PDF anzeigen - Beirat für Geschichte
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und Interpretation historischer Ereignisse vor und tradieren<br />
bewußt <strong>für</strong> die Zeitgenossen und <strong>für</strong> spätere Generationen ein<br />
bestimmtes Geschichtsbild,über das die Denkmäler als Quellen<br />
Auskunft geben: Das Gefangenen-Mahnmal thematisiert<br />
eine Folge des Krieges <strong>für</strong> Kieler Bürger, nicht den Krieg selbst<br />
und nicht das Schicksal ausländischer Kriegsgefangener/<br />
Fremdarbeiter in Kiel. Die revolutionären Ereignisse 1918 in<br />
Kiel werden ca. 60 Jahre lang als Meutereiund damit als nicht<br />
denkmalwürdig angesehen. Wilhelm I. erscheint als „Befreier<br />
Schleswig-Holsteins". Denkmäler kanonisieren die öffentliche<br />
Erinnerung, indem sie als Identifikationsobjekte bestehende<br />
Konflikte ausblenden. Die Verbitterung mancher Schleswig-<br />
Holsteiner über die preußische Annexion der Herzogtümer<br />
gerät angesichts des Provinzialdenkmals <strong>für</strong> Wilhelm I. in Vergessenheit.<br />
Die Entstehungsgeschichte des Denkmals zeigt wie<br />
nach und nach bewußt die Erinnerung an die schleswig-holsteinischen<br />
Bemühungen hinsichtlich der Lösungenvon Dänemark<br />
getilgt wurden. 48 .UmdenGrad der Selektionzu verdeutlichen,braucht<br />
man sichnur einmal vorzustellen,daß kommenden<br />
Generationennur diese Denkmäler und eventuelldieoffiziellen<br />
Einweihungsreden zu Verfügung stünden, um sich ein<br />
Bild vonder Vergangenheitzumachen.<br />
48 Frank Büttner, a.a.O.S. 114 ff.<br />
« Bärbel Manitz: Gustav Eberleins<br />
Bronzegruppe „Der Gekreuzigte" vor<br />
der ehemaligen Garnisonskirche zu<br />
Kiel. In: Kunstsplitter, Beiträge zur<br />
norddeutschen Kunstgeschichte. Festschrift<br />
<strong>für</strong> Wolfgang J. Müller zum<br />
70. Geburtstag. Husum 1984.<br />
3. Die Stufe der möglichen Veränderungen: Viele Denkmäler<br />
haben nicht so ungestört stehenbleiben können,wie es ihnen<br />
oft in den Grußworten bei der Errichtung gewünscht wurde.<br />
Die kriegsbedingten Zerstörungen waren eher zufälliger Art,<br />
ihre Auswirkungensind aber auch in dem Fall zu spüren, daß<br />
sie das Denkmal verschonten, ihm aber seine architektonische<br />
Umgebung raubten: Das Reiterstandbild Wilhelm I. verlor die<br />
repräsentative Kulisse der Universität, Bismarcks Standbild die<br />
der alten Gelehrtenschule. Demgegenüber wurden bewußte<br />
Entscheidungen darüber getroffen, welche Bronzemonumente<br />
dem Rohstoffbedarf des Zweiten Weltkriegs geopfert werden<br />
sollten: Das neubarocke Marineehrenmal vor der Pauluskirche<br />
49 verfiel der Demontage, so daß heute nur nochder Granitsockel<br />
Rätsel über seinen ursprünglichen Zweck aufgibt. Das<br />
Reiterstandbild Wilhelms I.dagegen konnte bis auf die dreiallegorischen<br />
Sockelfiguren , Personifizierungen der Landwirtschaft,<br />
des Fischfangs und der Seefahrt, und damit also<br />
Schleswig-Holsteins, verteidigt werden. Auf diese Weise reduzierten<br />
sich nochmals die Erinnerungsspuren an die schiewigholsteinische<br />
Bewegung. Wertentscheidungen dieser Art zeigen<br />
das Verhältnis späterer Generationen zu den in den Denkmälern<br />
verfestigten Traditionen.In dieser Hinsicht sind auch Wiederherstellungen<br />
und Inschriftenänderungen aufschlußreich.<br />
Die folgende Übersicht stellt die wichtigsten Veränderungen<br />
zusammen.<br />
Im Anschluß daran sei auf zwei Beispiele besonders hingewiesen.<br />
Zustände an Kieler Denkmä-<br />
Veränderungen ursprünglicher<br />
lernim Laufe der Zeit:<br />
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