong> identifizieren wir die<br />

neuralgischen Stellen.“ Dr. Rainer Walther, Leiter der Technologie-<br />

Netzwerke bei der <strong>MTU</strong> in München, bringt die Aufgabenstellung auf<br />

den Punkt: „Es geht darum, Kosten und technische Anforderungen<br />

unter einen Hut zu bringen.“<br />

Die Frage nach mehr Toleranz ist eine zentrale, denn man weiß, dass<br />

es in allen Phasen – Entwicklung, Fertigung und Instandhaltung – zu<br />

vermeidbaren Kosten kommt, wenn Aufwand und Resultat nicht im<br />

optimalen Verhältnis zueinander stehen. Kahl nennt ein Beispiel: „Wenn<br />

ich viel Geld aufwenden muss, um eine spezielle Hinterkantenform<br />

einer Schaufel herzustellen, damit aber im Wirkungsgrad nur eine<br />

Verbesserung im Promillebereich erziele, habe ich insgesamt nichts<br />

gewonnen.“<br />

Das geht besser, befand der von allen Partnern besetzte Lenkungsausschuss<br />

zum „Kompetenzzentrum Verdichter“ und hob das Technologieprojekt<br />

„Tolerant Airfoils“ aus der Taufe, das im Rahmen des<br />

Luftfahrtforschungsprogramms gefördert wird.<br />

Den Projektverlauf schildert Frank von Czerniewicz, Projektleiter Technologien<br />

Verdichter bei der <strong>MTU</strong> in München: In der Definitionsphase<br />

werden die Leistungsdaten des Triebwerks festgelegt. Dazu gehören<br />

Schub, Gewicht, Treibstoffverbrauch, Temperaturen und die Druckverhältnisse.<br />

„Daraus ergibt sich ein Basis-Design, das dann auf die<br />

einzelnen Module heruntergebrochen wird.“ In der Konzeptphase erstellen<br />

die Designer ein sog. General Arrangement. „Darin erkennt<br />

man z.B. die Anzahl der Stufen in den jeweiligen Modulen und man<br />

Kompetenter<br />

kooperieren<br />

Die <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> unterhält bundesweit<br />

sechs Kompetenzzentren. Koordiniert werden<br />

die CoCs (Centers of Competence) von<br />

Dr. Rainer Walther, Leiter der Technologie-<br />

Netzwerke der <strong>MTU</strong>. Die CoCs sind an<br />

Universitäten und am Deutschen Zentrum<br />

für Luft- und Raumfahrt DLR angesiedelt<br />

und bringen die klügsten Köpfe aus Forschung,<br />

Wissenschaft und Industrie zusammen;<br />

gemeinsam wird geforscht und Technologie<br />

entwickelt. Davon profitieren beide<br />

Seiten: Die Hochschulpartner erhalten Einblicke<br />

in interessante und aktuelle Problemstellungen<br />

der Triebwerksentwicklung. Im<br />

Gegenzug liefern sie der <strong>MTU</strong> wissenschaftliche<br />

Kompetenz und mit ihren Rechenanlagen,<br />

Auslegungswerkzeugen, Messtechniken<br />

und Versuchsanlagen die Möglichkeit,<br />

Dinge zu testen und zu erforschen, für die<br />

im täglichen Geschäft eines Konzerns meistens<br />

die Zeit fehlt. Daraus ergeben sich für<br />

junge Nachwuchsingenieure, die in den<br />

Kompetenzzentren an den gemeinsamen<br />

Projekten mitarbeiten, sehr häufig gute<br />

Chancen für eine praxisorientierte und wissenschaftliche<br />

Weiterqualifizierung (Promotion).<br />

Inhaltlich beschäftigen sich die Kompetenzzentren<br />

jeweils mit einem Kernthema: Das<br />

CoC an der RWTH Aachen hat den<br />

Forschungsschwerpunkt „Verdichter“, das<br />

CoC der Universität Stuttgart beschäftigt<br />

sich mit „Turbinen“, das CoC der Universität<br />

der Bundeswehr in München mit dem<br />

Thema „More Electric Engine“, das CoC der<br />

Technischen Universität München mit<br />

„Bauweisen und Produktion“ und das CoC<br />

der Leibniz Universität Hannover und dem<br />

Laser Zentrum Hannover mit der „Instandhaltung“.<br />

Um Technologien zum Gesamtsystem<br />

geht es im CoC „Triebwerkstechnik<br />

2020+“, das die <strong>MTU</strong> zusammen mit dem<br />

Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />

(DLR) unterhält.<br />

Beruhigungsbehälter Messstrecke Abströmgehäuse<br />

Messstrecke des ebenen Gitterwindkanals des IST, teilweise instrumentiert mit Druckmessstellen.<br />

CAD-Ansicht eines ebenen Gitterwindkanals.<br />

36 37


Technik + Wissenschaft<br />

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen.<br />

sieht ziemlich genau, wie groß und schwer die Bauteile<br />

werden. Jetzt legen die Airfoil-Designer die Nominalgestalt<br />

der Schaufeln fest.“ In der Auslegungsphase wird<br />

entschieden, wie die Bauteile im Detail aussehen werden,<br />

und auch welche Toleranzen zulässig sind. Die Nominalgestalt<br />

aus der Konzeptphase ist der Idealfall, der in der<br />

Realität nicht umsetzbar ist. „Da kommen dann die Spezialisten<br />

aus der Fertigung und sagen, was technisch herstellbar<br />

ist.“<br />

Welcher Aufwand getrieben wurde, um die Idealform der<br />

Schaufeln zu finden, erklärt Jeschke: „Wir nehmen eine<br />

Schaufel, die sehr exakt nach dem CAD-Modell gefertigt<br />

wurde und vermessen diese im Kaskadenwindkanal. Im<br />

Anschluss fertigen wir Schaufeln mit definierten Abweichungen<br />

und vermessen diese, so dass die Auswirkungen<br />

dieser Abweichungen auf die <strong>Aero</strong>dynamik exakt bewertet<br />

werden können. Wir verstehen so, wo die Einhaltung der<br />

präzisen Sollgeometrie an der Schaufel besonders wichtig<br />

ist.“ Im Kaskadenwindkanal werden nicht komplette Blisks<br />

analysiert, sondern einzelne Schaufeln. Diese werden genau<br />

so angeströmt, als seien sie im großen Verbund in<br />

einem Triebwerk. Mit hochempfindlichen, pneumatischen<br />

Messgeräten analysieren die Wissenschaftler dann Drücke,<br />

Winkel und Geschwindigkeiten.<br />

Wesentlich zu dem Erfolg des Projekts beigetragen<br />

haben die Spezialisten des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie<br />

IPT in Aachen. Hier wurden die Windkanalschaufeln<br />

einschließlich der vorgegebenen Abweichungen<br />

von der Sollgeometrie hergestellt. „Die Fertigung<br />

muss daher mit größter Präzision erfolgen. Das IPT<br />

wiederum arbeitet eng verzahnt mit dem Werkzeugmaschinenlabor<br />

der RWTH. Dort ist Dr. Drazen Veselovac<br />

der verantwortliche Ansprechpartner für die <strong>MTU</strong>-<br />

Entwickler: „Wir beschäftigen uns mit allem rund um die<br />

Fertigung der Triebwerksschaufeln.“ Auch mit neuen Materialien,<br />

wie Titan und Nickellegierungen. „Die Fragestellung<br />

lautet, wie kann ich so einen Werkstoff in die<br />

Produktion einführen“, erklärt Veselovac. „Für die Hersteller<br />

geht es um Folgendes: Einerseits holen sie sich<br />

den Materialvorteil ins Triebwerk. Andererseits müssen<br />

sie diesen Werkstoff auch bearbeiten können. Das stellt<br />

neue Anforderungen an die Werkzeuge.“ Und weiter: „Wir<br />

untersuchen auch, welche Rückkopplung das Design auf<br />

die Fertigungstechnologie hat, welcher Mehraufwand entsteht,<br />

wenn ich die Vorderkante verbessere, und auch<br />

wie sich das auf den Wirkungsgrad des Triebwerks auswirkt.“<br />

Die Zusammenarbeit geht sogar soweit, dass die<br />

Spezialisten von der RWTH und vom IPT Programmiervorgaben<br />

für die fünfachsigen Bearbeitungszentren bei<br />

der <strong>MTU</strong> erarbeiten, sagt Veselovac.<br />

Wie kompliziert die Bliskfertigung ist, zeigt etwa das<br />

Fräsen des sogenannten Filletradius, der den Übergang<br />

von der Schaufel zur Rotorscheibe darstellt: Die Schaufeln<br />

sind filigran und die Abstände zwischen ihnen gering<br />

– das Fräswerkzeug muss präzise Arbeit leisten, damit<br />

sowohl Profilform als auch Oberflächengüte exakt stimmen.<br />

„Je komplexer dieser Übergang gestaltet ist, desto<br />

höher der Fertigungsaufwand“, sagt Veselovac. Also untersuchen<br />

die Wissenschaftler, welchen Einfluss die Form<br />

des Filletradius überhaupt hat und welche Form der<br />

beste Kompromiss ist – für Fertigung und Betrieb. Dabei<br />

konzentrieren sie sich nicht nur auf das aerodynamische<br />

Verhalten und die Strukturmechanik.<br />

Die RWTH - kompetenter Partner der Industrie.<br />

Schaufel für Gitterwindkanalversuche.<br />

Die Windkanalschaufeln sind zehnmal präziser gefertigt als Triebwerksschaufeln.<br />

Das Projekt „Tolerant Airfoils“ befindet sich bereits in der<br />

Schlussphase. Gelernt haben die Beteiligten, unter Abwägung<br />

vieler Möglichkeiten die „ideale Kompromisslösung“<br />

zu finden, die allen Kosten- und Funktionsanforderungen<br />

genügt. Von Czerniewicz liefert seine Resultate<br />

nach dreijähriger Projektlaufzeit demnächst an das<br />

Designteam: „Wir haben teils die Zeichnungen neu aufgebaut,<br />

wodurch die Bauteilprüfung besser automatisierbar<br />

wird. Einige Anforderungen können sogar ganz gestrichen<br />

werden, da sie nicht funktionsrelevant sind, was wiederum<br />

Prüf- und Fehlerkosten senkt. „Ohne die exakten<br />

Ergebnisse aus den Windkanaltests wären diese Schlussfolgerungen<br />

nicht möglich gewesen“, lobt er die Zusammenarbeit<br />

mit der RWTH und dem Fraunhofer-Institut in<br />

Aachen.<br />

sind, an uns ab. Für uns ist so eine Zusammenarbeit Gold<br />

wert, ein enormer Know-how-Gewinn“, freut sich<br />

Jeschke. Dass es ein Folgeprojekt geben wird, ist bereits<br />

klar, denn der Bedarf ist da: „Wir wissen noch nicht hundertprozentig,<br />

welche Auswirkungen einzelne Parameter<br />

am Gesamtsystem Blisk bei Abweichungen von der<br />

Idealform haben, insbesondere noch nicht, wie sich das<br />

Triebwerk verhält, wenn einzelne Schaufeln in bestimmten<br />

Stufen unterschiedliche Abweichungen zeigen“,<br />

erklärt von Czerniewicz.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Frank von Czerniewicz<br />

+49 89 1489-4307<br />

Auch an der RWTH ist man zufrieden: „Die <strong>MTU</strong> gibt die<br />

Aufgaben, die etwas wissenschaftlicher und langwieriger<br />

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:<br />

www.mtu.de/report<br />

38 39


Produkte + Services<br />

Doppelt<br />

hält<br />

besser<br />

Daniel Hautmann<br />

1,2 Millimeter trennen Laufschaufeln und Air Seals - Dichtsegmente<br />

im Triebwerksgehäuse, die den Spalt in der Hochdruckturbine<br />

bilden - im Ruhezustand voneinander. Bei Volllast,<br />

rund 14.000 Umdrehungen pro Minute, zieht die Fliehkraft<br />

die Schaufeln nach außen und der Spalt schrumpft<br />

gegen Null. Um die Air Seals zu reparieren, hat die <strong>MTU</strong> ein<br />

Verfahren entwickelt, das seit zehn Jahren beim V2500 zum<br />

Einsatz kommt. Jetzt wird die Erfolgsgeschichte mit der FAA-<br />

Zulassung für das PW2000 fortgesetzt.<br />

Die Dichtsegmente haben einen enormen Einfluss<br />

auf Leistung und Verbrauch von Triebwerken.<br />

Kein Wunder, dass ihnen besondere<br />

Aufmerksamkeit zukommt. Durch die enormen Temperaturschwankungen,<br />

denen die Dichtsegmente<br />

ausgesetzt sind, entstehen Risse, teilweise platzen<br />

sogar Fragmente ab. Dadurch sinkt die Leistung und<br />

der Treibstoffverbrauch steigt. „Je dichter der Spalt<br />

ist, desto besser ist der Wirkungsgrad“, erklärt Stefan<br />

Zantopp, Leiter Engineering V2500 bei der <strong>MTU</strong><br />

Maintenance Hannover. Seit zehn Jahren wird das<br />

Reparaturverfahren made by <strong>MTU</strong> bei diesem Triebwerkstyp<br />

durchgeführt. Und zwar überaus erfolgreich,<br />

denn die Segmente sind robuster als OEM-Teile.<br />

40 41


Produkte + Services<br />

Im Vergleich: Outer Air Seals einer Hochdruckturbine mit <strong>MTU</strong> Plus -Beschichtung und das gleiche Bauteil mit bereits weit fortgeschrittenem Verschleiß.<br />

OEM<br />

<strong>MTU</strong><br />

<strong>MTU</strong> Plus Multiply Plasma Coating nennen die <strong>MTU</strong>-Ingenieure<br />

den Prozess. „Wir haben die Schwächen identifiziert und<br />

erkannt: Das geht besser“, sagt Dr. Frank Seidel, Leiter<br />

Repair Development bei der <strong>MTU</strong> Maintenance Hannover, wo<br />

die Reparatur entwickelt wurde und seither auch durchgeführt<br />

wird. „Jetzt bleiben die Segmente viel länger reparabel<br />

und nutzbar.“ Den <strong>MTU</strong>-Ingenieuren ist es gelungen, die Standzeiten<br />

der überholten Dichtsegmente im Vergleich zu OEM-<br />

Teilen zu erhöhen. „Die von uns bearbeiteten Air Seals sind<br />

robuster, dadurch halten sie den Anforderungen länger stand“,<br />

fasst Zantopp zusammen.<br />

Die <strong>MTU</strong>-Entwickler haben ein Verfahren erarbeitet und patentiert,<br />

bei dem mittels Plasmaspritzen ein neuartiges Schichtsystem<br />

aufgetragen wird. Im Vergleich zum OEM-Teil erhalten<br />

die von der <strong>MTU</strong> veredelten Segmente – bei den V2500-<br />

Niederdruckturbinen sind das je Stufe 38 Stück – eine zusätzliche<br />

Schicht. Seidel: „Wir haben festgestellt, dass sich<br />

die einlagige OEM-Schicht suboptimal verhält. Teilweise ist<br />

sie abgeplatzt, wodurch die Schutzschicht verletzt wird. Deshalb<br />

tragen wir eine zweite auf und erhöhen so die Belastbarkeit.“<br />

Der nächste Arbeitsschritt besteht aus dem Auftragen der<br />

beiden obersten keramischen Schichten mittels atmosphärischem<br />

Plasmaspritzen; zum Einsatz kommt yttriumstabilisiertes<br />

Zirkonoxid. Ergebnis: Die untere Keramikschicht ist sehr<br />

dicht und bietet eine gute Erosionsbeständigkeit. Die zweite<br />

Schicht ist poröser, was die Wärmedämmfähigkeit und<br />

Einlaufeigenschaften zwischen Laufschaufeln und Dichtsegmenten<br />

noch einmal verbessert. „Das Zweischichtsystem<br />

hält den Thermowechselbelastungen besser stand als das<br />

Einschichtsystem der OEM-Segmente“, erklärt Seidel. Bevor<br />

die überholten Air Seals ins Triebwerk eingebaut oder zum<br />

Kunden geliefert werden, müssen Kühlluftbohrungen gesetzt<br />

werden. Im Falle des V2500 sind das je Segment 70 Stück,<br />

mit einem Durchmesser von etwa 0,4 Millimeter. Die Bohrungen<br />

verlaufen in unterschiedlichen Winkeln und haben<br />

eine konische Kontur. „Das geht nur mit einem Laser“, sagt<br />

Verfahrensentwickler Schulze.<br />

Die Grundidee zur Beschichtung der Air Seals entstand gemeinsam<br />

mit einem saudischen Kunden. Kein Wunder, denn<br />

Triebwerke, die in Wüstengebieten eingesetzt werden, sind<br />

insbesondere bei Start und Landung höheren thermischen<br />

Belastungen ausgesetzt. Hinzu kommt Sand, der in das Triebwerksinnere<br />

gesaugt wird und dort wie Schleifpapier wirkt.<br />

„Der Einsatz bei diesen Airlines sticht aus der gesamten<br />

Weltflotte heraus“, informiert Matthias Wagner, Chief<br />

Engineer bei der <strong>MTU</strong> Maintenance Hannover: „Sind Triebwerke<br />

bei nordeuropäischen Kunden 15.000 und mehr<br />

Stunden am Flügel, so sind es in der Wüste maximal 6.000.“<br />

Hier hat sich eindrucksvoll gezeigt, dass die von der <strong>MTU</strong><br />

bearbeiteten Air Seals deutlich widerstandsfähiger sind. Insgesamt<br />

wurden in Hannover bisher über 25.000 Air Seals für<br />

das V2500 instandgesetzt. Auch beim Einsatz in sogenannten<br />

Regenbogentriebwerken bei unterschiedlichen Fluglinien, darunter<br />

US Airways, bewiesen die Segmente, was sie drauf<br />

haben: „Nach dem Flugbetrieb waren sie in einem deutlich<br />

besseren Zustand als einfachbeschichtete Air Seals“, sagt<br />

Wagner.<br />

Seit vergangenem Jahr besitzt die <strong>MTU</strong> auch die FAA-Zulassung<br />

für die Anwendung der Reparatur am PW2000-Triebwerk.<br />

Dessen Dichtsegmente sehen allerdings anders aus als<br />

die des V2500: Sie haben keine Kühlluftbohrungen, sondern<br />

werden durch Kanäle von innen gekühlt. Zudem handelt es<br />

sich um 40 statt 38 Segmente. Der größte Unterschied besteht<br />

aber im Werkstoff: Schulze: „Mit einer Einkristall-Superlegierung<br />

kommt hier eine der höchsten Materialklassen zum<br />

Einsatz, die es derzeit gibt. Dafür ein Reparaturverfahren zu<br />

entwickeln und die Zulassungen zu bekommen, war sehr<br />

anspruchsvoll.“ Die Mühe hat sich gelohnt: Bislang wurden<br />

über1.000 PW2000-Dichtsegmente überholt. Und es werden<br />

garantiert noch viel mehr werden, denn doppelt hält einfach<br />

besser.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Dr. Frank Seidel<br />

+49 511 7806-4212<br />

<strong>MTU</strong> Plus –Vakuum-Plasmabeschichtung von Hochdruckturbinen-Outer Air Seals.<br />

Und so sieht der Prozess im Detail aus: Zuerst werden die<br />

aus einer Superlegierung bestehenden Trägerplatten sichtgeprüft,<br />

entschichtet und auf Risse getestet. Teile, die repariert<br />

werden können, werden gegebenenfalls geschweißt und<br />

gelötet. Danach wird mittels Vakuum-Plasmaspritzen eine<br />

metallische Haftschicht – eine hochtemperaturfeste MCrAlY-<br />

Legierung – aufgetragen. Um Spannungen aus dem Material<br />

zu nehmen und eine optimale Anbindung der Haftschicht zu<br />

erzielen, wird sie diffusionsgeglüht.<br />

In Hannover wurden bisher über 25.000 V2500-Air Seals instandgesetzt.<br />

42 43


Produkte + Services<br />

Erfolgreiche<br />

Premiere<br />

Bernd Bundschu<br />

Glückliche Gesichter bei GE Aviation und der <strong>MTU</strong>: Das GE38 hat in<br />

München den Turbine Stress Test erfolgreich absolviert. Das Besondere<br />

daran ist, dass zum ersten Mal ein deutsches Unternehmen ein US-<br />

Militärtriebwerk im Auftrag des Herstellers getestet hat. Das GE38 soll<br />

den Transporthubschrauber CH-53K des US Marine Corps antreiben, eignet<br />

sich aber auch für ein europäisches Modell und andere Anwendungen<br />

in der Leistungsklasse. Die <strong>MTU</strong> ist an dem Triebwerksprogramm mit 18<br />

Prozent beteiligt und für die Entwicklung und Fertigung der Nutzturbine<br />

verantwortlich.<br />

Der erfolgreiche Abschluss des Power Turbine Stress Tests<br />

ist nicht nur für die <strong>MTU</strong> von großer Bedeutung – auch für<br />

das GE38: „Dieser Test erfüllt einen wichtigen Meilenstein<br />

für die Zulassung“, erklärt Dr. Robert Bader, GE38-Entwicklungschef<br />

bei der <strong>MTU</strong>. Beim GE38 arbeitet GE in Lynn, Massachusetts,<br />

erstmals bei einem militärischen Programm mit der <strong>MTU</strong> zusammen,<br />

die verantwortlich zeichnet für Design, Entwicklung und<br />

Fertigung einer wesentlichen Triebwerkskomponente. Umso bemerkenswerter,<br />

dass die Münchner diesen entscheidenden Test<br />

durchführen durften. „Wir freuen uns über das Vertrauen, das GE<br />

in die Leistungsfähigkeit der <strong>MTU</strong> setzt“, freut sich Bader.<br />

Der Power Turbine Stress Test begann am 12. Juli und endete am<br />

3. August. In dieser Zeit absolvierte das Triebwerk fünf Testläufe<br />

von je etwa vier- bis fünfstündiger Dauer. „Die Triebwerksdaten<br />

haben wir an rund 100 rotierenden Messstellen erfasst und per<br />

Funk übertragen“, erläutert Wolfgang Duling, Leiter Erprobung<br />

Militärische Triebwerke bei der <strong>MTU</strong>. „Die Tests sollten zeigen,<br />

dass die Spannungsverhältnisse und das Schwingungsverhalten<br />

von Bauteilen und Schaufeln beim Triebwerk im Betrieb den Vorhersagen<br />

entsprechen. Ein weiteres Ziel der Testreihe war die Erfassung<br />

der Bauteiltemperaturen, die nun ausgewertet werden.“<br />

44<br />

45


Produkte + Services<br />

Am ersten Testtag waren viele Vertreter von GE Aviation vor<br />

Ort, darunter auch Paul Acquaviva. Der Leiter des GE38-Programms<br />

meinte anerkennend: „Die Tests verlaufen extrem<br />

gut und übertreffen bei weitem unsere Erwartungen.“ Auch<br />

GE38-Programmleiter Rainer Becker von der <strong>MTU</strong> schwärmt:<br />

„Es lief wie aus dem Bilderbuch. Wir haben alle Testziele erreicht<br />

und qualitativ hochwertige Daten geliefert.“<br />

Die Power Turbine Stress Tests am <strong>MTU</strong>-Prüfstand benötigten<br />

etwa ein Jahr Vorbereitung. Viele Fachleute aus den unterschiedlichsten<br />

Bereichen wie Datenerfassung, Testaufbau,<br />

Montage oder Analytik waren beteiligt. Mitte März dieses<br />

Jahres kam das Testtriebwerk von GE. Innerhalb von nur zwei<br />

Wochen waren Prüfstand und Triebwerk einsatzbereit – auch<br />

dank der tatkräftigen Unterstützung der GE-Ingenieure. „Deren<br />

Wissen und Erfahrung waren sehr hilfreich bei der Vorbereitung<br />

und der Testdurchführung“, sagt Chefentwickler Bader.<br />

Zu Gast bei der <strong>MTU</strong> in München – das GE38-Testtriebwerk.<br />

Derzeit wird der <strong>MTU</strong>-Prüfstand – auf dem bereits die Water<br />

Ingestion- und Eisplattenbeschuss-Tests des GE38 erfolgreich<br />

durchgeführt wurden – umgebaut, denn für Ende des<br />

Jahres folgen dann noch Hagel- und Vogelschlagtests, bevor<br />

das Triebwerk zurück zu GE geht. Mit einem anderen<br />

Testtriebwerk stehen im vierten Quartal abschließend Sandtests<br />

auf dem Programm. „Die Tests liegen voll im Zeitplan“,<br />

freut sich Joe Bussichella, GE38-Chefingenieur bei GE, und<br />

die Planungen dafür laufen längst. Allein die Vogelschlagtests<br />

benötigen etwa ein halbes Jahr Vorbereitungszeit. „Die für<br />

Warten auf den CH-53K<br />

Im Juni ist am Sikorsky-Standort in West Palm Beach,<br />

Florida, erstmals ein GE38-Triebwerk in einen CH-53K eingebaut<br />

worden. Der Hubschrauber ist der erste von sieben<br />

Prototypen. Der offizielle Rollout des ersten Fluggeräts, des<br />

Ground Test Vehicle, ist für Herbst geplant. Zwei der Prototypen<br />

werden für Belastungs- und Lebensdauertests am<br />

Boden genutzt; die übrigen vier – sogenannte Engineering<br />

Demonstration Models – gehen ab September 2013 in die<br />

Flugerprobung. GE liefert insgesamt 20 Flight Test <strong>Engines</strong><br />

(FTE) an Sikorsky – drei pro Helikopter plus je ein Reservetriebwerk.<br />

Sechs FTE wurden bereits an Sikorsky übergeben,<br />

die übrigen folgen bis Mitte 2013.<br />

“© Sikorsky Aircraft Corporation 2012. All rights reserved.”<br />

Aufwändig: Knapp ein Jahr wurde der Prüfling auf die Power Turbine Stress Tests vorbereitet.<br />

diese Tests notwendige Sonderausrüstung – von den Messsonden<br />

bis hin zu den Beschusskanonen – wurde von der <strong>MTU</strong><br />

entwickelt und zur Verfügung gestellt“, erläutert Programmleiter<br />

Becker.<br />

Das US-Verteidigungsministerium plant die Beschaffung von<br />

mehr als 700 GE38-Triebwerken für das US Marine Corps. GE<br />

hofft aber genau wie die <strong>MTU</strong> auf weitere Perspektiven.<br />

Bussichella: „Wir sehen für das GE38 neben der Anwendung<br />

im CH-53K-Hubschrauber viele weitere Verwendungsmöglichkeiten<br />

in dieser Leistungsklasse.“ Für einen europäischen<br />

schweren Transporthubschrauber hat sich die <strong>MTU</strong> bereits<br />

die Lizenzen für die Instandhaltung, Endmontage und das<br />

Testing der GE38-Modelle gesichert. Als Pilotprojekt ist das<br />

GE38 auf jeden Fall ein möglicher Türöffner für weitere Kooperationen<br />

zwischen Deutschlands führendem Triebwerkshersteller<br />

und dem US-Branchenschwergewicht GE im militärischen<br />

Bereich. GE-Programmleiter Acquaviva: „Wir sind sehr<br />

glücklich, mit der <strong>MTU</strong> einen großartigen Partner an der Seite<br />

zu haben. Das <strong>MTU</strong>-Team ist hoch professionell und die Zusammenarbeit<br />

spitze.“ <strong>MTU</strong>-Programmleiter Becker ergänzt:<br />

„Wir wollen die Zusammenarbeit mit GE in allen Bereichen<br />

ausbauen. Das GE38-Programm unterstützt dieses strategische<br />

Ziel.“<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Rainer Becker<br />

+49 89 1489-6986<br />

46 47


Global<br />

Hightech<br />

in<br />

der Wüste<br />

Silke Hansen<br />

Aufbruchsstimmung am King Khalid International<br />

Airport (KKIA) in Riad: Im nahegelegenen Gewerbegebiet<br />

hat die Middle East Propulsion Company<br />

(MEPC), der Instandsetzungsspezialist für militärische<br />

Triebwerke im Nahen Osten, einen neuen Firmensitz<br />

in Betrieb genommen. Das hochmoderne<br />

Gebäude bietet Platz für die Betreuung aller Triebwerksmuster<br />

der saudischen Streitkräfte. Die <strong>MTU</strong><br />

<strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> ist an dem Unternehmen beteiligt und<br />

fördert es mit ganzer Kraft.<br />

Im Juni wurde der 18.000 Quadratmeter große<br />

Neubau feierlich eingeweiht. Den Erfolg feierten<br />

Vertreter der fünf MEPC-Gesellschafter<br />

aus Deutschland, den USA und Saudi-Arabien<br />

zusammen mit hochrangigen Repräsentanten<br />

verschiedener Ministerien sowie der Generalität<br />

der Streitkräfte. „MEPC hat mit der neuen<br />

Instandsetzungseinrichtung die Voraussetzung<br />

geschaffen, der nationale Dienstleister für die<br />

saudischen Streitkräfte zu werden, neue hochqualifizierte<br />

Arbeitsplätze zu schaffen und<br />

technologisches Know-how aufzubauen“, freut<br />

sich Karl-Josef Bader, Leiter Business Development<br />

Militärische Programme bei der <strong>MTU</strong>.<br />

48 49


Global<br />

Ausbaufähiges Geschäft<br />

CEO Abdulahad S. Al-Turkistani erklärt seine Zukunftspläne für die Middle East Propulsion Company (MEPC).<br />

Abdulahad S. Al-Turkistani, CEO<br />

Wie sehen Sie die Zukunft von MEPC?<br />

„MEPC ist der größte Anbieter für die Instandsetzung und Reparatur<br />

militärischer Antriebe in der Region und einer der führenden Arbeitgeber<br />

Saudi-Arabiens für hochqualifizierte Ingenieure und Techniker.<br />

Wir wollen zu einem Weltklasse-Shop für die militärische Triebwerksinstandsetzung<br />

aufsteigen und vor Ort Hightech-Fähigkeiten in Form<br />

von Technologien und Know-how etablieren, um unsere Kunden noch<br />

intensiver und besser betreuen zu können. Dazu gehört der Ausbau<br />

des Geschäfts in den Bereichen Teilereparatur und Testing. Langfristig<br />

wollen wir zudem in die zivile Instandhaltung einsteigen.“<br />

Wie wichtig ist das neue Gebäude?<br />

„Der neue Firmensitz mit seinem Shop bietet genügend Platz, eine<br />

hervorragende Ausstattung und ist über Jahre hinaus ein Garant für<br />

zukünftiges Wachstum. Im Moment nutzen wir 18.000 Quadratmeter<br />

Fläche, haben aber die Möglichkeit, auf unserem rund 136.000 Quadratmeter<br />

großen Areal weiter zu expandieren.“<br />

Steigt mit dem Ausbau des Geschäfts auch die Zahl der Mitarbeiter?<br />

„Sicher. Der Mitarbeiterstamm wird proportional zu unserem Portfolio<br />

wachsen. Wir starten das Recruiting noch bevor neue Projekte<br />

offiziell eingeführt sind, um genügend Zeit für die Qualifizierung sowie<br />

notwendige Vorbereitungen zu haben.“<br />

Werden Training und Ausbildung mit den wachsenden Aufgaben anspruchsvoller?<br />

„Wir stellen in der Regel Hochschulabsolventen und Techniker mit<br />

qualifiziertem Abschluss ein und vermitteln die produktspezifischen<br />

Kenntnisse bei uns im Unternehmen oder beim OEM. Tatsächlich wird<br />

ein starker Fokus zukünftig die Qualifikation der Mitarbeiter sein.<br />

Angesichts neuer Technologien und eines breiteren Produktportfolios<br />

brauchen wir eine Belegschaft mit Qualifizierungen für mehrere<br />

Produkttypen, um effizient zu arbeiten. Wertvolle Unterstützung bekommen<br />

wir von der <strong>MTU</strong>. Diese Kooperation wollen wir weiter ausbauen<br />

und in Zukunft auch weiterhin von der hohen Expertise der<br />

<strong>MTU</strong> und anderer Partner auf dem Gebiet der Hightech-Reparaturen<br />

profitieren.“<br />

Mit der Betreuung des F100-220-Triebwerks<br />

von Pratt & Whitney für die Boeing F-15, die<br />

zusammen mit dem Tornado das Rückgrat<br />

der Royal Saudi Air Force (RSAF) bildet, ist<br />

MEPC groß geworden. Nach dem Einstieg<br />

der <strong>MTU</strong> im Jahr 2009 mit 19 Prozent konnte<br />

das Unternehmen mit erheblicher Unterstützung<br />

von Pratt & Whitney und der <strong>MTU</strong> die<br />

Kompetenzen erweitern und in nicht einmal<br />

drei Jahren die Produktpalette erweitern: um<br />

RB199 Module der 84 saudischen Tornados,<br />

das T56 der Transporterflotte C-130 Hercules<br />

und das PT6A der RSAF-Trainingsflugzeuge<br />

Pilatus PC-9 und PC-21. Die Neuprogramme<br />

PT6 und T56 befinden sich in der<br />

Zulassung, die noch in diesem Jahr erteilt<br />

werden soll. Die beiden Turboprops wird<br />

MEPC komplett überholen. Dafür baut das<br />

Unternehmen einen der modernsten Prüfstände<br />

der Region für Wellenleistungstriebwerke<br />

bis 5.000 PS. Ein Team von Spezialisten<br />

der <strong>MTU</strong> und von Pratt & Whitney hat die<br />

Testzelle konzipiert, die Ende 2013 in Betrieb<br />

gehen soll.<br />

Die arabisch-amerikanisch-deutsche Zusammenarbeit<br />

klappt bestens: MEPC schafft<br />

hochwertige Arbeitsplätze und entwickelt sich<br />

zu einer Hightech-Schmiede in der Wüstenmetropole.<br />

Michael Schreyögg, Leiter Militärische<br />

Programme bei der <strong>MTU</strong>, blickt positiv<br />

in die Zukunft: „MEPC hat eine hoch motivierte<br />

und gut ausgebildete Mannschaft und<br />

ein sehr erfolgreiches Management. Das sind<br />

Hightech-Schmiede: MEPC bietet hochwertige Arbeitsplätze.<br />

die besten Voraussetzungen, um der führende<br />

militärische Instandsetzer im Nahen Osten zu<br />

werden und die gemeinsame Vision umzusetzen.“<br />

Die lautet: Umsatzsteigerung auf das<br />

Vierfache in den nächsten zehn Jahren. Aktuell<br />

erwirtschaftet das Unternehmen mit 105<br />

Mitarbeitern einen Jahresumsatz in Höhe von<br />

50 Millionen US-Dollar.<br />

Die <strong>MTU</strong> erhält über MEPC Zugang zu einem<br />

attraktiven Wachstums- und Absatzmarkt für<br />

ihre Technologien. Auch der Kunde profitiert.<br />

Bader: „Die <strong>MTU</strong> ist durch ihr lokales Engagement<br />

nahe am Kunden und kann auf seine<br />

Bedürfnisse und Wünsche eingehen.“ Die<br />

Rechnung geht auf, wie Wirtschaftsminister<br />

Dr. Muhammad Sulaiman Al-Jasser bestätigt:<br />

„MEPC ist ein wichtiger Bestandteil des<br />

Offset-Programms der wehrtechnischen Industrie<br />

und macht hinsichtlich Kapazitätsausbau<br />

und Expertiseerweiterung sehr große<br />

Fortschritte.“<br />

Die Ziele sind ambitioniert: „Wir wollen das<br />

Portfolio um zusätzliche Programme erweitern“,<br />

erklärt Bader. Geplant ist, für die saudische<br />

Luftwaffe auch das EJ200 zu betreuen.<br />

72 Eurofighter hat der Wüstenstaat geordert,<br />

24 sind bereits geliefert. Die Chancen<br />

für eine zweite Tranche des modernen Kampfjets<br />

stehen gut. Die <strong>MTU</strong> ist am EJ200 mit<br />

Nieder- und Hochdruckverdichter sowie digitaler<br />

Triebwerksregelung beteiligt. Im Visier<br />

sind auch das T700 von General Electric für<br />

die UH-60 Black Hawk- und AH-64 Apache-<br />

Hubschrauber der RSAF sowie der Panzerantrieb<br />

AGT 1500 von Honeywell. Der Aufschwung<br />

hält auch beim RB199 an. Setzt<br />

MEPC bislang die <strong>MTU</strong>-Module Hochdruckverdichter<br />

und Mitteldruckturbinenrotor instand,<br />

kommt jetzt auch das Zwischengehäuse<br />

dazu. Schreyögg: „Wir werden MEPC<br />

weiterhin mit Technologien und Know-how<br />

unterstützen. Unser Ziel ist es, alle Produkte<br />

unter Vertrag zu bekommen, die in Saudi-<br />

Arabien geflogen werden.“<br />

Der neue MEPC-Firmensitz liegt in der Nähe des King Khalid International Airports in Riad.<br />

Bei der Eröffnung: Dr. Muhammad Sulaiman Al-Jasser (links) und Prinz Khalid bin Sultan bin<br />

Abdulaziz Al-Saud (Mitte).<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Karl-Josef Bader<br />

+49 89 1489-3220<br />

Interessante Multimedia-Services zu<br />

diesem Artikel unter:<br />

www.mtu.de/report<br />

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Global<br />

Mit Accessories auf<br />

Expansionskurs<br />

Dr. Nina McDonagh<br />

Vor zweieinhalb Jahren herrschte im Außenterminal des internationalen Flughafens von Vancouver<br />

buntes Treiben: Tausende von Besuchern passierten das Gebäude auf ihrem Weg zu den Wettkampfstätten<br />

der 21. Olympischen Winterspiele 2010 in und um Vancouver. Heute hat sich das<br />

Bild komplett gewandelt. Die <strong>MTU</strong> Maintenance hat das Gebäude übernommen, ausgebaut, mit<br />

einem hochmodernen Maschinenpark ausgerüstet und repariert dort Anbaugeräte.<br />

Seit 1998 gehört die <strong>MTU</strong> Maintenance<br />

Canada in Vancouver zum Standort-<br />

Netzwerk der <strong>MTU</strong> Maintenance und<br />

war der erste Auslandsstandort, den<br />

Deutschlands führender Triebwerkshersteller<br />

gegründet hat. Die <strong>MTU</strong>-Tochter hält CF6-50-<br />

und CFM56-3-Triebwerke instand, ist das<br />

Kompetenzzentrum für die Reparatur von Anbaugeräten,<br />

den so genannten Accessories,<br />

und auf Wachstumskurs. „In den vergangenen<br />

fünf Jahren haben wir Steigerungsraten<br />

von 25 Prozent pro Jahr verzeichnet“, erklärt<br />

Geschäftsführer Ralf Schmidt. „Die Arbeit mit<br />

den Accessories macht mittlerweile rund 20<br />

Prozent unseres Gesamtumsatzes aus.“ Diesen<br />

Zweig will das Unternehmen in Zukunft<br />

weiter ausbauen. „Wir haben uns das Ziel<br />

gesetzt, unseren Geschäftsbereich auch in<br />

den nächsten fünf Jahren noch erheblich zu<br />

steigern“, fügt Ralf Schmidt hinzu.<br />

Der erste Schritt zur Umsetzung dieses ehrgeizigen<br />

Plans ist die Inbetriebnahme der<br />

neuen Halle, die der steigenden Nachfrage<br />

nach Reparaturen von Anbaugeräten gerecht<br />

werden soll. Im Vergleich zu der alten Bleibe<br />

ist das neue Accessory Repair Centre, kurz<br />

A.R.C., mit seinen 3.250 Quadratmetern<br />

Grundfläche mehr als dreimal so groß. Ausgerüstet<br />

mit hochmodernen Maschinen werden<br />

hier insbesondere Kraftstoffkomponenten,<br />

Aktuatoren und elektrische Bauteile repariert.<br />

„Kürzlich haben wir einen neuen<br />

Prüfstand für Kraftstoffregler in Betrieb genommen,“<br />

informiert Helmut Neuper, Leiter<br />

des Accessory Repair Centre. „Er ist eine<br />

52 53


Global<br />

Elektrik und Line Replacable Units sind dort in guten Händen<br />

– unsere Erwartungen werden jedes Mal übertroffen.“<br />

Dan Watson, Chief Commercial Officer der <strong>MTU</strong> Maintenance<br />

Canada, blickt positiv in die Zukunft: „Das Geschäft mit dem<br />

CF6-50-Triebwerk, das unter anderem das Tank- und<br />

Transportflugzeug KC10 der US Luftwaffe in die Luft bringt,<br />

läuft sehr gut. Und wir arbeiten gerade mit Nachdruck daran,<br />

unsere zweite Triebwerksreihe, das CFM56-3, weiter auszubauen.“<br />

Ein großer Vertragsabschluss mit Southwest Airlines<br />

sorgt bereits für einen vollen Shop und wird im Jahr 2013<br />

auch positive Auswirkungen auf das Geschäft mit den Anbaugeräten<br />

haben. „Ein großer Trend in der Luftfahrtindustrie<br />

ist die Konsolidierung der Zulieferer“, fügt Watson hinzu.<br />

„Damit wird unser Geschäft mit den Line Replacable Units<br />

(LRUs) weiter wachsen.“<br />

Das ist noch nicht alles. Kunden drängen vermehrt auf<br />

Lösungen aus einer Hand, den so genannten „one-stop solutions“,<br />

bei denen ganze Triebwerksinstandsetzungen und<br />

ungeplante Reparaturen von Anbaugeräten gebündelt werden.<br />

„Wir können nun auf alle Bedürfnisse unserer Kunden<br />

eingehen – vom Herzstück eines Triebwerks bis zu seinen<br />

Komponenten. Das hat positive Auswirkungen auf das<br />

Accessory Repair Centre, es schafft uns aber auch einen<br />

Wettbewerbsvorteil bei unserem Kerngeschäft mit den<br />

Triebwerken“, freut sich Watson.<br />

Wo jetzt instandgehalten wird, wurden früher Besucher empfangen.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Helmut Neuper<br />

+001 778 296-3818<br />

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:<br />

www.mtu.de/report<br />

Im neuen Accessory Repair Centre werden auch elektrische Kabelbäume instandgesetzt.<br />

wunderbare Ergänzung zu den bereits bestehenden Geräten,<br />

denn jetzt können wir eine viel größere Anzahl an komplexen<br />

und für den Flugbetrieb kritischen Komponenten testen.<br />

Dazu gehören unter anderem Haupttriebwerksregler (MECs),<br />

hydro-mechanische Einheiten (HMUs) und Systeme für die<br />

Kraftstoffzumessung (FMUs). Damit lassen sich nun erheblich<br />

mehr Teile bearbeiten.“<br />

Da sich das Gebäude in unmittelbarer Nähe zum Firmensitz<br />

in Vancouver befindet und nach den Olympischen Spielen<br />

ungenutzt blieb, erkannte die <strong>MTU</strong> die Gelegenheit zur Erweiterung<br />

ihres Standortes, ohne viel Geld in einen Neubau<br />

investieren zu müssen. Die Chance wurde genutzt und mit<br />

dem Flughafen Vancouver ein Leasingvertrag über zehn Jahre<br />

abgeschlossen. „Wir sind aber zuversichtlich, dass sich die<br />

aktuelle Auftragslage weiter positiv entwickeln wird,“ so<br />

Schmidt. „Daher gehen wir davon aus, dass wir den Vertrag<br />

auf jeden Fall verlängern werden.“<br />

Für den Maintenance-Bereich der <strong>MTU</strong> ist die Ausweitung<br />

ihres Kerngeschäfts auf die Reparatur von Accessories eine<br />

logische Konsequenz – nicht nur wegen der wachsenden<br />

Nachfrage: In den über 30 Jahren ihres Bestehens konnten<br />

sich die Instandhalter ein einmaliges Know-how in der Betreuung<br />

mittlerer und großer Triebwerke der zivilen Luftfahrt<br />

erarbeiten. Darüber hinaus ist der Mutterkonzern, die <strong>MTU</strong><br />

<strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong>, seit jeher für die Antriebssysteme der deutschen<br />

Bundeswehr zuständig und verantwortet dort bereits<br />

die Reparatur der Accessories.<br />

Konzentriert sind die Accessories-Arbeiten am Standort in<br />

Vancouver. Die Vorteile: Modernste Technologien und ein<br />

neuer Maschinenpark unterstützen sämtliche Reparaturverfahren;<br />

alle Supportfunktionen, wie Reinigung, Warenein- und<br />

-ausgang sowie Ersatzteillager, sind nun unter einem Dach<br />

gebündelt. Das erhöht die Reparaturbreite und erweitert das<br />

Produktportfolio. Die <strong>MTU</strong> Maintenance Canada kann somit<br />

auf sämtliche Kundenbedürfnisse noch besser reagieren und<br />

nach gewohntem Qualitätsstandard flexible und maßgeschneiderte<br />

Lösungen anbieten. „Der Shop in Vancouver ist fantastisch<br />

und sehr gut organisiert“, bestätigt Karen Barwegen,<br />

LRU Repair Manager von GE Aviation Materials. „Unsere<br />

Brandneu ist der Prüfstand für Kraftstoffregler.<br />

54 55


Reportage<br />

Bewährungsprobe<br />

bestanden<br />

Achim Figgen<br />

„Ich bin froh, dass diese Jungs im Ernstfall auf meiner Seite stehen“, erklärte Oberst Andreas<br />

Pfeiffer, nachdem er als Passagier an Bord einer F-16 gleich mehrfach – simuliert – abgeschossen<br />

worden war. „Diese Jungs“ sind Piloten des Jagdgeschwaders 74, dessen Kommodore Oberst<br />

Pfeiffer ist. Zehn Flugzeugführer des JG 74, das im bayerischen Neuburg an der Donau beheimatet<br />

ist, haben im Mai und Juni dieses Jahres mit acht Eurofightern am Luftkampfmanöver „Red<br />

Flag Alaska“ teilgenommen.<br />

Damit hat die Luftwaffe erstmals die Gelegenheit<br />

genutzt, die Fähigkeiten ihres modernsten Jagdflugzeugs<br />

im Rahmen von Red Flag unter realitätsnahen<br />

Bedingungen und im Zusammenspiel mit Flugzeugen<br />

und Piloten internationaler Partner zu erproben.<br />

Ergebnis: Das modernste Kampfflugzeug der Luftwaffe<br />

stellte dabei eindrucksvoll seine Leistungsfähigkeit unter<br />

Beweis und war den Herausforderungen des modernen<br />

Luftkampfs absolut gewachsen.<br />

Seit 1975 verbessern Flugzeugbesatzungen der US Air<br />

Force und anderer US-Teilstreitkräfte sowie verbündeter<br />

Nationen ihre Luftkampffertigkeiten bei diesen Manövern,<br />

um optimal für künftige Aufgaben gerüstet zu sein.<br />

Die Übungen werden jährlich mehrmals auf der Ellis Air<br />

Force Base in Nevada beziehungsweise auf der Eielson<br />

Air Force Base in Alaska abgehalten. Die Koalitionsstreitkräfte<br />

(„Blue Force“) fliegen dabei Luft-Luft- und Luft-<br />

Boden-Angriffe gegen die „Red Force“, zu der neben den<br />

unterschiedlichsten Flugabwehrsystemen auch die F-16C<br />

der in Eielson beheimateten 18th Aggressor Squadron<br />

gehören.<br />

Gut 173.000 Quadratkilometer Luftraum stehen bei Red<br />

Flag Alaska (bis 2005 „Cope Thunder“ genannt und bis<br />

1991 auf der Clark Air Base auf den Philippinen abgehalten)<br />

im „Joint Pacific Range Complex“ zur Verfügung. Das<br />

entspricht etwa der halben Fläche der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Für die deutschen Piloten sind das geradezu<br />

paradiesische Zustände, da sie in ihren heimatlichen<br />

Gefilden mit einer Vielzahl von Beschränkungen leben<br />

müssen. Dem eigentlichen Red Flag-Manöver vorgeschaltet<br />

war eine Eingewöhnungsphase („Distant Frontier“)<br />

vom 21. Mai bis 6. Juni, in der sich die Flugzeugführer des<br />

JG 74 und der anderen Gasteinheiten mit den Gegebenheiten<br />

in Alaska vertraut machen konnten.<br />

56 57


Reportage<br />

Gemeinsam mit polnischen F-16, die erstmals überhaupt an<br />

einer derartigen Übung teilnahmen, wurden hier im kleineren<br />

Rahmen erste simulierte Kampfeinsätze gegen die „feindlichen“<br />

Jets der Aggressor-Staffel geflogen. Die deutschen Piloten<br />

machten erstmals Bekanntschaft mit der F-22 Raptor,<br />

dem gegenwärtig modernsten Jagdflugzeug der US Air Force.<br />

Bei Luftkämpfen eins gegen eins zeigten die europäischen<br />

Jets, was in ihnen steckt: „Die F-22 hat ohne Zweifel einmalige<br />

und überwältigende Fähigkeiten. Wenn wir aber in den<br />

Nahkampf mit dem Raptor kommen, müssen wir ihn nicht<br />

zwangsläufig in allen Aspekten fürchten“, resümiert Oberst<br />

Pfeiffer.<br />

Im Anschluss an Distant Frontier ging es vom 7. bis 22. Juni<br />

bei der eigentlichen Red Flag Alaska – der zweiten von drei<br />

für dieses Jahr geplanten Übungen – dann richtig zur Sache.<br />

Nahezu100 Flugzeuge waren beteiligt, darunter aus Deutschland<br />

neben den acht Eurofightern auch noch ein Airbus A310<br />

MRTT (Multi Role Tanker Transport), der für die Luftbetankung<br />

während der Einsätze verantwortlich und auf der benachbarten<br />

Joint Base Elmendorf-Richardson stationiert war.<br />

Ein zweiter A310 MRTT hatte zuvor die Verlegung der acht<br />

Eurofighter unterstützt, die die rund 8.000 Kilometer von<br />

Neuburg nach Eielson in zwei Etappen zurückgelegt haben.<br />

Red Flag Alaska: Acht Eurofighter des JG 74 waren mit dabei.<br />

Während der zweiwöchigen Übung wurden die Eurofighter-<br />

Piloten mit einer Vielzahl von Szenarien konfrontiert, bei<br />

denen sie unter anderem gemeinsam mit japanischen F-15<br />

und F-22 Raptor der USAF eingesetzt wurden. Jeden Tag<br />

standen zwei umfangreiche Missionen, sogenannte Wellen,<br />

auf dem Programm; das JG 74 war zweimal für die Gesamtplanung<br />

und Durchführung einer Welle verantwortlich. Von<br />

den geplanten102 Einsätzen wurden 98 tatsächlich geflogen;<br />

ein Beleg für die Zuverlässigkeit des Eurofighters – und seines<br />

Antriebs. „Es gab keine Missionsausfälle, für die die<br />

Triebwerke verantwortlich waren, und es gab keine signifikanten<br />

Triebwerksereignisse“, stellt Klaus Günther, Director<br />

EJ200 & RB199 Programmes bei der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> in<br />

München, fest. Sein Resümee: „Das EJ200 hat die Erwartungen<br />

von Piloten und Bodenpersonal voll erfüllt.“<br />

Auch die Teilnehmer vor Ort zogen ein äußerst positives Fazit<br />

ihres fast siebenwöchigen Aufenthalts im Nordwesten der<br />

USA. „Die Teilnahme an der Hochwertausbildung Red Flag<br />

Etwa 100 Kampfjets flogen die Einsätze.<br />

war für das Jagdgeschwader 74 ein großer Erfolg“, so Kommodore<br />

Oberst Pfeifer nach Abschluss der Veranstaltung.<br />

Und weiter: „Nimmt man alle Faktoren zusammen, ist dies<br />

wahrscheinlich das qualitativ beste Training, das man in<br />

einem modernen Kampfflugzeug bekommen kann.“ Der<br />

Zeitpunkt dieser realititätsnahen Ausbildung hätte kaum besser<br />

gewählt werden können, denn in diesem Jahr ist das JG 74<br />

Teil der NATO-Reaktionskräfte.<br />

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />

Klaus Günther<br />

+49 89 1489-3308<br />

Teilnehmer Red Flag Alaska<br />

Eielson Air Force Base<br />

• 8 F-16C/D Block 52, 6. Eskadra Lotnictwa<br />

Taktycznego (Polen)<br />

• 12 F-16C+, 18th AGRS (USA)<br />

• 10 A-10 „Thunderbolt II“, 25th Fighter Squadron<br />

(USA)<br />

• 12 F-16CM, 36th Fighter Squadron (USA)<br />

• 16 F-16CM, 77th Fighter Squadron (USA)<br />

• 8 Eurofighter, Jagdgeschwader 74 (Deutschland)<br />

• 3 F-15J, 303 Hikotai (Japan)<br />

• 3 F-15J, 306 Hikotai (Japan)<br />

• 2 UH-60, 16th Combat Aviation Brigade (USA)<br />

• 6 KC-135R, 22nd Air Refueling Wing (USA)<br />

• 1 HH-60G, 210 Rescue Squadron (USA)<br />

Joint Base Elmendorf-Richardson<br />

• 4 F-22A „Raptor“, 525th Fighter Squadron (USA)<br />

• 1 C-130E, 14. Eskadra Lotnictwa<br />

Transportowego (Polen)<br />

• 3 C-130H, 401 Hikotai (Japan)<br />

• 2 KC-767, 404 Hikotai (Japan)<br />

•1 C-17A, 535th Airlift Squadron (USA)<br />

• 1 C-130H, 537th Airlift Squadron (USA)<br />

• 1 E-3 „AWACS“, 962nd Airborne Air Control<br />

Squadron (USA)<br />

• 1 A310 MRTT, Flugbereitschaft BMVg<br />

(Deutschland)<br />

• 1 E-767, Hiko Keikai Kanseita (Japan)<br />

• 1 E-3A „AWACS“, NATO E-3A Component<br />

• 1 E-7A, No. 2 Squadron (Australien)<br />

• 2 C-130H/J, No. 37 Squadron<br />

58 59


In Kürze<br />

Rekordaufträge in Farnborough<br />

Die diesjährige Farnborough International Airshow im Juli hat sich für die<br />

<strong>MTU</strong> mehr als gelohnt: Deutschlands führender Triebwerkshersteller vermeldete<br />

Aufträge im Wert von rund 1,3 Milliarden Euro. „Das ist in der<br />

Geschichte der <strong>MTU</strong> Rekord. Eine so hohe Auftragssumme konnten wir bisher<br />

von keiner Messe mitbringen”, freute sich Konzernchef Egon Behle. Die<br />

<strong>MTU</strong> profitierte von Bestellungen und Instandhaltungsaufträgen für Triebwerke,<br />

an denen sie beteiligt ist. Der Löwenanteil entfällt auf den Getriebefan;<br />

geordert wurden auch die Antriebe V2500 und GEnx.<br />

Neuer<br />

GE90-Kunde<br />

Boeing 777 von <strong>Aero</strong>Logic<br />

Exklusiv wird sich die <strong>MTU</strong> Maintenance Hannover um<br />

die GE90-110B-Triebwerke der deutschen Express-Frachtfluggesellschaft<br />

<strong>Aero</strong>Logic kümmern. Laut Vertrag setzen<br />

die Spezialisten in Langenhagen die Triebwerke der kompletten<br />

777F-Flotte von <strong>Aero</strong>Logic instand inklusive Ersatztriebwerke.<br />

Der Vertrag hat einen Wert von über 200 Millionen<br />

US-Dollar (über 160 Millionen Euro).<br />

Sprung nach Südkorea<br />

Boeing 747 von Asiana Airlines<br />

Joint Venture<br />

mit Sagem<br />

Sagem (Safran-Gruppe) und die <strong>MTU</strong> haben ein Gemeinschaftsunternehmen<br />

zur Entwicklung sicherheitskritischer Software und Hardware für militärische<br />

und zivile Luftfahrtanwendungen gegründet. Die AES <strong>Aero</strong>space Embedded<br />

Solutions GmbH wird rund 200 Ingenieure beschäftigen und ihren Sitz auf<br />

dem Münchner <strong>MTU</strong>-Gelände haben. Arbeitsschwerpunkte sind Regelungssysteme<br />

– etwa für das Turboprop-Triebwerk TP400-D6 des Militärtransporters<br />

Airbus A400M – sowie andere sicherheitsrelevante Hardware- und Software-<br />

Lösungen für die Steuerung von Fahrwerken, Bremsen, Überwachungssystemen<br />

und Informationssystemen.<br />

A400M<br />

A320neo<br />

Die südkoreanische Fluglinie Asiana Airlines<br />

lässt von der <strong>MTU</strong> Maintenance Hannover ihre<br />

CF6-80C2-Triebwerke betreuen. „Mit dieser<br />

bedeutenden asiatischen Fluglinie haben wir<br />

unseren ersten Kunden in Südkorea gewonnen“,<br />

kommentierte Dr. Stefan Weingartner, Vorstand<br />

Zivile Maintenance der <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong>. Der<br />

Vertrag hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Asiana<br />

ist eine der führenden Fluglinien Asiens, hat<br />

ihren Sitz in Seoul und betreibt 72 Boeing- und<br />

Airbus-Maschinen.<br />

1.000. IGT<br />

überholt<br />

Jubiläum in Ludwigsfelde: Die <strong>MTU</strong> Maintenance Berlin-Brandenburg hat die<br />

1.000ste Industriegasturbine (IGT) instandgesetzt. Die LM6000 gehört der<br />

Rojana Power Co. Ltd., einem der führenden Energieerzeuger Thailands. Das<br />

Unternehmen lässt seit 2004 Gasturbinen in Ludwigsfelde reparieren und überholen.<br />

Vor allem nach den verheerenden Überschwemmungen in Thailand im<br />

vergangenen Jahr waren die Dienste der deutschen IGT-Spezialisten gefragt,<br />

da mehrere IGT schwer beschädigt wurden.<br />

Inspektion einer LM6000-Industriegasturbine.<br />

Neues Multimedia-Angebot<br />

<strong>MTU</strong> goes multimedia: Broschüren von Deutschlands führendem Triebwerkshersteller<br />

gibt es ab sofort nicht mehr nur in Papierform, sondern auch elektronisch. Abrufbar<br />

sind die Leseerzeugnisse über die kostenlose iPad-App <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> MEDIA<br />

im App Store – inklusive multimedialer Features, wie Videos und Bildergalerien – sowie<br />

als ePaper auf der Website www.mtu.de.<br />

Kommuniziert wird auch über Facebook, Xing und YouTube. Auf der Social-Media-Plattform<br />

Facebook gibt es die drei Rubriken Unternehmen, Karriere und Ausbildung, und<br />

immer schnell Informationen über die neuesten Unternehmensentwicklungen.<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> Holding AG<br />

Eckhard Zanger<br />

Leiter Unternehmenskommunikation und Public Affairs<br />

Verantwortlich<br />

Torunn Siegler<br />

Tel. +49 89 1489-6626<br />

Fax +49 89 1489-4303<br />

torunn.siegler@mtu.de<br />

Chefredaktion<br />

Martina Vollmuth<br />

Tel. +49 89 1489-5333<br />

Fax +49 89 1489-8757<br />

martina.vollmuth@mtu.de<br />

Anschrift<br />

<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> Holding AG<br />

Dachauer Straße 665<br />

80995 München • Deutschland<br />

www.mtu.de<br />

Realisierung<br />

Heidrun Moll<br />

Autoren<br />

Bernd Bundschu, Denis Dilba, Achim Figgen, Silke Hansen,<br />

Daniel Hautmann, Patrick Hoeveler, Dr. Nina McDonagh,<br />

Andreas Spaeth, Martina Vollmuth<br />

Layout<br />

Manfred Deckert<br />

Sollnerstraße 73<br />

81479 München • Deutschland<br />

Bildnachweis<br />

Titelseite<br />

Seite 2–3<br />

Seite 4–5<br />

Seite 6–13<br />

Seite 14–17<br />

Seite 18–21<br />

Seite 22–25<br />

Seite 26–29<br />

Seite 30–33<br />

Seite 34–39<br />

Seite 40–43<br />

Seite 44–47<br />

Seite 48–51<br />

Seite 52–55<br />

Seite 56–59<br />

Seite 60–<strong>61</strong><br />

<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Lufthansa AG; Virgin Australia<br />

International; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Pratt & Whitney; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Lufthansa AG; Continental Airlines;<br />

Airbus; Whyle; Pratt & Whitney;<br />

Bombardier; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Cargolux Airlines International S.A.;<br />

Boeing; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Virgin Australia International; Air New<br />

Zealand; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

IAE International <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> AG;<br />

Airbus; Lufthansa AG<br />

Andreas Spaeth; Thinkstock; Airbus<br />

<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Peter Winandy; RWTH Aachen, Institut<br />

für Strahlantriebe und Turboarbeitsmaschinen;<br />

Fraunhofer-Institut für<br />

Produktionstechnologie IPT<br />

Airbus; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

„© Sikorsky Aircraft Corporation<br />

2012. All rights reserved.“; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong><br />

<strong>Engines</strong><br />

MEPC; <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Luftwaffe JG 74<br />

Airbus; <strong>Aero</strong>Logic; Asiana Airlines;<br />

<strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong><br />

Druck<br />

EBERL PRINT GmbH<br />

Kirchplatz 6<br />

87509 Immenstadt im Allgäu • Deutschland<br />

Texte mit Autorenvermerk geben nicht unbedingt<br />

die Meinung der Redaktion wieder. Für unverlangtes<br />

Material wird keine Haftung übernommen. Der<br />

Nachdruck von Beiträgen ist nach Rücksprache mit<br />

der Redaktion erlaubt.<br />

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