Download baz live Ausgabe 13 (PDF-Datei, 10 MB) - BAZ Esslingen
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Seite 4 <strong>baz</strong><strong>live</strong> <strong>13</strong><br />
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Mit Hammer und Meißel<br />
Jonathan Stotz legt im Februar seine praktische Prüfung als Steinmetz ab<br />
■ Beim Betrachten eines aus Stein<br />
gemeißelten Engels in der Stadtkirche<br />
St. Dionys hatte Jonathan<br />
ein Schlüsselerlebnis.<br />
Die Engelskulptur hatte<br />
weiße Bruchstellen, Teile<br />
der Skulptur waren durch<br />
den Zahn der Zeit zerstört<br />
worden. Von da an ließ<br />
den 12-jährigen Jonathan<br />
der Gedanke nicht mehr<br />
los, dass es schön wäre,<br />
wenn man diesen Engel<br />
wieder reparieren könnte.<br />
Seinen Kindheitstraum hat<br />
Jonathan verwirklicht. Nach seinem<br />
Haupt schulabschluss an der Esslin -<br />
ger Waldorfschule begann er mit 17<br />
len stück hauen. In der Werkstatt im<br />
Reichenbacher Kooperationsbetrieb<br />
des Steinmetzmeisters Uwe Kahl<br />
steht bereits Jonathans Übungsprü<br />
fungs stück: Ein halber Vierpass<br />
aus rotem Mainsandstein. Während<br />
seiner Lehrzeit hat er gelernt, mit<br />
Steinmetzwerkzeugen wie dem Spitzeisen,<br />
dem Zahneisen, dem Schlageisen<br />
und dem Scharriereisen umzugehen.<br />
Die schriftliche Prüfung hat<br />
der heute 22-jährige im Mai 2012<br />
abge legt. Ins <strong>BAZ</strong> kam Jonathan erst<br />
zu Beginn seines dritten Lehrjahrs<br />
im Oktober 2011. Die ersten beiden<br />
Lehrjahre absolvierte er in unterschiedlichen<br />
Steinmetzbetrieben.<br />
„Leider lief da alles nicht so rund für<br />
mich. Keiner hatte Zeit, sich während<br />
meiner Ausbildung um mich zu<br />
kümmern,“ erzählt Jonathan heute.<br />
„Als klar war, dass meine Ausbildung<br />
gefährdet ist, wurde ich über die<br />
Agentur für Arbeit ans <strong>BAZ</strong> verwiesen,<br />
um meine Ausbildung kooperativ<br />
zu beenden.“ Um fachliche<br />
und schulische Wissenslücken zu<br />
schließen, erhielt Jonathan im <strong>BAZ</strong><br />
zusätzlichen Fachkundeunterricht<br />
durch einen Steinmetzmeister und<br />
Stützkurs unterricht in Deutsch,<br />
Gemeinschaftskunde und<br />
Betriebs wirt schaftslehre.<br />
Da der Beruf schulunterricht<br />
zur Aus bildung<br />
zum Stein metz in Blöcken<br />
in der einzigen Berufsschule<br />
in Baden Würt temberg in<br />
Freiburg vermit telt wird, kam<br />
Jonathan in der Zeit, in der<br />
er in seinem Kooperationsbetrieb, der<br />
Reichen bacher Firma<br />
Kahl arbeitete,<br />
zwei bis dreimal pro<br />
Wo che zum Stützkurs<br />
unter richt.<br />
So wie Jonathan<br />
neh-<br />
seine Steinmetzausbildung in einer<br />
Esslinger Bauhütte, die an der Frauenkirchenrenovierung<br />
beteiligt ist. „Eines<br />
meiner eindrücklichsten Erleb nisse war<br />
damals die Räumung des Dachbodens<br />
der Esslinger Frauenkirche. Das war<br />
wie ein Eintauchen in die Ver gangenheit.<br />
Fasziniert war ich auch vom<br />
Lapidarium der Frauenkirche, der<br />
Sammlung von Steinwerken, zum<br />
Bsp. Teile von Fensterornamenten und<br />
Brüs tungen, die in der Frauenkirche<br />
von Steinmetzen früherer Epochen<br />
aufgehoben wurden.“<br />
Heute, dreieinhalb Jahre später,<br />
bereitet er sich auf seine praktische<br />
Prüfung als Steinmetz vor. In fünf<br />
Tagen Prüfungszeit wird er sein Geselmen<br />
im <strong>BAZ</strong> ca. 60 Teil nehmerinnen<br />
und Teil nehmer an einer solchen<br />
durch die Agentur für Arbeit geförderten<br />
BaE - Maßnahme (Ausbildung<br />
in außerbetrieblichen Ein richtungen)<br />
teil. Die Auszubildenden schließen<br />
bei diesem Ausbildungsmodell ihren<br />
Ausbildungsvertrag mit dem <strong>BAZ</strong> ab.<br />
Den Berufsschulunterricht besuchen<br />
sie in der öffentlichen Berufsschule.<br />
Die praktischen Ausbildungsinhalte<br />
werden in Kooperationsbetrieben<br />
ver mittelt. Die Auszubildenden er -<br />
hal ten im <strong>BAZ</strong> zusätzlichen Stützun<br />
ter richt und werden durch eine<br />
Sozial pädagogin begleitet. Diese<br />
unter stützt die Auszubildenden bei<br />
persönlichen Problemlagen und bei<br />
der Arbeitsplatzsuche, meldet zu<br />
Prüfungen an und erledigt sämtliche<br />
administrativen Aufgaben, die<br />
mit zuständigen Kammern, Behörden<br />
oder Schule während einer Ausbildung<br />
anfallen. Sozialpädagogin Ute Straub<br />
freut sich, dass es gelungen ist, die<br />
Wissenslücken bei Jonathan zu schließen:<br />
„Jonathan wird sicher auch<br />
die praktische Prüfung bestehen.<br />
Danach möchte er gerne in einem<br />
Restaurierungsbetrieb bzw. in der<br />
Denkmalpflege arbeiten. Deshalb<br />
wird Jonathan in einem Rastatter<br />
Stein metz betrieb zur Probe arbeiten.“<br />
Gemeinsam mit seiner<br />
Sozialpädagogin entwickelt<br />
er nun Zukunftsperspektiven.<br />
„Ich weiß,<br />
dass ich flexibel sein<br />
muss“, meint Jonathan,<br />
„und ich hof fe, dass sich<br />
mein Kindheitstraum in<br />
einer Dombauhütte zu<br />
arbeiten erfüllt.“<br />
Sibylle Kessel