schaafheim - bei der Druckerei Reichert
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Schaafheimer Februar 2013<br />
Ziel: Wie<strong>der</strong> sich selbst vorstehen<br />
Mobile Pflege: Mit Regina Voge auf Tour – Das Zwischenmenschliche kommt zu kurz<br />
Schaafheim. (nda) Morgens 7.30 Uhr: Regina Voge beginnt ihre<br />
„Tour“ durch Schaafheim und <strong>der</strong>en Ortsteile. Fünf Kunden nehmen<br />
Pflegeleistungen in Anspruch. Die Pflegedienstleiterin <strong>der</strong><br />
Bethesda mobile Pflege ist schon seit sechs Uhr <strong>bei</strong> Kunden in<br />
Babenhausen unterwegs. Und sie muss den Zeitplan einhalten:<br />
Sieben Min. zum Anziehen von Kompressionsstrümpfen, 25 Min.<br />
fürs Baden o<strong>der</strong> 20 Min. für die Grundpflege, fünf Min. für die Medikamentengabe.<br />
Die Zeitkorridore geben die Pflegekassen vor.<br />
„Bei einigen Leistungen ist die Zeit knapp bemessen. Wir ar<strong>bei</strong>ten<br />
nicht nach Uhr, wir machen eine Mischkalkulation“, erklärt die<br />
50-Jährige. Wenn Voge für die Medikamentengabe also nur eine<br />
Minute braucht, kann sie <strong>bei</strong>m Baden eines Kunden vier Minuten<br />
draufpacken. Beson<strong>der</strong>s wenn Pflegebedürftige o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Angehörige<br />
Gesprächsbedarf haben, sei diese Kalkulation von Vorteil.<br />
Zeit für ein persönliches Gespräch bleibe kaum noch. „Die zunehmende<br />
Bürokratie und Dokumentation nimmt das zwischenmenschliche<br />
Miteinan<strong>der</strong>, das in diesem Beruf doch das Wichtigste<br />
ist“, klagt die Pflegefachkraft. Seit Januar können die Kunden<br />
laut dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz selbst entscheiden, ob<br />
sie mit dem Pflegedienstleister nach Modulen mit vorgegebener<br />
Zeit o<strong>der</strong> nach tatsächlich geleisteter Zeit abrechnen. Voge steht<br />
dem neuen System kritisch gegenüber: „So bleibt das Zwischenmenschliche<br />
vielleicht noch mehr auf <strong>der</strong> Strecke.“<br />
Plau<strong>der</strong>n ist ein wichtiger Faktor, um Nähe zu schaffen. Wie das Wetter<br />
wohl wird, ob es noch einmal Schnee gibt o<strong>der</strong> doch gleich wie<strong>der</strong><br />
Frühling - darüber unterhalten sich Helga Schilling* und Regina<br />
Voge auf dem Weg zum Badezimmer. Ein Scherz mit dem Angehörigen<br />
und Ehemann Reiner lockert die geschäftige Situation. „Seit August<br />
2011 nehmen wir die ambulante Pflege in Anspruch. Über den<br />
För<strong>der</strong>verein für Seniorenhilfe haben wir von <strong>der</strong> Bethesda mobilen<br />
Pflege gehört und haben keinen Grund zur Klage“, lobt <strong>der</strong> Schaafheimer.<br />
Zurzeit sind fünf Mitar<strong>bei</strong>terinnen mit den gelben Autos und<br />
dem grünen Kringel darauf unterwegs. „Demnächst übernehmen wir<br />
eine hauswirtschaftliche Versorgung, für die ich mein Team noch einmal<br />
erweitern muss“, erklärt Voge. Den Eintrag in die Patientenakte<br />
Krautwurst schreibt die Pflegedienstleiterin in grüner Farbe. Das<br />
heißt: Alles in Ordnung.<br />
Nur fünf Häuser war bis vor einem Jahr auch noch alles in Ordnung,<br />
bis ein Sturz <strong>der</strong> 85-jährigen Rosemarie Dornbach* die mobilen Damen<br />
ins Haus rief. Viele Medikamente erzeugten <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Patientin<br />
zusätzlich enormes Unwohlsein. „Zweimal pro Woche fuhr ich zur<br />
behandelnden Ärztin zum Gespräch. Wir haben es geschafft, die Medikation<br />
auf ein verträgliches Maß zu dosieren“, erklärt die mobile<br />
Pflegerin.<br />
Auch das gehört zu den Aufgaben einer mobilen Pflege. Nicht immer<br />
leicht, wie Voge versichert, aber die Bethesda-Pflegekräfte sind auf<br />
die Zusammenar<strong>bei</strong>t mit den Ärzten angewiesen. „Schließlich wollen<br />
wir vor allem, dass die Kunden<br />
mobiler werden und sich vielleicht<br />
eines Tages wie<strong>der</strong> selbst<br />
vorstehen können.“<br />
Das ist auch das vorrangige<br />
Ziel <strong>der</strong> Pflegekräfte. Kunden<br />
und Patienten werden laut <strong>der</strong><br />
Pflegedienstleiterin nicht „bemuttert“,<br />
son<strong>der</strong>n ermutigt und<br />
nach Möglichkeit mobilisiert.<br />
„Ob es das tägliche Kämmen<br />
ist, das selbstständige Aufstehen<br />
aus dem Bett o<strong>der</strong> das Waschen<br />
– kleine Fortschritte sind<br />
es, die das Selbstwertgefühl<br />
steigern und damit den Willen,<br />
zu Hause wohnen bleiben zu<br />
können.“<br />
Trost, Zuspruch und Motivation<br />
sind das wichtigste Werkzeug,<br />
um Pflegebedürftige im häuslichen<br />
Bereich zu mobilisieren.<br />
Pflegedienstleiterin Regina<br />
Voge hat trotz <strong>der</strong> Vorgabe von<br />
Zeitkorridoren immer ein Ohr<br />
für ihre Kunden.<br />
Schnellstmöglich auf die Beine<br />
kommen möchte eine Kundin<br />
aus Mosbach. Nach einer<br />
schweren Operation ist sie verzweifelt,<br />
weil sie noch nicht so<br />
kann, wie sie eigentlich möchte.<br />
„Die Dame kenne ich durch<br />
die Nachbarin, die wir gepflegt<br />
haben. Sie hat mich einmal<br />
nach Pflegetipps bezüglich <strong>der</strong><br />
Mutter gefragt und hat mich<br />
jetzt für sich kontaktiert. So ist<br />
manchmal das Schicksal“, sagt<br />
Voge.<br />
Einfühlsam ermutigt die Pflegedienstleiterin<br />
die Kundin, Geduld<br />
zu haben und erst einmal<br />
das zu tun, was ihr gut tut. „Die<br />
nötige Anfrage <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Kranken-<br />
o<strong>der</strong> Pflegekasse erledigen<br />
wir für sie.“ Zuversichtlich<br />
hält sie die Hand <strong>der</strong> Mosbacherin<br />
und sagt: „Wir werden<br />
uns schon aufeinan<strong>der</strong> einstellen.“<br />
Zuspruch, so Voge, sei <strong>der</strong> erste Schritt zur Genesung und<br />
Grundstein für ein gutes Pflegeverhältnis. Deshalb instruiere sie<br />
ihre Pflegekräfte, immer ein Ohr für die Sorgen und Nöte <strong>der</strong> Kunden<br />
und <strong>der</strong>en Angehörige zu haben. Und kleine Extrawünsche,<br />
wie eine kleine Besorgung auf dem Weg zum Kunden, sind auch<br />
schon mal drin.<br />
Regina Voge hat den Wechsel von <strong>der</strong> stationären in die mobile<br />
Pflege nie bereut. „Die Leute leben eigenverantwortlich und haben<br />
dadurch viel mehr Motivation, schneller auf die Beine zu kommen.<br />
Am besten gefällt mir, dass sie <strong>der</strong> Herr o<strong>der</strong> die Frau im Haus<br />
sind und uns sagen, wo es langgeht. Im mobilen Bereich ist so <strong>der</strong><br />
Dienstleistungsgedanke viel mehr gewahrt“, sagt sie.<br />
Bevor sich die Pflegedienstleiterin <strong>der</strong> Bethesda mobile Pflege auf<br />
den Weg ins Büro nach Schaafheim macht, fährt die 50-Jährige<br />
mit einer großen Einkaufsliste und einem fremden Geldbeutel<br />
noch schnell in zwei Supermärkte nach Babenhausen. Die Besorgungen<br />
sind für einen Kunden. „Auch dafür sind wir da.“ Die Einkäufe<br />
abliefern werde allerdings <strong>der</strong> Spätdienst, <strong>der</strong> sowieso am<br />
Abend <strong>bei</strong> dem Pflegebedürftigen vor<strong>bei</strong>schauen müsse.<br />
Das Team <strong>der</strong> Bethesda mobile Pflege freut sich mit den Kunden<br />
auf ein gutes, neues und weiterhin erfolgreiches Jahr 2013.<br />
* Namen wurden von <strong>der</strong> Redaktion geän<strong>der</strong>t.<br />
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