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Der Energiespeicher, eine Erfindung der Natur

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FOCUS<br />

<strong>Der</strong> Stausee in Nant de Drance speichert Energie.<br />

Mit dem im Bau befindlichen Pumpspeicher können<br />

die IWB die wetterabhängige Stromproduktion aus<br />

Wind und Sonne flexibel und wirtschaftlich einsetzen.<br />

LÜCKENLOSE VERSORGUNG MIT STROM<br />

<strong>Der</strong> <strong>Energiespeicher</strong>, <strong>eine</strong> <strong>Erfindung</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Natur</strong><br />

Pflanze, Tier, Mensch: Alle brauchen Energie zum Leben – und sie alle sind<br />

fähig, diese zu speichern. Auch die IWB greifen auf <strong>Energiespeicher</strong> zurück,<br />

um die Stromversorgung rund um die Uhr und übers ganze Jahr zu sichern.<br />

Notabene mit <strong>eine</strong>m Stromangebot, das zu 100 Prozent aus erneuerbaren<br />

Energien besteht und zu 100 Prozent auf Eigenproduktion beruht.<br />

Fast drei Stunden lang schlägt sie die Bälle<br />

mal lang, mal kurz, mal mit Drall, am Ende wirft<br />

sie ihr Racket in die Luft: Soeben hat Tennisprofi<br />

Victoria Azarenka das Australian Open gewonnen.<br />

Woher nimmt sie die Energie, vergleichbar<br />

mit <strong>eine</strong>m durch kurze Stopps unterbrochenen<br />

Marathon? Und benötigt Sprinter Usain Bolt<br />

ebenso viel Energie, um bei <strong>eine</strong>m 100-Meter-<br />

Lauf mit s<strong>eine</strong>m Athletenbody (196 cm, 94 kg)<br />

nach etwas über neun Sekunden und Geschwindigkeitsspitzen<br />

von 45 km/h über die Ziellinie zu<br />

preschen?<br />

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FOTO: ALPIQ, MARCEL STUDER<br />

Bolt erbringt dank Muskeln und Koordinationsgenie<br />

<strong>eine</strong> kurzzeitige Höchstleistung, sein<br />

Gesamtenergieverbrauch bleibt eher gering.<br />

Dem Sieg von Azarenka geht hingegen <strong>eine</strong><br />

stundenlange mittlere Leistung voraus, gleichbedeutend<br />

mit <strong>eine</strong>m grossen Energieverbrauch.<br />

Könnte ihr Körper null Energie speichern, müsste<br />

sie während des ganzen Matchs nonstop Nahrung<br />

zu sich nehmen: dem erfolgreichen Spiel<br />

nicht gerade för<strong>der</strong>lich. Doch Frau Azarenka isst<br />

höchstens während <strong>eine</strong>r kurzen Pause mal <strong>eine</strong><br />

Banane o<strong>der</strong> <strong>eine</strong>n Kraftriegel. Weil ihr eigener<br />

<strong>Energiespeicher</strong> sie über die gesamte Spieldistanz<br />

mit Kraft versorgt.<br />

ebenso wie in <strong>der</strong> Werkstatt. Wir tun dies auch in<br />

<strong>der</strong> Freizeit, wir tun dies sogar im Schlaf. Ob<br />

Mensch, ob Tier, für die Energieversorgung des<br />

Organismus sind meistens die je<strong>der</strong>zeit abrufbaren<br />

Fettspeicher zuständig.<br />

Auch Pflanzen speichern Energie, Sonnenenergie.<br />

Das Blattgrün (Chlorophyll) wandelt<br />

Licht in Energie um und verwendet diese in <strong>der</strong><br />

Photosynthese zur Bildung von Stärke und Sauerstoff.<br />

Während die Pflanze den Sauerstoff ausstösst,<br />

dient ihr <strong>der</strong> Stärkezucker als Energiereservoir.<br />

Wer hat’s also erfunden? Die <strong>Natur</strong>.<br />

Nicht so beliebter Fettspeicher<br />

In Zeiten des Body-Mass-Index-Kultes steht’s<br />

ums Image von Körperfett nicht zum Besten. Und<br />

doch: Die aus Energieüberschüssen <strong>der</strong> Nahrung<br />

in den Zellen gebildeten Fettreserven sind wichtige<br />

<strong>Energiespeicher</strong>, nebst Kohlenhydraten und<br />

Eiweissen unsere fast unerschöpflichen Energieversorger.<br />

Nicht nur Spitzensportler zapfen bei Bedarf<br />

ihren <strong>Energiespeicher</strong> an und bauen damit Fettreserven<br />

ab. Wir tun dies bei <strong>der</strong> Arbeit, im Büro<br />

Dank ihres eigenen <strong>Energiespeicher</strong>s kann Victoria<br />

Azarenka ein mehrstündiges Tennisspiel beim<br />

Australian Open bewältigen.<br />

FOTO: KEYSTONE<br />

energie&wasser 1/13 9


FOCUS<br />

FOTO: ISTOCKPHOTO<br />

FOTO: ISTOCKPHOTO<br />

Blattgrün wandelt mittels Photosynthese Licht in Energie in Form von Stärke um. Viele Tiere füllen ihre Körperspeicher mit<br />

Nahrung, die teilweise in Fettzellen umgewandelt und zu <strong>eine</strong>m späteren Zeitpunkt «angezapft» werden.<br />

Ständig unter Strom<br />

Elektrizität deckt <strong>eine</strong>n Viertel <strong>der</strong><br />

von Wirtschaft, Staat und Privaten<br />

verbrauchten Energie. Wir finden es<br />

längst selbstverständlich, dass unsere<br />

Geräte rund um die Uhr mit Strom<br />

versorgt sind. Kommt es zu <strong>eine</strong>m <strong>der</strong><br />

seltenen Stromausfälle, ist <strong>der</strong> Medienhype<br />

garantiert.<br />

Die IWB speisten 2012 rund 1,6<br />

Milliarden Kilo wattstunden Strom aus<br />

Eigenproduktion ins Netz ein, zur<br />

exklusiv auf erneuerbaren Energien<br />

beruhenden Basler Vollversorgung<br />

(90 Prozent Wasserkraft, 10 Prozent<br />

Energie aus Wind, Sonne, Biomasse).<br />

Stromnetze sind sensibel, sie rea gieren<br />

empfindlich auf Über- wie Unterversorgung,<br />

müssen dem Endabnehmer<br />

aber je<strong>der</strong>zeit genau die gewünschte<br />

Strommenge liefern. Wie schaffen die<br />

IWB diese Parforceleistung, zumal die<br />

verstärkte Nutzung wetterabhängiger<br />

Ressourcen wie Wind und Sonne die<br />

Aufgabe nicht vereinfachen?<br />

Das Zauberwort heisst Speicherung.<br />

Kurzzeitige wie auch saisonale<br />

Speichermöglichkeiten sind Grundbedingungen<br />

<strong>eine</strong>r lückenlosen Stromversorgung.<br />

Diese Techniken ermöglichen<br />

es, den in <strong>eine</strong>m Zeitfenster<br />

überschüssig produzierten Strom für<br />

Phasen zu lagern, in denen <strong>der</strong> Strombedarf<br />

das momentane Angebot<br />

übersteigt. Es ist wie mit den Energieüberschüssen,<br />

die wir uns mit dem<br />

Essen zuführen, in Fettzellen umwandeln<br />

und so zum späteren Verbrauch<br />

aufbewahren.<br />

So wird gespeichert<br />

Elektrizität, dieses kaum fassbare<br />

Wesen, ist als solches relativ schlecht<br />

speicherbar. Nur Kondensatoren vermögen<br />

Strom direkt zu speichern, haben<br />

jedoch <strong>eine</strong> beschränkte Speicherleistung.<br />

Ihr grosser Vorteil: Sie können<br />

die Energie in Sekundenbruchteilen<br />

wie<strong>der</strong> abgeben und so Spannungsspitzen<br />

o<strong>der</strong> -täler rasch aus gleichen.<br />

Für kurze Bedarfsspit zen, vergleichbar<br />

mit denjenigen von Sprinter Usain<br />

Bolt, reicht dies allemal.<br />

Schwierig, direkt zu speichern,<br />

hingegen leicht wandelbar: In Akkus<br />

und Batterien, zum Beispiel, wird<br />

elek trische Energie chemisch gespeichert.<br />

Batterien sind verbreitet, <strong>der</strong>en<br />

Kapazitäten aber vergleichsweise gering.<br />

Würden sie künftig mit dem<br />

Stromnetz verbunden, stünden jedoch<br />

unzählige dezentrale Speicher<br />

bereit – mal vom Netz gespeist, mal<br />

ins Netz einspeisend.<br />

Die bekannteste Form, Strom<br />

zwecks Speicherung umzuwandeln,<br />

ist das Pumpspeicherwerk. Ist ein Zuviel<br />

an Strom vorhanden, wird damit<br />

Wasser in <strong>eine</strong>n höher gelegenen<br />

Speichersee gepumpt – wobei Energie<br />

verloren geht. Die überschüssige<br />

<strong>Der</strong> Oberaarsee ist <strong>eine</strong>r <strong>der</strong> acht Stauseen im Grimselgebiet, die die Kraftwerke<br />

Oberhasli AG als <strong>Energiespeicher</strong> nutzen.<br />

FOTO: ROBERT BÖSCH<br />

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FOTO: BEAT KEHRLI<br />

FOTO: ISTOCKPHOTO<br />

Das Wasser in den Stauseen wird bei Bedarf durch die Turbinen (links) geleitet, die so Strom erzeugen. Die Seen werden immer<br />

wie<strong>der</strong> auf natürliche Weise mit Wasser aufgefüllt, sodass die Stromversorgung stets gesichert ist.<br />

Elektrizität wird als Wasser zwischengelagert.<br />

Übersteigt die Stromnachfrage<br />

das Angebot, wird das Wasser abgelassen<br />

und dabei turbiniert. Die<br />

erprobte Technik mit hohen Pumpund<br />

Produktionsleistungen dient <strong>eine</strong>rseits<br />

<strong>der</strong> Behebung kurz- bis mittelfristiger<br />

Versorgungsengpässe, so wie<br />

bei <strong>eine</strong>m Dreistundenmatch am Australian<br />

Open körpereigene Energiereserven<br />

aktiviert werden. An<strong>der</strong>seits ermöglichen<br />

grosse Pumpspeicherseen<br />

<strong>eine</strong> saisonale Strom speicherung, <strong>eine</strong>n<br />

Energietransfer vom Sommer zum<br />

verbrauchsintensiven Winter.<br />

Wirkungsgrad in <strong>Natur</strong> und Technik<br />

Sowohl bei <strong>der</strong> Speicherung als auch bei <strong>der</strong> Umwandlung von Energie<br />

treten Verluste auf. Für den Energiehaushalt ist <strong>der</strong> Wirkungsgrad <strong>eine</strong>s<br />

Speichersystems ein entscheiden<strong>der</strong> Faktor. Erstaunlicher Befund: Technik<br />

ist effizienter als die <strong>Natur</strong>! (Vorausgesetzt, allein <strong>der</strong> Wirkungsgrad wird<br />

betrachtet.)<br />

Speichersystem<br />

Wirkungsgrad<br />

Photosynthese (Pflanze) max. 20%<br />

Fettspeicher (Säugetier) ca. 60%<br />

<strong>Der</strong> Stausee bringt‘s schon lange<br />

Im vollauf erneuerbar gespeisten<br />

Versorgungsnetz <strong>der</strong> IWB spielen Wasserspeicher<br />

in den Alpen <strong>eine</strong> zentrale<br />

Rolle. Die gesammelten Schmelz- und<br />

Regenwasser sind Rohstoff zur Stromproduktion:<br />

<strong>eine</strong> erneuerbare Energieressource<br />

pur.<br />

Stauseen sind Langzeitspeicher,<br />

ihre Wasser stehen in Zeiten knapper<br />

Elektrizität über Wochen und Monate<br />

zur Stromerzeugung bereit. Mit nahezu<br />

100 Prozent Wirkungsgrad tragen<br />

Schweizer Speicherseen seit über 100<br />

Jahren zur sicheren Stromversorgung<br />

von Industrie, Gewerbe und Haushalten<br />

bei.<br />

Die IWB haben ihren Speicher-<br />

Backup im Grimselgebiet, am obersten<br />

Aarelauf im Berner Oberland. Sie<br />

sind mit 16,6 Prozent des Aktienkapitals<br />

an den 1925 gegründeten Kraftwerken<br />

Oberhasli (KWO) beteiligt.<br />

Mit <strong>eine</strong>m System von acht Speicherseen<br />

können insgesamt 195 Millionen<br />

Kubikmeter Wasser gefasst und<br />

gelagert werden. Die beiden grössten<br />

sind <strong>der</strong> Grimselsee (in Betrieb seit<br />

1932, 103 Mio. m 3 ) und <strong>der</strong> Oberaarsee<br />

(in Betrieb seit 1953, 61 Mio. m 3 ).<br />

Die KWO produzieren im Durchschnitt<br />

jährlich 2,4 Milliarden Kilowattstunden<br />

Strom, rund 50 Prozent<br />

mehr als <strong>der</strong> gesamte Bedarf <strong>der</strong> IWB.<br />

Durch den Zubau von erneuerbaren<br />

Energien wie Wind und Sonne,<br />

aber auch aufgrund des Klimawandels<br />

werden Speicherseen weiter an Bedeutung<br />

gewinnen. Die IWB beteiligen<br />

sich darum mit 15 Prozent am Bau<br />

des Pumpspeicherkraftwerks Nant de<br />

Drance. Nach dem Motto: Schnell mit<br />

viel Power Strom produzieren!<br />

Bernard Gutknecht<br />

Speichersee 99%<br />

Pumpspeichersee ca. 80%<br />

Kondensator 99%<br />

Akku, Batterie bis 90%<br />

energie-und-wasser.ch<br />

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