Komplette Zeitung als PDF herunterladen - Glaconchemie.de
Komplette Zeitung als PDF herunterladen - Glaconchemie.de
Komplette Zeitung als PDF herunterladen - Glaconchemie.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Unterwegs in Merseburg<br />
Stolz thronen Dom und Schloss mit ihren<br />
Türmen über <strong>de</strong>n Saaleufern <strong>de</strong>r einstigen<br />
Pfalzstadt Merseburg. Fünf Mal weilte<br />
Kaiser Barbarossa in ihren Mauern.<br />
Nicht weit von hier, im Kyffhäusergebirge,<br />
soll er <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> nach bis heute schlafen...<br />
Fotos: MZ-Archiv, Alexan<strong>de</strong>r Beyler<br />
Merseburger Glocken für Kaiser Barbarossa<br />
Kein an<strong>de</strong>rer Herrscher <strong>de</strong>s europäischen Mittelalters genießt bis in unsere Tage soviel Ruhm<br />
und Popularität wie Friedrich I. (geboren um 1122, gestorben am 10. Juni 1190 im Fluss Saleph<br />
in <strong>de</strong>r heutigen Türkei) - bekannt <strong>als</strong> Barbarossa . Was <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Kaiser mit Merseburg<br />
verbin<strong>de</strong>t und wo man auf seinen Spuren wan<strong>de</strong>ln kann, weiß Stadtführerin Lilo Witte.<br />
Seinen ersten Hoftag hielt Friedrich I.<br />
(von 1152 bis 1190 römisch-<strong>de</strong>utscher<br />
König, von 1155 bis 1190 zugleich Kaiser<br />
<strong>de</strong>s Heiligen Römischen Reiches<br />
Deutscher Nation) in Merseburg ab.<br />
Läuteten vielleicht dam<strong>als</strong> schon die<br />
zwei ältesten Glocken <strong>de</strong>s heutigen<br />
Domgeläutes zum Festgottesdienst<br />
<strong>de</strong>s Herrschers?<br />
Der Staufer, <strong>de</strong>r wegen seines Rotschopfes<br />
<strong>de</strong>n Beinamen „Barbarossa“<br />
(wörtlich Rotbart) erhielt, weilte in<br />
seiner Regierungszeit insgesamt fünf<br />
Mal in unserer Stadt. Um das Ansehen<br />
und die Stärke seines Kaisertums zu<br />
heben, wollte Friedrich I. am dritten<br />
Kreuzzug teilnehmen. Auf <strong>de</strong>m Weg<br />
nach Jerusalem ertrank er am 10. Juni<br />
1190 im Fluss Saleph im Königreich<br />
Kleinarmenien (heute Türkei).<br />
Die Legen<strong>de</strong> vom Rotbart<br />
Die Menschen in Deutschland wollten<br />
<strong>de</strong>n tragischen Tod ihres Kaisers<br />
nicht wahrhaben und erzählten sich<br />
bald die Legen<strong>de</strong> vom schlafen<strong>de</strong>n<br />
Rotbart im Kyffhäusergebirge, <strong>de</strong>r nur<br />
alle einhun<strong>de</strong>rt Jahre die Möglichkeit<br />
zur Wie<strong>de</strong>rkehr hat, „wenn die Raben<br />
nicht mehr um <strong>de</strong>n Berg fliegen“.<br />
1188, zwei Jahre vor seinem Tod, gestattete<br />
Friedrich I. „unseren lieben<br />
Merseburger Bischof Eberhard“ (1170<br />
– 1201), „dass er <strong>de</strong>n Markt aus<strong>de</strong>hnen,<br />
darüber hinaus zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
Brücken, auf ihnen und an <strong>de</strong>r Kirche<br />
<strong>de</strong>s seligen Märtyrers Thomas<br />
vorbei“, neu einrichten kann.<br />
Heute statten wir <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>m<br />
Neumarkt einen Besuch ab. Torgeld<br />
müssen wir nicht mehr zahlen, <strong>de</strong>nn<br />
das Neumarkttor <strong>de</strong>s 13. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
wur<strong>de</strong> lei<strong>de</strong>r – wie alle weiteren<br />
Stadttore im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt - abgebrochen.<br />
Im Weitergehen erblicken wir am<br />
Schuhhaus Schmidt eine Ge<strong>de</strong>nktafel<br />
für <strong>de</strong>n in unserer Stadt in <strong>de</strong>n Jahren<br />
1822 bis 1854 praktizieren<strong>de</strong>n Arzt<br />
Carl Adolph von Basedow. Je<strong>de</strong>r Medizinstu<strong>de</strong>nt<br />
hört während seines Studiums<br />
min<strong>de</strong>stens einmal etwas über<br />
Merseburg und die Merseburger Trias.<br />
Unser neues Klinikum trägt Basedow<br />
zu Ehren seinen Namen.<br />
Das nachfolgen<strong>de</strong> Wohnhaus gehörte<br />
einst zur Neumarktmühle von<br />
1289. An <strong>de</strong>r Straßenfront kann man<br />
mit etwas Geduld ein steinernes Lob-<br />
gedicht für unsere Herzogin Christiane<br />
(1634 – 1701) lesen, die diese Anlage<br />
erwarb und erneuern ließ. So lauten<br />
seine Zeilen, geschrieben anno 1679:<br />
„Ich lag beinah in letzten Zügen / So<br />
musste sich’s mit Gott so fügen / dass<br />
eine hohe Fürstenhand / mich wie<strong>de</strong>r<br />
bracht in guten Stand. / Die Mühe will<br />
ich mit Ergötzen /und Nutzen künftig<br />
wohl ersetzen. / Gott gebe Leben,<br />
Fried’ und Gnad’ / Der, die mich so gebessert<br />
hat.“<br />
Eine Brücke nicht wie je<strong>de</strong><br />
Über die Neumarkt-, Dach- o<strong>de</strong>r<br />
Waterloobrücke - wie sie zeitweilig<br />
genannt wur<strong>de</strong> - gibt es reichlich Erzählenswertes.<br />
Gab es unterhalb <strong>de</strong>r<br />
Pfalz vor tausend Jahren nur eine Furt<br />
zum Überqueren <strong>de</strong>s Flusses? O<strong>de</strong>r<br />
führte schon eine aus roh behauenen<br />
Stämmen gefügte Brücke über die<br />
Saale, über die die Heereszüge Heinrich<br />
I. (919 – 936) und seiner Nachfolger<br />
hinauszogen in slawisches Siedlungsland?<br />
Bei<strong>de</strong>s ist wohl möglich.<br />
Im Dreißigjährigen Krieg (1618 –<br />
1648) wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r strategisch wichtige<br />
Übergang mehr <strong>als</strong> neun Mal zerstört,<br />
einfach durch Abbrennen o<strong>de</strong>r Lockern<br />
mehrerer Stämme, die ins Wasser<br />
geworfen wur<strong>de</strong>n.<br />
Der preußische König Friedrich Wilhelm<br />
III. (1797 – 1840) erhielt auf dieser<br />
Brücke am 23. Juni 1815 die Nachricht<br />
vom Sieg über Napoleon bei Waterloo.<br />
Auch Rechtsprechung wur<strong>de</strong><br />
auf ihr verübt. In früheren Jahrhun<strong>de</strong>rten<br />
gab es für einige Straftaten die<br />
Strafe <strong>de</strong>s Ertränkens. Solche Urteile<br />
wur<strong>de</strong>n von dieser Brücke aus vollstreckt.<br />
Von diesem Standort hat<br />
man zum einen eine großartige Sicht<br />
auf das Dom-Schloss-Ensemble – unbedingtes<br />
Fotomotiv je<strong>de</strong>s Touristen –<br />
zum an<strong>de</strong>ren einen schönen Blick auf<br />
die sich erstrecken<strong>de</strong> Straße.<br />
Bis zur Einführung <strong>de</strong>r neuen Städteordnung<br />
1831 war <strong>de</strong>r Neumarkt<br />
ein eigenständiges Gemeinwesen mit<br />
Rathaus, Pfarrkirche, Schule, Hospital<br />
und Brauhaus. Die von Kaiser Barbarossa<br />
vor 825 Jahren bestätigte Urkun<strong>de</strong><br />
über die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s<br />
Marktes bewirkte unter an<strong>de</strong>rem die<br />
Einrichtung vieler kleiner Handwerksund<br />
Han<strong>de</strong>lsbetriebe. Auch mehrere<br />
Gasthäuser profitierten von <strong>de</strong>m zunehmen<strong>de</strong>n<br />
Durchgangsverkehr.<br />
8 ENERGIE & UMWELT Juni 2013