JIMI TENOR - Partysan
JIMI TENOR - Partysan
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Ähnlich wie Isolée vermag es Lawrence, die schreienden<br />
dunklen Abgründe genauso zu integrieren<br />
wie die ungetrübten Freuden einer jungfräulichen<br />
Liebe. Diese Qualität verleiht seinen Platten etwas<br />
Zeitloses, Unverwüstliches. Es kann ohne weiteres<br />
angenommen werden, dass die Produktionen von<br />
Peter „Pete“ Kersten dereinst selbst zu den Klassikern<br />
der elektronischen Musik gehören werden, so<br />
wie die Platten, die ihn Ende der Achtziger Jahre im<br />
Hamburger Front überwältigten und heute längst<br />
selbst Meilensteine und Klassiker des Genres sind.<br />
Es sollten jedoch noch weitere zehn Jahre nach den<br />
ersten Front-Erfahrungen ins Land ziehen, ehe Peter<br />
mit Paul (Turner) und Dave (Carsten Jost) ein eigenes<br />
Label aus der Taufe hob – Dial-Records. Inzwischen<br />
ist das Hamburger Label international nicht<br />
mehr wegzudenken. Nicht zuletzt auch deshalb,<br />
weil man, entgegen der üblichen Praxis, politische<br />
Standpunkte und Meinungen ganz bewusst nie verschwiegen<br />
hat. Menschen sind politisch, und auch<br />
Labelbetreiber sind Menschen; in diesem Fall eindeutig<br />
Linke, die sich dezidiert den Antifaschismus<br />
auf die Fahnen schreiben und diese deutlich sichtbar<br />
herumzeigen. Aber Lawrence und seine Freunde<br />
sind keine Fundamentalisten, die in Besitz „der<br />
einen“ Wahrheit sind. Sie sind einfach Freigeister,<br />
die eine klare Meinung haben.<br />
Zusätzlich ist Lawrence als bürgerlicher Herr Kersten<br />
auch Mitbetreiber von Smallville-Records,<br />
einem superben Plattenladen in der Nähe der Reeperbahn.<br />
Man kann dort buchstäblich spüren, dass<br />
hier Liebhaber für Liebhaber da sind. In Kürze steht<br />
auch, wie Eingangs erwähnt, das erste Release auf<br />
dem gleichnamigen Label an. Peter wird auf dieser<br />
Mini-Compilation als Sten vertreten sein. Sten ist<br />
ein weiteres Alter Ego, das sich der weniger schwelgerischen<br />
Seite von Techno verschrieben hat.<br />
Während Lawrence eher der reifere, vielschichtigere<br />
und komplexere ältere Bruder ist, ist Sten der jüngere,<br />
einfacher gestrickte Haudegen, der sich auch<br />
gerne mal spontan in die eine oder andere Ausschweifung<br />
stürzt.<br />
Aber Lawrence und Sten können friedlich nebeneinander<br />
existieren. Sie kommen sich nicht in die Quere.<br />
Manchmal weiß Peter während des Produktionsprozesses<br />
selbst noch nicht, welches Alter Ego da<br />
nun gerade an den Reglern sitzt, denn es gibt<br />
natürlich schon eine Schnittmenge von Lawrence<br />
und Sten, schließlich kommen beide aus dem gleichen<br />
Haus.<br />
Peter offenbarte einmal in einem Interview, dass<br />
sich für ihn sein „konkretes leidenschaftliches<br />
Künstlerdasein“ in Lawrence manifestiert. Dieses<br />
leidenschaftliche Selbst-Berührt-Sein hört man den<br />
Tracks auch sofort an. Eigentlich verdienen die<br />
Lawrence-Stücke eher das Attribut „Song“. Obwohl<br />
nie auch nur eine Spur von Gesang zu vernehmen<br />
ist, „singt“ es. Aber es ist eher das Singen, das entsteht,<br />
wenn der Wind einer bunten Plastiktüte<br />
Leben einhaucht und ein bizarres Schauspiel natürlicher<br />
Künstlichkeit beginnt. Es sei nur an den Film<br />
Magnolia erinnert. Lawrence gelingt es, maschinengenerierte<br />
Lebendigkeit zu erzeugen. Das kann gar<br />
nicht hoch genug eingeschätzt werden. Trotz aller<br />
Melodieschwelgerei, die immer mit einer gehörigen<br />
Portion Melancholie Hand in Hand geht, driftet<br />
Lawrence nie ins Kitschige ab. Nie ist er wirklich<br />
glatt. Bei aller Eingängigkeit bewahrt Lawrence sich<br />
fortwährend eine gesunde Sprödheit. Er erinnert<br />
dabei an zurückliegende Fairmont-Veröffentlichungen<br />
auf Traum. Allerdings geht er einen Schritt weiter<br />
und ist weniger sequentiell, dafür verspielter.<br />
Diese spielerische Ernsthaftigkeit ist es, die Lawrence<br />
zu einer Ausnahmeerscheinung macht. Wie ein<br />
kleines Kind, das die Welt auf allen Ebenen entdeckt<br />
und erfährt, vertieft sich Lawrence gänzlich in die<br />
vergängliche Schönheit des Hier und Jetzt. Hoch<br />
konzentriert wird dadurch Musik und letztendlich<br />
Leben erfahrbar. Sowohl für den Produzenten, als<br />
auch für den Hörer.<br />
G<br />
G<br />
Aktuelle Releases: Lawrence – Deep Summer Hole<br />
12” - Dial; Lawrence – Along The Wire Rmxs 12”<br />
- Lado<br />
Bookmarks: www.dial-rec.de; www.smallvillerecords.com;<br />
www.myspace.com/lawrencesten