Geschlechterrollen - UK-Online
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Bettina Hannover 465<br />
suchungen als wissenschaftlich bezeichnen, die günstigere Beurteilungen, die<br />
Studierende über Männer relativ zu Frauen abgegeben hatten, als Beleg für die<br />
Unterlegenheit und die Abhängigkeit weiblichen Seins interpretierten (so geschehen<br />
bei Taylor & Brayer, 1960; zit. nach Lehr, 1972).<br />
Während das Kapitel zum Thema Geschlecht im Handbuch von 1972 mit ,,Das<br />
Problem der Sozialisation geschlechtsspezifischerVerhaltensweisen" überschrieben<br />
war, heißt es in diesem neuen Handbuch "<strong>Geschlechterrollen</strong>". Unter einer<br />
Rolle wird ein Set von Erwartungen verstanden, die Menschen gegenüber einer<br />
Personhegen, die eine bestimmte Position oder Eigenschaftbesitzt. In diesemTitel<br />
drückt sich der Erkenntnisfortschritt aus, den die Geschlechterforschung in den<br />
letzten Dekaden hervorgebracht hat. Lehr musste 1972noch beklagen, dass "es in<br />
der Forschung zu einer sehr starken Gewichtung familiärer Sozialisationsbedingungen<br />
und geradezu zurVernachlässigungder Ergründung möglicher anderer sozialisierender<br />
Bedingungen, die als ,männlich' und, weiblich' definiertes Verhalten<br />
bewirken" (S. 939) gekommen ist. Seither sind in der Sozialpsychologie viele<br />
neue Forschungsansätze entstanden, die den Erklärungsfokus für Geschlechtsunterschiede<br />
von der Ebene der Individuen auf den Einfluss des sozialen Kontextes<br />
verschoben haben (Überblick in Deaux & LaFrance, 1998).<br />
1. Geschlechtsunterschiede<br />
Dimensionen zur Beschreibung von Geschlechtsunterschieden<br />
Ruble und Martin (1998) haben eine Taxonomie der Dimensionen vorgelegt,<br />
bzgl. derer Unterschiede zwischen den Geschlechtern beschrieben werden können.<br />
Sie differenzieren zwischen den Konstrukten a) Konzepte und Überzeugungen,<br />
b) Identität und Selbstwahmehmung, c) Präferenzen und d) Verhaltensmanifestationen.<br />
Diese Konstrukte könnenjeweils auf verschiedene Inhaltsebenen<br />
bezogen sein. Die wichtigsten sind dabei 1.Aktivitäten und Interessen, 2. personal-soziale<br />
Attribute und 3. soziale Beziehungen.<br />
Der aktuelle Forschungsstand zu der Frage, welche Unterschiede bei Verwendung<br />
moderner Methoden der sozialwissenschaftlichen Datenanalyse (Metaanalyse) zwischen<br />
den Geschlechtern nachgewiesen werden können, kann wie folgt zusammengefasst<br />
werden:<br />
· Den Erwerb geschlechtsbezogener Konzepte und Überzeugungen (z. B. Fähigkeit,<br />
männliche und weibliche Stimmen/Gesichter zu differenzieren; Erwerb<br />
von Geschlechterstereotypen) betreffend, zeigen sich entwicklungsbedingte<br />
Veränderungen, nicht aber Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen.<br />
· Geschlechtsunterschiede zeigen sich in Identität und Selbstwahmehmung: Mädchen<br />
und Frauen beschreiben sich mehr mit expressiven und die Verbundenheit