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Download baz live Ausgabe 13 (PDF-Datei, 10 MB) - BAZ Esslingen

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Seite 12 <strong>baz</strong><strong>live</strong> <strong>13</strong><br />

<strong>baz</strong><strong>live</strong> <strong>13</strong> Seite <strong>13</strong><br />

Lernen kann auch Spaß machen<br />

Beim selbstorganisierten Lernen im Beruflichen Ausbildungszentrum <strong>Esslingen</strong> übernehmen<br />

die Azubis Eigenverantwortung für ihr Arbeitspensum und teilen es sich entsprechend<br />

ihren Bedürfnissen ein. Die Methode zeigt großen Erfolg und fördert die von den Betrieben<br />

geforderte Flexibilität.<br />

■ Schon die alten Lateiner dozierten:<br />

„Non scholae discimus, sed vitae!<br />

- Nicht für die Schule lernen wir,<br />

sondern für das Leben!“ Doch wie<br />

sieht die Realität im Schulalltag aus?<br />

Gelangweilte Schüler in den Bänken,<br />

vorne an der Tafel entnervte Lehrer,<br />

die sich täglich was Neues einfallen<br />

lassen, um ihre Schüler zum Lernen<br />

zu motivieren. Dieses Szenario gibt<br />

es nicht mehr in der Ausbildung zum<br />

Holzbearbeiter im Beruflichen Ausbildungszentrum<br />

(<strong>BAZ</strong>) <strong>Esslingen</strong>. Die<br />

Zauberformel dazu heißt „Selbstorgani<br />

siertes Lernen“.<br />

„Wir mussten eine andere Form des<br />

Lernens entwickeln, weil unsere Azubis<br />

den An forderungen in den Betrieben<br />

zuneh mend nicht mehr entsprechen<br />

konnten“ so Sozialpädagogin Tina<br />

Taudt. „Die Betriebe verlangen von<br />

ih ren Mit ar beitern vor allem Flexibilität<br />

und die Fähigkeit, sich selbst organisieren<br />

zu können. Wir waren überzeugt,<br />

dass auch unsere Azubis das trainieren<br />

können. Seit 2009 haben wir nun die<br />

Verantwortung fürs Lernen an unsere<br />

Azubis zurückgegeben und setzen das<br />

„Selbstorganisierte Lernen“ mit Erfolg<br />

um. Das heißt, wir vergeben individualisierte,<br />

auf den Auszubildenden<br />

zuge schnittene Lernaufträge, die er<br />

inner halb der Lernwoche erfüllen<br />

muss. Der Azubi entscheidet selbständig,<br />

wie und wann er die Lernaufträge<br />

bearbeitet. Wir geben Zeitrichtlinien<br />

vor, damit er weiß, wie viel Zeit er<br />

einplanen muss. Vorgegebenes Ziel ist<br />

nur, dass er sein Lernpensum am Ende<br />

der Zeit abgearbeitet haben muss.<br />

Der Azubi entscheidet auch wann<br />

und wie lange er Pause machen will.<br />

Wir, das heißt Ausbilder, Lehrerin und<br />

Sozialpädagogin ,sind während dieser<br />

Blockwoche immer präsent und<br />

ansprechbar. Der Azubi holt sich bei<br />

uns die Hilfe, den Rat oder die Unterstützung,<br />

die er braucht.“<br />

Das übliche Modell der festen Werkstatt-<br />

und Berufschultage mit festge<br />

leg ten Unterrichtszeiten ist aufgelöst.<br />

Innerhalb eines Lehrjahres finden<br />

sieben Wochenblöcke plus ein<br />

Prüfungsvorbereitungsblock für das<br />

zweite und dritte Lehrjahr statt. Die<br />

Blockunterrichtswochen orientieren<br />

sich inhaltlich an den Lernfeldern<br />

des Ausbildungsrahmenplans und am<br />

Rahmenlehrplan der Berufsschule.<br />

Theoretische und praktische Inhalte<br />

sind sorgfältig aufeinander abgestimmt.<br />

Lernorte sind die Werk statträume,<br />

Klassenzimmer und auch<br />

Arbeits zimmer, in denen die Azubis<br />

ungestört alleine lernen können.<br />

21 Azubis im Alter von 17 – 22 Jahren<br />

nehmen an den Unterrichtsblöcken<br />

teil. Je nach Lehrjahr erhalten sie<br />

un ter schied liche, individualisierte<br />

Wo chen plä ne, die sich auf ihren Lernbe<br />

darf ausrichten. Im Klassen zim mer,<br />

eine Etage unter der Werkstatt, sitzen<br />

zwölf Azubis in 2-er oder 3-er<br />

Grup pen zusammen. Sie neigen die<br />

Köpfe über Arbeitsblätter, sitzen am<br />

PC oder am Zeichenbrett. Bei Fachlehrerin<br />

Elisabeth Suritsch stehen zwei<br />

Auszubildende und fragen um Rat.<br />

Geduldig berät sie Mirco und macht<br />

ihn darauf aufmerksam, was er bei<br />

der Berechnung beachten muss. Den<br />

klassischen Frontalunterricht gibt es<br />

nicht mehr. „Meine Rolle ist bei dieser<br />

Unterrichtsform eine ganz andere,<br />

ich bin nicht mehr die Dompteurin“,<br />

erklärt Elisabeth Suritsch, „Die Auszubildenden<br />

kommen zu mir und fragen<br />

mich um Rat. Sie haben selbst die<br />

Verantwortung für ihr Lernen übernommen.<br />

Das ist ein ganz anderes<br />

Lernklima.“ Einzeln oder in Lernteams<br />

lösen die Azubis ihre Aufgaben, diskutieren<br />

Lösungsmöglichkeiten und helfen<br />

sich gegenseitig. „Das Peer to Peer<br />

Learning hat sich bewährt,“ erläutert<br />

die Fachlehrerin,“ Wenn wir beobachten,<br />

dass einer abschreibt, agieren wir<br />

natürlich sofort und der Azubi muss<br />

seine Aufgabe noch mal machen. So<br />

geht, anders als im Frontalunterricht,<br />

keiner verloren. Ist ein Aufgabenblatt<br />

bearbeitet, kommt der Azubi und lässt<br />

es abzeichnen.“ Freitags, am Ende der<br />

Blockwoche, findet eine Wis sens konsolidierung<br />

statt. Sind Auf gaben nicht<br />

vollständig, muss der Auszu bildende<br />

bis 16.20 Uhr bleiben, hat er alles vollständig<br />

erledigt, darf er bereits nach<br />

der Schlussrunde gehen.<br />

Patrick steht in der Werkstatt und studiert<br />

seinen Wochenplan. Diese Woche<br />

wird er sich mit dem Thema Wandund<br />

Deckenverkleidung auseinandersetzen.<br />

In einem Zeitkontingent von<br />

26 Stunden wird er dieses Thema<br />

be ar beiten. Am Montag war er im<br />

Energie zentrum <strong>Esslingen</strong>, um für sein<br />

Refe rat über biologische Dämmstoffe<br />

zu recherchieren. Heute will er zuerst<br />

seine Übungsaufgaben in Fachzeichnen<br />

erledigen. Laut Plan wird Patrick<br />

dafür zwei Stunden Zeit benötigen.<br />

„Fachzeichnen mag ich am wenigsten,<br />

deshalb möchte ich es schnell hinter<br />

mich bringen und mache es als erstes,“<br />

lächelt er. „Danach werde ich meine<br />

Matheaufgaben machen. Das liegt mir<br />

dann wieder mehr. Am Nachmittag<br />

werde ich in der Werkstatt weiter<br />

an der Deckenverkleidung arbeiten.“<br />

Patrick hat gelernt, sich seine Lernaufgaben<br />

einzuteilen: „Wenn ich<br />

schlecht drauf bin, mache ich halt<br />

Aufgaben, die mir leichter fallen.“ So<br />

wie er halten es die meisten Azubis.<br />

Das was sie am wenigsten mögen, wird<br />

gleich zu Tagesbeginn erledigt. Sie<br />

schulen dabei ihre Selbstbeobachtung<br />

und lernen ihre Zeit einzuteilen.<br />

Richtschnur dabei ist der Wochenplan.<br />

Auch Burak schätzt die Freiräume des<br />

selbstorganisierten Lernens: „Wissen<br />

Sie, man ist ja nicht jeden Tag gleich<br />

gut drauf. Früher war es dann in<br />

der Schule so, dass man an diesen<br />

Tagen nicht so richtig aufgepasst hat.<br />

Wenn ich jetzt nicht gut drauf bin,<br />

dann mache ich eben eine einfachere<br />

Aufgabe, die mir leicht fällt oder ich<br />

mache früher Pause. Die Zeit in der<br />

Blockwoche geht schneller vorbei und<br />

bringt mehr Spaß!“<br />

Sibylle Kessel

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