Thomas von Aquin Die Tapferkeit [De fortitudine] - Hoye.de
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<strong>Tapferkeit</strong> (Sum. th., II-II, q. 123) 3<br />
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Ansturmes <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>nschaft, sei es <strong>de</strong>r Traurigkeit, die<br />
er vertreiben will, sei es <strong>de</strong>s Zornes. – Drittens aus freier<br />
Wahl, freilich nicht [aus <strong>de</strong>r Entscheidung] das geschul<strong>de</strong>te<br />
Ziel anzustreben, son<strong>de</strong>rn einen zeitlichen Vorteil zu<br />
erwerben, wie Ehre, Lust o<strong>de</strong>r Gewinn, o<strong>de</strong>r einen Nachteil<br />
zu vermei<strong>de</strong>n, wie Ta<strong>de</strong>l, Bedrängnis o<strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n.<br />
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Zu 3. Man spricht <strong>von</strong> <strong>Tapferkeit</strong> [Stärke] <strong>de</strong>r Seele –<br />
die als Tugend (Antw.) erklärt wird – entsprechend <strong>de</strong>r<br />
körperlichen Stärke. Und trotz<strong>de</strong>m wi<strong>de</strong>rspricht es <strong>de</strong>m<br />
Wesen <strong>de</strong>r Tugend nicht, daß jemand aus natürlicher Verfassung<br />
heraus eine natürliche Hinneigung zur Tugend<br />
besitzt (I–II 63, 1: Bd. 11).<br />
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12. Artikel<br />
Ragt die <strong>Tapferkeit</strong> unter <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Tugen<strong>de</strong>n hervor?<br />
1. Gegenargument: Ambrosius sagt: „<strong>Die</strong> <strong>Tapferkeit</strong> ist<br />
gleichsam die erhabenere unter <strong>de</strong>n übrigen [Tugen<strong>de</strong>n].“<br />
2. Gegenargument: <strong>Die</strong> Tugend vollzieht sich im Bereich<br />
<strong>de</strong>s Schwierigen und Guten [Aristoteles]. <strong>Tapferkeit</strong> aber<br />
vollzieht sich im Bereich <strong>de</strong>s Schwierigsten. Also ist sie<br />
die höchste Tugend.<br />
3. Gegenargument: <strong>Die</strong> Person <strong>de</strong>s Menschen ist würdiger<br />
als seine Habe. <strong>Tapferkeit</strong> betrifft aber die Person <strong>de</strong>s<br />
Menschen, die jemand um <strong>de</strong>s Gutes <strong>de</strong>r Tugend willen<br />
<strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sgefahr aussetzt; die Gerechtigkeit dagegen und<br />
die an<strong>de</strong>ren sittlichen Tugen<strong>de</strong>n betreffen <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren äußeren Dinge. Also ist die <strong>Tapferkeit</strong> die vorzüglichste<br />
unter <strong>de</strong>n sittlichen Tugen<strong>de</strong>n.<br />
An<strong>de</strong>rseits sagt Cicero: „Auf <strong>de</strong>r Gerechtigkeit <strong>de</strong>r Tugend,<br />
durch die Männer gut gemacht wer<strong>de</strong>n, ruht höchster<br />
Glanz.“<br />
2. Aristoteles sagt: „Notwendigerweise müssen diejenigen<br />
Tugen<strong>de</strong>n die höchsten sein, welche für an<strong>de</strong>re im<br />
höchsten Maße nützlich sind.“ Nun scheint aber die Freigebigkeit<br />
[für an<strong>de</strong>re] nützlicher zu sein als die <strong>Tapferkeit</strong>.<br />
Also ist sie die höhere Tugend.<br />
Ich antworte: Augustinus sagt: „Im Bereich <strong>de</strong>s nicht<br />
durch Masse Großen ist Größersein dasselbe wie Bessersein.“<br />
Also ist die Tugend um so größer, je besser sie ist.<br />
Das Gut <strong>de</strong>r Vernunft ist aber das Gut <strong>de</strong>s Menschen (Dionysius).<br />
<strong>Die</strong>ses Gut liegt aber wesenhaft bei <strong>de</strong>r Klugheit,<br />
die die Vollendung <strong>de</strong>r Vernunft ist. <strong>Die</strong> Gerechtigkeit aber<br />
verwirklicht dieses Gut, insofern es zu ihr gehört, in allen<br />
menschlichen Verhältnissen die Ordnung <strong>de</strong>r Vernunft<br />
durchzusetzen. <strong>Die</strong> an<strong>de</strong>rn Tugen<strong>de</strong>n hingegen bewahren<br />
dieses Gut, insofern sie die Lei<strong>de</strong>nschaften mäßigen,<br />
4. Was ist unrichtig an diesem Argument?<br />
5. Wie verhält sich Klugheit zum Gut <strong>de</strong>s Menschen?<br />
6. Wie verhält sich Gerechtigkeit zum Gut <strong>de</strong>s Menschen?