UMWELTBERICHT 2012 Gesamt - Bruchsal
UMWELTBERICHT 2012 Gesamt - Bruchsal
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<strong>UMWELTBERICHT</strong><br />
<strong>2012</strong><br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong>
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
Projektgruppe „Umweltbericht“:<br />
Projektleitung: Prof. Dr. Ing. Hartmut Ayrle<br />
Projektgruppe: Cornelia Füg, Alex Geider, Dorit Helms, Renate Korin,<br />
Leif Pötzsch<br />
weitere Autoren: Michael Durst, Beate Seilnacht<br />
Redaktion und Koordination:<br />
Stadtplanungsamt, Umweltstelle<br />
Renate Korin<br />
Am Otto-Oppenheimer-Platz 5<br />
76646 <strong>Bruchsal</strong><br />
Tel. 07251 / 79702<br />
Fax 07251 / 7911702<br />
Email Stadtplanungsamt@<strong>Bruchsal</strong>.de<br />
Druck:<br />
printeam<br />
Kaiserstr. 8<br />
76646 <strong>Bruchsal</strong><br />
Gedruckt auf 100% Recyclingpapier<br />
Bildnachweis:<br />
Titelseite<br />
Obergrombach, Kernstadt <strong>Bruchsal</strong>, Untergrombach (F. Adler)<br />
Büchenau, Heidelsheim (Presseamt, Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
Helmsheim (<strong>Bruchsal</strong>er Tourismus, Marketing und Veranstaltungs GmbH)<br />
Der Bericht wurde am 25.06.2013 vom Gemeinderat der Stadt <strong>Bruchsal</strong> beschlossen.<br />
Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur unter Quellenangabe gestattet.<br />
2
Gliederung Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
Inhaltsübersicht<br />
Seite<br />
Vorwort 6<br />
1. Einleitung 7<br />
2. Der Untersuchungsraum <strong>Bruchsal</strong> 9<br />
2.1 Allgemeine Daten 9<br />
2.2 Der Naturraum 10<br />
2.3 Historische Entwicklung der Kulturlandschaft 10<br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt 12<br />
3.1 Einführung 12<br />
3.2 Schutzgebiete 12<br />
3.3 Naturschutzschwerpunkte in <strong>Bruchsal</strong> 13<br />
3.4 Wald 14<br />
3.5 Rechtliche Rahmenbedingungen 15<br />
Ziel: Förderung und Erhalt der biologischen Vielfalt 16<br />
Indikator 3a: Anteil der Natura 2000-Flächen in % an der <strong>Gesamt</strong>fläche<br />
der Stadt <strong>Bruchsal</strong> im Vergleich zur Landesfläche 16<br />
Ziel: Förderung und Erhalt der biologischen Vielfalt 17<br />
Indikator 3b: Schutzbemühungen für eine seltene Tier- oder Pflanzenart<br />
am Beispiel des Eichenheldbocks 17<br />
4. Boden 18<br />
4.1 Einführung 18<br />
4.2 Flächenverbrauch 19<br />
4.3 Bodenbelastung 21<br />
4.4 Versiegelte Flächen 22<br />
4.5 Baulücken 22<br />
4.6 Flächenentwicklung 23<br />
4.7 Rechtliche Rahmenbedingungen 24<br />
Ziel: Schonender Umgang mit der nicht erneuerbaren Ressource Boden 25<br />
Indikator 4a: Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der <strong>Gesamt</strong>fläche 25<br />
Indikator 4b: Siedlungsdichte – Einwohnerzahl im Bezug auf Siedlungsund<br />
Verkehrsfläche 25<br />
5. Wasser 27<br />
5.1 Einführung 27<br />
5.2 Oberflächengewässer 28<br />
5.2.1 Fließgewässer 29<br />
5.2.2 Stillgewässer 33<br />
5.3 Trinkwasser 35<br />
5.4 Wasserverbrauch und Wassersparen 35<br />
5.5 Abwasser 37<br />
5.6 Rechtliche Rahmenbedingungen 39<br />
Ziel: möglichst geringe Trinkwasserentnahme 41<br />
Indikator 5a: Wasserverbrauch <strong>Gesamt</strong>stadt in Liter pro Einwohner und Tag 41<br />
Indikator 5b: Wasserverbrauch städtische Liegenschaften in m³ 42<br />
Ziel: möglichst geringes Abwasseraufkommen 43<br />
Indikator 5c: Abwasseraufkommen und Reinigungsleistung<br />
Kläranlage <strong>Bruchsal</strong> 43<br />
3
6. Luft und Lärm 45<br />
6.1 Luft 45<br />
6.1.1 Einführung 45<br />
6.1.2 Grenzwerte für Luftschadstoffe 46<br />
6.1.3 Überwachung der Luftqualität in Baden-Württemberg - Messnetze 47<br />
6.1.4 Überwachung der Luftqualität in <strong>Bruchsal</strong> 48<br />
6.1.4.1 Emissionen in <strong>Bruchsal</strong> 49<br />
6.2 Lärm 50<br />
6.2.1 Einführung 50<br />
6.2.2 Lärmbetroffenheit 50<br />
6.2.3 Lärm und Gesundheit 51<br />
6.2.4 Grenzwerte für Lärmarten 51<br />
6.2.5 Umgebungslärmkartierung 52<br />
6.2.6 Straßenlärm 55<br />
6.2.6.1 Allgemeines 55<br />
6.2.6.2 Mautausweichverkehr, Maßnahmen gegen Straßenlärm in <strong>Bruchsal</strong> 56<br />
6.3 Rechtliche Rahmenbedingungen 57<br />
Ziel: möglichst niedrige Luftverschmutzung 58<br />
Indikator 6a: Jahresmittelwerte des Luftschadstoffes Stickstoffdioxid (NO 2 ) 58<br />
Ziel: Möglichst niedrige Lärmbelastung 59<br />
Indikator 6b: Lärmbelastete Einwohner an Hauptverkehrsstraßen und<br />
Haupteisenbahnstrecken 59<br />
7. Verkehr und Mobilität 61<br />
7.1 Einführung 61<br />
7.2 Fußgängerverkehr 62<br />
7.2.1 Einführung 62<br />
7.2.2 Fußgängerverkehr in <strong>Bruchsal</strong> 62<br />
7.3 Radverkehr 63<br />
7.3.1 Einführung 63<br />
7.3.2 Radverkehr in <strong>Bruchsal</strong> 63<br />
7.3.2.1 Kennzahlen der Fahrradnutzung 65<br />
7.3.2.2 Fahrradabstellanlagen 66<br />
7.3.2.3 Schulwegsicherung und Schulwegpläne 67<br />
7.3.2.4 Verkehrssicherheit und Verkehrserziehung 67<br />
7.3.2.5 Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit 68<br />
7.3.3 Serviceleistungen 68<br />
7.3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen 68<br />
Ziel: Verringerung des motorisierten Individualverkehrs 69<br />
Indikator 7a: Beförderungsfälle im ÖPNV in <strong>Bruchsal</strong> 69<br />
Indikator 7b: Zahl der Beschäftigten der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong>, die<br />
den ÖPNV für die Strecke Wohnung – Arbeitsstelle<br />
nutzen (Jobticket) 70<br />
Ziel: Fahrzeuge mit möglichst geringem Schadstoffausstoß 72<br />
Indikator 7c: KFZ-Bestand nach Feinstaubplakette, Stadtverwaltung 72<br />
Ziel: Verringerung des motorisierten Individualverkehrs /<br />
Fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt 73<br />
8. Energie und Klimaschutz 75<br />
8.1 Einführung 75<br />
8.2 Klimawandel und Klimaschutzpolitik 77<br />
8.3 Kommunen als umsetzende Akteure der Energiewende 79<br />
8.3.1 Flächenausweisung für Windenergieanlagen in <strong>Bruchsal</strong> 79<br />
8.4 Energieversorgung und Klimaschutzaktivitäten in <strong>Bruchsal</strong> 80<br />
4
8.5 Rechtliche Rahmenbedingungen 82<br />
Ziel: möglichst niedriger Energieeinsatz 87<br />
Indikator 8a: Energieverbrauch <strong>Gesamt</strong>stadt <strong>Bruchsal</strong> 87<br />
Indikator 8b: Energieverbrauch städtische Liegenschaften in kWh pro Jahr 88<br />
Ziel: möglichst geringe CO 2 -Emissionen 90<br />
Indikator 8c: CO 2 -Emissionen <strong>Gesamt</strong>stadt <strong>Bruchsal</strong> 90<br />
Indikator 8d: CO 2 -Emissionen städtische Liegenschaften in t pro Jahr 91<br />
Ziel: möglichst hoher Anteil an erneuerbaren Energien 92<br />
Indikator 8e: Erneuerbare Energien <strong>Gesamt</strong>stadt in Watt pro Einwohner 92<br />
Indikator 8f: Erneuerbare Energien städtische Liegenschaften 93<br />
9. Abfallwirtschaft 94<br />
9.1 Einführung 94<br />
9.2 Abfallentsorgung/-verwertung für Haushalte im Holsystem von 2009 - 2011 in<br />
Zuständigkeit des Landkreises Karlsruhe 95<br />
9.3 Abfallentsorgung/-verwertung 2009 - 2011 für Teilbereiche in Zuständigkeit<br />
der Stadt <strong>Bruchsal</strong> 96<br />
9.3.2 Einsammeln von wildem Müll 97<br />
9.3.3 Abfallentsorgung/-verwertung im Bringsystem 97<br />
9.3.4. Bedeutung und Ziel der durch die Stadt <strong>Bruchsal</strong> übernommenen<br />
Aufgaben im Bereich der Abfallentsorgung/-verwertung 100<br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein 101<br />
10.1 Einführung 101<br />
10.2 Lokale Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong> 102<br />
10.3 Schulen 103<br />
10.4 Kindergärten 104<br />
10.5 Vereine, Verbände und gemeinnützige Organisationen 104<br />
Ziel: Möglichst viele und vielfältige Möglichkeiten zum Erwerb von<br />
Kompetenzen im Bereich „Umweltschutz“. 105<br />
Indikator 10a: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb<br />
von Kompetenzen im Bereich „Umweltschutz“ im<br />
Rahmen der Lokalen Agenda 21 <strong>Bruchsal</strong>. 105<br />
Indikator 10b: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb<br />
von Kompetenzen im Bereich „Umweltschutz“ im<br />
Rahmen der schulischen Ausbildung. 108<br />
Indikator 10c: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb<br />
von Kompetenzen im Bereich „Umweltschutz“ im<br />
Rahmen der Kindergärten. 110<br />
Indikator 10d: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb<br />
von Kompetenzen im Bereich „Umweltschutz“ im<br />
Rahmen von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen. 112<br />
11. Umweltverwaltung 115<br />
11.1 Organisation des Umweltschutzes bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong> 115<br />
11.2 Beschaffungswesen 117<br />
11.2.1 Einführung 117<br />
11.2.2 Beschaffung bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong> 117<br />
12. Zusammenfassung der mittelfristigen Maßnahmenempfehlungen 119<br />
5
Vorwort<br />
Eine intakte Umwelt ist Lebensgrundlage für Menschen,<br />
Pflanzen und Tiere. Dabei spielen nicht nur der Klimaschutz,<br />
die Reinhaltung der Luft und der Gewässerschutz<br />
eine wichtige Rolle, sondern zunehmend auch die<br />
Reduzierung der Lärmbelastung und der Flächeninanspruchnahme.<br />
Ein funktionierender Hochwasserschutz,<br />
eine sorgsame Abfall- und Abwasserbeseitigung sind<br />
ebenso von Bedeutung wie der Erhalt der biologischen<br />
Vielfalt, unbelasteter Böden, intakter Grünbereiche und<br />
vieles mehr.<br />
Da unsere Umwelt nur in einem begrenzten Maß<br />
Störungen und Belastungen verträgt und auch nur über<br />
eine endliche Menge an nicht erneuerbaren Rohstoffen verfügt, sind entsprechende<br />
Maßnahmen zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen wichtig. Hierfür und<br />
zur Reduzierung der Umweltbelastungen wurden in vergangener Zeit umfangreiche<br />
Vorschriften der Europäischen Union und nationale Umweltgesetze erlassen.<br />
Um das Ausmaß der Umweltinanspruchnahme durch den Menschen einschätzen<br />
und daraus Handlungsempfehlungen ableiten zu können, bilden Daten zu den verschiedenen<br />
Umweltbereichen eine wichtige Grundlage. Da es nicht nur welt- und<br />
landesweitem sondern auch lokalem Handeln bedarf, wurden für <strong>Bruchsal</strong> erstmalig<br />
Daten und Hintergrundinformationen in einem Bericht zusammengestellt, der den<br />
derzeitigen Stand der Umweltsituation in <strong>Bruchsal</strong> und – sofern Daten vorhanden<br />
waren - für einen Zeitraum der letzten zehn Jahre darstellt.<br />
Damit dient der Bericht der Information und Sensibilisierung der Kommunalpolitik, der<br />
Verwaltung und der Öffentlichkeit für die lokalen Belange des Umweltschutzes. Darüber<br />
hinaus kann er Anregung für die Formulierung kommunaler Zielvorgaben und<br />
Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung der Wohnqualität unserer Stadt und ihrer<br />
Naturausstattung zum Wohle ihrer Bürger und Bürgerinnen sein.<br />
Umweltschutz findet nicht nur im Verwaltungshandeln der Stadt <strong>Bruchsal</strong> statt. Bereits<br />
seit vielen Jahren sind viele Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt bereit – sei<br />
es in Gruppierungen wie der Lokalen Agenda 21 oder in Vereinen oder auch in einzelnen<br />
Aktionen – sich für eine lebensgerechtere Umwelt einzusetzen. Für dieses<br />
Engagement bedanke ich mich an dieser Stelle sehr herzlich.<br />
Ebenso gilt mein Dank allen Beteiligten, die an der Erstellung dieses Berichtes mitgewirkt<br />
haben.<br />
Der Umweltbericht <strong>2012</strong> liefert eine wertvolle Entscheidungshilfe für den Gemeinderat,<br />
die Verwaltung und alle am Wohl unserer Stadt interessierten Gruppierungen,<br />
Bürgern und Bürgerinnen für ein umweltbewusstes und nachhaltiges Handeln für eine<br />
lebenswerte Zukunft.<br />
Cornelia Petzold-Schick<br />
Oberbürgermeisterin<br />
6
1. Einleitung<br />
Ein Umweltbericht dokumentiert und veranschaulicht die Umweltsituation der Gemeinde.<br />
Er dient damit als Informations- und Entscheidungsgrundlage sowohl für die<br />
Öffentlichkeit als auch für die Verwaltung der Stadt.<br />
Umweltschutz wird beim Handeln der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> schon an vielen Stellen<br />
berücksichtigt. Mit dem „Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020“ gibt es bereits allgemeine<br />
Ziele zum Thema Umweltschutz, die unter Mitwirkung der Bürgerschaft entstanden<br />
und 2005 im Gemeinderat einstimmig verabschiedet wurden. Mit dem Umweltbericht<br />
als Grundlage können jetzt die Ziele genauer gefasst und konkrete Maßnahmen vorgeschlagen<br />
werden. Der Umweltbericht soll folgende Fragen beantworten:<br />
• Wo steht die Stadt <strong>Bruchsal</strong>, auch im Vergleich zu anderen Kommunen?<br />
• Wo besteht dringender Handlungsbedarf?<br />
• Was kann getan werden?<br />
Da das Thema Umweltschutz in verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltung verankert<br />
ist, wurde eine ämterübergreifende Projektgruppe „Umweltbericht“ gegründet.<br />
Die Projektgruppe besteht aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bau- und Vermessungsamtes,<br />
des Hauptamtes und des Stadtplanungsamtes. Neben weiteren<br />
Fachbereichen der Stadtverwaltung wurden insbesondere die Bereiche Abfallwirtschaft<br />
und Abwasser (Bau- und Vermessungsamt), die Wald- und Forstwirtschaft<br />
(Finanzverwaltung), die Energie- und Wasserversorgung <strong>Bruchsal</strong> GmbH und die<br />
Lokale Agenda 21 miteinbezogen.<br />
Die wichtigste Frage, die es als erstes zu klären galt, war die Form des Umweltberichts.<br />
Hierzu wurden Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichte anderer Kommunen analysiert.<br />
Einige waren ähnlich einem Landschaftsplan beschreibend aufgebaut wie<br />
zum Beispiel der „Umweltbericht 2010 der Stadt Ettlingen“. Die meisten Kommunen<br />
arbeiten aber mit sogenannten Indikatoren und orientieren sich an den Nachhaltigkeitsindikatoren,<br />
die von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz<br />
Baden-Württemberg (LUBW) entwickelt wurden.<br />
Indikatoren dienen als Hilfsmittel zur Veranschaulichung von Sachverhalten über<br />
einen längeren Zeitraum. Defizite und Trends werden dadurch leicht erkennbar und<br />
die Vergleichbarkeit mit anderen Kommunen ist sehr gut. Aber viele Sachverhalte<br />
lassen sich nur schwer über Indikatoren wirklich ausreichend darstellen. So gibt es<br />
zum Beispiel den Indikator „Radwegelänge in km und in Prozent des Straßennetzes“.<br />
Die Projektgruppe hat sich zusammen mit der Lokalen Agenda, Arbeitsgruppe Radwege,<br />
gegen diesen Indikator entschieden, weil er durch die Einbeziehung von 30er<br />
Zonen in das Radwegenetz ein falsches Bild der Fahrradfreundlichkeit vermitteln<br />
würde. Das <strong>Bruchsal</strong>er Straßennetz besteht zwar aus vielen 30er Zonen, aber wie<br />
gut befahrbar diese wirklich für Radfahrer sind, ist damit nicht ausgesagt. Für den<br />
<strong>Bruchsal</strong>er Umweltbericht wurde deshalb eine Mischung aus Beschreibung und Indikatoren<br />
gewählt. Soweit dies für <strong>Bruchsal</strong>er Verhältnisse sinnvoll war, wurden die<br />
kommunalen Nachhaltigkeitsindikatoren der LUBW gewählt (http://www.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/29004/).<br />
Die Umweltinformationen wurden in 9 Themenbereiche gegliedert. Zu jedem Thema<br />
gibt es eine allgemeine Einführung und Informationen zu den wichtigsten gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen sowie zu spezifischen, für <strong>Bruchsal</strong> wichtigen Sachverhalten,<br />
sofern diese Themen nicht über einen Indikator darstellbar waren. Konnten<br />
Indikatoren genutzt werden, sind diese in einer einheitlichen Form, möglichst präg-<br />
7
nant, auf einer Seite dargestellt. Als Vorlage diente der Bericht „Indikatoren nachhaltiger<br />
Entwicklung Fortschreibung 2010“ der Stadt Konstanz.<br />
Trends, positive wie negative, lassen sich nur über eine gute Datenerfassung und –<br />
auswertung nachvollziehen. Das ursprüngliche Ziel, Daten ab dem Jahr 2000 zu erfassen,<br />
war häufig nicht möglich. Entweder haben sich die Erfassungsmethoden im<br />
Laufe der Jahre geändert, wie zum Beispiel beim Thema Abfallwirtschaft, oder es<br />
wurden bisher noch gar keine Daten kontinuierlich erfasst, wie zum Beispiel beim<br />
Thema Luftmessung. Es gibt auch Indikatoren, bei denen eine jährliche Erfassung<br />
nicht notwendig ist, da Änderungen meist nur längerfristig erkennbar sind wie zum<br />
Beispiel beim Bestand der städtischen Fahrzeuge. Nicht zuletzt hat erst die Beschäftigung<br />
mit dem Umweltbericht dazu geführt, dass zukünftig Daten bei der Stadtverwaltung<br />
so erfasst werden, dass eine Vergleichbarkeit gegeben sein wird wie zum<br />
Beispiel beim Papierverbrauch.<br />
Mit dem ersten Umweltbericht der Stadt <strong>Bruchsal</strong> liegt erstmalig eine umfassende<br />
Informations- und Entscheidungsgrundlage zu den wichtigsten Umweltthemen vor.<br />
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung und alle <strong>Bruchsal</strong>er Bürgerinnen<br />
und Bürger können aktiv an der Verbesserung unserer Umwelt mitwirken. Wie<br />
erfolgreich wir dabei sind, werden die Fortschreibungen des Umweltberichts <strong>2012</strong><br />
zeigen.<br />
8
2. Der Untersuchungsraum <strong>Bruchsal</strong><br />
2.1 Allgemeine Daten<br />
Die Große Kreisstadt <strong>Bruchsal</strong> besteht aus der Kernstadt <strong>Bruchsal</strong> und den fünf – im<br />
Laufe der Gemeindereform der siebziger Jahre - eingegliederten Stadtteilen Oberund<br />
Untergrombach, Büchenau, Helmsheim und Heidelsheim. Als größte Stadt im<br />
Landkreis Karlsruhe ist <strong>Bruchsal</strong> das Mittelzentrum des nördlichen Landkreises.<br />
Abbildung 2.1<br />
Flächenanteile der einzelnen Stadtteile (Quelle: Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
Die <strong>Gesamt</strong>gemarkungsfläche beträgt 93,01 km². 2011 lag die Einwohnerzahl bei<br />
42.623 Personen, davon leben 25.170 in der Kernstadt, 5.859 in Untergrombach,<br />
4.675 in Heidelsheim, 2.479 in Obergrombach, 2.234 in Büchenau und 2.206 in<br />
Helmsheim. Seit 2007 ist die Einwohnerzahl ungefähr gleichgeblieben. Die Bevölkerungsdichte<br />
liegt mit 458 Einwohner/km² deutlich über dem Landesdurchschnitt von<br />
302 Einwohner/km² (Statistisches Landesamt Ba-Wü, 2011).<br />
Die aktuelle Raumsituation in <strong>Bruchsal</strong> wird durch die verschiedenen Flächennutzungsanteile<br />
deutlich (s. Abb. 2.2). Nicht überraschend liegen die Werte bei Gebäude-<br />
und Freiflächen sowie bei Verkehrsflächen über dem Landesdurchschnitt. Sie<br />
geben die hohe Bevölkerungsdichte und die gute Infrastruktur wieder.<br />
Besonders die verkehrsgünstige Lage mit Autobahn und Eisenbahnknotenpunkt sind<br />
der zentrale Faktor für den Wirtschaftsstandort <strong>Bruchsal</strong>, der zur TechnologieRegion<br />
Karlsruhe gehört. In <strong>Bruchsal</strong> finden sich sowohl global operierende Konzerne wie<br />
auch mittelständische Unternehmen, die in ihren Nischen zu den Weltmarktführern<br />
zählen. In <strong>Bruchsal</strong> sind mehr als 20.000 Arbeitnehmer beschäftigt.<br />
Mit 44,3 % hat die Landwirtschaftsfläche (Abbildung 2.2) den größten Flächenanteil<br />
unter den Flächennutzungsarten. Hierzu zählen auch viele für den Naturschutz wichtige<br />
Biotope wie Grünland und Streuobstbestände. Auf der landwirtschaftlich genutzten<br />
Fläche werden hauptsächlich Getreide, Mais, Hack- oder Ölfrüchte angebaut.<br />
9
<strong>2012</strong> gibt es 50 landwirtschaftliche Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe, 1999 waren<br />
es noch 74 Betriebe. Dabei sank besonders stark die Zahl der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe mit weniger als 5 ha (Statistisches Landesamt Ba-Wü, <strong>2012</strong>). Mit 30 % haben<br />
die Waldgebiete den insgesamt größten Biotopflächenanteil.<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
übrige Nutzungsarten<br />
Wasserfläche<br />
Waldfläche<br />
Landwirtschaftsfläche<br />
Grünflächen<br />
Verkehrsfläche<br />
Gebäude- und Freifläche<br />
20%<br />
0%<br />
Abbildung 2.2<br />
Vergleich der Flächennutzungsanteile (Quelle: Statistisches Landesamt)<br />
2.2 Der Naturraum<br />
<strong>Bruchsal</strong> 2011 Landeswert 2011<br />
Das Gemeindegebiet der Stadt <strong>Bruchsal</strong> besteht aus den zwei naturräumlichen Einheiten<br />
Hardtebenen und Kraichgau. Die Hardtebenen mit der Kinzig-Murg-Rinne sind<br />
Teil des Oberrheingrabens. Während in den Hardtebenen zumeist sandige Böden mit<br />
kiesig-sandigem Untergrund vorherrschen, finden sich in der Kinzig-Murg-Rinne stellenweise<br />
grundwasserfeuchte Bodenverhältnisse mit Auelehmen. Östlich an die<br />
Hardtebenen angrenzend beginnt der Kraichgau mit der Untereinheit <strong>Bruchsal</strong>er<br />
Randhügel. Dieser Naturraum zeichnet sich durch nur wenig feuchtere und kühlere<br />
Klimabedingungen als die Oberrheinebene aus. Die Bodenverhältnisse werden durch<br />
die fruchtbaren Lössdecken über Muschelkalk oder auch Gesteinen des Keupers<br />
geprägt. Die trockenen Hochlagen werden von den quellenreichen Tälern des Saalbachs<br />
und des Grombachs unterbrochen. Ausgedehnte landwirtschaftliche Nutzflächen<br />
prägen diesen Raum ebenso wie größere Waldgebiete (Landschaftsplan,<br />
2009).<br />
Das besonders milde Klima mit einer Jahresmitteltemperatur von 10° C begünstigt<br />
eine sehr lange Vegetationsperiode. Auch bezüglich der Niederschlagsmengen<br />
nimmt die Region eine Sonderstellung ein. Mit 700 -750 mm durchschnittlichem Jahresniederschlag<br />
werden nur sehr niedrige Werte erreicht, was die Wasserversorgung<br />
für die Vegetation einschränkt.<br />
Die naturräumlichen Gegebenheiten begünstigen den Anbau von Sonderkulturen wie<br />
Spargel, Wein und früher auch Tabak.<br />
2.3 Historischer Entwicklungen der Kulturlandschaft<br />
Der Kraichgau gehört zu den ältesten Kulturlandschaften im deutschen Südwesten.<br />
Die Siedlungstätigkeit begann hier bereits in der Jungsteinzeit. Zwischen 4.000 und<br />
3.000 v. Chr. siedelte im Kraichgau die sogenannte Michelsberger Kultur. Dabei kam<br />
es zu einer fast völligen Entwaldung des Kraichgaus, die zu Bodenerosion und nach-<br />
10
folgendem kulturellem Niedergang führte. Erst ab 2.500 v. Chr. erfolgte eine langsame<br />
Wiederbesiedlung.<br />
Auch zur Römerzeit war der Kraichgau besiedelt und es gab spätestens ab diesem<br />
Zeitraum überregionale Verkehrsverbindungen. So deckt sich der Verlauf einer Römerstraße<br />
praktisch mit der heutigen, alten B 3.<br />
Im Mittelalter wurden zahlreiche Siedlungen auch in der Niederterrasse gegründet<br />
und dadurch der Wald wieder zurückgedrängt. Nach einem starken Bevölkerungswachstum<br />
gab es zunächst im 14. Jahrhundert durch die Pest und nochmals im 17.<br />
Jahrhundert durch den dreißigjährigen Krieg starke Rückgänge der Bevölkerungszahl.<br />
Im 18. und 19. Jahrhundert stiegen die Bevölkerungszahlen wieder stark an, was<br />
dazu führte, dass alle nutzbaren Flächen in Kultur genommen wurden. Im 18. Jahrhundert<br />
erfolgten der Übergang von der Weidewirtschaft mit Waldweide zur Stallfütterung<br />
und die Einführung der Wiesenwässerung zur Steigerung des Heuertrages.<br />
Bei der Wiesenwässerung wurden über ein ausgeklügeltes System an Gräben<br />
mehrmals im Jahr Wiesen mit nährstoffreichem Saalbachwasser überflutet. Etwa ab<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die zuvor durch Waldweide, Mittel- und Niederwaldwirtschaft<br />
stark degradierten Wälder forstwirtschaftlich genutzt und unter dem<br />
Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, ein Begriff, der ursprünglich aus der Forstwirtschaft<br />
stammt, aufgebaut. Im 18. und 19. Jahrhundert erreichte die Kulturlandschaft<br />
ihre größte Diversität unterschiedlicher Biotoptypen und damit einhergehend die<br />
größte Artenvielfalt.<br />
Das 20. Jahrhundert stand im Zeichen der zunehmenden Intensivierung und Mechanisierung<br />
der Land- und Forstwirtschaft. Zahlreiche Flurbereinigungen förderten<br />
diese Entwicklung und führten zu einem starken Rückgang des Strukturreichtums<br />
und damit der Artenvielfalt. Die Ausbreitung der Siedlungen und der Ausbau der Infrastruktur<br />
führten zum Verlust großer Flächen für Landwirtschaft und Naturschutz.<br />
Auch die Fließgewässer insbesondere in der Rheinebene erfuhren durch Ausbau<br />
und Kanalisation starke Veränderungen, die sich auf den Grundwasserspiegel auswirkten<br />
und den Hochwasserschutz verstärkt in den Focus rücken. Zugleich wuchsen<br />
das Verständnis für ökologische Zusammenhänge und das wissenschaftliche Interesse<br />
an der Tier- und Pflanzenwelt. 1934 wurde am Kaiserberg in Untergrombach<br />
eines der ältesten Naturschutzgebiete Baden-Württembergs ausgewiesen (Landschaftsplan,<br />
2009).<br />
11
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020:<br />
Kulturlandschaft pflegen: Die Kulturlandschaft <strong>Bruchsal</strong>s – wie Gewässer, Feuchtgebiete,<br />
Halbtrocken- und Magerrasen sowie der Kraichgaurand mit dem Streuobstgürtel<br />
– wird erhalten, aufgewertet und gepflegt sowie mit ihren Biotopen vernetzt.<br />
Der Erhalt der – die Kulturlandschaft prägenden – landwirtschaftlichen Nutzflächen<br />
wird angestrebt.<br />
Wald naturgemäß bewirtschaften: Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> zeichnet sich durch einen<br />
hohen Anteil an zusammenhängenden Waldflächen mit großer Erholungsqualität<br />
aus. Sie werden nachhaltig und naturgemäß bewirtschaftet.<br />
3.1 Einführung<br />
Nahezu alle Flächen in Deutschland sind in verschiedener Intensität anthropogen<br />
(durch menschliches Verhalten) überprägt. Auch die Gemarkungsfläche <strong>Bruchsal</strong>s ist<br />
eine typische Kulturlandschaft mit vielen wertvollen Biotopen wie den Streuobstwiesen,<br />
Hohlwegen, Steinriegeln und Magerrasen. Besonders der Flächenverbrauch<br />
und mangelnde Pflege führen zum Verlust naturnaher Lebensräume und sind dadurch<br />
auch eine Bedrohung für die biologische Artenvielfalt. Zu den besonders wertvollen<br />
Biotopen gehören auch die ausgedehnten Laubmischwälder mit vielen alten<br />
Eichen und Buchen.<br />
3.2 Schutzgebiete<br />
Um den Erhalt wertvoller Lebensräume zu sichern, gibt es unterschiedliche Schutzkategorien,<br />
die sich sowohl in ihrem rechtlichen Status als auch in ihrer Zielsetzung<br />
unterscheiden:<br />
Bedeutung Natura 2000 (Fauna-Flora-Habitatgebiete (FFH) und Vogelschutzgebiete<br />
(VSG): Schutzgebietsvernetzung innerhalb der EU mit dem Zweck des länderübergreifenden<br />
Schutzes gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und<br />
Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume; 3 FFH-Gebiete, 1 VSG in <strong>Bruchsal</strong><br />
Bedeutung Landschaftsschutzgebiet (LSG): Naturhaushalt, Schönheit und Erholung;<br />
3 LSG in <strong>Bruchsal</strong><br />
Bedeutung Naturschutzgebiet (NSG): Ökologie, Lebensräume, Vielfalt und Einzigartigkeit;<br />
4 NSG`s in <strong>Bruchsal</strong><br />
Bedeutung Naturdenkmale(ND) und flächenhafte Naturdenkmale(FND): Einzelschöpfungen<br />
oder Flächen kleiner als 5 ha, Schutzstatus wie NSG; 9 ND´s, 13<br />
FND`s in <strong>Bruchsal</strong><br />
Bedeutung besonders geschützte Biotope: Schutzstatus ohne förmliches Ausweisungsverfahren,<br />
bestimmte Kriterien müssen erfüllt sein. Zu den besonders häufigen<br />
geschützten Biotopen auf <strong>Bruchsal</strong>er Gemarkung gehören Hohlwege, Trockenmauern,<br />
Steinriegel, Feldhecken und Feldgehölze.<br />
Bedeutung Bannwald: unbeeinflusste Entwicklung eines charakteristischen Waldökosystems,<br />
1 Bannwald „<strong>Bruchsal</strong>er Bruch“.<br />
12
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
Bedeutung Schonwald: Erhaltung, Pflege und Entwicklung eines standorttypischen<br />
Waldökosystems, 3 Schonwälder „Ungeheuerklamm“, „<strong>Bruchsal</strong>er Aue“ und „Saalbachniederung“.<br />
3000<br />
2655<br />
2500<br />
Fläche in ha<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
1155<br />
FFH<br />
VSG<br />
LSG<br />
NSG<br />
FND<br />
Geschützte Biotope<br />
Bannwald<br />
Schonwald<br />
500<br />
0<br />
338<br />
136<br />
26<br />
240<br />
69<br />
309<br />
Schutzgebietskategorien<br />
Abbildung 3.1<br />
Flächenanteile der einzelnen Schutzgebietskategorien, die sich teilweise überlagern<br />
(Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
3.3 Naturschutzschwerpunkte in <strong>Bruchsal</strong><br />
Zu den „Highlights“ auf <strong>Bruchsal</strong>er Gemarkung zählen die Halbtrockenrasen auf dem<br />
Michaels- und Kaiserberg, die ausgedehnte Wiesenlandschaft in der Saalbachniederung<br />
bei Hambrücken und die Streuobstwiesen des Kraichgaurandes. All diese Naturschönheiten<br />
sind auf die richtige Pflege angewiesen, die sich im Laufe der Jahrhunderte<br />
entwickelt hat, heute aber meist nicht mehr zeitgemäß ist. Die große Herausforderung<br />
besteht deshalb in der Sicherung dieser notwendigen Pflege.<br />
Am Michaelsberg wird durch das Regierungspräsidium ein Schafbeweidungsprojekt<br />
durchgeführt. Die ausgedehnten Wiesen unterhalb der Kapelle, die inzwischen in<br />
städtischem Besitz sind, werden zusammen mit einem Naturschutzverein gepflegt.<br />
In der Saalbachniederung, die eine herausragende Bedeutung für die Vogelwelt<br />
hat, wird durch Landwirte Pferdefutter gewonnen. Verschiedene Entwicklungskonzepte<br />
sehen hier die Möglichkeit wieder feuchte Wiesen, die inzwischen fast ganz<br />
verschwunden sind, wiederherzustellen.<br />
Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> hat bisher zwei entsprechende Maßnahmen am Saalbach durchgeführt.<br />
Die 2010 durchgeführte Dammrückverlegung im Bereich der Storchenauswilderung<br />
ermöglicht eine zeitweise Überschwemmung von rund 150.000 m² Wiesenfläche.<br />
Die Förderung der naturraumtypischen Extremstandorte schafft dadurch zusätzlichen<br />
Lebensraum für seltene und spezialisierte Arten der Nasswiesen, Streuwiesen<br />
und Riede.<br />
Durch den Bau der Saalbach-Wagbach-Überleitung 2010 wurden auf <strong>Bruchsal</strong>er und<br />
Hambrücker Gemarkung 800 m neuer Graben und 3700 m Graben und Wagbachbett<br />
reaktiviert. Für die Zukunft bietet die neue Wagbachüberleitung die Möglichkeit, die<br />
13
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
frühere Wiesenwässerung im Gewann Seufzerwiesen wieder zu reaktivieren, und<br />
damit den naturschutzfachlichen Wert der Saalbachniederung weiter zu erhöhen<br />
(siehe auch Kapitel 5.2.1).<br />
Der Erhalt und die Förderung des Streuobstbaus müssen an verschiedenen Punkten<br />
ansetzen, da hier meist sehr viele kleinere Grundstücke und viele Besitzer betroffen<br />
sind. Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> ist in diesem Bereich besonders engagiert. 1995 wurde<br />
das städtische Streuobstmuseum im Gewann Heubühl eingeweiht. Hier können<br />
sich Besucher zu jeder Jahreszeit anhand von mehr als 40 Hochstämmen über alte<br />
Streuobstsorten informieren.<br />
Abbildung 3.2<br />
Streuobstmuseum während der Obsternte (Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
Im Laufe des Jahres werden Kurse zum Obstbaumschnitt und zum Mähen mit der<br />
Sense, sowie Apfelsaftpressen für Kinder angeboten.<br />
1996 war die Stadt <strong>Bruchsal</strong> maßgeblich an der Gründung der Streuobstinitiative im<br />
Stadt- und Landkreis Karlsruhe e.V. beteiligt. Nach dem Aufpreismodell wird hier erfolgreich<br />
der Erhalt artenreicher Streuobstwiesen gefördert. Seit 1995 können über<br />
die Stadt kostengünstig regional bewährte Obsthochstämme erworben werden, ein<br />
Angebot mit großem Zuspruch. Nicht zuletzt bewirtschaftet die Stadt selber 13 Hektar<br />
eigenen Streuobstbestand mit fast 1500 Bäumen.<br />
3.4 Wald<br />
Die städtische Forstverwaltung betreut den Stadtwald mit 1380 ha, zusammen mit<br />
dem Stiftungswald (54 ha) und den Privatwaldflächen (70 ha).<br />
Dabei liegen 1250 ha als eichenreicher Laubmischwald im Wuchsgebiet Neckarland,<br />
180 ha als Stieleichenmischwald und Flußauenwald im Wuchsgebiet Oberrheinische<br />
Tiefebene. Ca. 40 % des Waldes sind als FFH-Gebiet ausgewiesen.<br />
Das Baumartenspektrum gliedert sich in 80% Laubholz und 20% Nadelholz. Dabei<br />
prägt die Rotbuche als dominierende Baumart das Bild des Waldes. Der jährliche<br />
Holzeinschlag beläuft sich auf 11 000 Festmeter, die Versorgung der lokalen Bevölkerung<br />
mit Brennholz spielt eine große Rolle. Der Stadtwald weist einen hohen Anteil<br />
an Altbuchen über 120 Jahren aus, diese alten Bäume bieten Lebensraum für viele<br />
bedrohte Arten.<br />
14
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> hat alle Jagdflächen an private Jäger verpachtet, jährlich werden<br />
auf der <strong>Gesamt</strong>gemarkung über 200 Rehe und mehr als 200 Wildschweine geschossen.<br />
Gerade das Schwarzwild führt in den letzten Jahren durch seine Zunahme zu<br />
großen Schäden in der Landwirtschaft.<br />
Die Waldflächen werden nachhaltig und naturgemäß bewirtschaftet<br />
und sind seit 2000 gemäß PEFC zertifiziert. Das „Programme<br />
for the Endorsement of Forest Certification Schemes“ (PEFC) ist<br />
ein international anerkanntes Gütesiegel, das zusammen mit dem<br />
FSC (Forest Stewardship Council) das bedeutendste Zertifizierungssystem<br />
in der Waldwirtschaft ist. Das Ziel von PEFC ist die<br />
Dokumentation, Verbesserung und Förderung der nachhaltigen<br />
Waldbewirtschaftung nach gleichsam ökonomischen, ökologischen<br />
sowie sozialen Standards (www.pefc.de).<br />
3.5 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Abbildung 3.3<br />
• RICHTLINIE 92/43/EWG DES RATES vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der<br />
natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-<br />
Richtlinie)<br />
• RICHTLINIE 2009/147/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES<br />
RATES vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten<br />
(EU-Vogelschutzrichtlinie)<br />
• Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009, zuletzt geändert am 6. Februar<br />
<strong>2012</strong> (BNatSchG)<br />
• Gesetz zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge<br />
in der freien Landschaft in der Fassung vom 13.12.2005, zuletzt<br />
geändert am 17.12.2009 (NatSchG)<br />
• Bundeswaldgesetz vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037), zuletzt geändert durch<br />
Artikel 1 des Gesetzes vom 31. Juli 2010, BGBl. I S. 1050 (BWaldG)<br />
• Waldgesetz für Baden-Württemberg (Landeswaldgesetz - LWaldG) in der<br />
Fassung vom 31. August 1995<br />
15
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
Ziel: Förderung und Erhalt der biologischen Vielfalt<br />
Die wichtigsten Maßnahmen zum Erhalt und zur Förderung der biologischen Vielfalt sind die<br />
Ausweisung großflächiger Schutzgebiete, die Pflege der Schutzflächen und die Verbindung<br />
der Schutzgebiete über Biotopverbundmaßnahmen.<br />
Indikator 3a: Anteil der Natura 2000-Flächen in % an der <strong>Gesamt</strong>fläche der Stadt<br />
<strong>Bruchsal</strong> im Vergleich zur Landesfläche<br />
30%<br />
28,54%<br />
28,54%<br />
25%<br />
20%<br />
17,30%<br />
15%<br />
10%<br />
11,60%<br />
10,90%<br />
5%<br />
3,60%<br />
0%<br />
Fläche in % der Gemarkungsfläche <strong>Bruchsal</strong><br />
alle Natura-2000-Flächen bezogen auf die<br />
Landesfläche Ba-Wü<br />
Abbildung 3.4<br />
FFH-Fläche, gesamt VSG-Fläche, gesamt Natura 2000, gesamt<br />
Datenquelle:<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong>, LUBW Baden Württemberg<br />
Die vier auf <strong>Bruchsal</strong>er Gemarkung ausgewiesenen Fauna-Flora-Habitat-<br />
Gebiete (FFH) haben eine Flächengröße von 2.655 ha (28,5 %). Das einzige<br />
Vogelschutzgebiet (VSG) hat eine Größe von 338 ha (3,6 %). Die <strong>Gesamt</strong>fläche<br />
der Natura 2000-Gebiete liegt aufgrund von Überlagerungen bei<br />
2.655 ha.<br />
Die Natura 2000-Gebiete sind ein innerhalb der EU länderübergreifendes<br />
Schutzgebietsnetz. Es dient dem Erhalt und der Förderung gefährdeter wildlebender<br />
heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume.<br />
Der Anteil der FFH-Flächen in <strong>Bruchsal</strong> liegt weit über dem Landesdurchschnitt,<br />
ein Hinweis auf die große Bedeutung der natürlichen und naturnahen<br />
<strong>Bruchsal</strong>er Lebensräume.<br />
Das Regierungspräsidium lässt derzeit Managementpläne für die Gebiete<br />
„Lußhardt“ und „Mittlerer Kraichgau“ erstellen. Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> ist an der<br />
Erstellung der Pläne fachlich beteiligt.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Pflege entsprechend der Managementpläne (Selbstverpflichtung der Stadt <strong>Bruchsal</strong> für<br />
städtische Flächen)<br />
Weitere Informationen:<br />
Es gibt verschiedene Lebensraumtypen bzw. Tier- und Pflanzenarten, für die Baden-<br />
Württemberg eine besondere Verantwortung trägt. In <strong>Bruchsal</strong> finden sich davon u.a. die<br />
magere Flachland-Mähwiese, das Grüne Besenmoos, das Große Mausohr und der Eichenheldbock.<br />
16
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
3. Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
Ziel: Förderung und Erhalt der biologischen Vielfalt<br />
Die wichtigsten Maßnahmen zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt sind die Ausweisung<br />
großflächiger Schutzgebiete, die Pflege der Schutzflächen und die Verbindung der<br />
Schutzgebiete über Biotopverbundmaßnahmen. Darüber hinaus sind spezielle Artenschutzmaßnahmen<br />
für einzelne Tier- oder Pflanzenarten sinnvoll.<br />
Indikator 3b: Schutzbemühungen für eine seltene Tier- oder Pflanzenart am Beispiel<br />
des Eichenheldbocks<br />
Vom Heldbock besiedelte Eichen am Baggersee<br />
Untergrombach<br />
10<br />
9<br />
8<br />
Anzahl Eichen<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
2006 2008 2010 <strong>2012</strong><br />
Abbildung 3.5<br />
Jahr<br />
Abbildung 3.6 (Foto: Renate Korin)<br />
Datenquelle: Stadt <strong>Bruchsal</strong>, LUBW Baden Württemberg<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
erfasst werden vom Eichenheldbock besiedelte Eichen am Baggersee Untergrombach<br />
Der Eichenheldbock gehört zu den seltensten Käfern Deutschlands. Er ist<br />
nach EU-Recht streng geschützt und zählt als Art, für die FFH-Gebiete ausgewiesen<br />
werden. In der Roten Liste der Totholzkäfer Baden-Württembergs<br />
wird er in der Gefährdungskategorie 1 „vom Aussterben bedroht“ geführt. In<br />
Baden-Württemberg kommt der Eichenheldbock nur noch am nördl. Oberrhein<br />
vor.<br />
Entwicklung: Der Zustand der Eichen verschlechtert sich zunehmend. Fünf der vom Eichenheldbock<br />
besiedelten Eichen wurden aus Verkehrssicherungsgründen<br />
inzwischen eingezäunt. Zwei außerhalb stehende stark eingekürzt.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
Eichenheldbock:<br />
• Erhalt der abgängigen Eichen so lange wie möglich<br />
• Nachpflanzung neuer Eichen<br />
Allgemein:<br />
• Sachgerechte Pflege von Biotopen<br />
• Biotopverbundmaßnahmen, z.B. Blühstreifen in Feldflur<br />
• Artenschutz im Bewusstsein der Bevölkerung verankern<br />
• Weitere spezielle Artenschutzmaßnahmen für Steinkauz, Fledermäuse, Feldflurarten<br />
• Erstellung einer Informationsbroschüre zum Thema „Artenschutz bei Bauvorhaben“<br />
Weitere Informationen:<br />
Langfristig kann der Eichenheldbock nur durch den Schutz alter Eichen und rechtzeitige<br />
Nachpflanzung vor dem Aussterben bewahrt werden.<br />
17
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
4. Boden<br />
Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020:<br />
Ressourcenpolitik bei der Stadtplanung berücksichtigen<br />
Kommunale Planungen orientieren sich an den Grundsätzen einer nachhaltigen<br />
Ressourcenpolitik (z.B. bei Bebauungsplänen, Verkehrswegeplanungen u.a.).<br />
bei der Erschließung neuer Baugebiete wird eine an die Anforderungen der passiven<br />
Solarenergienutzung angepasste Bebauungsstruktur sowie die Regenwassernutzung<br />
innerhalb des Gebietes angestrebt.<br />
Bodengüte sichern<br />
Da Boden ein besonders schützenswertes Gut darstellt, wird bei Planungen der Versiegelungsgrad<br />
minimiert, eine Entsiegelung vorhandener Flächen sowie der Erhalt<br />
der Bodenqualität angestrebt.<br />
Innenentwicklung stärken<br />
Die Entwicklung von Flächen in den Innenbereichen hat Vorrang vor der Ausweisung<br />
von Flächen im Außenbereich.<br />
Für die Innenentwicklung werden Potenziale an unbebauten aber bereits erschlossenen<br />
Wohn- und Gewerbeflächen aktiviert. Die Stadt strebt neue Strategien zur Baulückenerschließung<br />
an, z.B. durch offensive Werbung und Baulückenmanagement.<br />
Ältere Wohnquartiere werden durch Sanierungsmaßnahmen verstärkt aufgewertet.<br />
Gewerbebrachen werden durch gezielte Planungs- und Fördermaßnahmen standortgerecht<br />
entwickelt.<br />
Eingeschränkte Außenentwicklung mit Infrastruktur verknüpfen<br />
Außenentwicklung wird auf das notwendige Maß begrenzt und nur an geeigneten<br />
Stellen ermöglicht. Aus Gründen der Erhaltung des typischen Landschaftsbildes des<br />
Kraichgaurandes sowie der Wohnqualität soll ein behutsamer Umgang mit Außenbereichsflächen<br />
erfolgen.<br />
Neue Bauflächen werden bevorzugt dort ausgewiesen, wo ausreichend Infrastruktur,<br />
eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sowie eine gute Erreichbarkeit<br />
zu Fuß oder mit dem Fahrrad gewährleistet ist.<br />
4.1 Einführung<br />
Böden bilden die oberste Schicht der Erdkruste und sind Lebensgrundlage für Menschen,<br />
Pflanzen und Tiere. Zusammen mit Wasser, Sonnenlicht und Luft bildet der<br />
Boden die Grundlage allen Lebens. Boden ist Bestandteil des Naturhaushalts und<br />
bietet mit seinem Wasserhaushalt und Nährstoffkreisläufen die Voraussetzungen für<br />
Ackerbau, Viehzucht und die Produktion pflanzlicher Rohstoffe. Als Filter und Puffer,<br />
Um- und Abbaumedium für Schadstoffe hat Boden eine grundlegende Bedeutung für<br />
die Qualität der Grund- und Oberflächengewässer. Böden bilden Prozesse ihrer Entstehungsgeschichte<br />
und der auf sie einwirkenden menschlichen Einflüsse ab und<br />
sind damit ein Archiv der Natur- und Kulturgeschichte. Schließlich werden Böden zur<br />
Produktion von Nahrungsmitteln, als Rohstofflager oder Rohstofflagerabbaustätten<br />
und als Fläche für Siedlung, Verkehr und Erholung benötigt und erfüllen somit wesentliche<br />
Nutzungsfunktionen für den Menschen (Quelle: Webseite LUBW „Was leisten<br />
unsere Böden“).<br />
18
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
Abbildung 4.1<br />
Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt<br />
Im Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) werden die Aufgaben des Bodens, der<br />
ein schutzwürdiges Naturgut ist, in folgende Funktionen zusammengefasst:<br />
• natürliche Funktionen wie Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere,<br />
Pflanzen und Bodenorganismen, Bestandteil des Naturhaushaltes und von<br />
Wasser- und Nährstoffkreisläufen, Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für<br />
stoffliche Einwirkungen<br />
• Nutzungsfunktionen wie Rohstofflagerstätte, Fläche für Siedlung, Verkehr, Erholung,<br />
Ver- und Entsorgung, land- und forstwirtschaftliche Nutzung, sonstige wirtschaftliche<br />
und öffentliche Nutzung<br />
• Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte.<br />
Durch Versiegelungen, Abgrabungen, Verdichtungen, Eintrag von Schadstoffen,<br />
Erosionen etc. können die Bodenfunktionen gestört werden. Dies kann neben dem<br />
grundsätzlichen Verlust von Boden und seinen Funktionen z.B. zu Hochwasser, zu<br />
Grundwasserbelastungen, zu Überdüngung von Oberflächengewässern etc. führen.<br />
4.2 Flächenverbrauch<br />
Der Begriff Flächenverbrauch umschreibt die Umwidmung von vormals land- und<br />
forstwirtschaftlich genutzter Fläche zu siedlungsbezogener Nutzung, wobei dieser<br />
Prozess meist nicht umkehrbar ist.<br />
Da Grund und Boden nur begrenzt verfügbar ist, müssen zum einen die angemessene<br />
Versorgung der Bevölkerung mit Flächen und Einrichtungen für die Befriedigung<br />
allgemeiner Lebensbedürfnisse (z.B. Wohnungen, Arbeitsstätten, Infrastruktur-<br />
19
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
einrichtungen etc.) und zum anderen der Schutz und sorgsame Umgang mit der<br />
Ressource Boden berücksichtigt werden. Die Flächennutzung steht somit im Schnittpunkt<br />
ökologischer, ökonomischer und sozialer Entwicklungen.<br />
Nach einem Beschluss der Bundesregierung soll die Zunahme des Flächenverbrauchs<br />
bundesweit von 120 Hektar täglich (Referenzzeitraum 1997/2000) bzw.<br />
94 Hektar täglich im Jahr 2009 bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar täglich gesenkt werden.<br />
Für Baden-Württemberg leitet sich daraus für 2020 ein Zielwert von 3 Hektar pro<br />
Tag ab (Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Statistisches<br />
Landesamt Baden-Württemberg).<br />
Täglicher Flächenverbrauch in Baden-Württemberg<br />
(Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg)<br />
Jahr 97/00 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Siedlungs- und<br />
Verkehrsfläche*<br />
(Hektar)<br />
12,0 11,8 10,6 10,3 8,8 8,8 9,4 10,3 8,2 7,0 6,6<br />
Tabelle 4.1<br />
*Siedlungs- und Verkehrsfläche setzt sich aus Gebäude- und Freiflächen, Erholungsflächen<br />
(z.B. Sportflächen, Grünanlagen), Verkehrsflächen (z.B. Straßen, Wege,<br />
Plätze, Bahngelände) und Betriebsflächen (z.B. Entsorgungsanlagen) zusammen.<br />
Siedlungs- und Verkehrsfläche <strong>Bruchsal</strong><br />
2040<br />
Siedlungs- und Verkehrsfläche in Hektar<br />
2020<br />
2000<br />
1980<br />
1960<br />
1940<br />
1920<br />
2021<br />
2014 2015<br />
2017<br />
1983<br />
1978<br />
1958<br />
1960<br />
1952<br />
1954<br />
1936<br />
1939<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Jahr<br />
Abbildung 4. 2<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg<br />
In <strong>Bruchsal</strong> hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche seit dem Jahr 2000 mit 1936 Hektar<br />
um 81 Hektar auf insgesamt 2017 Hektar im Jahr 2011 zugenommen. Dies entspricht<br />
einer durchschnittlichen jährlichen Zunahme von rund 7 Hektar, was einer<br />
Größenordnung von etwa 10 Fußballfeldern (100m x 70 m) im Jahr entspricht.<br />
Bereits in zurückliegenden Jahren hat <strong>Bruchsal</strong> bei der städtebaulichen Entwicklung<br />
einen besonderen Schwerpunkt auf vorrangige Maßnahmen der Innenentwicklung<br />
gelegt. Unbebaute aber bereits erschlossene Wohn- und Gewerbeflächen werden<br />
aktiviert sowie ältere Wohnquartiere durch Sanierungsmaßnahmen verstärkt aufgewertet<br />
(s. hierzu auch Punkt 4.6, Seite 23).<br />
20
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
4.3 Bodenbelastung<br />
Produktion, Verarbeitung und Konsum von industriellen und gewerblichen Produkten<br />
und die Beseitigung entstandener Abfälle haben Spuren im Boden und Grundwasser<br />
hinterlassen. Seit rund 25 Jahren ist das Land Baden-Württemberg damit beschäftigt,<br />
Gefahren, die von ehemaligen Müllablagerungen und gewerblichen Standorten ausgehen<br />
können, zu erkennen und zu beseitigen. Die Ende 2002 abgeschlossene erste<br />
landesweite Erhebung altlastenverdächtiger Flächen wird seither durch die Landund<br />
Stadtkreise fortgeführt und aktualisiert.<br />
Altlasten werden im BBodSchG als ehemalige Abfallbeseitigungsanlagen oder sonstige<br />
Müllablagerungen (Altablagerungen) sowie ehemals industriell oder gewerblich<br />
genutzte Grundstücke (Altstandorte), auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen<br />
umgegangen wurde und von denen Gefahren für den Menschen oder die Umwelt<br />
ausgehen können, beschrieben. Durch Altlasten können die Schutzgüter Boden,<br />
Grundwasser, Oberflächengewässer, Flora und Fauna in unterschiedlicher Stärke<br />
betroffen sein. Der Anteil der Wirkungspfade von Altlasten in Baden-Württemberg<br />
betrifft in den überwiegenden Fällen das Schutzgut Grundwasser (83%), gefolgt von<br />
dem Schutzgut Mensch (13%) und Nutzpflanze (2%) (Quelle: Landesanstalt für Umwelt,<br />
Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), Altlastenstatistik<br />
2011).<br />
Von Altlasten betroffene Schutzgüter<br />
83,1 % Grundwasser<br />
12,7 % Mensch<br />
2,1 % Pflanze<br />
1,2 % Oberflächengewässer<br />
0,8 % Gefahr durch Deponiegas<br />
0,1 % Sonstige Gefahren<br />
Auf der Gemarkung <strong>Bruchsal</strong> sind 215 Altstandorte sowie 49 Altablagerungen erfasst,<br />
bei denen hauptsächlich Hausmüll, Erdaushub und Bauschutt abgelagert wurden.<br />
Unabhängig von den anthropogen verursachten Schadstoffgehalten können sich<br />
auch durch natürliche Prozesse Schadstoffgehalte in Böden anreichern. Auf <strong>Bruchsal</strong>s<br />
Gemarkung liegen geogene, d.h. natürliche Belastungen des Bodens und<br />
Grundwassers mit Arsen und Schwermetallen vor, die aus Vererzungen in den natürlich<br />
anstehenden Gesteinen resultieren. Unter Vererzungen, die gebunden an die<br />
Rheingrabentektonik entlang des Oberrheingrabens häufig auftreten, versteht man<br />
natürliche Anreicherungen von Mineralien oder Gesteinen, aus denen Metalle gewonnen<br />
werden können.<br />
Wegen dieser natürlichen Belastungen wurden für die Baugebiete „Nördlich Annabach-Seilersbahn“,<br />
„Zwischen Klosterstr. und Hans-Thoma-Str.“, „Bleiche“, „Oberer<br />
21
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
Weiherberg“, „Andreasstaffel“ und „Eggerten-Nord“ entsprechende Untersuchungen<br />
im Auftrag der Stadt <strong>Bruchsal</strong> durchgeführt. Diese führten zum Ergebnis, dass das<br />
bei der Bebauung anfallende Aushubmaterial grundsätzlich wieder eingebaut werden<br />
kann, bei Nichtverwendung entsprechend entsorgt werden muss und dass in Teilbereichen<br />
zukünftig unversiegelter Flächen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung einer<br />
oralen oder inhalativen Schadstoffaufnahme zu ergreifen sind wie z.B. Überdeckung<br />
mit unbelastetem Material oder Einbau von Grabsperren auf Kinderspielplätzen.<br />
Entsprechende Regelungen wurden in die Bebauungspläne der betroffenen Gebiete<br />
aufgenommen.<br />
4.4 Versiegelte Flächen<br />
Bei Einführung der „gesplitterten Abwassergebühr“ wurden Gebäudeflächen und versiegelte<br />
Freiflächen ermittelt. Entsprechend ihres Versiegelungsgrades wurden die<br />
Flächen vollständig oder als Teilfläche zur sog. abflussrelevanten Fläche auf insgesamt<br />
3,7 Mio m 2 addiert (Stand Oktober <strong>2012</strong>). Es handelt sich hierbei nicht um eine<br />
tatsächlich vorhandene Fläche, weil z.B. ein begrüntes Dach nicht mit der tatsächlichen,<br />
sondern mit geringerer Fläche in die Berechnung einfließt.<br />
Um ein mögliches Belagsänderungs- bzw. Entsiegelungspotenzial aufzeigen zu können,<br />
ist nur der Teil der versiegelten Freifläche bedeutsam. Bei Belagsänderungen<br />
handelt es sich um eine teilweise Entsiegelung der Fläche, z.B. den Ersatz eines Asphaltbelages<br />
auf einer Parkplatzfläche durch Rasengittersteine, während eine Entsiegelung<br />
den vollständigen Rückbau bezeichnet.<br />
Derzeit ist eine Auswertung der versiegelten Freifläche nicht vorhanden.<br />
4.5 Baulücken<br />
In aller Regel bestehen in bereits erschlossenen Baugebieten noch Baulücken. Zuletzt<br />
wurden im Jahr 2007 Baulücken und Entwicklungsreserven in <strong>Bruchsal</strong> erfasst.<br />
Als Baulücken wurden dabei Grundstücke bezeichnet, die nach § 34 BauGB ohne<br />
zusätzlichen Erschließungsaufwand und Bodenordnung bebaut werden könnten bzw.<br />
noch unbebaute, jedoch erschlossene Baugrundstücke in Bebauungsplangebieten.<br />
Baulücken gesamt<br />
Baulücken Wohn-/<br />
Mischgebiet<br />
Baulücken<br />
Gewerbegebiet<br />
Gemarkung<br />
Grundstücke<br />
Hektar<br />
(netto)<br />
Grundstücke<br />
Hektar<br />
(netto)<br />
Grundstücke<br />
Hektar<br />
(netto)<br />
Kernstadt 257 47,1 211 15,3 42 31,8<br />
Büchenau 36 3,3 29 1,6 7 1,7<br />
Obergrombach 48 2,8 48 2,8 0 0<br />
Untergrombach 74 5,1 65 3,5 9 1,6<br />
Helmsheim 135 10,1 131 9,1 4 1,0<br />
Heidelsheim 125 9,0 121 7,9 4 1,1<br />
<strong>Gesamt</strong> 675 77,4 605 40,2 66 37,2<br />
Tabelle 4.2<br />
Quelle: Bau- und Vermessungsamt, Stadtplanungsamt Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong><br />
(Stand September 2007)<br />
22
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
Aktuell stehen 31 städtische Grundstücke für Wohnbau und eines für Gewerbe in<br />
Büchenau zum Verkauf an (Stand November <strong>2012</strong>):<br />
Städtische Wohnbaugrundstücke<br />
zum Verkauf im Baugebiet<br />
Anzahl<br />
Städtische Gewerbegrundstücke<br />
zum Verkauf im Baugebiet<br />
<strong>Bruchsal</strong>, Oberer Weiherberg 9 Büchenau, Gewerbegebiet Nord 1<br />
Büchenau, Gärtenwiesen Ost 2<br />
Heidelsheim, Obermühlteich 12<br />
Helmsheim, Neuwiesen 2<br />
Obergrombach, Kissel 1<br />
Untergrombach, Ernst-Renz-Str. 5<br />
Summe 31 1<br />
Tabelle 4.3<br />
Quelle: Bau- und Vermessungsamt, Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> (Stand November <strong>2012</strong>)<br />
Anzahl<br />
Städtische Bau- und Gewerbegrundstücke werden nur mit einer Bauverpflichtung<br />
verkauft, d.h. der Baubeginn muss innerhalb von 2 Jahren erfolgt sein. Insoweit spielen<br />
Baulücken keine Rolle.<br />
Allerdings werden „Private Wohnbaulücken“ von den Eigentümern teilweise als Reserve<br />
für die Zukunft gehalten und sind nur begrenzt für eine Bebauung aktivierbar,<br />
da gesetzliche Grundlagen nicht ausreichend greifen.<br />
Im Sinne eines ressourcenschonenden Umgangs mit dem nicht vermehrbaren Gut<br />
Grund und Boden soll bei der künftigen Siedlungsentwicklung <strong>Bruchsal</strong>s die Flächenneuinanspruchnahme<br />
möglichst gering ausfallen. Deshalb ist angedacht die<br />
heute und in den nächsten 10 – 20 Jahren durch den demographischen Wandel zu<br />
erwartenden Reserven im Inneren zu erfassen. Hierbei sollte schwerpunktmäßig Folgendes<br />
ermittelt werden:<br />
• Erhebungen zu untergenutzten Flächen, Baulücken und Brachen<br />
• Erhebung des Leerstandes<br />
• Ermittlung der Potenziale, die durch die demographische Entwicklung zu erwarten<br />
sind.<br />
4.6 Flächenentwicklung<br />
Die Ausweisung neuer Siedlungsflächen sollte nur unter Einbeziehung der demographischen<br />
Entwicklung und nach Prüfung vorhandener Alternativen wie Innenentwicklung<br />
und Umnutzung geschehen. Bereits in den zurückliegenden Jahren wurde in der<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong> ein besonderer Schwerpunkt auf die Nutzung und Aktivierung von<br />
vorhandenen Innenentwicklungspotenzialen gelegt, wie die Baugebiete „Schlachthof“,<br />
„Bleiche“, „Nördlich Annabach-Seilersbahn“ und „Zwischen Klosterstraße und<br />
Hans-Thoma-Straße“ belegen. Als wesentlicher weiterer Baustein der Innenentwicklung<br />
wird derzeit das Projekt „Bahnstadt“ entwickelt. Daneben werden ältere Wohnquartiere<br />
durch Sanierungsmaßnahmen oder Programme wie „Kooperation im Quartier<br />
(KiQ)“ verstärkt aufgewertet.<br />
Demgegenüber wurde die Entwicklung von Außenbereichsflächen in den zurückliegenden<br />
Jahren in der Stadt <strong>Bruchsal</strong> sehr zurückhaltend betrieben. Im Bereich der<br />
23
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
Kernstadt wurden nur folgende Baugebiete realisiert: „Silberhölle-Eggerten“ 1987,<br />
„Innere Krottbach“ 2001 und „Oberer Weiherberg“ 2009. Dies gilt gleichermaßen für<br />
die Stadtteile:<br />
Büchenau: „Kleinfeld“ 1994, „Gärtenwiesen-Ost“ 2006<br />
Heidelsheim: „Obermühlteich“ 2006<br />
Helmsheim: „Hinter der Kirch“ 1982, „Hohbrunnen“ 1982<br />
Obergrombach: „Tanzberg“ 1993, „Kissel“ 2006<br />
Untergrombach: „Sand II“ 1991.<br />
Gewerbeflächen wurden in den vergangenen 20 Jahren in einer <strong>Gesamt</strong>größe von<br />
ca. 74 ha in der Kernstadt <strong>Bruchsal</strong> und den Stadtteilen entwickelt. Weiterhin sollte<br />
entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung ein ausreichend großes Kontingent an<br />
gewerblich nutzbaren Flächen bereitgestellt werden, auch durch Nachverdichtung<br />
bestehender Gebiete. Damit kann einerseits eine Erweiterung der ansässigen Firmen<br />
ermöglicht und andererseits neuen ansiedlungswilligen Betrieben die Möglichkeit einer<br />
Niederlassung eingeräumt werden.<br />
Hierbei ist anzumerken, dass die im Flächennutzungsplan 2025 ermittelten Bedarfszahlen<br />
an Gewerbeflächen in der Kernstadt <strong>Bruchsal</strong> kaum mit den freien Flächen in<br />
bestehenden Gewerbegebieten und mit zur Neuausweisung zur Verfügung stehenden<br />
Entwicklungsbereichen abgedeckt werden können, ohne mit regionalplanerischen<br />
Restriktionen konfrontiert zu sein. Entsprechende Änderungen des Regionalplanes<br />
sind in Vorbereitung.<br />
4.7 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
• Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von<br />
Altlasten (Bundesbodenschutzgesetz – BBodSchG)<br />
• Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)<br />
• Gesetz zur Ausführung des Bundes-Bodenschutzgesetzes (Landes-Bodenschutzund<br />
Altlastengesetz – LBodSchAG)<br />
• Baugesetzbuch (BauGB)<br />
• Verschiedene andere Gesetze und Verordnungen sind für den Bodenschutz relevant,<br />
wie das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), das Gesetz zur Förderung<br />
der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung<br />
von Abfällen (KrWG), das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und weitere<br />
Gesetze im Bereich der Bauordnung, Düngemittel etc.<br />
24
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
Ziel: Schonender Umgang mit der nicht erneuerbaren Ressource Boden<br />
Indikator 4a: Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der <strong>Gesamt</strong>fläche<br />
25,0<br />
Fläche in % der <strong>Gesamt</strong>fläche<br />
20,0<br />
15,0<br />
10,0<br />
5,0<br />
6,8 6,8 6,9 7,0 7,0 6,9 7,0 7,0 7,1 7,1 7,1 7,0<br />
14,0 14,0 14,1 14,1 14,0 14,2 14,3 14,3 14,6 14,6 14,7 14,7<br />
0,0<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Jahr<br />
Siedlungsfläche<br />
Verkehrsfläche<br />
Abbildung 4.3<br />
Indikator 4b: Siedlungsdichte – Einwohnerzahl im Bezug auf Siedlungs- und<br />
Verkehrsfläche<br />
Ew/km²<br />
2.260<br />
2.180<br />
2.158 2.171 2.183 2.180 2.188 2.188 2.185 2.180<br />
2.148 2.143 2.139 2.149<br />
2.100<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Jahr<br />
Abbildung 4.4<br />
Datenquelle:<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong>, Bau- und Vermessungsamt; Statistisches Landesamt<br />
Baden-Württemberg<br />
25
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
4. Boden<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Siedlungs- und Verkehrsflächen in Prozent der gesamten Gemarkungsfläche.<br />
Siedlungsflächen umfassen Gebäude- und Freiflächen,<br />
Betriebsflächen sowie Erholungsflächen.<br />
Unter Verkehrsflächen werden alle unbebauten aber versiegelten Flächen<br />
zusammengefasst, die dem Straßen, Schienen- und Luftverkehr<br />
dienen.<br />
Siedlungsdichte: Einwohnerzahl pro km² Siedlungs- und Verkehrsfläche<br />
(Ew/km²).<br />
Boden ist nur begrenzt verfügbar und dient zum einen einer<br />
angemessenen Versorgung der Bevölkerung mit Fläche und Einrichtungen<br />
für die Befriedigung allgemeiner Lebensbedürfnisse und erfüllt<br />
zum anderen verschiedene Funktionen wie Nährstoffquelle, Wasserspeicher,<br />
Schadstofffilter, Rohstofflagerstätte, Lebensraum usw. Eine<br />
zunehmende Versiegelung bedeutet neben dem Verlust dieser Bodenfunktionen<br />
mit negativen Auswirkungen z.B. auf die Grundwasserneubildung<br />
und auf die Retention des Niederschlagwassers gleichzeitig einen<br />
Verlust der Vegetation, der Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten<br />
sowie naturnaher Erholungsflächen. Um die Ressource Boden<br />
zu schonen und einer fortlaufenden Landschaftszerschneidung<br />
entgegenzuwirken, sollten gezielt Innenentwicklungspotenziale genutzt<br />
werden. „Kompakte Städte“ ermöglichen kurze Wege und somit auch<br />
den Zugriff auf umweltfreundliche Verkehrsmittel.<br />
In <strong>Bruchsal</strong> ist eine leichte Zunahme der Verkehrs- um 0,2 Prozentpunkte<br />
und etwas stärker der Siedlungsfläche um 0,7 Prozentpunkte<br />
zu verzeichnen.<br />
Der Siedlungsdichtewert ist im betrachteten Zeitraum geringfügig<br />
schwankend und liegt im Durchschnitt bei 2.168 Ew/km², was in etwa<br />
dem Landeswert von Baden-Württemberg entspricht (2.142 Ew/km² im<br />
Jahr 2010).<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Bereits in zurückliegenden Jahren wurde in der Stadt <strong>Bruchsal</strong> ein besonderer Schwerpunkt<br />
auf die Nutzung und Aktivierung von vorhandenen Innenentwicklungspotenzialen<br />
gelegt. Unbebaute aber bereits erschlossene Wohn- und Gewerbeflächen werden aktiviert<br />
sowie ältere Wohnquartiere durch Sanierungsmaßnahmen verstärkt aufgewertet.<br />
Innenentwicklung hat weiterhin Vorrang vor Außenentwicklung.<br />
• Erfassung innerstädtischer Flächenpotenziale (Durchführung im Jahr 2013 vorgesehen)<br />
• Erhalt bzw. Schaffung dichter, kompakter Strukturen und Nachverdichtungen<br />
• Gewinnung innerstädtischen Wohnraums durch Um- und Ausbau bestehender Gebäude<br />
• Am Bedarf orientierte Umnutzung von Gebäuden und Strukturen<br />
• Erhebung von Entsiegelungspotenzial<br />
26
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
5. Wasser<br />
Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020:<br />
Trinkwasserversorgung sichern: Trinkwasser wird aus eigenen Brunnen und Quellen<br />
erschlossen. Zur Qualitätssicherung ist eine Einhaltung der Restriktionen in den<br />
ausgewiesenen Trinkwasserschutzgebieten vorrangig.<br />
Die Grundwasserqualität wird durch die Minimierung von Schadstoffeinträgen insgesamt<br />
gesichert.<br />
Sparsamen Umgang mit Ressourcen fördern: Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> unterstützt den<br />
sparsamen Umgang mit endlichen Ressourcen und fördert die Nutzung erneuerbarer<br />
Ressourcen. Die verstärkte Förderung der Nutzung regenerativer Energien, wie Solarenergie<br />
und Erdwärme, wird angestrebt.<br />
Ressourcenpolitik bei der Stadtplanung berücksichtigen: Kommunale Planungen<br />
orientieren sich an den Grundsätzen einer nachhaltigen Ressourcenpolitik (z.B.<br />
bei Bebauungsplänen, Verkehrswegeplanungen u.a.).<br />
Bei der Erschließung neuer Baugebiete wird eine an die Anforderungen der passiven<br />
Solarenergienutzung angepasste Bebauungsstruktur sowie die Regenwassernutzung<br />
innerhalb des Gebietes angestrebt.<br />
Kulturlandschaft pflegen: Die Kulturlandschaft <strong>Bruchsal</strong> – wie Gewässer, Feuchtgebiete,<br />
Halbtrocken- und Magerrasen sowie der Kraichgaurand mit dem Streuobstgürtel<br />
– wird erhalten, aufgewertet und gepflegt sowie mit ihren Biotopen vernetzt.<br />
Der Erhalt der – die Kulturlandschaft prägenden – landwirtschaftlichen Nutzflächen<br />
wird angestrebt.<br />
Fließgewässer erlebbar machen: Durch neue Wegeführung und Gestaltung werden<br />
die vorhandenen Fließgewässer erlebbar gemacht und das Orts- bzw. Stadtbild<br />
insgesamt aufgewertet.<br />
5.1 Einführung<br />
Wasser ist die grundlegende Voraussetzung für alles Leben auf der Erde. Es ist unverzichtbarer<br />
Bestandteil des gesamten Naturhaushaltes, dient als Lebensraum für<br />
Pflanzen und Tiere und als Lebensgrundlage des Menschen. In diesem Sinne müssen<br />
nach dem neuen Wasserhaushaltsgesetz unsere Wasserressourcen als „nutzbares<br />
Gut“ geschützt werden. Dies gelingt nur bei Beachtung des Zusammenspiels und<br />
der Wechselwirkungen zwischen Trinkwasser, Oberflächenwasser und Abwasser im<br />
gesamten Wasserkreislauf.<br />
27
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Abbildung 5.1<br />
Der Wasserkreislauf (Umweltbericht Ettlingen)<br />
Intakte Gewässerökosysteme stehen auch in weit reichenden Wechselwirkungen mit<br />
dem Boden und der Atmosphäre, so dass Eingriffe oft beträchtliche Folgen haben.<br />
Insbesondere durch Bautätigkeit und Einleitungen sind die natürlichen Funktionen<br />
der Gewässer auf vielfältige Weise gefährdet. Begradigungen vernichten zum Beispiel<br />
Lebensräume am und im Gewässer. Aber auch Flächenversiegelungen, welche<br />
unter Umständen räumlich weit entfernt vom nächsten Gewässer gelegen sind, verhindern<br />
einerseits die Grundwasserneubildung durch Versickerung, verstärken andererseits<br />
auch Hochwasserereignisse. Durch Schadstoffeinträge und Düngemittel sind<br />
besonders oberirdische Gewässer gefährdet. Bei fehlender Pufferwirkung kann jedoch<br />
auch das Grundwasser betroffen sein (Quelle: Umweltbericht Ettlingen).<br />
5.2 Oberflächengewässer<br />
Wesentliche Ziele des Gewässerschutzes sind der gute ökologische und chemische<br />
Zustand der Fließgewässer und Seen. Diese Ziele sind in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
(EU-WRRL) festgeschrieben.<br />
Wasser kann als Hochwasser aber auch zu einer Gefahr für den Menschen werden.<br />
Durch die Hochwasservorhersage der LUBW gewinnen Rettungskräfte wichtige<br />
Zeit um sich auf drohende Hochwasserereignisse vorzubereiten. Durch rechtzeitiges<br />
Eingreifen von Behörden, Kommunen und Bürgern können immense Schäden verhindert<br />
werden.<br />
In Trockenperioden sind die täglich aktualisierten Niedrigwasservorhersagen der<br />
LUBW eine wichtige Grundlage für das Niedrigwassermanagement. Diese Informationen<br />
finden besonderes Interesse bei Wasserbehörden, Schifffahrt, Energieversorgung<br />
und Landwirtschaft.<br />
Ein Maß für die chemische Belastung von Gewässern ist die Gewässergüte. Doch<br />
trotz Verbesserung der Güteklassen in baden-württembergischen Gewässern ist ein<br />
Rückgang natürlicher Tier- und Pflanzenarten dieser Ökosysteme zu verzeichnen.<br />
Diese Arten benötigen verschiedene morphologische Gewässerstrukturen. Deshalb<br />
berücksichtigen Gewässerbewertungen und Maßnahmen zur naturnahen Gestaltung<br />
heute sowohl chemische als auch morphologische Eigenschaften.<br />
Oberflächengewässer in der <strong>Bruchsal</strong>er Region treten als Fließgewässer und als<br />
Stillgewässer auf.<br />
28
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Abbildung 5.2<br />
Gewässerplan <strong>Bruchsal</strong><br />
5.2.1 Fließgewässer<br />
Die Fließgewässer im <strong>Bruchsal</strong>er Gemeindegebiet stammen hauptsächlich aus dem<br />
Kraichgau und werden von Quellen gespeist. Der Hauptabfluss erfolgt in nordwestliche<br />
Richtung.<br />
Insgesamt befinden sich auf dem <strong>Bruchsal</strong>er Gemeindegebiet 29 ständig oder temporär<br />
Wasser führende Bachläufe und Gräben mit einer <strong>Gesamt</strong>länge von über 70<br />
Kilometern.<br />
Der Landschaftsplan für die Vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft <strong>Bruchsal</strong>, Forst,<br />
Hambrücken und Karlsdorf-Neuthard hat die Fließgewässer des Kraichgaus bereits<br />
thematisiert (SFN, 2009):<br />
Im Landschaftsraum des Kraichgaus gibt es sowohl Quellen als auch Oberflächenabflüsse,<br />
die landschaftseigene Fließgewässer speisen und für das <strong>Bruchsal</strong>er Gemeindegebiet<br />
prägend sind. Die Einzugsgebiete sind durch lokale Wasserscheiden<br />
klar voneinander getrennt. Das größte Gewässersystem hier bildet der Saalbach mit<br />
seinen Nebengewässern, gefolgt vom Grombach. Daneben bilden die Ungeheuerklamm<br />
an der Südgrenze des Gemeindegebietes und der Schattengraben südlich<br />
von <strong>Bruchsal</strong> kleine separate Einzugsgebiete, deren nicht ständig Wasser führende<br />
Gewässer sich erst in der Oberrheinebene mit den Gewässersystemen von Grombach,<br />
Pfinz und Saalbach verbinden.<br />
Nördlich von <strong>Bruchsal</strong> fließen mit dem Odentalgraben und Fuchslochgraben zwei<br />
nicht ständig Wasser führende Gräben dem Duttlacher Graben zu. Der Duttlacher<br />
Graben selbst wird vom Kläranlagenauslauf der Kläranlage <strong>Bruchsal</strong> gespeist und<br />
29
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
verfügt sonst über keine ständig Wasser führenden Zuflüsse oder Verbindungen zu<br />
den anderen Gewässersystemen.<br />
Entlang der Bruchkante der Oberrheinebene (Verlauf der Bundesstraße 3) treten<br />
mehrere kleine Quellen zu Tage. Die Quellaustritte zwischen <strong>Bruchsal</strong> und Untergrombach<br />
werden über offene Gräben dem Schönbornwiesengraben zugeführt,<br />
welcher im Bereich der Büchenauer Hardt mit der Fortführung des Schattengrabens<br />
zusammen als Hardtgraben unser Gemeindegebiet verlassen und westlich von<br />
Karlsdorf in die Pfinzkorrektion einmünden.<br />
Saalbachsystem<br />
Der Saalbach tritt, aus seinen Quellgebieten östlich von Bretten im Stromberg kommend,<br />
südlich von Helmsheim in das <strong>Bruchsal</strong>er Gemeindegebiet ein. In seinem weiteren<br />
Verlauf bis <strong>Bruchsal</strong> nimmt er zahlreiche Nebengewässer auf, von denen viele<br />
nicht ständig Wasser führen, sei es, weil die Schüttung der sie speisenden Quellen<br />
häufig zu gering ist, oder auch, weil viele dieser Gewässer mit dem Charakter von<br />
Abzugsgräben nur nach starken Niederschlagsereignissen Wasser abführen. Während<br />
die Nebengewässer im Bereich der Ortslagen von Helmsheim und Heidelsheim<br />
ausnahmslos verdolt sind, weist der Saalbach selbst nur in <strong>Bruchsal</strong> bei der Unterquerung<br />
des Bahnhofsgeländes eine längere Verdolung auf, fließt ansonsten aber<br />
offen. Am westlichen Stadtrand von <strong>Bruchsal</strong> erfolgt der Abschlag des Saalbachkanals.<br />
Nördlich von Karlsdorf überquert der Saalbach den Saalbachkanal mittels einer<br />
Trogbrücke und wird dann zwischen Dämmen durch die Saalbachniederung (Nebengemarkung<br />
<strong>Bruchsal</strong>) nach Norden geführt. An zwei Stellen wird nochmals Wasser<br />
für den Wagbach (rechts des Saalbachs) und für den Saugraben (links des Saalbachs<br />
abgeschlagen. Seit Fertigstellung der Neuen Saalbach-Wagbachüberleitung<br />
im Jahre 2010 nördlich des Karlsdorfer Baggersees führt der Oberlauf des Wagbaches<br />
wieder Wasser.<br />
Die biologische Gewässergüte zeigt den Saalbach zum Bearbeitungsstand 2004 (s.<br />
Abb.) auf dem <strong>Gesamt</strong>teil der Fließstrecke im <strong>Bruchsal</strong>er Gemeindegebiet mit einer<br />
mäßigen Belastung (=Gewässergüte 2). Die Einstufung erfolgte auf Grundlage der<br />
Untersuchung durch die LUBW.<br />
Abbildung 5.3<br />
Biologische Gewässergüte des Saalbachs (Ausschnitt aus „Biologische Gewässergütekarte Baden-<br />
Württemberg“, Quelle: LUBW 2006)<br />
30
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Im Wasserhaushaltsgesetz ist verankert, dass lt. Europäischer Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL) die Oberflächengewässer bis 2015 in einen „guten Zustand“ zu versetzen<br />
sind, soweit dieser noch nicht vorhanden ist. Auf dieser Grundlage wurde für die<br />
Herstellung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Saalbachs eine Maßnahmenplanung<br />
von der Wasserbehörde aufgestellt, welcher die Defizite aufzeigt. Die ermittelten<br />
Maßnahmen zur Strukturverbesserung sind im Bewirtschaftungsplan konkretisiert<br />
und vom Unterhaltungslastträger umzusetzen. Für den Saalbach wurden dabei<br />
die Schwerpunkte auf die Wiederherstellung der Durchgängigkeit sowie auf die Verbesserung<br />
der Gewässerstruktur gelegt. Bisher werden die Maßnahmenumsetzungen<br />
als Freiwilligkeitsleistungen auf dem Ökokonto der Stadt <strong>Bruchsal</strong> als Guthaben<br />
verbucht.<br />
Nachfolgend sind die bereits realisierten WRRL-Maßnahmen aufgeführt:<br />
Beschreibung vorher nachher<br />
Dammrückverlegung in<br />
Saalbachniederung, Anlage<br />
naturnaher Bachlauf, Fertigstellung<br />
2010<br />
Durchgängigkeit aufwärts<br />
herstellen, Rampe aufreißen,<br />
Fertigstellung 2011<br />
Durchgängigkeit aufwärts<br />
herstellen, Rampe aufreißen,<br />
Sohlgleite Schlachthof, Einbringung<br />
Störsteine, Verbesserung<br />
Sohlstruktur,<br />
Fertigstellung 2011<br />
Durchgängigkeit aufwärts<br />
herstellen, raue Rampe<br />
ehem. Wässerschleuse zw.<br />
Helmsheim und Heidelsheim,<br />
Fertigstellung 2011<br />
Fotos: Leif Pötzsch (Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
31
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
Noch zu realisierende WRRL-Maßnahmen sind:<br />
5. Wasser<br />
Pegel <strong>Bruchsal</strong>, Sohlgleite, Umsetzung<br />
durch Land Ba-Wü<br />
Altenbergbrücke, Sohlgleite Umsetzung gekoppelt<br />
an Neubau Altenbergbrücke<br />
Fotos: Leif Pötzsch (Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
Die Wasserstände sowie die Abflussmengen des Saalbaches werden schon langjährig<br />
am Pegel in <strong>Bruchsal</strong> (Augartenstraße) aufgezeichnet und können im Internet aktuell<br />
über die Hochwasservorhersagezentrale des Landes Baden-Württemberg abgefragt<br />
werden. Der Mittelwert des Wasserstandes beträgt 30 cm bei einer Abflussmenge<br />
von 1,34 m 3 /s, bei Hochwasserereignissen beträgt beispielsweise bei einem<br />
50 jährlichen Hochwasser der Wasserstand 1,86 cm und die Abflussmenge ca. 40<br />
m 3 /s. Die Flussgebietsuntersuchung Saalbach (<strong>2012</strong>) zeigt Überflutungsflächen auf<br />
und schlägt entsprechende lokale Hochwasserschutzmaßnahmen vor. Die Planung<br />
und Umsetzung von diesen Maßnahmen wird als eine von vielen großen Aufgaben in<br />
den nächsten Jahren anzugehen sein.<br />
Grombachsystem<br />
Der Grombach nimmt seinen Ausgang knapp südlich der Gemarkungsgrenze von<br />
Obergrombach in einem System von Gräben im Bereich der Binsheimer Aussiedlerhöfe.<br />
Er unterquert den Obergrombacher Ortskern in einer langen Verdolung und<br />
nimmt darin das Wasser einer mindestens seit dem Mittelalter gefassten Quelle unterhalb<br />
der Schlosskapelle auf. Anschließend durchfließt er den „Wasserfall“, eine mit<br />
Damm und rauer Rampe versehene Hochwasserrückhalteeinrichtung. Am oberen<br />
Ortsrand von Untergrombach tritt er erneut in eine lange Verdolung ein. Zuvor erhält<br />
er seinen wichtigsten Zulauf, den Brunnenbach, der in Quellen im Talgrund oberhalb<br />
des Ortsrandes von Untergrombach entspringt. Der Grombach tritt erst unterhalb der<br />
Bahnlinie Karlsruhe-<strong>Bruchsal</strong> wieder ins Freie. Im verdolten Bereich in Untergrombach<br />
wird der Grombach-Entlastungskanal abgeschlagen und führt sein Wasser über<br />
den Neuen Kanal bei Büchenau der Pfinzkorrektion zu.<br />
Der Grombach selbst wird im Hochsystem zum Lachengraben westlich von Büchenau<br />
geführt, wo er mit dem von Süden hinzukommenden Weingartener Bach zusammenfließt<br />
und auf Neutharder Gemarkung in die Pfinzkorrektion einmündet.<br />
32
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5.2.2 Stillgewässer<br />
5. Wasser<br />
Im <strong>Bruchsal</strong>er Gemeindegebiet treten keine natürlichen Stillgewässer auf. Jedoch<br />
sind durch Auskiesung auf den Gemarkungen der Stadtteile Untergrombach und Büchenau<br />
3 Baggerseen geschaffen worden. Ein kleiner, ehemals durch Kiesabbau<br />
entstandener See befindet sich auf <strong>Bruchsal</strong>er Gemarkung.<br />
Der Baggersee Metzgerallmend in Untergrombach wird seit 1997 nicht mehr ausgekiest,<br />
er hat eine Größe von cirka 21 Hektar und eine maximale Tiefe von knapp<br />
27 Metern. Aufgrund des starken Nutzungsdruckes durch Angelsport, Baden und<br />
Tauchen wird der Gemeingebrauch des ehemaligen Baggersees mit seinen Uferbereichen<br />
durch eine Rechtsverordnung geregelt. Der See ist als Badegewässer überregional<br />
bekannt, die Wasserqualität wird in der Badesaison vom Landesgesundheitsamt<br />
überwacht.<br />
Foto: Leif Pötzsch (Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
Der Baggersee Alte Allmend in Büchenau ist rein rechtlich noch immer in Betrieb,<br />
allerdings ist seit <strong>2012</strong> die Kiesförderungs- und Aufbereitungsanlage vollständig abgebaut<br />
und vom Werksgelände entfernt. Der Baggersee ist in der Schutzgebietskulisse<br />
Natura 2000 als FFH-Gebiet aufgenommen, hat eine Fläche von etwa 12 Hektar<br />
und weist eine Tiefe von cirka 25 Metern auf. Der Gemeingebrauch des Baggersees<br />
ist durch eine Rechtsverordnung geregelt, da Angelsportnutzung sowie Baden und<br />
Tauchen stattfinden.<br />
Foto: Leif Pötzsch (Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
33
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Der Baggersee Fahrteich in Büchenau ist in Betrieb, die Kiesförderungs- und Aufbereitungsanlagen<br />
wurden <strong>2012</strong> erneuert. Die Wasserfläche hat eine Ausdehnung von<br />
circa 20 Hektar, die Wassertiefe beträgt etwa 23 Meter. Der See wird angelsportlich<br />
genutzt, eine Rechtsverordnung zur Regelung des Gemeingebrauchs besteht nicht.<br />
Foto: Leif Pötzsch (Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
Der Bärensee im Norden von <strong>Bruchsal</strong> ist durch Kiesausgrabung während des Eisenbahnbaus<br />
vor circa 150 Jahren entstanden. Die Wasserfläche hat eine Ausdehnung<br />
von 0,4 Hektar, die Wassertiefe beträgt nur etwa 1 Meter und ist vom Grundwasserstand<br />
abhängig. Der Bärensee befindet sich in Privatbesitz, sein Name<br />
stammt vom früheren Eigentümer.<br />
Foto: Leif Pötzsch (Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
Mögliche/ zukünftige Maßnahmen:<br />
weitere Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Oberflächengewässer<br />
durch:<br />
• Bepflanzung und Entwicklung standortgerechter Gehölze in den Uferbereichen<br />
• Einrichten von Gewässerrandstreifen als Puffer gegen schädliche Einwirkung angrenzender<br />
Flächen<br />
• Gestaltung der Gewässerstruktur unter Berücksichtigung des Wasserabflusses<br />
und Hochwasserschutzes.<br />
34
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5.3 Trinkwasser<br />
5. Wasser<br />
Ohne Wasser kommt kein Lebewesen aus. Auch für den Menschen ist es ein wichtiges<br />
Lebensmittel.<br />
In Deutschland stehen insgesamt gesehen genug Wasserressourcen zur Verfügung,<br />
sodass es Kritiker gibt, die Wassersparen als Unsinn bezeichnen. Sie übersehen jedoch,<br />
dass die regionale Verfügbarkeit ausschlaggebend ist und dass diese Menge<br />
des verfügbaren Wassers nicht komplett zu 100 % ausgeschöpft werden kann. Sonst<br />
wäre nämlich eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Gewässer in all ihren ökologischen<br />
Funktionen nicht mehr möglich (siehe Abb. 5.1). Jeder Liter steht nur einmal<br />
zur Verfügung und die Nutzung an einer Stelle erfordert den Verzicht an anderer<br />
Stelle. Auch wenn in unserer Region kein Wassermangel herrscht, gilt es täglich dafür<br />
zu sorgen, das dieses Lebensmittel in erstklassiger Qualität zur Verfügung steht.<br />
In Baden Württemberg werden etwa 75 % des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen.<br />
Die Beschaffenheit und die zur Verfügung stehende Menge des Grundwassers<br />
sind daher wichtige Informationen für die Trinkwasserversorgung. Nach Möglichkeit<br />
soll das Grundwasser ohne aufwändige Aufbereitung für die Trinkwasserversorgung<br />
nutzbar sein.<br />
Mögliche Schadstoffeinträge stammen aus landwirtschaftlichen Quellen (Nitrat und<br />
Pflanzenschutzmittel), aus Industrie und Gewerbe oder der Energieversorgung. Andere<br />
Belastungsquellen bilden Einträge aus Verkehr und Leckagen in Abwasserkanälen<br />
sowie Altlasten.<br />
Das <strong>Bruchsal</strong>er Trinkwasser wird aus vorhandenen Brunnen und Quellen aus geschützten<br />
Grundwasserreservoiren entnommen. Der Wasserbedarf der Kernstadt<br />
<strong>Bruchsal</strong> sowie der Stadtteile Heidelsheim, Helmsheim, Ober- und Untergrombach<br />
wird durch die Wasserwerke <strong>Bruchsal</strong> und Heidelsheim mit zusammen acht Brunnen,<br />
der Unteren-Weg-Quelle und zwei Brunnen in Untergrombach gedeckt. Der Stadtteil<br />
Büchenau wird durch den Zweckverband Wasserversorgung Mittelhardt versorgt. Die<br />
Qualität wird ständig mikrobiologisch, chemisch sowie physikalisch-chemisch kontrolliert<br />
und jährlich amtlich bestätigt. Entsprechend den aktuell geltenden drei europäischen<br />
Härtebereichen („hart“, „mittel“ und „weich“), wird die Qualität des Trinkwassers<br />
der Kernstadt <strong>Bruchsal</strong> sowie der Ortsteile Büchenau, Unter- und Obergrombach<br />
als „hart“, die des Trinkwassers der Ortsteile Heidelsheim und Helmsheim als<br />
„mittel“ eingestuft. (Weitere Informationen finden Sie auf der ewb-Webseite.)<br />
Auf <strong>Bruchsal</strong>er Gemarkung befinden sich teilweise oder ganz drei ausgewiesene<br />
Wasserschutzgebiete (WSG 7, OT Heidelsheim, WSG 201 Obergrombach „Untere<br />
Wegquelle und Brunnen I und II und WSG 29 Gemeinde Karlsdorf-Neuthard). In den<br />
jeweiligen Zonen I – III der Schutzgebiete bestehen verschiedene Nutzungseinschränkungen,<br />
sodass stoffliche Einträge ins Grundwasser vermieden werden und<br />
die gute Qualität des <strong>Bruchsal</strong>er Trinkwassers gewährleistet bleibt.<br />
5.4 Wasserverbrauch und Wassersparen<br />
Der Durchschnittsverbrauch liegt in Deutschland momentan bei ca. 128 Litern<br />
Trinkwasser pro Tag und Einwohner. Dabei werden lediglich zwei bis drei Liter<br />
zum Trinken und Kochen verwendet. Die größten Anteile werden beim Baden, Duschen,<br />
Wäschewaschen und von der Toilettenspülung verbraucht. In den Siebzigern<br />
lag der Durchschnittsverbrauch noch bei über 180 Litern pro Person und Tag. Auch<br />
in der Industrie ist der Wasserbedarf in den letzten 20 Jahren durch wassersparende<br />
35
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Verfahren und Kreislaufführung um ein Drittel verringert worden. Nach diesen Rückgängen<br />
im Wasserverbrauch und einer Tendenz zur Stabilisierung der momentanen<br />
Verbrauchswerte sind steigende Wasserverbräuche insgesamt wohl nicht mehr zu<br />
erwarten, jedoch absehbar auch keine stark sinkenden.<br />
Toilette<br />
Baden und Duschen<br />
44 Liter<br />
41 Liter<br />
Wäschewaschen 17 Liter<br />
Körperpflege<br />
Garten<br />
Autowaschen<br />
Kochen<br />
Sonstiges<br />
6 Liter<br />
6 Liter<br />
3 Liter<br />
3 Liter<br />
8 Liter<br />
Tabelle 5.1:<br />
Durchschnittsverbrauch Trinkwasser in Deutschland pro Person und Tag<br />
(http://www.wnd.shuttle.de/wnd/wendalinum/htmfiles/projekte/wasser/wasserverbrauch-BRD.htm)<br />
Im Unterschied zu anderen Grundstoffen (z.B. Kohle, Öl, Erze) wird Wasser nicht<br />
verbraucht sondern gebraucht, d.h. es gelangt nach vorübergehender Nutzung wieder<br />
in den Wasserkreislauf zurück. Problematisch dabei ist, dass in der Regel jede<br />
Nutzung von Wasser mit kostenintensivem Energieverbrauch (technische Aufbereitung)<br />
und Verschmutzung einhergeht. Wasser sparen vermindert daher Energieverbrauch,<br />
Kosten und Abwasser (Reinigungsaufwand) und ist ökologisch sinnvoll.<br />
Zum Wassersparen gibt es inzwischen zahlreiche Aufklärungsbroschüren von Umweltverbänden,<br />
Ministerien oder Stadtwerken. Neben den bekannten verhaltensbezogenen<br />
Tipps, wie z.B. Duschen statt Baden oder Getränke nicht unter fließendem<br />
Wasser kühlen, gibt es zahlreiche technische Maßnahmen zur Reduzierung des<br />
Wasserverbrauchs. Im Sanitärbereich hat die Toilettenspülung (ca. 1/3 des Tagesverbrauchs)<br />
das größte Einsparpotenzial durch wassersparende Spülkästen, Druckspüler<br />
oder Kurzspültasten. Es gibt außerdem bereits viele wassersparende Armaturen.<br />
Durch den Einbau von Wohnungswasserzählern in Mehrfamilienhäusern lassen<br />
sich Wasserkosten verursachergerecht nach konkretem Verbrauch berechnen und<br />
nicht pauschal nach Wohnungsgröße oder Bewohneranzahl. Der finanzielle Anreiz<br />
für sparsamen Wasserverbrauch und Investitionen in wassersparende Einrichtungen<br />
ist somit größer.<br />
Eine weitere gute Möglichkeit zur Senkung des Trinkwasserverbrauchs ist die<br />
Regenwassernutzung für das Gießen im Garten. Die neue gesplittete Abwassergebühr<br />
gibt dazu verstärkt Anreize.<br />
Indirekt nützlich ist eine vermehrte Versickerung von Regenwasser von Dach- und<br />
befestigten Flächen (Siehe Wasserkreislauf S. 28). Die v.a. in Ballungsgebieten auftretenden<br />
Probleme mit großen Regenmengen können so abgeschwächt werden,<br />
weil die Regenwasserableitungssysteme und die näheren Oberflächengewässer entlastet<br />
werden. Gleichzeitig reichert mehr Versickerungswasser auch das Grundwasser<br />
an und gleicht versiegelungsbedingte Defizite aus.<br />
36
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Insgesamt lässt sich so der durchschnittliche Trinkwasserverbrauch ohne Komfortverlust<br />
oder hygienische Einschränkungen um etwa ein Drittel verringern.<br />
(Quellen: http://www.wnd.shuttle.de/wnd/wendalinum/htmfiles/projekte/wasser/wassereinfuehrung.htm;<br />
Erik Gawel, „Ist Wassersparen wirklich Unsinn?“, Die Zeit 04.04.<strong>2012</strong>; )<br />
5.5 Abwasser<br />
Neben der Trinkwassergewinnung besteht ein wichtiger Teil der Wasserwirtschaft in<br />
der Entsorgung und Reinigung des anfallenden Schmutzwassers. Als Abwasser wird<br />
dabei sowohl das durch den Gebrauch verunreinigte Schmutzwasser als auch das<br />
von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Niederschlagswasser<br />
sowie Fremdwasser aus Grundwasser und anderen Quellen bezeichnet.<br />
Abwässer werden über die Kanalisation in Kläranlagen transportiert und<br />
nach der Behandlung in den Vorfluter geleitet.<br />
Die Abwasserbehandlung zielt in erster Linie auf die Verringerung von Gewässerbelastungen<br />
durch Abwassereinleitungen. Einerseits ist es positiv, wenn möglichst viel<br />
genutztes und verschmutztes Wasser in Kläranlagen gereinigt wird. Anderseits ist es<br />
ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll, wenn möglichst wenig nicht oder nur leicht verschmutztes<br />
Wasser unnötig in Kläranlagen eingeleitet wird. Erstrebenswert ist also<br />
auch hier ein geringer Wasserverbrauch (siehe oben) und gleichzeitig eine geringe<br />
Versiegelung und ein hoher Reinigungsgrad des Abwassers.<br />
Daneben spielt die Rückgewinnung und Wiederverwertung von Nährstoffen im Klärschlamm<br />
eine zunehmende Rolle. Neue Verfahren werden zur Schließung von Stoffkreisläufen<br />
im Sinne einer nachhaltigen Ressourcennutzung entwickelt. Dies betrifft<br />
insbesondere die Rückgewinnung von Phosphor aus der Abwasserreinigung.<br />
In Deutschland sind ca. 94 % der Einwohner an öffentliche Kläranlagen angeschlossen,<br />
in denen die Abwässer praktisch immer behandelt werden. Mit dem privaten<br />
Wasserverbrauch ist auch der Abwasseranfall in den letzten Jahren gesunken. Er<br />
schwankt allerdings in weiten Grenzen zwischen 50 - 400 l pro Tag und Einwohner.<br />
Für Baden-Württemberg gibt das Statistische Landesamt ein Durchschnittsaufkommen<br />
an Schmutzwasser von 147 l pro Tag und Einwohner an.<br />
In <strong>Bruchsal</strong> werden die Abwässer der Kernstadt, der Ortsteile Ober- und Untergrombach<br />
sowie der Gemeinde Forst über den Eigenbetrieb Abwasserbetrieb in der Kläranlage<br />
<strong>Bruchsal</strong> behandelt. Die Ortsteile Heidelsheim und Helmsheim entwässern<br />
in die Kläranlage Heidelsheim des Abwasserverbandes Weißach- Oberes Saalbachtal.<br />
Der Ortsteil Büchenau ist an die Kläranlage Karlsdorf-Neuthard des Zweckverbandes<br />
Abwasserverband Kammerforst angeschlossen.<br />
Das öffentliche Kanalnetz der Stadt <strong>Bruchsal</strong> mit einer <strong>Gesamt</strong>länge von 264,4 km<br />
ist in 9 Bezirke aufgeteilt. Darin werden die Abwässer überwiegend im Mischsystem<br />
aufgefangen, d.h. Schmutz- und Regenwasser werden in einem Kanal abgeleitet.<br />
37
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
Kanalbezirk 1 Kernstadt Nord-West<br />
Kanalbezirk 2 Kernstadt Nord-Ost<br />
Kanalbezirk 3 Kernstadt Süd-Ost<br />
Kanalbezirk 4 Kernstadt Süd-West Mischwasser (MW) 164,1 km<br />
Kanalbezirk 5 OT Heidelsheim Regenwasser (RW) 61,9 km<br />
Kanalbezirk 6 OT Helmsheim Schmutzwasser (SW) 38,3 km<br />
Kanalbezirk 7 OT Obergrombach<br />
Kanalbezirk 8 OT Untergrombach<br />
Kanalbezirk 9 OT Büchenau<br />
Tabelle 5.2<br />
Abwasser-Kanalnetz in <strong>Bruchsal</strong> (Abwasserbetrieb, Stadt <strong>Bruchsal</strong>)<br />
5. Wasser<br />
Im Rahmen der Eigenkontrollverordnung (EKVO) sind Kommunen verpflichtet ihre<br />
Kanalisationsanlagen regelmäßig zu überprüfen und falls erforderlich zu sanieren. In<br />
<strong>Bruchsal</strong> wurden seit 2003 nach Kanal-TV-Befahrungen sukzessive großflächige Kanalsanierungen<br />
durchgeführt, sodass die Kanalbezirke 3,4 und 6 fast vollständig in<br />
gutem Zustand sind. In den kommenden Jahren sind jedoch zahlreiche weitere Kanalsanierungen<br />
erforderlich.<br />
Gemessene Schmutzwassermengen liegen nur für die Kläranlage <strong>Bruchsal</strong> vor.<br />
Rechnet man pauschal den Trinkwasserverbrauch der anderen Ortsteile als deren<br />
annäherndes Schmutzwasseraufkommen, erhält man einen durchschnittlichen Wert<br />
von etwa 275 l pro Einwohner und Tag.<br />
In der Kläranlage <strong>Bruchsal</strong> wurde im Jahr 2002 erstmals ein integriertes Managementsystem<br />
für Qualität, Umwelt und Arbeitsschutz eingeführt. Die Anlage ist seitdem<br />
nach kontinuierlichen Rezertifizierungs- bzw. Überwachungsaudits nach DIN EN<br />
ISO 9001, 14001 und nach OHSAS 18001 zertifiziert. Maßgebliche Ziele sind die<br />
Energie- und Kostenoptimierung, die Minimierung der Umweltwirkungen sowie kontinuierliche<br />
Verbesserungen in den Arbeitsprozessen.<br />
Bislang wurden Maßnahmen durchgeführt:<br />
- zur Verbesserung der Ablaufwerte (Reinigungsleistung)<br />
- zur Optimierung der Fällung<br />
- zur Erhöhung der Eigenstromerzeugung<br />
- zur Stromverbrauchsreduzierung insgesamt<br />
Außerdem wurde eine mögliche Abwasserwärmenutzung in bestimmten Kanalbereichen<br />
untersucht, ergab aber bislang keine relevanten Nutzungsmöglichkeiten für öffentliche<br />
Gebäude. Die Analyse der Klärschlammentsorgung bezüglich einer ressourcen-<br />
und energieeffizienteren Verwertung ergab bisher ebenfalls keine sinnvollen<br />
umsetzbaren Verbesserungsmöglichkeiten.<br />
(Quellen: Abwasserbetrieb <strong>Bruchsal</strong>, http://de.wikipedia.org/wiki/Abwasser; Stadt Heidelberg, Förderprogramm<br />
zur Einsparung von Frischwasser und Vermeidung von Abwasser (Nachhaltiges Wassermanagement)<br />
38
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5.6 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
5. Wasser<br />
Während in der Vergangenheit durch Wasserrecht vorwiegend die Nutzung von<br />
Wasserentnahmen und der Ausbau von Gewässern geregelt wurden, steht heute der<br />
Schutz der Gewässer im Vordergrund.<br />
Durch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wurde die Wasserpolitik<br />
der Europäischen Union neu geordnet. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten<br />
bis zum Jahr 2015 die oberirdischen Gewässer in einen guten ökologischen und<br />
chemischen Zustand sowie das Grundwasser in einen guten chemischen und mengenmäßigen<br />
Zustand zu versetzen. Weiterhin wurde die nachhaltige Nutzung der<br />
Wasserressourcen als Ziel formuliert. Die Ziele sollen durch die Schritte Bestandsaufnahme,<br />
Monitoring, Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen mit Maßnahmenprogrammen<br />
erreicht werden.<br />
Aus der EU-WRRL sind weitere Richtlinien hervorgegangen. Diese sind die Richtlinie<br />
zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (Grundwasserrichtlinie)<br />
sowie die Richtlinie über Umweltqualitätsnormen im Bereich der<br />
Wasserpolitik (Umweltqualitätsnormenrichtlinie).<br />
Auf Bundesebene bildet das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes die rechtliche<br />
Grundlage. In ihm wurde die WRRL in nationales Recht umgesetzt. Es wird<br />
durch die Wassergesetze der Länder, in Baden-Württemberg das Wassergesetz<br />
(WG), sowie weitere Verordnungen und technische Richtlinien ergänzt und konkretisiert.<br />
Zur Ausführung des WHG stehen verschiedene Verordnungen zur Verfügung. Die<br />
Abwasser-, Trinkwasser- und Grundwasserverordnungen regeln die technischen Verfahren<br />
zur Untersuchung und Aufbereitung des Wassers. Das Hochwasserschutzgesetz<br />
definiert bundesweit einheitliche stringente Vorgaben zur Vorbeugung gegen<br />
Hochwasserschäden. Weitere Gesetze betreffen stoffliche Einträge in Gewässer,<br />
zum Beispiel das Wasch- und Reinigungsmittelgesetz, das Chemikaliengesetz, das<br />
Pflanzenschutzgesetz und das Düngemittelgesetz sowie die Abwasserverordnung.<br />
Da Trinkwasser als Lebensmittel gilt, greift hier auch das Lebensmittelgesetz.<br />
Im Wassergesetz (WG) stehen neben konkreten Angaben zu Eigentumsverhältnissen<br />
und nachhaltiger Bewirtschaftung von Gewässern der Gewässerschutz und damit<br />
die Umsetzung des EU-Rechts im Vordergrund. Grundsätzlich soll ein naturnaher<br />
Zustand angestrebt werden. Für die Umsetzung sind das Umweltministerium als<br />
oberste Wasserbehörde, die Regierungpräsidien als höhere Wasserbehörden und<br />
die unteren Verwaltungsbehörden als untere Wasserbehörden zuständig. Die Verantwortung<br />
für die Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen<br />
der Flussgebietseinheit Mittlerer Oberrhein hat das Regierungspräsidium<br />
Karlsruhe. Für die Gemarkung <strong>Bruchsal</strong> liegt ein Maßnahmenkatalog vor. Die darin<br />
enthaltenen Umsetzungsaufforderungen zu den Themen Durchgängigkeit, Mindestwasser<br />
und Strukturverbesserung für die <strong>Bruchsal</strong>er Gewässer sind bereits zu einem<br />
großen Teil umgesetzt (siehe Abschnitt Oberflächengewässer).<br />
Des Weiteren ist die Stadt <strong>Bruchsal</strong> Träger der Unterhaltungslast für Gewässer zweiter<br />
Ordnung und erstellt z.B. Gewässerentwicklungspläne (GEP) für den Saalbach<br />
(seit 2002) und den Duttlacher Graben. In diesen Plänen werden über das Gewässer<br />
hinaus auch die angrenzenden Bewirtschaftungsflächen in die Betrachtung einer naturnahen<br />
Entwicklung mit einbezogen.<br />
39
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Aufgrund des Urteils des VGH Baden-Württemberg vom 10.03.2010 müssen in Baden-Württemberg<br />
alle Kommunen die Struktur der Abwassergebühren neu ordnen.<br />
Deshalb wurde es auch in <strong>Bruchsal</strong> erforderlich, die Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser<br />
ab 2010 mittels der gesplitteten Abwassergebühr zu trennen. Gemäß<br />
der neuen Abwassersatzung werden die Kosten der Abwasserbeseitigung<br />
entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme gerechter aufgeteilt.<br />
Zum 01. November 2011 sind wesentliche Änderungen in der Trinkwasserverordnung<br />
in Kraft getreten, in denen gesundheitspolitisch relevante Regelungslücken<br />
zum Beispiel zur Legionellenproblematik beseitigt werden.<br />
40
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Ziel: möglichst geringe Trinkwasserentnahme<br />
Indikator 5a: Wasserverbrauch <strong>Gesamt</strong>stadt in Liter pro Einwohner und Tag<br />
Liter pro Einwohner u. Tag<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Abbildung 5.4.<br />
Datenquelle:<br />
Definition:<br />
141<br />
134 131<br />
130 127 125 127 124 125<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Jahr<br />
Stadtwerke <strong>Bruchsal</strong>, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg<br />
Erfasst wird der spezifische Wasserbedarf in Liter je Einwohner und Tag. In<br />
der Statistik ist der Verbrauch von Haushalten, Kleingewerbe und Dienstleistungsunternehmen<br />
enthalten, nicht aber der Verbrauch von Industriebetrieben<br />
und Sondervertragskunden.<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Die Bereitstellung von Trinkwasser (Trinkwasseraufbereitung) ist mit kostenintensivem<br />
Energieaufwand und Materialeinsatz verbunden. Der schonende<br />
und zurückhaltende Umgang mit unserem Wasserdargebot ist notwendig,<br />
da Wasserressourcen in erster Linie Teil des natürlichen Wasserhaushaltes<br />
sind und dort viele ineinander greifende, vor allem ökologische Funktionen<br />
übernehmen. Der Trinkwasserverbrauch ist auch ein Maß für die anfallende<br />
Schmutzwassermenge und damit für die Schadstofffracht, die den jeweiligen<br />
Kläranlagen zugeleitet wird.<br />
Der Wasserverbrauch pro Einwohner und Tag ist in <strong>Bruchsal</strong> im betrachteten<br />
Zeitraum um ca. 15 Liter gesunken, wobei ab 2007 kein klarer Trend zu<br />
weiterem geringerem Wasserverbrauch erkennbar ist. Die Durchschnittswerte<br />
für Baden-Württemberg sind im Vergleichzeitraum von 124 auf 115 Liter<br />
gesunken und liegen damit unter den Werten von <strong>Bruchsal</strong>. Der bundesweite<br />
Durchschnitt liegt bei 127 l. Allgemein angestrebt wird ein Ziel von höchstens<br />
100 l verbrauchtem Trinkwasser pro Einwohner und Tag. Durch die neu<br />
eingeführte Aufteilung der Abwassergebühren auf den Trinkwasserbezug<br />
und den Regenwasserabfluss werden jedoch verstärkt Anreize entstehen<br />
Regenwasser zu nutzen, Dächer zu begrünen und auch Trinkwasser einzusparen.<br />
Die Verbrauchsentwicklung ist jedoch auch von der Wetterlage bzw.<br />
den Niederschlagsmengen abhängig.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Ziele für ein nachhaltiges Wassermanagement entwickeln, beschließen, in Abständen<br />
bilanzieren (Sicherung der selbständigen Wasserversorgung)<br />
• Information der Bürger und evtl. Förderung von privaten Maßnahmen, die dem sparsamen<br />
Umgang mit Trinkwasser dienen und zu einer naturverträglichen Regenwasserbewirtschaftung<br />
beitragen (z.B. Entsiegelung von Flächen, Versickerung von Niederschlagswasser,<br />
Dachbegrünungen, Wohnungswasserzähler zur Nachrüstung in Mietwohnungen,<br />
Regenwassernutzung in Haus u. Garten)<br />
41
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Indikator 5b: Wasserverbrauch städtische Liegenschaften in m³<br />
Wasserverbrauch in m³<br />
25.000<br />
20.000<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
0<br />
Abbildung 5.5<br />
Datenquelle:<br />
17.367<br />
165<br />
105.383<br />
m²<br />
23.782<br />
226<br />
105.383<br />
m²<br />
23.162<br />
209<br />
110.799<br />
m²<br />
20.024<br />
181<br />
110.799<br />
m²<br />
17.984<br />
161<br />
19.304<br />
144<br />
17.782<br />
17.568<br />
132 125<br />
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
<strong>Gesamt</strong>verbrauch in m³<br />
Jahr<br />
111.901<br />
m²<br />
134.367<br />
m²<br />
spezif. Verbrauch pro m² BGF<br />
Stadtwerke <strong>Bruchsal</strong>, städtisches Verbrauchscontrolling<br />
135.147<br />
m²<br />
140.227<br />
m²<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
spezif. Verbrauch in m³ /BGF<br />
Definition:<br />
Entwicklung:<br />
Dargestellt ist der im Gebäude- und Energiemanagement erfasste <strong>Gesamt</strong>verbrauch<br />
der städtischen Liegenschaften (ca. 100 Gebäude, Verwaltungsgebäude,<br />
Feuerwehrgebäude, Friedhofsgebäude, Schulgebäude, Sporthallen,<br />
soziale Einrichtungen, sonstige und angemietete Gebäude). Nicht enthalten<br />
sind Wasserverbräuche die aus Arbeiten anderer Ämter resultieren<br />
(z.B. das Gießen von Bäumen und Anpflanzungen).<br />
Seit 2008 gibt es ein kontinuierliches, verlässliches Verbrauchscontrolling in<br />
der Stadtverwaltung und seitdem ist der Wasserverbrauch der städtischen<br />
Liegenschaften etwa konstant (Durch Abrechnungsänderungen bei der ewb<br />
sind in 2008 nur 10,5 Monate abgerechnet und in 2009 dafür 13,5 Monate).<br />
In den letzten Jahren wurden bei Sanierungen städtischer sanitärer Anlagen<br />
alle Duscheinrichtungen mit Zeitschaltuhren ausgestattet. Bei ca. 80 % der<br />
Toiletten sind Kurzspültasten eingebaut und weitere ca. 80 % der Armaturen<br />
wurden durch wassersparende Modelle ersetzt. Für einen weiteren Vergleich<br />
kann man den <strong>Gesamt</strong>verbrauch auf die jeweils aktuelle <strong>Gesamt</strong>fläche<br />
beziehen. Neu gebaute oder neu genutzte Gebäude werden so berücksichtigt.<br />
Der spezifische Wasserverbrauch pro m² Bruttogeschossfläche<br />
hat sich in den letzten Jahren somit verringert. Tatsächlich ausschlaggebend<br />
für den Wasserverbrauch wäre jedoch der Bezug auf die Nutzeranzahl.<br />
Gebäude mit dem höchsten absoluten Wasserverbrauch sind die Gymnasien<br />
JKG und Schönborngymnasium, der Baubetriebshof sowie das <strong>Gesamt</strong>objekt<br />
Albert-Schweitzer-Realschule und Pestalozzischule.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen Aktionen:<br />
• Verbrauchscontrolling kontinuierlich fortführen und bei Abweichungen schnell<br />
reagieren (Rohrbrüche), weitere Unterzähler einbauen<br />
• weiter sukzessiv wassersparende Armaturen bei Sanierungen einbauen<br />
• mögliche Versickerung oder Nutzung des Regenwassers von städtischen Dächern und<br />
befestigten Flächen prüfen<br />
• Dachbegrünungen und Entsiegelung von städtischen Flächen prüfen<br />
42
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
Ziel: möglichst geringes Abwasseraufkommen<br />
Indikator 5c: Abwasseraufkommen und Reinigungsleistung Kläranlage <strong>Bruchsal</strong><br />
Abwassermenge in Tsd. m³<br />
8.000<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
Abbildung 5.6<br />
96,3 97,0 97,3<br />
96,9 97,0<br />
92,8 91,7 91,4<br />
94,0<br />
92,1<br />
93,2 93,7<br />
94,6<br />
92,4<br />
94,2<br />
90,9<br />
91,7<br />
94,1<br />
80,6 81,9<br />
80,4 80,1<br />
80,6 79,7<br />
83,0<br />
77,4<br />
77,5<br />
6.086<br />
5.084<br />
4.997<br />
5.196<br />
5.769<br />
5.472<br />
5.834<br />
6.414<br />
6.027<br />
0<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Jahr<br />
Abwassermenge in Tsd. m³ CSB in % Nges in % Pges in %<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Reinigungsleistung in %<br />
Datenquelle:<br />
Abwasserbetrieb <strong>Bruchsal</strong>, Leistungsvergleich kommunale Kläranlagen<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Dargestellt wird die in der Kläranlage <strong>Bruchsal</strong> ankommende Jahres-<br />
Abwassermenge in 1000 m³ aus den Ortsteilen Ober- u. Untergrombach,<br />
Kernstadt und der Gemeinde Forst. Die <strong>Gesamt</strong>abwassermenge setzt sich<br />
zusammen aus dem Schmutzwasser von Haushalten und Gewerbe sowie<br />
aus Fremdwasser und Regenwasser. Der Abbaugrad von Schmutzfrachten<br />
in Prozent ergibt sich aus der Differenz der jeweiligen Schadstoffgehalte im<br />
Zu- und Ablauf. Angegeben sind die Werte für den chemischen Sauerstoffbedarf<br />
(CSB), für Stickstoff (N) und Phosphat (P).<br />
Die Jahresabwassermenge gibt Auskunft über das von der Kläranlage zu<br />
bewältigende Abwasservolumen. Je geringer die Menge umso geringer der<br />
Energie- und Reinigungsaufwand. Anhand des Abbaugrades von Schmutzfrachten<br />
im Abwasser lässt sich die Leistungsfähigkeit der Kläranlage gut<br />
nachweisen. Der chemische Sauerstoffbedarf dient insbesondere als Summenparameter<br />
zur Quantifizierung der Belastung von Abwasser mit organischen<br />
Stoffen. Phosphat ist in vielen Reinigungs- und Waschmitteln enthalten<br />
und Harnstoff ist die größte Stickstoffquelle. Beide Schadstoffe können<br />
bei Einleitung in Gewässer sauerstoffzehrend, fischgiftig oder eutrophierend<br />
sein.<br />
Weil in <strong>Bruchsal</strong> Schmutzwasser und Regenwasser in einem Mischsystem<br />
abgeleitet werden, beeinflusst die Niederschlagsmenge eines Jahres das<br />
Abwasseraufkommen. Einen relativ großen Einfluss hat in <strong>Bruchsal</strong> außerdem<br />
das Fremdwasser aus Grundwasser und anderen Quellen. Aufgrund<br />
steigender Fremdwasseranteile steigt auch die <strong>Gesamt</strong>abwassermenge in<br />
der Kläranlage <strong>Bruchsal</strong> seit einigen Jahren leicht an. Die Abbauleistungen<br />
der Schadstofffrachten konnten fast durchgehend auf hohe Werte verbessert<br />
werden und liegen für CSB (95%) und Nges (82%) im Bundesdurchschnitt,<br />
für Pges (91%) sogar darüber.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• weiterhin kontinuierliche Kanalsanierungen bzw. Reparaturen, um hydraulisch ausreichende<br />
und dichte Kanäle zu gewährleisten<br />
43
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
5. Wasser<br />
• weiterhin kontinuierliche Kanalreinigungen, um möglichst geringe Schmutzfrachten in<br />
den Regenrückhaltebecken und in der Kläranlage zu gewährleisten<br />
• weiterhin Energiebilanz und Verbrauchsmittel der Kläranlage optimieren<br />
• keine Schadstoffeinträge durch Klärschlamm sicherstellen<br />
• für die Stadtteile Büchenau, Heidelsheim, Helmsheim von den jeweiligen Abwasserverbänden<br />
die statistischen Daten beschaffen und auswerten<br />
44
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
6. Luft und Lärm<br />
Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020:<br />
Luftgüteüberwachung einführen:<br />
Im Rahmen der europaweiten Vorgaben wird eine indikatorengestützte Luftgüteüberwachung<br />
eingeführt.<br />
Lärmbelastung reduzieren:<br />
Durch die Erstellung von Lärmminderungsplänen und daraus resultierenden Maßnahmen<br />
wird die Wohnqualität an Hauptverkehrsstraßen verbessert.<br />
6.1 Luft<br />
6.1.1 Einführung<br />
Eine hohe Luftqualität und Luftreinhaltung sind heute zentrale Fragen des Umweltschutzes.<br />
Auch wenn sich die Luftqualität in der längerfristigen Betrachtung stetig<br />
verbessert hat, wobei im Laufe der Zeit die relevanten Schadstoffe von zunächst Ruß<br />
zu Schwefeldioxid (saurer Regen) und später zum sog. Sommersmog mit Ozon und<br />
dann zu Feinstaub und Stickstoffoxiden wechselten, müssen Luftverunreinigungen<br />
weiterhin dauerhaft vermindert werden (Quelle: Webseite Landesanstalt für Umwelt,<br />
Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg [LUBW], Relevante Luftschadstoffe).<br />
Im Jahr 2013 wird sich die Europäische Union schwerpunktmäßig<br />
mit der Verbesserung der Luftqualität befassen und hat<br />
deshalb 2013 zum Jahr der Luft erklärt. Regelmäßige<br />
Informationen hierzu können auf den Internetseiten des<br />
Umweltbundesamtes abgerufen werden.<br />
Alle Lebewesen sind auf saubere Luft angewiesen. Doch oft ist die Qualität der Luft<br />
durch natürliche Ursachen und in besonderem Maße aber auch durch den Menschen<br />
beeinträchtigt. Die anthropogenen Luftschadstoffe stammen hauptsächlich aus dem<br />
Verkehr, der Industrie, von Heizungen und der Landwirtschaft. Natürliche Quellen für<br />
Luftverunreinigungen sind z.B. Fäulnisprozesse, Baum- und Graspollen, Winderosion<br />
von Bodenmaterial und Waldbrände. Tages- und Jahreszeiten sowie das Wetter beeinflussen<br />
zusätzlich, wie sich diese Emissionen ausbreiten.<br />
Die Einwirkungen von Luftverunreinigungen auf den Menschen, auf Tiere, Pflanzen<br />
und Sachgüter (z.B. Bauwerke) werden als Immissionen bezeichnet. (Quelle: Umweltdaten<br />
<strong>2012</strong>, LUBW).<br />
Als Luftverunreinigungen werden gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
(BImSchG) alle Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft bezeichnet,<br />
insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe und Geruchsstoffe.<br />
Entsprechende Grenz-, Alarm-, Ziel- und Informationswerte sind in der Richtlinie<br />
2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegt, die mit der<br />
39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung<br />
über die Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV)<br />
zusammen mit einer Änderung des BImschG in deutsches Recht umgesetzt sind.<br />
45
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Beispiele für Schadstoffe:<br />
• Benzol wird zu rund 90 % vom Verkehr freigesetzt. Somit sind die Hauptemissionsquellen<br />
die Verbrennung von Benzin in Kraftfahrzeugen, Verdunstungsverluste<br />
beim Betankungsvorgang sowie Freisetzungen bei der industriellen Produktion.<br />
Benzol gilt als krebserregender Luftschadstoff, der bei längerfristiger Aufnahme<br />
zu Schädigungen der inneren Organe führen kann und des Weiteren ein<br />
Stoff mit erbgutveränderndem Potenzial ist.<br />
• Stickstoffoxide (NO x ) entstehen bei Verbrennungsprozessen mit hohen Temperaturen.<br />
Zunächst wird überwiegend Stickstoffmonoxid (NO) freigesetzt, welches<br />
in der Atmosphäre zu Stickstoffdioxid (NO 2 ) oxidiert wird. Stickoxide werden vor<br />
allem durch Kraftfahrzeugverkehr und Verbrennung fossiler Brennstoffe emittiert<br />
und können beim Menschen bei längerer Einwirkung zu einer Erhöhung der Empfindlichkeit<br />
gegenüber Atemwegsinfektionen führen. Außerdem sind Stickoxide an<br />
weiteren Prozessen beteiligt, z.B. durch Umwandlung zu Nitraten an Überdüngungs-<br />
und Versauerungseffekten (saurer Regen).<br />
• Feinstaub (PM 10 ) ist der Teil der Stäube mit einer Korngröße von maximal 10<br />
Mikrometer Durchmesser. Partikel unterhalb dieser Größe (ab PM 2,5 ) sind lungengängig<br />
und können weit in den menschlichen Organismus vordringen und Beschwerden<br />
des Atemtraktes und des Herz-Kreislauf-Systems verursachen. Auch<br />
die Staubbelastung stammt überwiegend vom Verkehr insbesondere aus Abgasen<br />
von Dieselmotoren, Reifenabrieb, Aufwirbelung usw., von kleinen und mittleren<br />
Feuerungsanlagen und von Industrie und Gewerbe.<br />
6.1.2 Grenzwerte für Luftschadstoffe<br />
Luftschadstoffe können schädliche Einwirkungen auf den Menschen, Tiere, Pflanzen,<br />
Wasser, Boden und Luft sowie Sachgüter haben.<br />
Deshalb sind für Luftschadstoffe in den jeweils gültigen Verordnungen zum BImschG<br />
Grenzwerte vorgegeben, die ab gewissen Fristen einzuhalten sind. In den Jahren bis<br />
zum Inkrafttreten dieser Grenzwerte wird eine kontinuierlich abnehmende Toleranzmarge<br />
hinzugerechnet. Wird dieser Wert überschritten, so ist laut § 47 Abs. 1<br />
BImSchG ein Luftreinhalteplan zu erstellen.<br />
Die Richtlinie 2008/50/EG gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die für die Einhaltung<br />
der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO 2 ), Feinstaub (PM 10 ) und<br />
Benzol gesetzten Fristen zu verlängern. Der Antrag für eine Fristverlängerung für die<br />
Einhaltung des Grenzwertes für NO 2 wurde für Deutschland gestellt und wird derzeit<br />
von der EU-Kommission bearbeitet. Eine Verlängerung ist bis 31.12.2014 möglich.<br />
Zusätzlich wurden in der Richtlinie 2008/50/EG Luftqualitätsstandards für die noch<br />
kleineren PM 2,5 -Feinstäube festgelegt.<br />
Durch umfangreiche emissionsmindernde Maßnahmen im Verkehrsbereich nehmen<br />
die Benzol-Konzentrationen in Deutschland immer weiter ab. Gaspendelsysteme an<br />
Tankstellen und in Tanklagern mindern den Austritt beim Lagern und Umfüllen. Auch<br />
die Senkung des Benzolgehaltes im Kraftstoff selbst führt zu einer Emissionsminderung,<br />
sodass der geltende Grenzwert von 5µg/m³ in Deutschland nahezu überall eingehalten<br />
wird. (Quelle: Umweltbundesamt, Stand 24.06.2011).<br />
46
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit (Anhang XI Richtlinie 2008/50/EG)<br />
Luftschadstoff Jahresmittelgrenzwert Frist für die Einhaltung des Grenzwertes<br />
Benzol 5 µg/m³ 01.10.2010<br />
Stickstoffdioxid 40 µg/m³<br />
01.10.2010 (Fristverlängerung für Toleranzmargen<br />
bis 31.12.2014 ist beantragt)<br />
PM 10<br />
PM 2,5<br />
Tabelle 6.1<br />
40 µg/m³<br />
25 µg/m³<br />
01.01.2005 (Fristverlängerungen für Toleranzmargen<br />
liegen für einige Städte in Baden-Württemberg<br />
vor)<br />
01.01.2015 (Toleranzmarge 20% am 11.06.2008,<br />
Reduzierung am folgenden 1. Januar und danach<br />
alle 12 Monate um jährlich ein Siebtel bis auf 0%<br />
am 01.01.2015)<br />
6.1.3 Überwachung der Luftqualität in Baden-Württemberg - Messnetze<br />
Um Luftverunreinigungen zu erkennen, zu erfassen und die Ursachen soweit als<br />
möglich zu beseitigen oder zumindest zu begrenzen, werden in Baden-Württemberg<br />
seit Anfang der 70er Jahre sowohl die Art und Menge der in der Luft freigesetzten<br />
Stoffe (Emissionen) als auch die Konzentrationen der Stoffe in der Außenluft (Immissionen)<br />
und ihrer Ablagerung (Deposition) systematisch untersucht und bewertet.<br />
Messnetze werden landesweit von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und<br />
Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) betrieben. (Quelle: Umweltdaten <strong>2012</strong><br />
LUBW)<br />
In der längerfristigen Betrachtung hat sich die Luftqualität in Baden-Württemberg in<br />
den letzten 20 Jahren stetig verbessert. Vor allem bei den Luftschadstoffen Schwefeldioxid,<br />
Kohlenmonoxid, Benzol und Blei liegen die gemessenen Konzentrationen<br />
unterhalb der Immissionsgrenzwerte.<br />
Bei den primär verkehrsbedingten Luftschadstoffen Stickstoffdioxid und Partikel PM 10<br />
lagen die gemessenen Konzentrationen bei den verkehrsnahen Messstationen zum<br />
Teil noch erheblich über den Immissionsgrenzwerten. Die Schadstoffdepositionen in<br />
Form von Staubniederschlag und Schwermetalleintrag lagen auch im Jahr 2011 weit<br />
unterhalb der in der technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) festgelegten<br />
Immissionswerte. (Quelle: Kenngrößen der Luftqualität, Jahresdaten 2011;<br />
LUBW Baden-Württemberg).<br />
Die Emissionen aller wesentlichen Quellen natürlichen und anthropogenen Ursprungs<br />
werden im Emissionskataster der LUBW erfasst:<br />
• kleine und mittlere Feuerungsanlagen<br />
häusliche und gewerbliche Feuerungsanlagen für die Gebäudeheizung und die<br />
Warmwasserbereitung und bei Kleinverbrauchern gemäß § 1 BImSchV<br />
• Verkehr<br />
Straßen-, Schiff-, Schienen- und bodennaher Flugverkehr<br />
• Industrie und Gewerbe<br />
• sonstige technische Einrichtungen<br />
Maschinen, Geräte und Fahrzeuge (z.B. in der Landwirtschaft und auf Baustellen),<br />
Abfallwirtschaft, Abwasserreinigung, Gasverteilung etc.<br />
• biogene Systeme<br />
Abwehungen von Bodenpartikeln, Waldbrände, Pollen und Sporen, Nutztierhaltung<br />
etc.<br />
47
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Bei den kleinen und mittleren Feuerungsanlagen stiegen in den letzten Jahren durch<br />
den verstärkten Einsatz von Holz als Brennstoff die Partikel PM 10 - Emissionen an<br />
(Quelle: Umweltdaten <strong>2012</strong> Baden-Württemberg, LUBW).<br />
Verteilung der Emissionen von PM 10<br />
auf die Quellengruppen in Baden-Württemberg<br />
4%<br />
16%<br />
16%<br />
38%<br />
26%<br />
kleine und mittlere<br />
Feuerungsanlagen<br />
Verkehr<br />
Industrie und Gewerbe<br />
sonstige technische<br />
Einrichtungen<br />
biogene Systeme<br />
Abbildung 6.1<br />
Quelle: Umweltdaten <strong>2012</strong> Baden-Württemberg, LUBW<br />
6.1.4 Überwachung der Luftqualität in <strong>Bruchsal</strong><br />
Bis September 1998 war in <strong>Bruchsal</strong> eine Luftmessstation als Teil des Luftmessnetzes<br />
Baden-Württemberg vorhanden (am Meßplatz, etwa Ecke Schnabel-Henning-Str.<br />
und Am Viehmarkt). Allerdings wurden diese und 13 weitere Messstationen in<br />
Baden-Württemberg aufgrund einer Neukonzeption des Luftmessnetzes aus Kostengründen<br />
abgebaut. Zuvor bestand das Angebot, die Messstation durch die Stadtverwaltung<br />
<strong>Bruchsal</strong> zu übernehmen. Die daraufhin angestrengten Bemühungen, die<br />
Messstation im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit mit den umliegenden<br />
Gemeinden mit an der Einwohnerzahl orientierter Kostenbeteiligung zu erhalten,<br />
sind ergebnislos geblieben, sodass die Station abgebaut wurde.<br />
Zwischen April 2004 und März 2005 wurden vom Zentrum für Umweltmessungen,<br />
Umwelterhebungen und Gerätesicherheit Baden-Württemberg (UMEG) in der Kernstadt<br />
<strong>Bruchsal</strong> sowie in allen an der B35 und B3 liegenden Stadtteilen (Untergrombach,<br />
<strong>Bruchsal</strong>, Heidelsheim, Helmsheim) Messungen der Immissionsbelastung<br />
durch die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid (NO 2 ), Benzol und Ruß an insgesamt 17<br />
Standorten durchgeführt. Diese Sondermessung hatte zum Ziel, Auswirkungen eines<br />
Lkw-Nachtfahrverbotes im Raum Pfinztal-Berghausen und Weingarten auf mögliche<br />
Umleitungsstrecken prüfen zu können.<br />
Bei Benzol wurde an allen Messpunkten mit 1,6 – 1,9 µg/m³ sowohl der 2004 geltende<br />
Beurteilungswert von 10 µg/m³ als auch der ab 2010 gültige Grenzwert von<br />
5 µg/m³ eingehalten.<br />
Für die Ermittlung der Feinstaubbelastung erfolgte eine modellhafte Bewertung, die<br />
PM 10 -Jahresmittelwerte von unter 25 µg/m³ ergaben. Damit war die Einhaltung des<br />
Grenzwertes von 40 µg/m³ im Jahresmittel gegeben.<br />
Der für das Jahr 2005 geltende Grenzwert für NO 2 von 50 µg/m³ wurde in der Kernstadt<br />
<strong>Bruchsal</strong>, Heidelsheim und Helmsheim überschritten. Aufgrund dessen war die<br />
48
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Erstellung eines Luftreinhalteplanes durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (§ 47<br />
Abs. 1 BImSchG, § 6 ImSchZuVO) zu prüfen.<br />
Allerdings müssen hierfür Messpunkte gewisse Anforderungen erfüllen wie z.B. enge<br />
schluchtartige Bebauung mit hoher Bewohnerdichte etc. Diese Anforderungen waren<br />
nur bei den Messpunkten entlang der B3 in der Kernstadt <strong>Bruchsal</strong> und in Untergrombach<br />
erfüllt, sodass nur diese Bereiche in weitere Überlegungen im Zusammenhang<br />
mit einem Luftreinhalteplan bzw. eines Aktionsplanes durch das Regierungspräsidium<br />
Karlsruhe einbezogen wurden.<br />
Die Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> wurde hierbei beteiligt, indem sie Vorschläge von<br />
Maßnahmen zur Luftreinhaltung erarbeitete wie z.B. Verkehrsverflüssigung, Infrastruktur-<br />
und Straßenbaumaßnahmen, Verkehrsbeschränkungen wie Ausweisung<br />
einer Umweltzone etc.<br />
Weitere Messungen im Jahr 2007 ergaben an den Messpunkten in der Kernstadt<br />
<strong>Bruchsal</strong> gegenüber 2004/2005 mit 43-45µg/m³ geringere NO 2 - Jahresmittelwerte.<br />
Da damit die damals gültigen NO 2 - Jahresmittelwerte von 46 µg/m³ (= Summe aus<br />
Grenzwert von 40µg/m³ plus Toleranzmarge für das Jahr 2007 von 6 µg/m³) eingehalten<br />
wurden, war die Erstellung eines Luftreinhalteplans nicht mehr erforderlich.<br />
Ab dem Jahr 2008 wurden Messungen in der Kernstadt <strong>Bruchsal</strong> beendet, die allerdings<br />
in einem der nächsten Spotmessprogramme wieder aufgenommen werden<br />
sollten, was bisher nicht erfolgt ist. Mit dem Spotmessprogramm werden an straßennahen<br />
Belastungsschwerpunkten die Konzentrationsspitzen der verkehrsrelevanten<br />
Schadstoffe Stickstoffdioxid und Feinstaub PM 10 gemessen.<br />
Es besteht kein Anspruch einer Kommune auf eine Messstelle; auch dann nicht,<br />
wenn Überschreitungen der Grenzwerte nicht ausgeschlossen werden können (siehe<br />
Landtagsdrucksache 14/1943 vom 06.11.2007).<br />
6.1.4.1 Emissionen in <strong>Bruchsal</strong><br />
Für folgende Luftschadstoffe sind im Emissionskataster der LUBW <strong>Bruchsal</strong>er Werte<br />
für das Jahr 2010 abrufbar:<br />
Emissionen in <strong>Bruchsal</strong> 2010 in Tonnen pro Jahr<br />
Gruppe* CO NO x SO 2 NMVOC Staub PM10 CH 4 CO 2 N 2 O NH 3<br />
Biogene Systeme n.v. 24 n.v. 153 8 4 36 n.v. 29 42<br />
Kleine und Mittlere<br />
Feuerungsanlagen<br />
Industrie und Gewerbe<br />
Sonstige Technische<br />
Einrichtungen<br />
389 66 21 18 14 14 13 119.953 1 n.v.<br />
Werte liegen nur auf Kreisebene vor<br />
140 35 n.v. 123 2 2 246 4.934 5 n.v.<br />
Verkehr 768 351 1 63 93 41 3 114.209 3 15<br />
Summe 1.297 476 22 357 117 61 298 239.096 38 57<br />
nv: nicht nachweisbar, vernachlässigbar.<br />
* Erläuterungen hierzu siehe Seite 47<br />
Tabelle 6.2<br />
Quelle: Emissionskataster 2010, LUBW<br />
49
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
6.2 Lärm<br />
6.2.1 Einführung<br />
Menschen und die heimische Tierwelt sind einer Vielzahl von Geräuschquellen ausgesetzt<br />
wie Verkehr, Gewerbeanlagen, Sport- und Freizeitanlagen und Nachbarschaftslärm.<br />
Lärm kann als unerwünschter, störender oder belästigender Schall aufgefasst werden.<br />
Während Schall als physikalisches Phänomen gut messbar und charakterisierbar<br />
ist, ist die Belästigung durch Lärm meist abhängig von der individuellen Geräuschwahrnehmung.<br />
So kann etwa das Meeresrauschen als „ruhig“ empfunden<br />
werden, während der gleich laute Straßenverkehr stark belästigt.<br />
Schall wird in Schallpegeln zwischen 0 (Hörschwelle) und 130 (Schmerzgrenze)<br />
Dezibel (dB) gemessen. Die Empfindlichkeit des Gehörs ist stark frequenzabhängig,<br />
d.h. dass tiefe und sehr hohe Töne bei gleicher Intensität schwächer wahrgenommen<br />
werden als Töne mittlerer Frequenzen. Dieser Sachverhalt wird bei der A-Bewertung<br />
von Schallpegeln berücksichtigt (abgekürzt dB (A)).<br />
Beispiele unterschiedlicher Schallpegel:<br />
Lärm dB(A) Ruhe<br />
Schmerzgrenze<br />
Rockkonzert (nahe Lautsprecher)<br />
Presslufthammer in unmittelbarer<br />
Nähe<br />
Kreissäge, übliche Diskothek<br />
Lkw, 1m Abstand<br />
Pkw, 50 km/h, 1m Abstand<br />
Staubsauger<br />
Gespräch<br />
Leise Musik<br />
Kühlschrank<br />
Flüstern<br />
Klick einer PC-Maus in 3m Entfernung<br />
Stille<br />
Hörschwelle<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
am fließenden Gebirgsbach<br />
60 am Meer<br />
50<br />
40<br />
ruhiges Wohngebiet<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Tabelle 6.3: Orientierende Beispiele unterschiedlicher Schallpegel für Lärm und „Ruhe“<br />
Quelle: Broschüre „Lärmaktionsplanung - Informationen für die Kommunen in Baden-Württemberg“,<br />
Stand November 2011, Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-<br />
Württemberg (LUBW)<br />
6.2.2 Lärmbetroffenheit<br />
Lärm ist für die Menschen in Deutschland eine der am stärksten empfundenen Umweltbeeinträchtigungen.<br />
Subjektive Momente spielen dabei eine wichtige Rolle: derjenige,<br />
der ein Geräusch verursacht, empfindet es in der Regel weniger störend als<br />
der, der ihm ausgesetzt ist.<br />
50
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Umfragen zufolge fühlen sich in Baden-Württemberg etwa 60 Prozent der Bevölkerung<br />
durch Lärm in ihrem Wohnumfeld gestört oder belästigt (Quelle: Webseite<br />
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg LUBW,<br />
Straßenlärm <strong>2012</strong>).<br />
Bei der Betrachtung der verschiedenen Lärmquellen geht in Baden-Württemberg die<br />
stärkste Belästigung vom Straßenverkehr mit 31,7%, gefolgt von Flugverkehr<br />
(18,6%), lauten Nachbarn (14,4%) und Schienenverkehr (11,3%) aus. Gewerbe- und<br />
Industrieanlagen (6,5%) sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen (3,5%) stören hingegen<br />
vergleichsweise gering (Quelle: Lärmbelästigung in Baden-Württemberg, Landesanstalt<br />
für Umweltschutz Baden-Württemberg, 2004).<br />
Seit dem Frühjahr 2002 erhebt das Umweltbundesamt in einer Online-Befragung<br />
bundesweit und kontinuierlich Belästigungswerte für Lärm. Der jeweils aktuelle Stand<br />
der Auswertung ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar:<br />
http://www.umweltbundesamt.de/laermumfrage/.<br />
6.2.3 Lärm und Gesundheit<br />
Ein Übermaß an Schall, in Stärke und Dauer, kann nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />
oder Schäden hervorrufen wie Gehörschäden, vegetative Störungen,<br />
Schlafstörungen und psychische Beeinträchtigungen. Lärm steht im Verdacht,<br />
die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen zu fördern.<br />
6.2.4 Grenzwerte für Lärmarten<br />
Ein allgemeines Gesetz zum Schutz vor Lärm gibt es in Deutschland nicht. In einer<br />
Vielzahl von rechtlichen Regelungen und Vorschriften verschiedenster Rechtsgebiete<br />
wird versucht, den Lärm durch mess- oder berechenbare Größen objektivierbar zu<br />
machen (Schallpegel, Tonhöhen, besondere Geräuschcharakteristika, zeitliches Auftreten<br />
etc.). Es existieren allerdings keine einheitlichen Grenz- und Richtwerte und<br />
auch keine einheitlichen Ermittlungs- und Beurteilungsverfahren.<br />
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über den derzeitigen Stand der Regelungen.<br />
Neben den Richtwerten existieren noch vielfältige Regelungen über Zuschläge, mit<br />
denen Geräuschmerkmale wie Impulshaltigkeit, Tonhaltigkeit, Informationshaltigkeit<br />
sowie die Ruhezeiten berücksichtigt werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind<br />
diese in der nachfolgenden Tabelle nicht berücksichtigt.<br />
51
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
<strong>Gesamt</strong>übersicht zu Grenz- und Richtwerten „Tag (6-22 Uhr)“ und „Nacht (22-6 Uhr)“<br />
Alle Angaben in dB(A)<br />
Quelle: LUBW, Stand Oktober 2011<br />
Nutzungsart<br />
Straße/<br />
Lärmsanierung<br />
1<br />
16. BlmSchV VLärmSchR 97/<br />
FörderRL Lärmsanierung<br />
Schiene<br />
Industrie- und<br />
Gewerbelärm<br />
Baulärm Sportlärm Freizeitlärm<br />
TA Lärm AVV Baulärm 18. BlmSchV Freizeitlärmrichtlinie<br />
Flug<br />
-lärm<br />
Gesetz<br />
zum<br />
Schutz<br />
gegen<br />
Fluglärm<br />
Lärm<br />
im Städtebau 8<br />
Orientierungswerte<br />
nach DIN<br />
18005,<br />
Beiblatt 1<br />
Tag Nacht Tag Nacht Tag Nacht Tag Nacht Tag Nacht Tag Nacht Tag Nacht<br />
Straße/<br />
Schiene<br />
Lärmvorsorgung<br />
Krankenhäuser,<br />
Schulen, Kur,<br />
Erholungsorte<br />
Reine<br />
Wohngebiete<br />
Allg. Wohngebiete<br />
Gewerbegebiete<br />
Kern-, Dorf-<br />
Mischgebiete<br />
Tag-Schutzzone<br />
1<br />
Tag-<br />
Schutzzone<br />
2<br />
Nacht-<br />
Schutzzone<br />
57 47 70<br />
(67)<br />
59 49 70<br />
(67)<br />
59 49 70<br />
(67)<br />
64 54 72<br />
(69)<br />
69 59 75<br />
(72)<br />
60<br />
(57)<br />
60<br />
(57)<br />
60<br />
(57)<br />
45 35 3 45 2 35 5 45 4 35 3 45 6a 35 3,6b 45 9 35 9<br />
50 35 3 50 2 35 5 50 4 35 3 50 6a 35 3,6b 50 40/35<br />
55 40 3 55 2 40 5 55 4 40 3 55 6a 40 3,6b 55 45/40<br />
62 60 45 3 60 2 45 5 60 4 45 3 60 6a 45 3,6b 60 10 50/45 10<br />
(59)<br />
65<br />
65 55/50<br />
(62) 65 50 3 65 2 50 5 65 4 50 3 65 6a 50 3,6b<br />
65 7a<br />
60 7a<br />
55 11<br />
Erläuterungen:<br />
1. Mit dem Bundeshaushalt 2011 wurden die Immissionsgrenzwerte für bestehende Bundesautobahnen und Bundesstraßen in der<br />
Baulast des Bundes um 3 dB(A) abgesenkt (Werte in Klammern). In Baden-Württemberg wurden diese Werte mit dem Nachtrag zum<br />
Landeshaushalt 2010/2011 auch für Landesstraßen in der Baulast des Landes übernommen.<br />
2. Tagzeitraum von 7 bis 20 Uhr.<br />
3. Maßgebend ist die lauteste Nachtstunde.<br />
4. Bei Sportlärm sind während der gesetzlichen Ruhezeiten strengere Richtwerte einzuhalten<br />
5. Nachtzeitraum von 20 bis 7 Uhr<br />
6a. Freizeitlärmrichtlinie des LAI (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz). Bei Freizeitlärm sind während der Ruhezeiten<br />
und an Sonn- und Feiertagen strengere Richtwerte einzuhalten.<br />
6b. Freizeitlärmrichtlinie des LAI.<br />
7a. Werte gelten für bestehende Flugplätze mit ziviler Nutzung. Für neue oder wesentlich baulich erweiterte zivile und militärische Flugplätze<br />
gelten niedrigere Werte, für bestehende militärische Flugplätze gelten höre Werte.<br />
7b. Werte gelten für bestehende Flugplätze mit ziviler Nutzung. Für neue oder wesentlich baulich erweiterte zivile und militärische Flugplätze<br />
gelten niedrigere Werte.<br />
8. Orientierungswerte sind bei der Planung von Neubaugebieten zu berücksichtigen. Sind hier zwei Werte angegeben, gilt der höhere für<br />
Verkehrslärm und der niedrigere für Gewerbe- und Freizeitlärm, sowie für Geräusche von vergleichbaren öffentlichen Betrieben.<br />
9. Diese Gebietsarten sind nicht explizit ausgewiesen, es wurde der untere Wert für Sondergebiete angegeben. Die Orientierungswerte<br />
bei „sonstigen Sondergebieten“ können je nach Art der Nutzung zwischen 45 und 65 dB(A) (Tag) / 35 und 65 dB(A) (Nacht) liegen.<br />
10. Nach DIN 18005 ist bei Kerngebieten der Orientierungswert für Gewerbegebiete zu verwenden.<br />
11. Wert gilt für bestehende Flugplätze. Für neue oder wesentlich baulich erweiterte zivile und militärische Flugplätze gelten niedrigere<br />
Werte. Wert 55 dB (A) oder mindestens 6 Fluglärmereignisse mit L Amax ≥ 57 dB(A) innen.<br />
Tabelle 6.4<br />
Quelle: http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/50516/<br />
6.2.5 Umgebungslärmkartierung<br />
Neben den o.g. Regelungen legt die Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments<br />
und des Rates über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm<br />
(kurz: EU-Umgebungslärmrichtlinie) ein europaweites einheitliches Konzept fest, um<br />
vorzugsweise schädliche Auswirkungen durch Umgebungslärm zu verhindern, zu<br />
vermeiden oder zu mindern. Ziel ist, die Lärmbelastung durch Umgebungslärm zu<br />
senken und ruhige Gebiete vor einer zukünftigen Verlärmung zu schützen. Unter<br />
Umgebungslärm versteht man unerwünschte oder gesundheitsschädliche Geräusche<br />
52
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
im Freien, die durch Aktivitäten von Menschen verursacht werden, einschließlich des<br />
Lärms, der von Verkehrsmitteln, Straßenverkehr, Eisenbahnverkehr, Flugverkehr<br />
sowie von Geländen für industrielle Tätigkeiten ausgeht. Die Richtlinie gilt nicht für<br />
Lärm, der von der davon betroffenen Person selbst verursacht wird, noch für Lärm<br />
durch Tätigkeiten innerhalb von Wohnungen, Nachbarschaftslärm, Lärm am Arbeitsplatz,<br />
in Verkehrsmitteln oder Lärm, der auf militärische Tätigkeiten zurückzuführen<br />
ist (s. hierzu den vollen Wortlaut der Artikel 3 Buchstabe a und Artikel 2 Absatz 2 EU-<br />
Umgebungslärmrichtlinie).<br />
Die EU-Umgebungslärmrichtlinie wurde über das Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
(§§ 47 a ff BImSchG) und die Verordnung über die Lärmkartierung (34. BImSchV) in<br />
nationales Recht überführt.<br />
Danach sind zeitlich gestaffelt Lärmkarten mit einer europaweit einheitlichen Lärmberechnungsmethode<br />
zu erstellen, die die Lärmsituation entlang stark befahrener<br />
Hauptverkehrsstraßen (Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, § 47b Nr. 3<br />
BImSchG), Bahnlinien und in Ballungsräumen darstellen. Allerdings unterscheiden<br />
sich die nach der Umgebungslärmrichtlinie ermittelten Lärmindizes von den nach den<br />
langjährig eingeführten deutschen Berechnungsvorschriften (z.B. TA Lärm – 6. Allgemeine<br />
Verwaltungsvorschrift zum BImSchG, Verkehrslärmschutzverordnung - 16.<br />
BImSchV etc.), sodass ein direkter Vergleich nicht möglich ist.<br />
Die Lärmkarten sind Grundlage für die Erstellung von Lärmaktionsplänen für lärmentlastende<br />
Maßnahmen unter Beteiligung der Öffentlichkeit.<br />
Zuständig für Lärmaktionspläne sind die Gemeinden (§ 47e BImSchG). Sie sind allerdings<br />
häufig für die Umsetzung der Maßnahmen und teilweise auch für die Durchführung<br />
anschließender Planungen nicht selbst zuständig.<br />
Allerdings gibt es keine verbindlichen Auslösewerte, die zur Aufstellung eines Aktionsplanes<br />
verpflichten.<br />
Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg regt Lärmpegel-<br />
Schwellenwerte in Kombination mit konkreten Betroffenenzahlen als Orientierungshilfe<br />
an.<br />
In den Lärmkarten wird der Lärmindex L Night (über die Nacht gemittelte Lärmbelastung)<br />
sowie der Lärmindex L DEN (über 24 Stunden gemittelte Lärmbelastung) dargestellt.<br />
Der L DEN wird aus Mittelungspegeln in den Zeitphasen Tag, Abend und<br />
Nacht gebildet, mit einer abgestuften Höhergewichtung der Abend- und Nachtwerte.<br />
Lärmindex Tag: L Day (12 Stunden, 6 - 18 Uhr)<br />
Lärmindex Abend: L Evening (4 Stunden, 18 - 22 Uhr)<br />
Lärmindex Nacht: L Night (8 Stunden, 22 - 6 Uhr).<br />
Für die erste Stufe der Lärmaktionsplanung sollte zunächst dort gezielt für Entlastung<br />
gesorgt werden, wo Lärmpegel L DEN von 70 dB (A) oder L Night von 60 dB (A) erreicht<br />
oder überschritten werden; für die zweite Stufe werden Lärmpegel L DEN von 65 dB<br />
(A) oder L Night von 55 dB (A) angeregt. Allerdings sollte ein unverhältnismäßig großer<br />
Aufwand für Einzelfallplanungen, d.h. Lärmaktionspläne für wenige Betroffene, vermieden<br />
werden (Schreiben des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-<br />
Württemberg vom 23.03.<strong>2012</strong>, Aktenzeichen 53-8826.15/75, Lärmaktionsplanung,<br />
Verfahren zur Aufstellung und Bindungswirkung).<br />
53
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Zuständigkeiten und Erfassungsgrenzen für die Umgebungslärmkartierung Baden-<br />
Württemberg:<br />
Lärmquelle<br />
Zuständigkeit für die<br />
Kartierung<br />
Erfassungsgrenzwerte<br />
für Stufe 1<br />
Lärmkartierung 30.06.2007<br />
Aktionsplanung 18.08.2008<br />
Erfassungsgrenzwerte<br />
für Stufe 2<br />
Lärmkartierung 30.06.<strong>2012</strong><br />
Aktionsplanung 18.07.2013<br />
Ballungsräume jeweilige Kommune > 250.000 Einwohner > 100.000 Einwohner<br />
Hauptverkehrsstraßen*<br />
LUBW<br />
> 6 Mio. Kfz/Jahr<br />
(= 16.400 Kfz/Tag)<br />
> 3 Mio. Kfz/Jahr<br />
(= 8.200 Kfz/Tag)<br />
Haupteisenbahnstrecken Eisenbahnbundesamt > 60.000 Züge/Jahr > 30.000 Züge/Jahr<br />
Tabelle 6.5<br />
*Hauptverkehrsstraßen: Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, jeweils mit einem Verkehrsaufkommen<br />
von über drei Mio. Kfz pro Jahr (§ 47 b Nr. 3 BImSchG).<br />
Neben der Darstellung der flächenhaften Belastung in Form von Lärmkarten sieht die<br />
EU-Umgebungslärmrichtlinie auch tabellarische Angaben über die Anzahl der lärmbelasteten<br />
Menschen, Wohnungen sowie Schul- und Krankenhausgebäude vor.<br />
Weiter sind Angaben zur <strong>Gesamt</strong>fläche von belasteten Gebieten zu machen.<br />
Die Lärmkarten und die Betroffenheitsanalyse der Stufe 1 der Umgebungslärmkartierung<br />
sind abgeschlossen und stehen auf den Internetseiten der LUBW zur Verfügung.<br />
<strong>Bruchsal</strong><br />
Stufe 1 der Lärmkartierung<br />
>6 Mio. Kfz/Jahr<br />
>60.000 Züge/Jahr<br />
Lärmbelastete<br />
Einwohner an<br />
Hauptverkehrsstraßen*<br />
Lärmbelastete<br />
Wohnungen an<br />
Hauptverkehrsstraßen*<br />
Lärmbelastete<br />
Einwohner an<br />
Eisenbahnen des<br />
Bundes<br />
Lärmpegelbereiche<br />
55-60 60-65 65-70 70-75 >75 50-55 55-60 60-65 65-70 >70<br />
dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A)<br />
L DEN L DEN L DEN L DEN L DEN L Night L Night L Night L Night L Night<br />
2912 672 105 17 0 1616 246 24 0 0<br />
1333 308 48 8 0 740 113 11 0 0<br />
2700 790 220 60 20 2410 570 180 40 20<br />
Tabelle 6.6<br />
*Hauptverkehrsstraßen: Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, jeweils mit einem Verkehrsaufkommen<br />
von über drei Mio. Kfz pro Jahr (§ 47 b Nr. 3 BImSchG).<br />
Quelle:<br />
Lärmkartierung LUBW Baden-Württemberg, Stand 09.01.2008 und Eisenbahnbundesamt,<br />
Webseite Stand Dezember <strong>2012</strong><br />
Die Lärmkartierung zeigt für <strong>Bruchsal</strong>, dass in Bereichen entlang der A 5, B 35 und<br />
der Eisenbahnlinie <strong>Bruchsal</strong> – Untergrombach Lärmbelastungen vorliegen. Aufgrund<br />
der vorgeschriebenen Betroffenheitsanalyse war eine Erstellung von Lärmaktions-<br />
54
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
plänen (Stufe 1) für den Bereich der Hauptverkehrsstraßen in <strong>Bruchsal</strong> bisher nicht<br />
erforderlich. Die Frist für die Erstellung von Lärmaktionsplänen wegen Belastungen<br />
durch Haupteisenbahnstrecken wurde bis Ende 2013 verlängert (siehe Schreiben<br />
des Ministeriums Verkehr und Infrastruktur vom 14.12.<strong>2012</strong>). In diesem Schreiben<br />
sind auch niedrigere Betroffenenzahlen als bisher mitgeteilt worden.<br />
Die Lärmkartierung der Stufe 2 an Hauptverkehrsstraßen (mehr als 3 Mio. Kfz/Jahr)<br />
liegt seit Ende Januar 2013 vor und steht auf den Internetseiten der LUBW zur Verfügung.<br />
Die Lärmkartierung der Stufe 2 der bundeseigenen Haupteisenbahnbahnstrecken<br />
durch das Eisenbahnbundesamt verzögert sich und soll bis Ende 2013 erstellt werden.<br />
<strong>Bruchsal</strong><br />
Stufe 2 der Lärmkartierung<br />
>3 Mio Kfz/Jahr<br />
>30.000 Züge/Jahr<br />
Lärmbelastete Einwohner<br />
an Hauptverkehrsstraßen*<br />
Lärmbelastete Einwohner<br />
an nichtbundeseigenen<br />
Haupteisenbahnstrecken<br />
Lärmpegelbereiche<br />
55-60 60-65 65-70 70-75 >75 50-55 55-60 60-65 65-70 >70<br />
dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A)<br />
L DEN L DEN L DEN L DEN L DEN L Night L Night L Night L Night L Night<br />
4751 2288 1046 871 27 3462 1435 1009 39 0<br />
68 14 0 0 0 37 0 0 0 0<br />
Tabelle 6.7<br />
*Hauptverkehrsstraßen: Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, jeweils mit einem Verkehrsaufkommen<br />
von über drei Mio. Kfz pro Jahr (§ 47 b Nr. 3 BImSchG).<br />
Quelle: Lärmkartierung LUBW Baden-Württemberg, Stand 22.01.2013<br />
Aufgrund der Betroffenenzahlen ist für die Stufe 2 der Lärmkartierung für den Bereich<br />
der Hauptverkehrsstraßen ein Lärmaktionsplan durch die Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong><br />
zu erstellen. Entsprechende Vorbereitungen hierzu laufen bereits, sodass die Fertigstellung<br />
bis Ende 2013/Anfang 2014 erfolgen soll.<br />
6.2.6 Straßenlärm<br />
6.2.6.1 Allgemeines<br />
Baden-Württemberg hat nicht nur eigene Verkehrsströme zu bewältigen, sondern ist<br />
auch ein Brennpunkt des Transitverkehrs. Durch den Straßenverkehr fühlen sich<br />
etwa 60 % der Bevölkerung in Baden-Württemberg belästigt. Kraftfahrzeuge sind je<br />
nach Fahrzeugart, Betriebsweise und Fahrbahneigenschaften unterschiedlich laut.<br />
Im Durchschnitt ist ein Lkw bei Tempo 50 so laut wie 20 Pkw.<br />
Beim Verkehrslärm ist das Motorengeräusch allerdings nur beim Anfahren, Beschleunigen<br />
und bei niedriger Fahrgeschwindigkeit pegelbestimmend. Spätestens ab<br />
50 Stundenkilometern tritt der Reifenlärm in den Vordergrund (Quelle: Webseite,<br />
LUBW Baden-Württemberg, Straßenlärm, Juli <strong>2012</strong>).<br />
Für die Entstehung des Reifen-Fahrbahn-Geräusches ist neben dem Reifen auch der<br />
Fahrbahnbelag von entscheidender Bedeutung. Lärmoptimierte Fahrbahnen können<br />
je nach Belagsart, Verkehrszusammensetzung, Witterung und Geschwindigkeit den<br />
55
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Lärmpegel um 2 bis 5 dB (A) senken (Quelle: Broschüre „Gute Beispiele für Maßnahmen<br />
zur Lärmminderung“, Stand November <strong>2012</strong>, LUBW Baden-Württemberg).<br />
6.2.6.2 Mautausweichverkehr, Maßnahmen gegen Straßenlärm in <strong>Bruchsal</strong><br />
Seit Jahresbeginn 2005 wird in Deutschland eine streckenbezogene Gebühr für<br />
schwere Lkw auf Autobahnen und seit 01.08.<strong>2012</strong> zusätzlich auf vierstreifigen Bundesstraßen<br />
mit Anbindung an das Autobahnnetz erhoben. Sie zielt auf eine verursachergerechtere<br />
Anlastung der Wegekosten und eine Sicherung der Finanzierung des<br />
weiteren Ausbaus und der Unterhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Ein Lkw mit 40<br />
Tonnen belastet die Straßendecke etwa 60.000mal stärker als ein Pkw (Quelle:<br />
Webseite Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Lkw-Maut: innovativ,<br />
ökologisch und gerecht; Juni <strong>2012</strong>).<br />
Um Erkenntnisse zu gewinnen, auf welchen Strecken des nachgeordneten Straßennetzes<br />
im Regierungsbezirk Karlsruhe mautbedingte Verkehrsverlagerungen mit Lkw<br />
über 12 t eingetreten sind, wurden im Auftrag des Bundes Berechnungen basierend<br />
auf landesweiten Verkehrszählungen durchgeführt. Diese ergaben signifikante Zunahmen<br />
auf Teilbereichen der Bundesstraßen B 10, B 35, B 36 und B 293, und zwar<br />
deutlich stärker in den Nachtstunden als in den Tagesstunden.<br />
Daraufhin wurde zur Eindämmung des Mautausweichverkehrs und der damit verbundenen<br />
Auswirkungen (Lärm, Luftverunreinigungen etc.) die nächtliche Sperrung<br />
(22.00 – 6.00 Uhr) für den Durchgangsverkehr für Lkw über 12 t auf folgenden Strecken<br />
im Jahr 2006 angeordnet (jeweils in beide Richtungen):<br />
• B 3 zwischen B 10 bei Karlsruhe-Durlach und B 35 in <strong>Bruchsal</strong><br />
• B 35 zwischen <strong>Bruchsal</strong> (B 3) und B 10 bei Illingen.<br />
Mit der Sperrung des Lkw-Durchgangsverkehrs in den Nachtstunden kann eine geringere<br />
Belastung der Anwohner erzielt werden, der regionale Wirtschaftsverkehr ist<br />
davon nur unwesentlich betroffen und eine Überwachung lässt sich zielgerichtet<br />
durchführen. Allerdings sind bei Sperrungen des Durchgangsverkehrs Fahrten ausgenommen,<br />
die im Zusammenhang mit der Anliegerfunktion und der Erschließungsfunktion<br />
(bis 20 km) der betroffenen Straße stehen, sowie Fahrten, die dem Regionalverkehr<br />
im Umkreis von 75 km ab dem ersten Beladeort (auch damit verbundene<br />
Leerfahrten) dienen. Weitere Ausnahmen bestehen für Hoheitsfahrzeuge und Hilfstransporte<br />
sowie für Nutzer ausgewiesener Umleitungsstrecken bei besonderen Verkehrslagen<br />
(Sperrung, Stau, stockender Verkehr).<br />
Im Zusammenhang mit dem Mautausweichverkehr wurde von der Stadtverwaltung<br />
<strong>Bruchsal</strong> eine Verkehrserhebung zur Querschnittsbelastung der B35/östlich Anschluss<br />
Silberhölle-Eggerten in der Zeit vom 12. - 18.03.2005 und 13. - 19.06.2006 in<br />
Auftrag gegeben. Diese ergab, dass der Lkw-Verkehr (Lkw > 12t bzw. Länge von<br />
7,60m – 18,0m) in den genannten Zeiträumen nahezu gleich geblieben ist. Nach Einführung<br />
des Nachtfahrverbotes ab Mai 2006 zeigen die Nachtwerte im Juni 2006 einen<br />
geringeren Lkw-Verkehr.<br />
Als weitere Maßnahme zum Schutz der Anwohner vor Straßenlärm wurden im Spätjahr<br />
<strong>2012</strong> zwei Lärmschutzwände mit einer Höhe von zwei bis fünf Metern entlang<br />
der B 35 in <strong>Bruchsal</strong> errichtet.<br />
56
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Die Lärmschutzwand Schattengraben in Fahrtrichtung Bretten verläuft östlich der<br />
Prinz-Max-Kreuzung B 3 / B 35 bis zur DB-Unterführung und ist rund 250 Meter lang.<br />
Die Lärmschutzwand Hagelkreuz in Fahrtrichtung Germersheim verläuft ab der DB-<br />
Unterführung bis zum Parkplatz Pauluskirche (östlich der Prinz-Max-Kreuzung) und<br />
ist rund 115 Meter lang (Quelle: Pressemitteilung Regierungspräsidium Karlsruhe<br />
vom 24.08.<strong>2012</strong>).<br />
6.3 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
• Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die<br />
Luftqualität und saubere Luft in Europa – EU-Luftqualitätsrichtlinie<br />
• Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,<br />
Geräusche, Erschütterungen und ähnlichen Vorgängen – Bundes-<br />
Immissionsschutzgesetz (BImSchG)<br />
• 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung<br />
über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39.<br />
BImSchV)<br />
• Erste allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
(Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft)<br />
• Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung<br />
und Bekämpfung von Umgebungslärm – EU-Umgebungslärmrichtlinie<br />
• 34. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung<br />
über die Lärmkartierung – 34. BImSchV)<br />
• 6. allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische<br />
Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm)<br />
• Verschiedene weitere Richtlinien geben Grenzwerte für Schadstoffgehalte in der<br />
Luft und für Lärmschutz an wie Geräte- und Lärmschutzverordnung – 32.<br />
BImSchV, Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV etc.<br />
57
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Ziel: möglichst niedrige Luftverschmutzung<br />
Indikator 6a: Jahresmittelwerte des Luftschadstoffes Stickstoffdioxid (NO 2 )<br />
Messpunkt NO 2- Jahresmittelwert 2004/2005 NO 2 -Jahresmittelwert 2007<br />
<strong>Bruchsal</strong> Messpunkt 4<br />
Karlsruher Str. 10<br />
50µg/m³<br />
43 µg/m³<br />
<strong>Bruchsal</strong> Messpunkt 5<br />
Karlsruher Str. 9<br />
60µg/m³<br />
45 µg/m³<br />
Tabelle 6.8<br />
Datenquelle:<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Bericht-Nr. 21-10/2005 UMEG (Zentrum für Umweltmessungen, Umwelterhebungen<br />
und Gerätesicherheit Baden-Württemberg), Schreiben<br />
des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 04.11.2008<br />
Erfasst wurden die Jahresmittelwerte der Konzentration des Luftschadstoffes<br />
Stickstoffdioxid NO 2<br />
Saubere Luft ist lebensnotwendig. Schadstoffimmissionen können<br />
beim Menschen zu akuten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder<br />
chronischen Beschwerden führen. Luftverunreinigungen sind oftmals<br />
auch eine wesentliche Ursache für Schäden an der natürlichen Vegetation<br />
und an landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Die Emissionen gasund<br />
partikelförmiger Schadstoffe gelangen dabei direkt oder über Umwandlungsprozesse<br />
auch in emittentenferne Regionen.<br />
Die NO 2 –Jahresmittelwerte haben den im Jahr 2007 geltenden<br />
Grenzwert von 46 µg/m³ (=Summe aus Grenzwert von 40 µg/m³ plus<br />
Toleranzmarge von 6µg/m³) eingehalten. Da weitere Messwerte nicht<br />
vorhanden sind, lässt sich keine sichere Aussage treffen, ob der ab<br />
2010 geltende Grenzwert von 40 µg/m³ eingehalten wird.<br />
Bei Benzol und Feinstaub PM 10 ist die Einhaltung der vorgegebenen<br />
Grenzwerte aufgrund der Messergebnisse von 2004/2005 zu erwarten.<br />
(Grenzwerte siehe 39. BImSchV)<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Einrichtung eines Messpunktnetzes und Beschaffung einer mobilen Messstelle<br />
• bei Grenzwertüberschreitungen erfolgt die Erarbeitung und Durchführung spezifischer<br />
Maßnahmen durch das Regierungspräsidium Karlsruhe in Zusammenarbeit mit der betroffenen<br />
Kommune (§ 47 Abs.1 BImSchG, § 6 ImSchZuVO) mit Schwerpunkt auf verkehrslenkenden<br />
und verkehrsreduzierenden Maßnahmen: Ausweisung von Umweltzonen,<br />
Durchfahrtsverbote und Routenführung für Lkw, Optimierung des Verkehrsflusses,<br />
Vermeidung von Transitverkehr durch Innenstadtbereiche, Parkraummanagement und<br />
Parkraumregulierung, Stärkung des ÖPNV, Verbesserungen in der Baustellenlogistik und<br />
Verringerung von Baustellenstaub in Innenstadtbereichen etc.<br />
Weitere Informationen:<br />
Messstellen werden landesweit von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz<br />
Baden-Württemberg betrieben. Hierbei besteht kein Anspruch einer Kommune auf<br />
eine Messstelle; auch dann nicht, wenn Überschreitungen der Grenzwerte nicht ausgeschlossen<br />
werden können (siehe Landtagsdrucksache 14/1943 vom 06.11.2007).<br />
58
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Ziel: möglichst niedrige Lärmbelastung<br />
Indikator 6b: Lärmbelastete Einwohner an Hauptverkehrsstraßen und<br />
Haupteisenbahnstrecken<br />
<strong>Bruchsal</strong><br />
Stufe 1 der Lärmkartierung<br />
>6 Mio Kfz/Jahr<br />
>60.000 Züge/Jahr<br />
Lärmbelastete<br />
Einwohner an<br />
Hauptverkehrsstraßen*<br />
Lärmbelastete<br />
Einwohner an Eisenbahnen<br />
des<br />
Bundes<br />
Stufe 2 der Lärmkartierung<br />
>3 Mio. Kfz/Jahr<br />
>30.000 Züge/Jahr<br />
Lärmbelastete<br />
Einwohner an<br />
Hauptverkehrsstraßen*<br />
Lärmpegelbereiche<br />
55-60 60-65 65-70 70-75 >75 50-55 55-60 60-65 65-70 >70<br />
dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A) dB(A)<br />
L DEN L DEN L DEN L DEN L DEN L Night L Night L Night L Night L Night<br />
2912 672 105 17 0 1616 246 24 0 0<br />
2700 790 220 60 20 2410 570 180 40 20<br />
4751 2288 1046 871 27 3462 1435 1009 39 0<br />
Tabelle 6.9<br />
* Hauptverkehrsstraßen: Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen mit mehr als 3 Mio. Kfz/Jahr<br />
(§ 47 b Nr. 3 BImSchG)<br />
Datenquelle: Ermittlung der Lärmbelastung durch Umgebungslärm, Stand 09.01.2008<br />
(Stufe1) und 22.01.2013 (Stufe 2) Landesanstalt für Umwelt, Messungen<br />
und Naturschutz Baden-Württemberg und Eisenbahnbundesamt, Stand Dezember<br />
2009. Die Kartierung des Eisenbahnbundesamtes für die Stufe 2<br />
verzögert sich und soll bis Ende 2013 vorliegen.<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Angegeben ist die Anzahl der lärmbelasteten Einwohner durch Umgebungslärm<br />
für verschiedene Lärmpegelbereiche an Hauptverkehrsstraßen und Eisenbahnen<br />
in <strong>Bruchsal</strong>, ermittelt nach einem bundeseinheitlich festgelegtem<br />
Berechnungsverfahren. Unterschieden wird zwischen der 24-stündigen<br />
Lärmbelastung (L DEN ) und der nächtlichen Lärmbelastung von 22-6 Uhr<br />
(L Night ). Für die erste Stufe der Lärmaktionsplanung sollte zunächst dort gezielt<br />
für Entlastung gesorgt werden, wo Lärmpegel L DEN von 70 dB (A) oder<br />
L Night von 60 dB (A) erreicht oder überschritten werden. Allerdings sollte ein<br />
unverhältnismäßig großer Aufwand für Einzelfallplanungen, d.h. Lärmaktionspläne<br />
für wenige Betroffene, vermieden werden.<br />
Lärm ist eine der größten Umweltbelastungen für die Menschen. Umfragen<br />
zufolge wird Straßenverkehr als Hauptlärmquelle, gefolgt von Flugverkehr,<br />
lauten Nachbarn und Schienenverkehr empfunden. Industrie- und Gewerbeanlagen<br />
sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen stören demgegenüber weniger.<br />
Lärm kann zu gesundheitlichen Schäden und Beeinträchtigungen wie Gehörschäden,<br />
vegetative Störungen, Schlafstörungen, psychischen Beeinträchtigungen<br />
führen und die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen<br />
fördern.<br />
59
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
6. Luft und Lärm<br />
Ziel ist es, die Lärmbelastung der Bevölkerung zu senken und ruhige Gebiete<br />
vor einer zukünftigen Verlärmung zu schützen.<br />
Entwicklung:<br />
Für viele Lärmarten hat der Gesetzgeber eine Grenze festgelegt. Diese sind<br />
jedoch von Zeit, Ort, Nutzung des Gebietes etc. abhängig. Im Jahr 2002<br />
wurde mit der EU-Umgebungslärmrichtlinie ein einheitliches europaweites<br />
Konzept zur Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm festgelegt.<br />
Die Richtlinie wurde in den Jahren 2005 und 2006 in deutsches Recht umgesetzt.<br />
Die Erstellung von Lärmaktionsplänen (Stufe 1) für den Bereich der Hauptverkehrsstraßen<br />
war in <strong>Bruchsal</strong> aufgrund der vorgeschriebenen Betroffenheitsanalyse<br />
bisher nicht erforderlich. Die Frist für einen Aktionsplan wegen<br />
Belastung durch Haupteisenbahnstrecken wurde bis Ende 2013 verlängert.<br />
Für die Stufe 2 der Lärmkartierung sind Erfassungsgrenzwerte für Hauptverkehrsstraßen<br />
von mehr als 3 Mio. Kfz/Jahr (= 8.200 Kfz/Tag) und für Haupteisenbahnstrecken<br />
von mehr als 30.000 Zügen pro Jahr festgelegt. Aufgrund<br />
der Betroffenenzahlen bei den Hauptverkehrsstrecken ist von der<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong> eine Lärmaktionsplanung bis 18.07.2013 zu erstellen<br />
(§§ 47 ff BImSchG). Allerdings hat es bei der Erstellung der Kartierungen<br />
zeitliche Verzögerungen gegeben, sodass diese erst Ende Januar 2013 vorlagen.<br />
Die Kartierung für die Haupteisenbahnstrecken (Stufe 2) verzögert<br />
sich ebenfalls und soll bis Ende 2013 vorliegen.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Lärmminderung beim Straßenverkehr z.B. durch Verbesserung bestehender Fahrbahnbeläge<br />
(Einbau von lärmarmen Fahrbahnbelägen bzw. Sanierung schadhafter Fahrbahndecken),<br />
Lärmschutzwände, Lärmschutzwälle, Lärmschutzfenster, Geschwindigkeitsbeschränkungen,<br />
Verstetigung des Verkehrsflusses ( z.B. Kreisverkehr statt Ampelschaltungen,<br />
Optimierung von Ampelanlagen „Grüne Welle“, Einführung von ampelfreien<br />
Rechtsabbiegerspuren), Verkehrsbeschränkungen wie Lkw-Nachtfahrverbot oder<br />
Anliegerverkehr, Förderung lärmarmer und öffentlicher Verkehrsmittel z.B. durch Ausbau<br />
des Radwegenetzes und Verbesserung des ÖPNV, Verringerung des Parksuchverkehrs<br />
• Lärmminderung beim Schienenverkehr z.B. durch Lärmschutzwände, Tunnel, Lärmschutzfenster,<br />
Umrüstung der Wagenflotte mit positiver Auswirkung auf die Rad-<br />
Schienen-Geräusche, Schleifen der Schienen (akustisch optimiertes, regelmäßig wiederkehrendes<br />
Schienenschleifen – Besonders überwachte Gleis).<br />
60
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020:<br />
Verkehrliche Lagegunst nutzen<br />
Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> baut bei der weiteren Entwicklung auf ihre hervorragende Einbindung<br />
in das regionale und überregionale Verkehrsnetz auf.<br />
Der regionale öffentliche Nahverkehr soll auf das Mittelzentrum <strong>Bruchsal</strong> orientiert<br />
werden, der städtische auf die Innenstadt.<br />
Öffentlichen Nahverkehr fördern und ausbauen<br />
Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> baut umwelt- und sozialverträgliche Verkehrsarten weiter aus und<br />
sichert damit die Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen.<br />
Das Stadtbussystem wird als zukunftsfähiges Verkehrsmittel in der Stadt und zur<br />
Vernetzung der Stadtteile erhalten und weiterentwickelt, um den aus der demographischen<br />
Entwicklung resultierenden Erfordernissen zu entsprechen.<br />
Die Erreichbarkeit der öffentlichen Einrichtungen für die Bevölkerung wird durch<br />
ÖPNV sichergestellt.<br />
Individualverkehr lenken<br />
Der motorisierte Individualverkehr wird durch geeignete Maßnahmen, die sich an<br />
umwelt- und stadtplanerischen Erfordernissen (Straßenbild, Schadstoff- und Lärmbelastung,<br />
Verkehrsicherheit u.a.) orientieren, kanalisiert bzw. gelenkt.<br />
Der Durchgangsverkehr wird reduziert. Er wird durch geregelte Führung auf geeigneten<br />
überörtlichen Hauptverkehrsstraßen geleitet.<br />
Der Quell- und Zielverkehr wird kanalisiert. Er wird über möglichst kurze Wege durch<br />
geregelte Führung über Hauptverkehrsstraßen geführt.<br />
Die Fuß- und Radwegeverbindungen zwischen den Wohnquartieren und Stadtteilen<br />
werden vervollständigt.<br />
Straßenraumgestaltung und Parkangebot optimieren<br />
Die Straßengestaltung wird verbessert und das Parkraumangebot optimiert, da dies<br />
auch wichtige Marketing- und Image-Faktoren für eine attraktive Innenstadt darstellen.<br />
7.1 Einführung<br />
In unserer mobilen Gesellschaft spielt der motorisierte Fahrzeugverkehr mit den daraus<br />
resultierenden Lärm- und Schadstoffbelastungen und mit dem Flächenverbrauch<br />
etc. eine große Rolle. Demgegenüber sind das Fahrrad und die eigenen Füße die<br />
umweltschonendsten Verkehrsmittel – abgasfrei, leise und flächensparend. Zusammen<br />
mit öffentlichen Verkehrsmitteln spielen sie im sogenannten Umweltverbund<br />
eine wesentliche Rolle im Bemühen um eine nachhaltige Verkehrsentwicklung. Durch<br />
eine gesteigerte Attraktivität des Fuß- und Radverkehrs sollen Autofahrer für einen<br />
Umstieg auf diese umweltschonenden Verkehrsmittel gewonnen werden.<br />
Im Bemühen um geringere Umweltbelastungen fördert die Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong><br />
den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sowie die Nutzung des ÖPNV durch<br />
ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für den Anfahrtsweg zur Arbeitsstelle („Jobticket“).<br />
61
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Des Weiteren wird beim Fuhrpark der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> bei Ersatz- oder<br />
Neubeschaffung von Fahrzeugen und Maschinen auf geringeren Schadstoffausstoß<br />
geachtet.<br />
7.2 Fußgängerverkehr<br />
7.2.1 Einführung<br />
Das Zu-Fuß-Gehen ist die natürlichste und ursprünglichste Art sich fortzubewegen<br />
und mobil zu sein. Die Anzahl der Wege, die zu Fuß zurückgelegt werden, wird häufig<br />
unterschätzt, da sie oft mit der Nutzung anderer Verkehrsmittel kombiniert werden<br />
und dann bei Zählungen unberücksichtigt bleiben. Der Anteil der reinen Fußwege am<br />
Verkehrsaufkommen beträgt je nach Stadt 25 bis 45%. Kinder und ältere Menschen,<br />
also die schwächsten Verkehrsteilnehmer, nehmen dabei überdurchschnittlich am<br />
Fußverkehr teil (Quelle: Umweltbundesamt, Fußgänger- und Fahrradverkehr, <strong>2012</strong>).<br />
Fußgänger können sich nahezu auf allen Flächen und auch auf sehr engem Raum<br />
bewegen. Dennoch werden Fußgänger durch Platzansprüche des motorisierten Verkehrs,<br />
des Radverkehrs, des ruhenden Verkehrs (Parkraum) und diversen Sondernutzungen<br />
der verbliebenen Gehwege wie z.B. durch Händler, Straßencafes oder<br />
Baustellen eingeengt. Auch die Zerschneidung von Fußwegenetzen und die Unfallgefahren<br />
durch den motorisierten Verkehr haben negative Auswirkungen auf die Attraktivität<br />
des Fußgängerverkehrs.<br />
7.2.2 Fußgängerverkehr in <strong>Bruchsal</strong><br />
Der Fußgängerverkehr steht mit 25,4% in der Verkehrsmittelwahl der <strong>Bruchsal</strong>er Bevölkerung<br />
an zweiter Stelle nach dem Pkw (Quelle: Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten,<br />
omniphon GmbH 09.10.<strong>2012</strong>; Auszug siehe Seite 63). Grundsätzlich<br />
werden die Belange der Fußgänger bei allen Planungen einbezogen und kontinuierlich<br />
Verbesserungen bei der Benutzbarkeit von Fußwegen angestrebt, wie beispielsweise<br />
durch Einrichtung von Querungshilfen, Erweiterung der fußgängerfreundlichen<br />
Bereiche wie z.B. der Europaplatz, Attraktivierung der Gestaltung von Mischflächen<br />
in der Innenstadt etc.<br />
Auf einem Teilbereich der Kaiserstraße, dem Friedrichplatz/Friedrichstraße, dem<br />
Schönbornplatz, Schulgasse und Hoheneggerstraße erstreckt sich eine Fußgängerzone.<br />
Folgende weitere Bereiche sind hierin zwischenzeitlich einbezogen worden:<br />
Babette-Ihle-Platz/Anton-Wetterer-Straße, Kirchplatz/Josef-Kunz-Straße und Anton-<br />
Heuchemer-Straße.<br />
Da eine Fußgängerzone weitestgehend vom Fahrzeugverkehr – mit Ausnahme des<br />
zeitlich begrenzten Liefer- und Anfahrtsverkehrs – befreit ist, trägt diese zur Erhöhung<br />
der Lebensqualität der Bewohner bei und lässt den Einkaufsbummel oder das<br />
Verweilen in der Innenstadt entspannter und ansprechender gestalten.<br />
Damit sich auch mobilitätseingeschränkte Menschen möglichst frei und sicher in der<br />
Innenstadt bewegen können, fand im August <strong>2012</strong> eine Begehung u.a. mit der Lokalen<br />
Agenda 21, Arbeitsgruppe Menschen mit und ohne Handicap statt. Für die hierbei<br />
gesammelten Anregungen werden von der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> in Zusammenarbeit<br />
mit der Lokalen Agenda 21 gestaffelt nach Dringlichkeit Lösungen und<br />
Umsetzungsmöglichkeiten erarbeitet.<br />
62
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Der Innenstadtbereich <strong>Bruchsal</strong>s wird durch die Gleisanlagen des Bahnhofs getrennt.<br />
Um eine Verbindung der Wohnbereiche westlich der Bahn zur Innenstadt für Fußgänger<br />
zu schaffen, werden derzeit Überlegungen zu verschiedenen Querungsalternativen<br />
der Bahnanlagen (Verlängerung der vorhandenen Unterführung bzw. Fußgängersteg)<br />
diskutiert.<br />
7.3 Radverkehr<br />
7.3.1 Einführung<br />
Radverkehr ist als umweltfreundlicher Verkehr weder mit Lärm noch mit schädlichen<br />
Emissionen verbunden. Sein Flächenbedarf ist vergleichsweise gering. Zusammen<br />
mit dem ÖPNV und dem Fußverkehr bietet er die Möglichkeit, insbesondere die Innenstadtbereiche<br />
vom Kraftfahrzeugverkehr und damit von Stau, von Schadstoffen<br />
und Lärm zu entlasten. Daneben bietet das Fahrrad dem Nutzer und der Nutzerin im<br />
Alltags- und Freizeitverkehr eine bezahlbare Mobilität. Wegen seiner positiven Effekte<br />
auf die Umwelt, das Klima, die Lebensqualität in den Innenstadtbereichen und die<br />
Gesundheit der Menschen sollte der Radverkehr weiter gefördert werden.<br />
Dazu bedarf es einer sicheren, bedarfsgerechten und komfortabel ausgebauten Infrastruktur<br />
mit durchgängigen und vor allem alltagstauglichen Radverkehrsnetzen, die<br />
alle wesentlichen Quell- und Zielpunkte verbinden.<br />
Des Weiteren erhöhen sichere und ausreichende Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen<br />
und Haltestellen des Schienenverkehrs, in Innenstadtbereichen, bei Arbeitgebern,<br />
Behörden und bei Wohnungen, verstärkte polizeiliche Maßnahmen wie Registrierung<br />
und Codierung der Fahrräder, einheitliche Fahrradwegweisungen und Mitnahmemöglichkeiten<br />
in öffentlichen Verkehrsmitteln die Attraktivität des Radverkehrs.<br />
Das Potenzial des Radverkehrs liegt hinsichtlich der Wegelängen vor allem im Entfernungsbereich<br />
bis zu 5 Kilometern, in dem eine intensive Fahrradnutzung im Alltag<br />
für fast alle Fahrtzwecke möglich ist: rund 90% aller Fahrradfahrten finden in diesem<br />
Bereich statt. Zugleich werden auf diesen Strecken aber auch 40% aller Fahrten im<br />
motorisierten Individualverkehr zurückgelegt (Quelle: Nationaler Radverkehrsplan<br />
2020, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung).<br />
Bei der Fahrradnutzung im Alltagsverkehr ist zu berücksichtigen, dass Radfahrerinnen<br />
und Radfahrer je nach Fahrtzweck, Alter und Erfahrung ganz unterschiedliche<br />
Bedürfnisse und Anforderungen haben, etwa hinsichtlich der Geschwindigkeit oder<br />
des Sicherheitsempfindens bzw. des Sicherheitsbedürfnisses. Unter Umständen ergibt<br />
sich daraus die Notwendigkeit verschiedener Streckenführungen für unterschiedliche<br />
Nutzergruppen (z.B. Schulwege, touristische Routen getrennt von Hauptstrecken<br />
mit hohen Geschwindigkeiten).<br />
7.3.2 Radverkehr in <strong>Bruchsal</strong><br />
In <strong>Bruchsal</strong> stellt das Fahrrad aufgrund der topographischen Verhältnisse mit relativ<br />
geringen Steigungen in weiten Teilen der Gemarkung und relativ geringen Entfernungen<br />
eine Alternative zu anderen Verkehrsmitteln dar. Vorhanden sind unterschiedliche<br />
Radverkehrsführungen wie Mischverkehr auf der Fahrbahn, baulich angelegte<br />
Radwege mit oder ohne Beschilderungen, Markierungslösungen wie z.B.<br />
Schutz- und Radfahrstreifen und Gehwege mit Freigabe für den Radverkehr.<br />
63
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
In Tempo 30-Zonen und in verkehrsberuhigten Bereichen kann entsprechend den<br />
bestehenden Regelungen (StVO bzw. VwV-StVO) davon ausgegangen werden, dass<br />
sich Radfahrer weitgehend ungefährdet bewegen können, sodass hier Radverkehrsanlagen<br />
i.d.R. entbehrlich sind. Im Stadtgebiet <strong>Bruchsal</strong>s sind außer auf den Durchgangsstraßen<br />
überwiegend Straßen mit Tempo 30 vorhanden.<br />
Grundsätzlich sind zwei Arten von Radverkehrsanlagen zu unterscheiden:<br />
• benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen<br />
Der Radfahrer muss den Radweg benutzen und darf nicht auf der Fahrbahn fahren.<br />
Zeichen 237<br />
Sonderweg für Radfahrer<br />
Abbildung 7.1<br />
Zeichen 240<br />
gemeinsamer Fuß- und Radweg<br />
Zeichen 241<br />
getrennter Rad- und Fußweg<br />
• nicht benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen<br />
Der Radfahrer darf wahlweise auf der Radverkehrsanlage oder auf der Fahrbahn<br />
fahren (z.B.: der Gehweg in der Prinz-Wilhelm-Straße mit Freigabe des Radverkehrs).<br />
Benutzungspflichtige Radwege sind innerorts nur noch an Gefahrenstellen oder bei<br />
sehr hohem Verkehrsaufkommen zulässig.<br />
Deshalb werden in nächster Zeit sämtliche Radwegbeschilderungen in <strong>Bruchsal</strong> vom<br />
Ordnungsamt der Stadtverwaltung überprüft und vermutlich wird ein Großteil der benutzungspflichtigen<br />
Radwege in andere sog. Radverkehrsanlagen abgeändert werden.<br />
Seit 2013 ist der Radverkehr mit Schrittgeschwindigkeit (nach der Rechtsprechung<br />
bis zu 11 km/h) in der Fußgängerzone <strong>Bruchsal</strong>s freigegeben. Damit ist es nun möglich,<br />
die bestehenden Radverbindungen in Nord-/Südrichtung ohne die bisherigen<br />
erheblichen Umwege zu nutzen.<br />
Im Außerortsbereich bestehen über straßenbegleitende Radwege und ein ergänzendes<br />
Netz von Wirtschaftswegen gute Verbindungen in die Ortsteile und die benachbarten<br />
Gemeinden. Lücken bestehen zwischen Obergrombach und Helmsheim und<br />
zwischen Helmsheim und Heidelsheim auf der Höhe des Rasthofes.<br />
Dagegen besteht im Innerortsbereich noch kein zusammenhängendes Radwegenetz,<br />
dessen einzelne Netzbestandteile teilweise Engstellen, Barrieren, Lücken etc.<br />
aufweisen. Insbesondere durchgängige Radverkehrsanlagen, die ein zügiges Vorankommen<br />
ermöglichen, gibt es im Zentrum noch nicht. Fahrradabstellanlagen sind<br />
ebenfalls noch nicht in ausreichender Zahl vorhanden.<br />
In diesem Zusammenhang ist auf den Verkehrsentwicklungsplan zu verweisen, der<br />
derzeit im Auftrag der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> erstellt und auch Daten zum Radverkehr<br />
enthalten wird.<br />
64
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
In <strong>Bruchsal</strong> ist eine Verknüpfung zwischen dem Radverkehr und dem Öffentlichen<br />
Personennahverkehr durch Fahrradmitnahmemöglichkeiten in Stadtbahnen, Straßenbahnen<br />
und großen Bussen des Karlsruher Verkehrsverbundes und der Stadtbusverkehr<br />
<strong>Bruchsal</strong> GmbH gegeben.<br />
7.3.2.1 Kennzahlen der Fahrradnutzung<br />
Eine aktuelle Haushaltsbefragung in Karlsruhe und dem Nachbarschaftsverband<br />
Karlsruhe, <strong>Bruchsal</strong> und Gondelsheim zum Mobilitätsverhalten ergab für <strong>Bruchsal</strong>,<br />
dass nur 9 % der Befragten in <strong>Bruchsal</strong> kein Fahrrad besitzen (Quelle: Haushaltsbefragung,<br />
omniphon GmbH, <strong>2012</strong>).<br />
Trotz der großen Fahrräderzahl in <strong>Bruchsal</strong> werden Fahrräder weniger häufig genutzt<br />
als der Pkw.<br />
Mit dem sog. Modal Split wird die Verkehrsmittelwahl, also die Anteile der genutzten<br />
Verkehrsmittel wie motorisierter Individualverkehr (Pkw, Motorrad), Öffentlicher Verkehr<br />
sowie Fuß- und Fahrradverkehr in Prozent angegeben.<br />
In <strong>Bruchsal</strong> beträgt der Radverkehrsanteil laut der o.g. Umfrage 9,6% und der des<br />
motorisierten Individualverkehrs (MIV) 52,5%, der sich wiederum aus 42,3% als Fahrer<br />
und aus 10,2% als Mitfahrer zusammensetzt.<br />
Hauptverkehrsmittel<br />
Gemeinde zu Fuß Fahrrad MIV als<br />
Fahrer/in<br />
MIV als<br />
Mitfahrer/in<br />
Öffentlicher<br />
Verkehr<br />
Karlsruhe 24,4% 24,5% 25,7% 8,7% 16,7%<br />
Ettlingen 23,4% 15,7% 33,7% 9,5% 17,6%<br />
<strong>Bruchsal</strong> 25,4% 9,6% 42,3% 10,2% 12,4%<br />
Tabelle 7.1<br />
Quelle: Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten für die Stadt und den Nachbarschaftsverband<br />
Karlsruhe, Ergebnisbericht für die Stadt <strong>Bruchsal</strong> vom 09.10.<strong>2012</strong>, omniphon GmbH<br />
Wie weitere Beispiele zeigen, bestehen auf lokaler Ebene teilweise deutliche Unterschiede<br />
in der Intensität der Fahrradnutzung:<br />
Freiburg 27%, Heidelberg 30%, Offenburg 25%, Münster 38% (Quelle: jeweilige Internetseite<br />
der genannten Stadt, <strong>2012</strong>).<br />
Daneben führt der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) deutschlandweit eine<br />
Befragung „ADFC-Fahrradklima-Test“ durch mit dem Ziel der vergleichbaren Erfassung<br />
von Radfahrbedingungen in Städten und Gemeinden, zuletzt in der Zeit vom<br />
25.09.<strong>2012</strong> bis 30.11.<strong>2012</strong>. Bei dieser Abfrage können Radfahrer ihre Einschätzung<br />
zum Radverkehr in ihrer Stadt abgeben u.a. zur Nutzungshäufigkeit des Fahrrades,<br />
Fahrziele, komfortable und sichere Radführung und Fahrradabstellmöglichkeiten<br />
usw. Die vorab festgelegte Mindestfallzahl an Teilnehmern (abhängig von der Stadtgrößenklasse:<br />
50 für Städte und Gemeinden unter 100.000 Einwohnern) wurde <strong>2012</strong><br />
erstmals für <strong>Bruchsal</strong> erreicht, sodass hier nun Auswertungsergebnisse vorliegen:<br />
insgesamt haben in <strong>Bruchsal</strong> 189 Personen an der Umfrage teilgenommen. <strong>Bruchsal</strong><br />
belegt Rang 217 von insgesamt 252 Städten unter 100.000 Einwohnern.<br />
Die Ergebnisse können auf den Internetseiten des ADFC abgerufen werden.<br />
65
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
7.3.2.2 Fahrradabstellanlagen<br />
Bei steigendem Fahrradverkehr muss auch der zunehmende Bedarf an Fahrradabstellanlagen<br />
gedeckt werden. Folglich sind Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen und<br />
Haltestellen des Schienenverkehrs, in Innenstadtbereichen, bei Arbeitgebern und<br />
Behörden zu schaffen. Handlungsbedarf besteht auch bei Wohnungen, gerade dort,<br />
wo Abstellmöglichkeiten bisher nur schwer zugänglich sind (z.B. im Keller).<br />
An den Bahnhöfen/Haltestellen der Kernstadt <strong>Bruchsal</strong> und der Stadtteile gibt es insgesamt<br />
481 Fahrradstellplätze, größtenteils überdacht. Am Bahnhof <strong>Bruchsal</strong> sind<br />
die dort vorhandenen 92 Fahrradstellplätze weder überdacht noch ausreichend.<br />
Deshalb werden hier viele Fahrräder „wild“ im Umfeld abgestellt.<br />
Im Innenstadtbereich <strong>Bruchsal</strong>s gibt es 195 Fahrradstellplätze (zum Vergleich: allein<br />
die Tiefgarage Kaiserstraße, Tiefgarage Bürgerzentrum und das Parkhaus Rathausgalerie<br />
bieten insgesamt 909 Kfz-Stellplätze; Quelle: <strong>Bruchsal</strong>er Tourismus, Marketing<br />
und Veranstaltungs- GmbH).<br />
Stellplätze für Pedelecs oder E-Bikes mit Schließfächern für die Akkus gibt es bisher<br />
nicht.<br />
Fahrradstellplätze an Bahnhöfen in <strong>Bruchsal</strong><br />
und Stadtteilen<br />
Fahrradstellplätze im Innenstadtbereich<br />
<strong>Bruchsal</strong><br />
überdacht<br />
nicht<br />
überdacht<br />
überdacht<br />
nicht<br />
überdacht<br />
Bahnhof <strong>Bruchsal</strong> 92 Rathaus am Otto-Oppenheimer-Platz 4<br />
Stadtbus-Rendezvous - - Kaiserstr./Ecke Dr.-Karl-Meister-Str. 10<br />
Haltestelle Gewerbliches<br />
Bildungszentrum<br />
Fahrradboxen<br />
40<br />
8<br />
Kaiserstr./Schönbornplatz 5<br />
Haltestelle Schlachthof <strong>Bruchsal</strong> 23 Bibliothek, Am Alten Schloss 24<br />
Haltestelle Tunnelstr. <strong>Bruchsal</strong> 22 Rathaus am Marktplatz/Rathausstr. 11<br />
Haltestelle Schlossgarten 36 Rathaus/Anton-Heuchemer-Str. 6<br />
Haltestelle Stegwiesen 40 John-Bopp-Str./Ecke Kegelstr. 6<br />
Bahnhof Heidelsheim 40 Babette-Ihle-Platz 10<br />
Haltestelle Heidelsheim-Nord 20 Josef-Kunz-Str. 3<br />
Bahnhof Helmsheim 12 Friedrichsplatz 25<br />
Bahnhof Untergrombach 148 mittlere Friedrichstr. 9<br />
nördliche Friedrichstr./Höhe Bäckerei 5<br />
Am Schlossgarten/Damianstor 20<br />
Martin-Luther-Str./Handelslehranstalt 5<br />
Luisenstr./Post 15<br />
Luisenstr./Stadtbusbüro 8<br />
Bahnhofsplatz/Amalienstr. 10<br />
Europaplatz 19<br />
Summe 369 112 Summe 10 185<br />
Summe insgesamt 481 Summe insgesamt 195<br />
Tabelle 7.2<br />
Quelle: Ordnungsamt und Stadtplanungsamt der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong><br />
Ein im Mai <strong>2012</strong> von der Stadt <strong>Bruchsal</strong> gestellter Antrag zur Förderung von Fahrradabstellanlagen<br />
im Rahmen des Sonderförderprogramms „Fahrradabstellanlagen des<br />
Landes Baden-Württemberg zur Verbesserung der Intermodalität“ wurde mit Schrei-<br />
66
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
ben des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur vom 06.08.<strong>2012</strong> mit Hinweis auf<br />
die Vielzahl der eingegangen Anträge abgelehnt.<br />
7.3.2.3 Schulwegsicherung und Schulwegpläne<br />
Das Innenministerium Baden-Württemberg hat mit Erlass vom 26.08.2011 die Schulen<br />
aufgefordert, die Wege zwischen Wohnbereich und Schule zu ermitteln und<br />
Schulwegpläne zu erstellen. Für die Wege zu den Grundschulen sind dies in der Regel<br />
Fußwege. Die Wege in die weiterführenden Schulen werden überwiegend mit<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem Rad zurückgelegt. Entsprechend erfordern<br />
die Wege zu den Haltestellen am Wohnort und an den Schulen sowie die mit dem<br />
Rad genutzten Wege besondere Beachtung.<br />
Schulen ohne einen Schulwegplan (fast alle <strong>Bruchsal</strong>er Schulen) müssen diesen in<br />
den nächsten Monaten erstellen, wobei sie vom Ordnungsamt der Stadtverwaltung<br />
<strong>Bruchsal</strong> unterstützt werden.<br />
7.3.2.4 Verkehrssicherheit und Verkehrserziehung<br />
Akzeptanz und Nutzung des Fahrrads als Verkehrsmittel hängen maßgeblich von der<br />
Verkehrssicherheit ab. Zentrale Voraussetzung sind Regelkenntnisse und Regelakzeptanz,<br />
gute Sichtverhältnisse, Einsehbarkeit entlang von Radwegen wegen des<br />
Sicherheitsempfindens, Beleuchtung bei Dunkelheit, baulicher Zustand der Radverkehrsanlagen,<br />
Erhöhung der Helmtragequote, Nutzung von heller Kleidung und reflektierenden<br />
Materialien, regelmäßige Wartung des eigenen Fahrrads etc.<br />
Radfahrer zählen neben Fußgängern und Kindern zu den besonders gefährdeten<br />
Verkehrsteilnehmern, die entsprechend in der Unfallbilanz des Polizeipräsidiums<br />
Karlsruhe erfasst werden. Seit dem Jahr 2000 gab es in <strong>Bruchsal</strong> durchschnittlich<br />
jährlich 50 Verkehrsunfälle mit Radfahrern. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein<br />
Teil der Unfälle (z.B. Alleinunfälle, Kleinstunfälle) polizeilich nicht erfasst wird.<br />
Verkehrsunfälle mit Radfahrern in <strong>Bruchsal</strong> :<br />
Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Verkehrsunfälle<br />
insgesamt<br />
1.208 1.242 1.289 1.133 1.241 1.249 1.232 1.370 1.273 1.354 1.367 1.323<br />
Verkehrsunfälle<br />
mit Radfahrern<br />
51 42 43 51 52 44 49 67 50 64 44 41<br />
Tabelle 7.3<br />
Quelle: Auszug aus Verkehrsberichten des Polizeipräsidiums Karlsruhe, Akten des Ordnungsamtes<br />
Die im Lehrplan für Grundschulen vorgesehene Verkehrserziehung umfasst auch<br />
eine Fahrradfahrerausbildung, die für <strong>Bruchsal</strong>er Schüler in Bretten auf dem Verkehrsschulungsplatz<br />
der Verkehrswacht <strong>Bruchsal</strong>-Bretten stattfindet. Die <strong>Bruchsal</strong>er<br />
Schüler nutzen den ÖPNV mit Kostenerstattung durch die Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong><br />
oder werden in elterlichen Fahrgemeinschaften nach Bretten gefahren. Der Unterricht<br />
in Bretten wird von der Polizei Karlsruhe durchgeführt. Die Schulungsmittel stellt die<br />
Verkehrswacht <strong>Bruchsal</strong>-Bretten. Der ursprünglich in <strong>Bruchsal</strong> vorhandene Verkehrsschulungsplatz<br />
nördlich der Albert-Schweitzer-Realschule entsprach nicht mehr den<br />
heutigen Anforderungen und war deshalb nach dessen Aufgabe als gemeinsames<br />
67
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Sport- und Spielgelände für die Albert-Schweitzer-Realschule und die Pestalozzi-<br />
Förderschule vorgesehen. Allerdings wurde bisher weder eine Modernisierung des<br />
Verkehrsschulungsplatzes noch ein Umbau für die angrenzenden Schulen realisiert.<br />
Für einen möglichen Neubau eines Verkehrsschulungsplatzes für verschiedene Zielgruppen<br />
wie Kinder aus Kindergärten und Grundschulen, Senioren, Menschen mit<br />
Mobilitätseinschränkungen usw. wurden inzwischen Planungen für einen Standort im<br />
Schlossgarten erstellt. Allerdings sind Grundstücks- und Finanzierungsfragen noch<br />
nicht geklärt, sodass die Realisierung eines Neubaus in naher Zukunft nicht absehbar<br />
ist.<br />
7.3.2.5 Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Ein wichtiger Bereich, um die Potenziale des Radverkehrs besser nutzen zu können,<br />
sind eine intensive Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit, die die positiven Effekte<br />
des Radfahrens vermitteln, sowie allgemein für ein fahrradfreundliches Klima<br />
sorgen.<br />
In <strong>Bruchsal</strong> arbeitet seit dem Jahr 2000 die Lokale Agenda 21 <strong>Bruchsal</strong>, Arbeitsgruppe<br />
Radwege engagiert am Thema Radverkehr mit, wie z.B. beim Konzept der Radrouten<br />
(alltagstaugliche Radrouten und touristische Radrouten wie z.B. Schönbornroute,<br />
Spargel-Route, <strong>Bruchsal</strong>er Ringroute etc.), bei der Koordination von Routen<br />
auf Landkreisebene, bei Beschilderungen, bei Querungshilfen, Erstellen von Mängellisten<br />
in Bezug auf Schäden, Sicherheitsaspekte etc.<br />
Am 09.07.2011 wurde erstmals von der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> zusammen mit der<br />
Arbeitsgruppe Radwege (Lokale Agenda) eine öffentliche Informations- und Diskussionsrunde<br />
zum Thema „Fahrradfahren in <strong>Bruchsal</strong>“ veranstaltet. Hierbei wurden<br />
rund 100 Hinweise und Anregungen gesammelt, die inzwischen etwa zur Hälfte auf<br />
Lösungen hin überprüft wurden. Teilweise konnten Vorschläge bereits umgesetzt<br />
und realisiert werden.<br />
Im Jahr 2013 ist eine Sympathie-Kampagne „FahrRad 2013“ des Agenda-Büros der<br />
Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Radwege und<br />
weiterer Beteiligter geplant.<br />
7.3.3 Serviceleistungen<br />
Verschiedene Dienstleistungen machen die Nutzung des Fahrrads gerade im Alltagsverkehr<br />
zusätzlich attraktiv. Beispiele dafür sind:<br />
Schlauchautomaten, mobile Reparaturservices, öffentliche Luftpumpstationen, Gepäcksafes<br />
und Lieferservices als Kompensation für das Fehlen eines „Kofferraumes“<br />
für die Zwischenlagerung von Einkäufen und den Transport sperriger Güter, Fahrradwaschanlagen,<br />
Fahrradboxen, Radvermietungen usw.<br />
Seit April <strong>2012</strong> gibt es in <strong>Bruchsal</strong>, Am Kübelmarkt, eine private Fahrradverleihstation.<br />
7.3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
• Straßenverkehrsgesetz (StVG)<br />
• Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)<br />
• Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV –StVO)<br />
68
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Ziel: Verringerung des motorisierten Individualverkehrs<br />
Indikator 7a: Beförderungsfälle im ÖPNV in <strong>Bruchsal</strong><br />
Anzahl der Busfahrgäste<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
Abbildung 7.2<br />
1.270.000<br />
1.310.000 1.279.000 1.293.000<br />
1.216.000<br />
1.037.145 1.120.000 1.130.000 1.160.000<br />
1.191.000<br />
826.101<br />
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Jahr<br />
Datenquelle: Stadtbusverkehr <strong>Bruchsal</strong> GmbH, <strong>2012</strong><br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Angegeben werden die absoluten Beförderungszahlen der Stadtbusverkehr<br />
<strong>Bruchsal</strong> GmbH nach Jahren. Die dargestellten Beförderungszahlen basieren<br />
auf Hochrechnungen von geschätzten Fahrgastzahlen durch die Busfahrer<br />
an 2 Werktagen und am Samstag je Woche.<br />
Der öffentliche Personennahverkehr stellt eine umweltfreundliche Alternative<br />
zum motorisierten Individualverkehr dar.<br />
Seit Einführung des Stadtbusverkehrs im November 2000 sind die Fahrgastzahlen<br />
deutlich angestiegen und haben sich seit dem Jahr 2006 auf etwa<br />
gleichem Niveau stabilisiert, wobei ein weiterer leichter Anstieg zu verzeichnen<br />
ist.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Kürzungen beim Stadtbus sollten vermieden und Lücken im System durch Ausbau geschlossen<br />
werden, um damit weiter den Anreiz für den Umstieg vom Privat-Pkw in den<br />
Bus zu schaffen.<br />
• Verstärkte Verzahnung der Regionalbuslinien mit dem Stadtbusverkehrsnetz zur Schaffung<br />
von Synergieeffekten umsetzen.<br />
69
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Indikator 7b: Zahl der Beschäftigten der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong>, die den ÖPNV für<br />
die Strecke Wohnung – Arbeitsstelle nutzen (Jobticket)<br />
Beschäftigte der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong><br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
560<br />
576<br />
561 546<br />
527<br />
509 501 501 503 505 493<br />
475<br />
161 176 165 152<br />
116<br />
123 135 127 132 126 118 122<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Beschäftigte insgesamt (mit Azubis)<br />
Nutzer von Jobtickets<br />
Abbildung 7.3<br />
Datenquelle: Personal- und Organisationsamt, <strong>2012</strong><br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Angegeben sind die absoluten Zahlen der Beschäftigten einschließlich<br />
Auszubildender und der Nutzer von Jobtickets nach Jahren. Unter Jobticket<br />
wird die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (Karlsruher<br />
Verkehrsverbund einschließlich ScoolCard / Ausbildungskarte<br />
und Stadtbusverkehr) mit Bezuschussung durch die Stadtverwaltung<br />
<strong>Bruchsal</strong> verstanden.<br />
Eine umweltfreundliche Verkehrsart wird gefördert und damit zur Stärkung<br />
des öffentlichen Personennahverkehrs sowie zur Entlastung des<br />
Innenstadtverkehrs beigetragen.<br />
Seit 1998 wird die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs von<br />
Beschäftigten der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> mit einem finanziellen Zuschuss<br />
gefördert. Eingeführt wurde diese Förderung zur Stärkung des<br />
ÖPNV und als Ausgleich für eine Reduzierung kostenlos zur Verfügung<br />
gestellter Parkplätze. Folglich konnten Nutzer von Jobtickets kostenlose<br />
Parkplätze der Stadtverwaltung nicht mehr in Anspruch nehmen.<br />
Die Höhe des Zuschusses hat sich im Laufe der Jahre verändert. Ab<br />
dem Jahr <strong>2012</strong> wird der Zuschuss gestaffelt nach Entgelt- bzw. Besoldungsgruppe<br />
gewährt.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Durchschnittlich nutzen 26 % der Beschäftigten ein Jobticket. Hier könnten Anreize geschaffen<br />
werden, dass in noch stärkerem Umfang der Weg zur Arbeit klimafreundlich zurückgelegt<br />
wird, z.B. durch Bereitstellung weiterer Fahrradabstellplätze evtl. mit Überdachung<br />
und abschließbarer Fahrradboxen, Nutzung von Umkleide/Dusche zur Verfügung<br />
stellen, Förderung von Fahrgemeinschaften etc.<br />
• Die Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> könnte verstärkt möglichst gut gewartete Dienstfahrräder<br />
anbieten, damit bei innerörtlichen Dienstfahrten darauf zurückgegriffen werden kann und<br />
Kurzfahrten mit dem Pkw überflüssig werden.<br />
70
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
• Fahrtraining zu Sprit sparendem Fahren für Beschäftigte anbieten, die den städtischen<br />
Fuhrpark nutzen.<br />
• Die Verkehrsmittelwahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Arbeitsstelle unter Angabe<br />
von Gründen erheben. Nach der Auswertung mit Aktionen wie „Radeln zur Arbeit“<br />
oder „Eine Woche ohne Auto“ und sonstiger Anreize auf stärkere klimafreundliche Mobilität<br />
hinwirken.<br />
71
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Ziel: Fahrzeuge mit möglichst geringem Schadstoffausstoß<br />
Durch die Nutzung klimaschonender Dienstfahrzeuge verringert sich die Schadstoffbelastung.<br />
Die Kommune hat eine wichtige Vorreiterrolle bei der Nutzung besonders schadstoffarmer<br />
Technologien.<br />
Indikator 7c: KFZ-Bestand nach Feinstaubplakette, Stadtverwaltung<br />
35<br />
30<br />
33<br />
keine Plakette<br />
erforderlich,<br />
selbstfahrende<br />
Arbeitmaschine<br />
Bestand städtische Fahrzeuge<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
10<br />
11<br />
16<br />
22<br />
16 16<br />
15<br />
12<br />
6<br />
Schadstofgruppe 1,<br />
keine Plakette<br />
Plakette rot<br />
Plakette gelb<br />
5<br />
Plakette grün<br />
Abbildung 7.4<br />
Datenquelle:<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
0<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
2008 2011<br />
Erfasst wurden die Fahrzeuge des Baubetriebshofs sowie die Fahrzeuge<br />
der Stadtverwaltung ohne Feuerwehr.<br />
Die Feinstaubplakette gibt einen guten Überblick wie sich der städtische<br />
Fahrzeugbestand in Richtung weniger Schadstoffausstoß entwickelt. So hat<br />
sich vor allem der Fahrzeugbestand des Baubetriebshofs in den drei Jahren<br />
von 9 Fahrzeugen mit grüner Plakette auf 16 erhöht, gleichzeitig wurde die<br />
Zahl der Fahrzeuge, die keine Plakette erhalten können von 9 auf 3 Fahrzeuge<br />
reduziert. In Bezug auf besonders schadstoffarme Technologien geben<br />
die Daten allerdings keine Auskunft.<br />
<strong>2012</strong> wurde das erste Erdgasfahrzeug angeschafft. Für 2013 ist die Anschaffung<br />
eines Elektroautos und der Bau einer Elektrotankstelle beim Rathaus<br />
am Marktplatz geplant.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Umstellung des Fahrzeugbestandes der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> und der Töchter auf<br />
Elektrofahrzeuge (Kfz, E-Bikes) und Netzaufbau von Ladestationen. Soweit dies nicht<br />
möglich ist, Anschaffung von umweltschonenden Fahrzeugen (z.B. Erdgas, Fahrzeuge<br />
mit geringem Spritverbrauch)<br />
• Anschaffung von E-Bikes als Dienstfahrräder (Vorbildfunktion der Stadt, auch weitere<br />
Fahrten mit Fahrrad möglich).<br />
72
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
Ziel: Verringerung des motorisierten Individualverkehrs / Fußgänger- und<br />
fahrradfreundliche Stadt<br />
50%<br />
40%<br />
Anteil in Prozent<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
42,30%<br />
25,40%<br />
9,60%<br />
10,20% 12,40%<br />
zu Fuß Fahrrad MIV als Fahrer/in MIV als Mitfahrer/in Öffentlicher Verkehr<br />
Hauptverkehrsmittel in <strong>Bruchsal</strong> im Jahr <strong>2012</strong><br />
Abbildung 7.5<br />
Datenquelle: Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten für die Stadt und den Nachbarschaftsverband<br />
Karlsruhe, <strong>Bruchsal</strong> und Gondelsheim; Ergebnisbericht für<br />
die Stadt <strong>Bruchsal</strong> vom 09.10.<strong>2012</strong> (omniphon GmbH)<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Anteile der genutzten Verkehrsmittel wie Fuß- und Fahrradverkehr, motorisierter<br />
Individualverkehr (MIV: Pkw, Motorrad) sowie Öffentlicher Verkehr<br />
(Nah- und Fernverkehr) in <strong>Bruchsal</strong> in Prozent.<br />
Das Fahrrad und die eigenen Füße sind die umweltschonendsten Verkehrsmittel<br />
– abgasfrei, leise und flächensparend. Durch eine gesteigerte Attraktivität<br />
des Fuß- und Radverkehrs sollen Autofahrer für einen Umstieg auf diese<br />
umweltschonenden Verkehrsmittel gewonnen werden.<br />
Entwicklung: Im Außerortsbereich bestehen über straßenbegleitende Radwege und ein<br />
ergänzendes Netz von Wirtschaftswegen gute Verbindungen in die Ortsteile<br />
und in die benachbarten Gemeinden. Lücken bestehen zwischen Obergrombach<br />
und Helmsheim und zwischen Helmsheim und Heidelsheim auf der Höhe<br />
des Rasthofes. Im Innerortsbereich besteht noch kein zusammenhängendes<br />
Radwegenetz, dessen einzelne Netzbestandteile teilweise Engstellen,<br />
Barrieren und Lücken aufweisen. Durchgängige Radverkehrsanlagen, die ein<br />
zügiges Vorankommen ermöglichen, gibt es im Zentrum noch nicht. Fahrradabstellanlagen<br />
sind noch nicht in ausreichender Zahl vorhanden.<br />
Bei den Fußwegen werden kontinuierlich Verbesserungen der Benutzbarkeit<br />
durch Einrichtung von Querungshilfen, Erweiterungen der fußgängerfreundlichen<br />
Bereiche und Attraktivierung der Gestaltung von Mischflächen in der Innenstadt<br />
etc. angestrebt.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Beschluss eines Fahrradinfrastrukturkonzeptes mit dem Ziel der Erhöhung des Fahrradanteils<br />
an der Verkehrsmittelwahl und regelmäßiger Mobilitätserhebung als Wirkungskontrolle<br />
von umgesetzten Maßnahmen (Bsp.: Steigerung von derzeit 10% Fahrradanteil an<br />
der Verkehrsmittelwahl in <strong>Bruchsal</strong> auf 15% bis zum Jahr 2020)<br />
• Weiterhin Berücksichtigung der Belange der Fußgänger und Radfahrer bei allen Planungen.<br />
73
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
7. Verkehr und Mobilität<br />
• Schaffung eines engmaschigen Fußwegenetzes, sicher, angenehm und ohne Umwege.<br />
• Radwegenetz schaffen, das für Radfahrer überall ein sicheres Ankommen auf kurzen<br />
Wegen ermöglicht.<br />
• Komfortable Vernetzung mit dem Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV).<br />
• Gestaltung des Innenstadtbereiches, sodass dieser zum Verweilen, zum Zufußgehen,<br />
zum Radfahren einlädt.<br />
• Bequeme und sichere Fahrradabstellmöglichkeiten bieten.<br />
• Schule, Arbeit, Einkaufen, Freizeitvergnügen: alles gut erreichbar zu Fuß, mit dem Rad<br />
oder in Kombination mit dem ÖPNV.<br />
Weitere Informationen:<br />
Eine kontinuierliche Datenerfassung des Fuß- und Radverkehrs, zumindest Querschnittszählungen<br />
und Unfallanalysen, wenn möglich Haushaltsbefragungen, sind für eine Wirkungskontrolle<br />
von umgesetzten Maßnahmen notwendig.<br />
Im Verkehrsentwicklungsplan 2025 der Stadt <strong>Bruchsal</strong>, der voraussichtlich im Jahr 2013 fertig<br />
gestellt sein wird, werden viele der hier genannten Themenbereiche enthalten sein.<br />
74
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
8. Energie- und Klimaschutz<br />
Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020:<br />
Sparsamen Umgang mit Ressourcen fördern: Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> unterstützt den<br />
sparsamen Umgang mit endlichen Ressourcen und fördert die Nutzung erneuerbarer<br />
Ressourcen. Die verstärkte Förderung der Nutzung regenerativer Energien, wie Solarenergie<br />
und Erdwärme, wird angestrebt.<br />
Ressourcenpolitik bei der Stadtplanung berücksichtigen: Kommunale Planungen<br />
orientieren sich an den Grundsätzen einer nachhaltigen Ressourcenpolitik (z.B.<br />
bei Bebauungsplänen, Verkehrswegen u.a.).<br />
Bei der Erschließung neuer Baugebiete wird eine an die Anforderungen der passiven<br />
Solarenergienutzung angepasste Bebauungsstruktur sowie die Regenwassernutzung<br />
innerhalb des Gebietes angestrebt.<br />
8.1 Einführung<br />
Der Energiebedarf unserer Gesellschaft ist enorm. Neben den verschiedenen Wirtschaftssektoren<br />
verbrauchen auch die privaten Haushalte - also jeder Einzelne von<br />
uns – täglich Energie in den unterschiedlichsten Formen, z. B: für Strom, Heizung<br />
oder Verkehrsmittel. Die Versorgung mit diesen Energien basiert aber noch überwiegend<br />
auf fossilen, nicht erneuerbaren Energieträgern wie Uran, Kohle und Öl. Bei der<br />
Verbrennung fossiler Energieträger werden jedoch klimaschädliche Treibhausgase<br />
freigesetzt. Etwa 80 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland entstehen<br />
derzeit energiebedingt. Auch andere menschliche Aktivitäten wie Viehhaltung und<br />
Waldrodung verursachen die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre.<br />
Diese Klimagase verändern das natürliche Temperaturgleichgewicht der Erde.<br />
Langwellige Strahlung, die von der Erdoberfläche abgegeben wird, kann nicht frei<br />
durch die Atmosphäre in den Weltraum passieren, sondern wird von den Klimagasen<br />
absorbiert und reflektiert. Die Folge ist eine Aufheizung der Erde. Da der Prozess<br />
dem Wärmerückhalt in einem Treibhaus entspricht, wird auch vom Treibhauseffekt<br />
gesprochen.<br />
Treibhausgase sind Spurengase, das heißt sie kommen nur in geringen Konzentrationen<br />
in der Lufthülle der Erde vor. Aufgrund ihrer charakteristischen physikalischen<br />
Eigenschaften beeinflussen sie dennoch entscheidend das Erdklima. Denn ursprünglich<br />
existiert ein natürlicher Treibhauseffekt durch die Klimagase Wasserdampf,<br />
Kohlendioxid (CO 2 ), Ozon (O 3 ), Distickstoffmonoxid (N 2 O), und Methan (CH 4 ) und<br />
sorgt für eine globale Durchschnittstemperatur von 15° Celsius.<br />
Durch Verbrennung fossiler Energieträger und die Zerstörung von Wäldern setzt der<br />
Mensch jedoch enorme Mengen an zusätzlichem CO 2 und anderen klimawirksamen<br />
Gasen frei. Hierzu zählen insbesondere Methan aus der Rinderhaltung,<br />
Lachgas sowie synthetische halogenierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid.<br />
Die im Kyoto-Protokoll genannten Treibhausgase und deren Herkunft werden im<br />
Folgenden kurz erläutert.<br />
Kohlendioxid (CO 2 ) fungiert als Referenzgas, das heißt die Wirksamkeit aller Treibhausgase<br />
wird in Relation zu CO 2 gesetzt. Kohlendioxid entsteht in natürlichen Prozessen<br />
zum Beispiel bei Vulkanausbrüchen, mikrobiologischem Abbau und der At-<br />
75
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
mung. Anthropogen (menschlich verursacht) werden jedoch vorwiegend durch die<br />
Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Erdgas große Mengen<br />
an CO 2 freigesetzt. Mit der großflächigen Zerstörung von Wäldern werden gleichzeitig<br />
natürliche Kohlenstoffsenken vernichtet.<br />
Abbildung 8.1<br />
Temperaturanstieg auf der Erde in Anhängigkeit der CO2-Konzentration<br />
(Quelle: Webseite Klimawandel global)<br />
Methan (CH 4 ) ist der Hauptbestandteil von Erd-, Bio- und Deponiegasen, da es<br />
durch organische Gär- und Zersetzungsprozesse entsteht. Dementsprechend sind<br />
die Hauptquellen auch die Landwirtschaft, insbesondere die Tierhaltung und der<br />
Nassreisanbau (Klimawirksamkeit 21 x CO 2 ).<br />
Distickstoffoxid (N 2 O) wird trivial auch als Lachgas bezeichnet. Es wird vor allem in<br />
der intensiven Landwirtschaft aus Stickstoffdüngern gebildet. Auch bei Verbrennungsprozessen<br />
und im Verkehr entstehen erhebliche N 2 O-Emissionen. Die Verweilzeit<br />
in der Atmosphäre beträgt ca. 100 Jahre. Der prozentuale Beitrag zum<br />
menschengemachten Klimawandel wird auf etwa 5 % geschätzt (Klimawirksamkeit<br />
310 x CO 2 ).<br />
Stickstofftrifluorid (NF 3 ) gibt es erst seit den 90-er Jahren. NF 3 findet Verwendung<br />
als Ersatzstoff für Fluorkohlenwasserstoffe und wird bei der Herstellung von Flachbildschirmen<br />
und Solarzellen benötigt (Klimawirksamkeit 7.200 x CO 2 ).<br />
Teilhalogenierte und perfluorierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/P-FKW)<br />
werden zusammen mit Schwefelhexafluorid als Ersatzstoffe für Fluorkohlenwasserstoffe<br />
(FCKW) eingesetzt. Die Freisetzung erfolgt somit vorrangig bei der Herstellung<br />
von Schaumstoff, in Kühlanlagen, in Feuerlöschsubstanzen und als Lösungsmittel<br />
(Klimawirksamkeit bis 11.700 x CO 2 ).<br />
Schwefelhexafluorid (SF 6 ) ist das stärkste bekannte Treibhausgas. Es wird hauptsächlich<br />
als Isolator in Hochspannungsanlagen und Transformatoren und als<br />
Schutzgas verwendet. Weiterhin kann es zur Wärmedämmung und zum Lärmschutz<br />
in Isolierglasfenstern eingesetzt werden (Klimawirksamkeit 23.900 x CO 2 ).<br />
(Quelle jeweils Umweltbericht Ettlingen)<br />
76
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
8.2 Klimawandel und Klimaschutzpolitik<br />
Der erhöhte Anteil dieser vom Menschen verursachten Treibhausgase in der<br />
Atmosphäre verursacht einen weltweiten Klimawandel. Der Meeresspiegel ist im<br />
20. Jahrhundert um ca. 17 cm angestiegen und im vergangenen Jahrzehnt zeigen<br />
Satellitenmessungen bereits einen Anstieg von 3 cm. Inzwischen sind vielfältige<br />
Auswirkungen des Klimawandels auch in Deutschland spürbar. Stürme, die ganze<br />
Wälder verwüsten, extreme Gewitter und Hochwasserereignisse sind auch aus<br />
Baden-Württemberg bekannt. Zwischen 1951 und 2000 hat sich die Jahresmitteltemperatur<br />
in unserer Region um 1,5 Grad erhöht. Seit Beginn der systematischen<br />
Temperaturerfassung im Jahr 1861, wahrscheinlich sogar seit 1.000 Jahren waren<br />
die 90er Jahre weltweit das wärmste Jahrzehnt; 1998 war das wärmste Jahr (gefolgt<br />
von den Jahren 2002 und 2003). Je nach Region müssen wir bis zum Jahr 2050 mit<br />
einem weiteren Temperaturanstieg von bis zu 1,7 Grad rechnen. Die Frosttage<br />
haben hier im Mittel um 30 Tage pro Jahr abgenommen, die Sommertage hingegen<br />
um 20 Tage pro Jahr zugenommen. Die Anzahl der Tage mit Starkniederschlägen<br />
hat sich um elf Tage pro Jahr erhöht.<br />
(Quelle: Klimaschutzkonzept 2010 und 2020 PLUS Baden-Württemberg)<br />
Abbildung 8.2<br />
Klimawandel in Baden-Württemberg (Quelle: Webseite BUND LV. Baden-Württemberg)<br />
Die Wissenschaft geht ganz überwiegend davon aus, dass ab einer globalen<br />
Erwärmung um mehr als 2 Grad (und einer Änderungsrate von mehr als 0,2 Grad<br />
pro Jahrzehnt) gefährliche Klimaänderungen sehr wahrscheinlich werden, Klimaveränderungen<br />
die das System Erde so aus der Balance bringen werden, dass es<br />
nach menschlichem Ermessen nicht mehr beherrschbar sein wird. Solche Klimaveränderungen<br />
werden aller Voraussicht nach auch mit unkalkulierbaren Risiken für das<br />
Zusammenleben der Weltgemeinschaft verbunden sein. Die notwendige Begrenzung<br />
der Erderwärmung um max. 2 Grad wird auch als das 2-Grad-Ziel bezeichnet.<br />
Der Klimawandel ist damit langfristig eines der größten Probleme, dem die Weltgemeinschaft<br />
gegenüber steht. Es ist notwendig den Ausstoß an Treibhausgasen,<br />
insbesondere von Kohlendioxid (CO 2 ), deutlich zu verringern (weltweit um 45% -<br />
60% bis 2050 gegenüber 1990). Diese zentrale umweltpolitische Herausforderung<br />
erfordert schonenden Umgang mit fossilen Energieträgern und den Aufbau<br />
einer CO 2 -armen Energieversorgung. Je später die CO 2 -Emissionen sinken umso<br />
schneller und mehr müssen sie sinken, was wiederum entsprechende drastischere<br />
Maßnahmen erfordert (nicht nur umweltpolitisch sondern auch wirtschafts- und<br />
77
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
sozialpolitisch etc.) Ökonomisch gilt die Zusammenfassung: Klimawandel wird sehr<br />
teuer – Klimaschutz relativ günstig.<br />
Steigender Energiebedarf weltweit und der damit einhergehende erhöhte Kohlendioxidanstieg<br />
stehen aber Klimaschutzmaßnahmen entgegen. Einerseits müssen<br />
entschlossene Maßnahmen ergriffen werden, um den Klimawandel aufzuhalten und<br />
andererseits muss die steigende Energienachfrage befriedigt werden, denn die Weltbevölkerung<br />
wächst und die Menschen haben ein Recht auf Entwicklung und einen<br />
angemessenen Lebensstandard. Es gibt erste wissenschaftliche Stimmen, die<br />
warnen, dass das 2-Grad-Ziel ohne konkrete Einigung über globale CO 2 -<br />
Minderungspläne bis spätestens 2020 nicht mehr einzuhalten sein wird.<br />
Abbildung 8.3<br />
CO 2 -Ausstoss in ausgewählter Länder in 2007 pro Kopf und insgesamt<br />
(Quelle: webseite Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit)<br />
Doch wie können diese Ziele erreicht werden – oder anders ausgedrückt – welche<br />
Maßnahmen müssen heute eingeleitet werden, damit spätestens 2050 der Anstieg<br />
der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 Grad Celsius begrenzt wird?<br />
Dazu ist eine Reduktion der CO 2 -Emissionen bis 2050 um rund 90 % in den<br />
Industrieländern gegenüber 1990 erforderlich. Und dazu sind Maßnahmen in allen<br />
relevanten Sektoren erforderlich. Der Umbau der Industriegesellschaft und die<br />
Sicherstellung einer zuverlässigen, wirtschaftlichen und umweltschonenden Energieversorgung<br />
ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Eine<br />
Herausforderung, die unserer Gesellschaft sowohl ethische als auch kulturelle<br />
Grundsatzentscheidungen abverlangt.<br />
78
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Abbildung 8.4<br />
Flaggen verschiedener Länder (Quelle: webseite: Verbraucher fürs Klima.de)<br />
Deutschland hat bisher seine Klimaziele erreicht 1 - im Jahr 2010 wurde bereits eine<br />
Reduktion des CO 2 -Ausstoßes von 22% erreicht - und legte daraufhin die Messlatte<br />
höher. Bis 2020 will Deutschland nun eine Reduktion der Emissionen von 40% erreichen.<br />
Weiterhin sollen die klimaschädlichen Emissionen gegenüber dem Basisjahr<br />
1990 bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70 % und schließlich bis 2050 um 80 - 95 %<br />
sinken. Für Deutschland ist deshalb der grundlegende Umbau der Energieversorgungsstrukturen<br />
hin zu erneuerbaren Energien die zentrale Schlüsselposition zur<br />
Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesregierung. (Im ersten Halbjahr <strong>2012</strong><br />
deckten erneuerbare Energien bereits ein Viertel des deutschen Strombedarfs, um<br />
das Pfingstwochenende lag der Solaranteil im Netz der EnBW sogar bei über 50%.)<br />
Mit einem langfristig angelegten Energiekonzept und den Beschlüssen zur Energiewende<br />
soll dies umgesetzt werden. (Siehe auch „Rechtlicher Rahmen“)<br />
8.3 Kommunen als umsetzende Akteure der Energiewende<br />
In der aktuellen Diskussion zur Umsetzung der Energiewende wird immer mehr deutlich,<br />
dass ihr Gelingen in weitaus stärkerem Maße als bisher dezentrale Ansätze<br />
braucht und somit vorrangig in den Städten und Gemeinden entschieden wird. Das<br />
Klimabewusstsein in der Bevölkerung steigt und in den politischen Ebenen setzt sich<br />
die Erkenntnis durch, dass nationale und regionale Klimaschutzziele nur erreicht<br />
werden können, wenn sie in Städten und Gemeinden mit verschiedensten Aktivitäten<br />
direkt umgesetzt werden. Kommunaler Klimaschutz leistet einen enorm wichtigen<br />
Beitrag zur Klimavorsorge und dient als Vorbild für Bürger und Bürgerinnen, sich dem<br />
Thema Klimaschutz zu nähern und selbst zu handeln. Städte und ihre Stadtwerke<br />
habe die Chance im Interesse ihrer Bürger die Energiewende von Anfang an mit zu<br />
gestalten. Viele Städte haben diese Multiplikatorenwirkung erkannt und sehen Klimaschutz<br />
außerdem immer mehr als zukunftsorientierten Standortfaktor für eine nachhaltige<br />
Entwicklung. Erste klimaneutrale Kommunen gibt es bereits, viele planen<br />
den Weg dorthin.<br />
8.3.1 Flächenausweisung für Windenergieanlagen in <strong>Bruchsal</strong><br />
In der Diskussion zur Energiewende spielt die Windenergie eine zentrale Rolle. Abgesehen<br />
vom Bau ist der Betrieb von Windkraftanlagen frei von Treibhausgas-<br />
Emissionen. Die Landesregierung strebt bis 2020 einen Windenergieanteil an der<br />
Stromerzeugung Baden-Württembergs von mindestens 10 Prozent an.<br />
1 Dies ist größtenteils auf den Zusammenbruch der Industrie in den neuen Bundesländern nach 1990 zurück zu führen.<br />
79
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Das Landesplanungsgesetz wurde entsprechend geändert und die bisherigen regionalplanerischen<br />
Vorranggebietsausweisungen für Windenergieanlagen zum<br />
31.12.<strong>2012</strong> aufgehoben. Damit sind Windenergieanlagen im Außenbereich gem.<br />
§ 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch grundsätzlich zulässig, wenn öffentliche Belange<br />
nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist.<br />
Um ausreichend Steuerungsmöglichkeiten zu behalten, wird derzeit von der Stadtverwaltung<br />
<strong>Bruchsal</strong> für die Vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft <strong>Bruchsal</strong>, Forst,<br />
Hambrücken, Karlsdorf-Neuthard ein Sachlicher Teilplan Windenergie zum Flächennutzungsplan<br />
2025 mit Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen<br />
aufgestellt.<br />
Nach dem bisherigen Verfahrenstand sind 8 Prüfflächen ermittelt worden, die<br />
grundsätzlich für Windenergieanlagen unter Berücksichtigung von Abstandsflächen,<br />
Schutzgebieten etc. und hinsichtlich des Windpotentials in Frage kommen.<br />
Diese Flächen liegen alle auf der Gemarkung <strong>Bruchsal</strong>s im Bereich des Kraichgaus<br />
(Rößlenberg, Eisenhut, Spiegelberg, Hornbuckel, An der hohen Straße, Großer<br />
Wald/Stockich, Pfadberg, Eichelberg).<br />
8.4 Energieversorgung und Klimaschutzaktivitäten in <strong>Bruchsal</strong><br />
Für die leitungsgebundene Energieversorgung ist in <strong>Bruchsal</strong> die Energie- und<br />
Wasserversorgung <strong>Bruchsal</strong> GmbH (ewb) zuständig. Sie liefert als Grundversorger<br />
Erdgas an ca. 3.300 Kunden in der Kernstadt und in den Ortsteilen Untergrombach,<br />
Büchenau und Heidelsheim. Das Verteilnetz dazu wurde in den letzten Jahren weiter<br />
ausgebaut und ergibt nun ca. 190 km.<br />
Die Stromversorgung von <strong>Bruchsal</strong> und Ortsteilen erfolgt seit 2009 vollständig über<br />
das eigene Leitungsnetz der ewb an ca. 27.500 Kunden. Aus Klimaschutz- und<br />
Nachhaltigkeitsgründen richtet auch die ewb ihre Energieversorgung auf CO 2 -Einsparung<br />
und CO 2 -Vermeidung aus. So bietet sie ihren Kunden in der <strong>Gesamt</strong>betrachtung<br />
bereits zu über 30 % Strom aus erneuerbaren Energien. Auch die Nachfrage<br />
der Bürger nach Ökostrom- oder Biogasprodukten steigt. In 2011 verzeichnete<br />
die ewb 273 energreen- und 449 watergreen-Kunden sowie 53 Biogasabnehmer.<br />
Sie bezogen ca. 236 MWh energreen-Strom und 8.800 MWh watergreen-Strom.<br />
Das entspricht ca. 3,5 % des <strong>Gesamt</strong>stromverbrauchs in <strong>Bruchsal</strong>. Die ewb und die<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong> gehen mit gutem Beispiel voran und versorgen ihre Liegenschaften<br />
mit watergreen-Ökostrom.<br />
Für die Wärmeversorgung <strong>Bruchsal</strong>er Gebäude wurden in 2011 ca. 820 MWh Bio-<br />
Erdgas bezogen, welches aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird. Der<br />
Anteil am <strong>Gesamt</strong>gasverbrauch beträgt allerdings nur ca. 0,4 %.<br />
Für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien sind die Stadtwerke <strong>Bruchsal</strong><br />
zunehmend in allen Themenbereichen aktiv (Solarenergie, Bioenergie, Windenergie,<br />
Geothermie, Kraft-Wärme-Kopplung sowie auch Elektro- und Erdgasmobilität). Eine<br />
Erneuerbare Energien Gesellschaft mbH (EEG) wurde <strong>2012</strong> gegründet. Außerdem<br />
fördern die ewb verschiedene Energiesparmaßnahmen und bieten eine kostenlose<br />
Erstberatung zu Energieeffizienzfragen rund um Gebäudetechnik und Gebäudehülle.<br />
(Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der ewb.)<br />
80
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Abbildung 8.5<br />
Energieträgermix der ewb für Strom im Jahr 2011 (Quelle: Webseite ewb)<br />
Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Lokale Agenda Arbeitsgruppe „Umwelt<br />
und Energie“ im Rahmen des Agenda 21 - Prozesses mit den Themen Energiesparen<br />
und erneuerbare Energien in <strong>Bruchsal</strong>. Sie organisiert Umweltmessen, Informationsveranstaltungen,<br />
Aktionen zu erneuerbaren Energien und neu auch die Teilnahme<br />
an der „Solarbundesliga“. Hier war <strong>Bruchsal</strong> nun zum zweiten Mal am Start<br />
und belegte im landkreisweiten Vergleich einen guten 2. Platz. Laut Arbeitsgruppe ist<br />
jedoch noch Potential nach oben vorhanden.<br />
Die Umwelt- und Energieagentur des Landkreises Karlsruhe ist Ansprechpartner<br />
für private Haushalte, öffentliche Einrichtungen, Wohnungswirtschaft sowie Handwerks-<br />
und Gewerbebetriebe zu allen Fragen der Energie- und CO 2 -Einsparung.<br />
2010 erarbeitete sie das Energie- und Klimaschutzkonzept „zeozweifrei“ für den<br />
Landkreis Karlsruhe mit dem Ziel den Energiebedarf der gesamten Region zu 100 %<br />
aus erneuerbaren Energien zu decken. Um dieses ehrgeizige Ziel Wirklichkeit<br />
werden zu lassen und die Umsetzung der Potenziale für erneuerbare Energien voran<br />
zu bringen, beschloss der Kreistag, am European Energy Award (eea) und am<br />
bundesweiten „100 % Erneuerbare-Energie-Regionen“-Projekt teilzunehmen.<br />
Innerhalb dieses Konzeptes gibt es erstmals auch für die Stadt <strong>Bruchsal</strong> eine<br />
gesamt-städtische Ist-Analyse zum <strong>Gesamt</strong>energieverbrauch und zu CO 2 -<br />
Emissionen. Als Ergebnis zeigte sich, dass der Energiebedarf im Stadtgebiet<br />
bilanziell vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Nach Nutzung<br />
der vorhandenen Energieeinsparpotenziale kann mit einem Mix aus Solarenergie,<br />
Erdwärme, Biomasse, Wind, Wasser und Abwärme im Jahresdurchschnitt<br />
mehr Energie als nötig produziert werden, um dem verbleibenden Jahresenergiebedarf<br />
gerecht zu werden. Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> hat damit eine gezielte Planungshilfe<br />
für zukünftige Klimaschutzaktivitäten. Auch Hausbesitzer profitieren und können auf<br />
der Webseite www.solarkataster.de beispielsweise herausfinden, ob sich ihr Dach<br />
für eine Fotovoltaikanlage eignet.<br />
(Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite von zeozweifrei.de)<br />
81
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
<strong>Bruchsal</strong><br />
<strong>Gesamt</strong>energie - Betrachtung in MWh / Jahr<br />
518.656<br />
MWh<br />
741.190<br />
MWh<br />
Ist- Verbrauch<br />
Einsparpotenzial<br />
Rest - Bedarf<br />
Potenzial<br />
Erneuerbare Energien<br />
850.420<br />
MWh<br />
Basis 2010<br />
Abbildung 8.6<br />
<strong>Gesamt</strong>energiebetrachtung Stadt <strong>Bruchsal</strong> (Quelle: Energie- u. Klimaschutzkonzept Landkr Karlsruhe)<br />
Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> möchte ihr Verantwortungsbewusstsein, ihr Engagement und ihre<br />
Vorbildfunktion bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen zu den<br />
Themen Energieeffizienz, Energieeinsparung und Erneuerbare Energien deutlich<br />
machen. Dazu sind die Koordination der vorhandenen Klimaschutzaktivitäten,<br />
die Erstellung energie-politischer Leitbilder und die Beteiligung örtlicher Akteure<br />
sowie der Bürgerschaft notwendig. Denn die eigenständige Gestaltung der Energiewende<br />
hier vor Ort birgt wichtige win-win-Situationen wie:<br />
- die Sicherung einer zukunftsfähigen wirtschaftlichen Entwicklung<br />
- die Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze vor Ort (besonders Handwerk)<br />
- die Unabhängigkeit von Energieimporten<br />
- die Stärkung der Gemeinschaft innerhalb der Kommune<br />
(Quelle: MPS Energie Institut)<br />
Trotz oder gerade wegen der alarmierenden Entwicklung des Weltklimas kommt es<br />
zunehmend auf den Einzelnen an. Viele kleine Schritte bewirken auch beim Klimaschutz<br />
letztendlich große Veränderungen. Der Wunsch der Bürger u. a. Akteure nach<br />
mehr Beteilung und Mitgestaltung sowie die entsprechenden Kompetenzen sind vorhanden.<br />
Die Vielzahl der Themen und Aufgaben ist groß. (Bürgersolaranlagen,<br />
-windpark, Wasserkraft- und Geothermienutzung, Gebäudesanierung, ÖPNV,<br />
E-Mobilität, Konsumverhalten…)<br />
8.5 Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Da Klimaveränderungen und deren Folgen und Zusammenhänge global wirken,<br />
muss der Umgang damit auch weltweit geregelt werden.<br />
Der internationale Klimaschutz geht vor allem auf den sogenannten Erdgipfel von Rio<br />
zurück. Dort wurde 1992 die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen<br />
(UNFCCC) mit dem Ziel des Klimaschutzes verabschiedet. Mit der Reduktion von<br />
Treibhausgasen soll die Störung des Klimasystems verhindert bzw. vermindert werden.<br />
Daraus ging zur konkreteren Ausgestaltung 1997 das Kyoto-Protokoll hervor.<br />
82
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Das erst 2005 in Kraft getretene Abkommen legt erstmals völkerrechtlich verbindliche<br />
Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern fest und setzt<br />
einen konkreten Zeitrahmen für die Umsetzung bis <strong>2012</strong>. Bislang haben 193 Staaten<br />
sowie die Europäische Union das Kyoto-Protokoll ratifiziert. Es verpflichtet die beteiligten<br />
Industriestaaten, den globalen Ausstoß klimaschädlicher Gase bis <strong>2012</strong> um<br />
5,2% gegenüber 1990 zu senken. Der EU obliegt dabei ein <strong>Gesamt</strong>minderungsziel<br />
von 8%, das entsprechend des Verursacherprinzips über eine Lastenverteilung auf<br />
die einzelnen EU-Staaten verteilt wird. Für Deutschland sind dies 21 % Minderung.<br />
Details für eine zweite Verpflichtungsperiode nach <strong>2012</strong> sollen auf weiteren UN-<br />
Klimakonferenzen bis 2015 beschlossen werden. Strittig sind vor allem der Umfang<br />
und die Verteilung der künftigen Treibhausgas-Reduktionen, die Einbindung von<br />
Schwellen- und Entwicklungsländern in die Reduktionsverpflichtungen sowie die<br />
Höhe der Finanztransfers.<br />
Internationale Einigkeit wurde aber darüber erzielt, dass die weltweite Klimaerwärmung<br />
auf weniger als 2 Grad Celsius begrenzt werden muss um das Klimasystem<br />
„Erde“ ausreichend stabil zu halten. Dazu müssen die weltweiten Emissionen bis<br />
2050 um mindestens 50 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Für die Industrieländer<br />
bedeutet dies eine CO 2 –Reduktion um mindestens 60-80 % bis 2050 (Basis 1990).<br />
Nationale und regionale Klimaschutzziele orientieren sich hauptsächlich an diesem<br />
2-Grad-Ziel. Hierzu gibt es inzwischen eine Vielzahl von Richtlinien und Gesetzgebungen,<br />
die einzelne Segmente der Klimaschutzpolitik berühren.<br />
Auf EU-Ebene bildet das 2008 in Kraft getretene Klima- und Energiepaket der EU<br />
den gesetzlichen Rahmen. Darin verpflichten sich die EU-Mitgliedsstaaten auf die<br />
griffige Formel „20-20-20 bis 2020“<br />
• 20% Reduktion der CO 2 -Emissionen (Basisjahr 1990; 20% Minimalziel)<br />
• 20% Anteil erneuerbarer Energien am <strong>Gesamt</strong>energieverbrauch (in 2005 ca.<br />
8,5%)<br />
• 20% Einsparung des EU-Energieverbrauchs (Energieeffizienzziel)<br />
Ein Hauptinstrument des Maßnahmenpakets ist das EU-Emissionshandelssystem<br />
(EU-EHS). Der Emissisionshandel mit „Verschmutzungsrechten“ soll die Umweltkosten,<br />
die durch Emissionen entstehen künstlich bepreisen. Emittiert ein Unternehmen<br />
mehr CO 2 als es Zertifikate besitzt, muss es entweder neue Zertifikate erwerben oder<br />
in emissionsmindernde Technologie investieren.<br />
Weiterhin wurden verschiedene EU-Richtlinien zu einzelstaatlichen Zielvorgaben,<br />
zur Lastenverteilung, zur Förderung erneuerbarer Energien, zur Förderung der Kraft-<br />
Wärme-Kopplung, zur Energieeffizienz, zur geologischen Speicherung von CO 2 , zur<br />
Kraftstoffqualität und zur CO 2 -Minderung bei PKWs verabschiedet.<br />
Die EU-Mitgliedsstaaten haben oder müssen diese nun mit eigenen Rechtvorschriften<br />
umsetzen, ihre nationalen Systeme anpassen und damit gewährleisten, dass die<br />
vereinbarten Ziele erreicht werden.<br />
83
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Außerdem bildet die Öko-Design-Richtlinie den europäischen Rechtsrahmen für die<br />
Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchs-relevanter<br />
Produkte. Sie sieht Mindesteffizienzanforderungen für verschiedene<br />
Produktgruppen vor. Dies führt dazu, dass besonders ineffiziente Geräte<br />
schrittweise vom EU-Binnenmarkt ausgeschlossen werden und trägt dazu bei, die<br />
nationalen und europäischen Klimaschutzziele zu erreichen. Bekanntes Beispiel<br />
hierzu ist das Auslaufen des Verkaufs von herkömmlichen Glühlampen.<br />
Auch die deutsche Klimaschutzpolitik steht im Kontext des Leitbilds einer<br />
nachhaltigen Entwicklung, der Agenda 21 und des 2-Grad-Ziels. Denn es liegt auf<br />
der Hand, dass Handeln für den Schutz des globalen Klimas auf nationaler, regionaler<br />
und lokaler Ebene unbedingt erforderlich ist. So wurde im Jahr 2007 ein Integriertes<br />
Energie- und Klimaprogramm (IEKP) der Bundesregierung beschlossen. Es<br />
beinhaltet Gesetze, Verordnungen und weitere Maßnahmen, um das Ziel, bis zum<br />
Jahr 2020 die Treibhausgas-Emissionen gegenüber dem Basisjahr 1990 um 40 % zu<br />
reduzieren, zu erreichen.<br />
Auf Bundesebene trat 2004 das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG)<br />
in Kraft. Es bildet die nationale Rechtsgrundlage für den Emissionshandel nach der<br />
EU-Richtlinie über das europäische Handelssystem mit Treibhausgas-<br />
Emissionsberechtigungen. Ab 2013 wird sich die Zahl der emissionshandelspflichtigen<br />
Anlagen deutlich erhöhen. Außerdem soll der Flugverkehr in den Handel einbezogen<br />
werden.<br />
Mit dem Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-<br />
Gesetz– EEG) wird der Ausbau von Strom- und Wärmeerzeugung aus erneuerbaren<br />
Quellen gefördert. Die letzte Gesetzesnovelle wurde vom Bundestag im Juni 2011 im<br />
Zuge der Energiewende beschlossen. Im EEG wird geregelt, dass Strom aus erneuerbaren<br />
Energiequellen, wie Wind- oder Solarenergie, bevorzugt in das Stromnetz<br />
eingespeist werden und wie den Anbietern ein Mindestverkaufspreis für Strom<br />
aus erneuerbaren Energiequellen garantiert wird.<br />
Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) des Bundes gilt seit dem<br />
01.01.2009 für Neubauten und seit der Novellierung 2011 auch für bestehende<br />
öffentliche Gebäude (Vorbildfunktion). Es schreibt vor, dass Eigentümer von Gebäuden<br />
einen Teil ihres Wärmebedarfs (und Kältebedarfs) aus erneuerbaren Energien<br />
decken müssen bzw. Ersatzmaßnahmen wählen können. Ziel ist ebenfalls die nachhaltige<br />
Entwicklung der Energieversorgung und die Weiterentwicklung von Technologien<br />
zur Erzeugung von Wärme aus Erneuerbaren Energien.<br />
Das Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-<br />
Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz – KWK) zielt auf die Erhöhung der<br />
Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung in der Bundesrepublik auf 25 Prozent<br />
der gesamten Stromerzeugung. Außerdem werden die Markteinführung der Brennstoffzelle<br />
sowie die Förderung des Neu- und Ausbaus von Wärmenetzen, in die<br />
Wärme aus KWK-Anlagen eingespeist wird, angestrebt. Die letzte Novelle wurde<br />
<strong>2012</strong> beschlossen.<br />
Das Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden (Energieeinsparungsgesetz<br />
–EnEG, 2009 novelliert) zielt darauf ab, in Gebäuden nur so viel Energie zu verbrauchen,<br />
wie jeweils notwendig ist um das Gebäude zweckdienlich zu nutzen. Auf seiner<br />
Grundlage dürfen Verordnungen erlassen werden, die energetische Anforderungen<br />
84
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
an Gebäude und ihre Anlagentechnik stellen. Aus dem EnEG geht die Energieeinsparverodnung<br />
(EnEV) hervor, in der bautechnische Standardanforderungen<br />
zum effizienten Betriebsenergieverbrauch von Gebäuden vorgeschrieben sind. Ziel<br />
der novellierten EnEV 2009 ist es, den Energiebedarf für Heizung und Warmwasser<br />
im Gebäudebereich um etwa 30 % zu senken. In einem weiteren Schritt sollen laut<br />
Integriertem Energie- und Klimaprogramm (IEKP) ab <strong>2012</strong> die energetischen Anforderungen<br />
nochmals um bis zu 30 % erhöht werden. Außerdem ist der Energieausweis<br />
inzwischen im gesamten Baubestand notwendig, bei Verkauf und Neuvermietung<br />
sowie als Aushang in großen, vielbesuchten öffentlichen Gebäuden.<br />
Abbildung 8.7<br />
Übersicht Energiestandards für Gebäude (Quelle: www.energiepass.wordpress.com)<br />
Der wichtigste energiepolitische Beschluss der Bundesregierung, der momentan und<br />
zukünftig viele Gesetzgebungsverfahren beeinflussen wird, ist die Energiewende<br />
und der damit verbundene Atomausstieg bis 2022. Bis zum Jahr 2050 soll die Energieversorgung<br />
in Deutschland überwiegend durch erneuerbare Energien gewährleistet<br />
werden. Dies erfordert einen grundlegenden Umbau der Energieversorgungssysteme.<br />
Das Energiekonzept aus 2010 und die Beschlüsse zur Beschleunigung<br />
der Energiewende von 2011 beschreiben den Weg in das neue Energiezeitalter mit<br />
konkreten Zielen, einem Monitoring-Prozess und solidem Finanzierungsplan sowie<br />
insgesamt etwa 180 Einzelmaßnahmen.<br />
Die Roadmap Energiepolitik 2020 ist ein vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit (BMU) herausgegebenes Konzept zur Energiepolitik<br />
der kommenden Jahre inklusive eines BMU-Szenarios für die Energieversorgung im<br />
Jahre 2020. (http://www.algore2008.de/roadmap_energiepolitik_bund_2020.pdf)<br />
Baden-Württemberg steht als Hochtechnologieregion (ca. 0,3 % Anteil an weltweiten<br />
Treibhausgasemissionen) in der besonderen Verantwortung, die Vorreiterrolle<br />
des Landes auch beim Klimaschutz auszubauen. Das Land bringt sich dazu insbesondere<br />
im Rahmen bestehender grenzüberschreitender Partnerschaften wie der<br />
„Vier Motoren für Europa“, der „Oberrheinkonferenz“ oder der „Internationalen Bodenseekonferenz“<br />
sowie darüber hinausgehender Aktivitäten ein.<br />
85
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Die grün-rote Landesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt, die<br />
Energie- und Klimapolitik neu auszurichten. Zentrales Element dazu ist das<br />
Klimaschutzgesetz, in dem verbindliche Ziele zur Treibhausgasminderung festgelegt<br />
werden. Es wird gegenwärtig erarbeitet (Entwurf vom 26.10.<strong>2012</strong> derzeit in<br />
Anhörung) und greift auf Erfahrungen aus anderen Bundesländern zurück. Es wird<br />
den Rahmen für ein Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept vorgeben,<br />
welches die notwendigen Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele<br />
Baden-Württembergs enthält. Als Grundlage dient das vorhandene<br />
Klimaschutzkonzept 2020 PLUS Baden-Württemberg von 2011. Generell sollen<br />
auch in Baden Württemberg die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 25 % und bis<br />
2050 um 90% sinken.<br />
Zusätzlich zum Bundesgesetz gibt es auf Landesebene seit 2008 das Erneuerbare-<br />
Wärme-Gesetz BW für Altbauten (EWärmeG), um den Anteil erneuerbarer Energien<br />
an der Wärmeversorgung zu erhöhen.<br />
Ein zentraler Baustein für die Energiewende in Baden-Württemberg ist das novellierte<br />
Landesplanungsgesetz <strong>2012</strong>, in dem die planerische Steuerung der Windkraftnutzung<br />
beschrieben ist. Das Land hat mit dem Windatlas eine wichtige Grundlage<br />
für eine verstärkte Nutzung der Windenergie im Land bereitgestellt. Für <strong>Bruchsal</strong> wird<br />
derzeit der Flächennutzungsplan überarbeitet mit dem Ziel Konzentrationsgebiete für<br />
Windkraft auszuweisen.<br />
Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> hat bisher keine Zielvereinbarungen zum Klimaschutz bzw. zur<br />
CO 2 - Minderung in Verbindung mit einem gesamtstädtischen Energiekonzept beschlossen.<br />
Seit 2010 gibt es allerdings das Energie- und Klimaschutzkonzept für den Landkreis<br />
Karlsruhe „ zeozweofrei“ mit dem Ziel, den gesamten Energiebedarf der Region<br />
klimaneutral, d.h. zu 100% mit erneuerbaren Energien zu erzeugen.<br />
86
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Ziel: möglichst niedriger Energieeinsatz<br />
Indikator 8a: Energieverbrauch <strong>Gesamt</strong>stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
Verkehr<br />
475.940 MWh<br />
Energieverbrauch nach Verbrauchergruppen in MWh pro Jahr<br />
Summe Energieverbrauch 1.261.298 MWh/Jahr<br />
Kommunale<br />
Liegenschaften<br />
Wärme 12.395 Strom 2.485<br />
Haushalte / GHD<br />
Wärme 410.687 MWh<br />
Abbildung 8.8<br />
Industrie Strom<br />
69.051 MWh<br />
Industrie Wärme<br />
99.861 MWh<br />
Haushalte / GHD<br />
Strom 190.879 MWh<br />
Basis Jahr 2010<br />
Datenquelle:<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Energie- und Klimaschutzkonzept Landkreis Karlsruhe (Basis 2010), darin<br />
v.a. statistisches Landesamt BW, ewb und verallgemeinernde Durchschnittsannahmen,<br />
städtische Erhebung 2010<br />
Dargestellt sind die Energieverbrauchswerte der Verbrauchergruppen Kommunale<br />
Liegenschaften, private Haushalte (inkl. Gewerbe/Handel/<br />
Dienstleistung und Kleinverbraucher) und Industrie jeweils getrennt nach<br />
Wärmeenergie und Strom sowie der Verbrauchsgruppe Verkehr. Die<br />
Wärmeverbrauchswerte sind witterungsbereinigt. Verkehr beinhaltet die<br />
durch Fahrzeugnutzung verursachten Energieverbräuche.<br />
Möglichkeiten und Maßnahmen zum kommunalen Klimaschutz können nur<br />
erarbeitet werden, wenn die Ist-Situation des gesamtstädtischen Energieverbrauchs<br />
und seine Aufteilung bekannt sind. Energieeinsparung ist und<br />
bleibt die beste und kostengünstigste Energiequelle, denn gesparte nicht<br />
verbrauchte Energie muss nicht extra erzeugt und transportiert werden.<br />
Auch Energieeffizienz, die bessere (Aus-)Nutzung von Energie führt zu<br />
weniger Energieverbrauch. Die resultierende Verringerung von CO 2 - Emissionen<br />
trägt direkt zum Klimaschutz bei. Außerdem erfordern die steigenden<br />
Preise für Energie auch aus Existenzgründen in immer mehr Haushalten,<br />
bestmöglich Energie einzusparen.<br />
Eine gesamtstädtische Energiebilanz wurde bisher nicht erstellt. Das Klimaschutzkonzept<br />
des Landkreises Karlsruhe von 2010 gibt erstmals einen<br />
Überblick über den jährlichen <strong>Gesamt</strong>energieverbrauch in <strong>Bruchsal</strong> von<br />
ca. 1.260 GWh. Einen wesentlichen Anteil daran (ca. 33%) hat allein der<br />
Wärmeverbrauch der Haushalte. Zusammen mit dem Stromverbrauch liegt<br />
der Anteil Haushalte/GHD bei fast 50 %. Der Verkehrsanteil am <strong>Gesamt</strong>energieverbrauch<br />
beträgt ca. 38 %. Auch in der <strong>Gesamt</strong>-Energiebilanz der<br />
Bundesrepublik sind Gebäudebeheizung und Verkehr die größten Verbrauchergruppen<br />
mit etwa ähnlichen Anteilen wie in <strong>Bruchsal</strong>. Sie bergen<br />
generell das höchste Energieeinsparpotenzial. Bezieht man den <strong>Gesamt</strong>energieverbrauch<br />
auf die Einwohnerzahl werden in <strong>Bruchsal</strong> pro Person<br />
insgesamt ca. 29.600 kWh pro Jahr verbraucht. Für die Einhaltung des<br />
2-Grad-Ziels (Siehe Einführung) ist ein nachhaltiger Energieverbrauch von<br />
17.500 kWh pro Einwohner und Jahr anzustreben.<br />
87
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• Bekenntnis zum Klimaschutzkonzept „zeozweifrei“ und Zusammenarbeit mit Landkreis<br />
zu dessen Umsetzung<br />
• energiepolitisches Leitbild entwickeln, beschließen, Ziele in Abständen bilanzieren<br />
• energierelevante Festlegungen in der Bauleitplanung (Energieträger, Solarnutzung,<br />
Energiestandard u.ä.) sowie beim Grundstücks(ver-)kauf beschließen<br />
• energieoptimierte Stadtteile Bahnstadt und Campus als städtische Modellprojekte<br />
• Energieberatung von Bauinteressenten und Sanierern<br />
• städt. Förderung von Neubauten u. Sanierungen nach bestimmten Energiestandards<br />
• Stromsparprogramm, Modellhaushalte, Prämien, Öffentlichkeits-Kampagnen<br />
• lokale/regionale Akteure/Kooperationen unterstützen (insb. Handwerker, Planer mit<br />
fachspezifischen Fort- und Weiterbildungen)<br />
• umweltbewusstes Handeln und Eigeninitiative im Privat- und Industriesektor fördern<br />
• Kooperation mit Handwerk und Stadtwerken zur Förderung neuer Energiedienstleistungsprodukte<br />
• siehe auch Mobilität/Verkehr<br />
Indikator 8b: Energieverbrauch städtische Liegenschaften in kWh pro Jahr<br />
16.000.000<br />
160<br />
Energieverbrauch in kWh/Jahr<br />
14.000.000<br />
12.000.000<br />
10.000.000<br />
8.000.000<br />
6.000.000<br />
4.000.000<br />
2.000.000<br />
140<br />
129<br />
124<br />
121<br />
128<br />
104<br />
110<br />
104<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
spez. Energieverbrauch kWh/m²a<br />
0<br />
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
0<br />
Abbildung 8.9<br />
Erdgas Nahwärme Erdöl<br />
Holzpellets Stromheizung Strom<br />
spez. Verbrauch pro m² BGF<br />
Datenquelle: Stadtwerke <strong>Bruchsal</strong>, städtisches Verbrauchscontrolling u. Auswertung 2011<br />
Definition:<br />
Entwicklung:<br />
Dargestellt ist der im Gebäude- und Energiemanagement erfasste<br />
Verbrauch für Heizenergie (witterungsbereinigt) und Strom der städtischen<br />
Liegenschaften (ca. 100 Gebäude, Verwaltungsgebäude, Feuerwehrgebäude,<br />
Friedhofsgebäude, Schulgebäude, Sporthallen, soziale Einrichtungen,<br />
sonstige und angemietete Gebäude). Nicht enthalten sind Energieverbräuche,<br />
die aus Arbeiten anderer Ämter resultieren (z.B. Straßenbeleuchtung<br />
und Veranstaltungen).<br />
Der <strong>Gesamt</strong>energieverbrauch der städtischen Liegenschaften beträgt über<br />
14 Mio. kWh und ist im Betrachtungszeitraum nicht wesentlich gesunken,<br />
weil neu gebaute und neu genutzte Gebäude die bewirtschaftete Fläche um<br />
ca. 30 % erhöhten. Deshalb ist es bei der Bewertung der Energieverbrauchsentwicklung<br />
sinnvoll, den <strong>Gesamt</strong>energieverbrauch jeweils auf<br />
die aktuelle <strong>Gesamt</strong>fläche zu beziehen. Der spezifische Energieverbrauch<br />
pro m² hat sich in den letzten Jahren somit um 25 % verringert und liegt<br />
aktuell bei 104 kWh/ m² Bruttogeschossfläche. Da es seit 2008 ein kontinuierliches<br />
Verbrauchscontrolling in der Stadtverwaltung gibt, können auch die<br />
88
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
einzelnen Verbrauchsentwicklungen der verschiedenen Energieträger ausgewertet<br />
werden. Erkennbar ist, dass der Anteil von Erdöl durch Austausch<br />
alter Heizanlagen kleiner wird und der Anteil von Holzpellets größer (2009-<br />
2011 Abschaltung einzelner Holzpelletkessel aus unterschiedlichen Gründen<br />
erforderlich). Der Anstieg des <strong>Gesamt</strong>energieverbrauchs resultiert hauptsächlich<br />
aus der Zunahme von Nahwärme durch die verstärkte Nutzung<br />
von Gebäuden auf dem Campusgelände. Außerdem soll hier erwähnt<br />
werden, dass leerstehende Gebäude ebenfalls noch Energie verbrauchen,<br />
nämlich laut Verbrauchcontrolling immer noch ca. 1/3 des Energieverbrauchs<br />
im Nutzungszustand.<br />
Der <strong>Gesamt</strong>stromverbrauch blieb erfreulicherweise und im Gegensatz zu<br />
vielen anderen Kommunen etwa gleich hoch. Durch die fortschreitende<br />
Technologisierung in allen Gebäuden (insbes. EDV) werden Stromeinsparungen<br />
durch Effizienzmaßnahmen bislang „aufgefressen“. Erste<br />
Anzeichen für eine Trendwende sind aber erkennbar.<br />
Die größten Energieverbraucher unter den städtischen Liegenschaften sind<br />
die Gebäudekomplexe der Gymnasien JKG und Schönborngymnasium, der<br />
Albert-Schweitzer-Realschule mit Pestalozzischule sowie des Campusgeländes.<br />
In den letzten Jahren wurde bei Sanierungen städtischer Gebäude und<br />
vielen Einzelmaßnahmen kontinuierlich auf Energieeffizienz geachtet.<br />
Fassaden, Dächer und oberste Geschossdecken wurden gedämmt, Fenster<br />
ausgetauscht, Heizungsanlagen mit Mess-Steuer-Regelungstechnik<br />
optimiert, Heizverteilungen mit drehzahlgeregelten stromsparenden Hocheffizienzpumpen<br />
ausgestattet. Warmwasserbereitungen wurden stillgelegt<br />
bzw. optimiert, Lüftungsanlagen und Beleuchtungen durch effiziente und<br />
regelbare Komponenten ausgetauscht. Die neue Mensa des Schönborngymnasiums<br />
wurde im zukunftweisenden Passivhausstandard errichtet.<br />
Auch bei Bürogeräten, insbesondere Computern und Monitoren wird auf<br />
Energieeffizienz geachtet. Alle neuen Geräte der letzten Jahre sind unter<br />
dem Label „Green IT“ zertifiziert.<br />
Außerdem gibt es im Rahmen eines städtischen Energieeinsparprojektes in<br />
einigen Schulen Energiespargruppen, die über Prämien an erzielten Energieeinsparungen<br />
beteiligt werden.<br />
Neben städtischen Liegenschaften wurde seit 2004 auch die Straßenbeleuchtung<br />
saniert. Die <strong>Gesamt</strong>investitionskosten von ca. 890.000 € haben<br />
sich bereits im Jahr 2011 durch die erzielten Energieeinsparungen<br />
amortisiert.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen Aktionen:<br />
• energetische Standards für die städtischen Liegenschaften beschließen, Ziele in Abständen<br />
bilanzieren<br />
• Mess-, Steuer- und Regelungstechnik von Heizanlagen weiter optimieren (mithilfe Auswertungen<br />
von Unterzählern) und Gebäudeleittechnik kontinuierlich ausbauen<br />
• Warmwasserbereitung und –leitungen weiter auf minimal erforderliches Maß reduzieren<br />
• weitere Schulen zur Teilnahme am Energieeinsparprojekt gewinnen<br />
• kontinuierliche Hinweise für Hausmeister, Gebäudenutzer und Mitarbeiter<br />
• Leerstände von Gebäuden dringend vermeiden<br />
• Kraft-Wärme-Kopplung nutzen<br />
• an Finanzierung Energieagentur beteiligen oder am European Energy Award teilnehmen<br />
höhere Zuschüsse beim Förderprogramm Klimaschutz-Plus<br />
89
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Ziel: möglichst geringe CO 2 -Emissionen<br />
Indikator 8c: CO 2 -Emissionen <strong>Gesamt</strong>stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
Verkehr 151.825 t<br />
CO2-Emissionen nach Verbrauchergruppen in Tonnen pro Jahr<br />
Summe 457.379 Tonnen/Jahr<br />
Kommunale<br />
Liegenschaften<br />
Wärme 3.073 t<br />
Strom 1.573 t<br />
Haushalte / GHD<br />
Wärme 110.471 t<br />
Abbildung 8.10<br />
Industrie<br />
Strom 42.950 t<br />
Industrie<br />
Wärme 28.760 t<br />
Haushalte / GHD<br />
Strom 118.727 t<br />
Datenquelle: Energie- und Klimaschutzkonzept Landkreis Karlsruhe (Basis 2010),<br />
städtische Erhebung 2010, IWU- Institut für Wohnen und Umwelt<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Basis Jahr 2010<br />
Dargestellt sind die CO 2 -Emssionen der Verbrauchergruppen Kommunale<br />
Liegenschaften, private Haushalte (inkl. Gewerbe/Handel/Dienstleistung und<br />
Kleinverbraucher) und Industrie jeweils getrennt nach Wärmeenergie und<br />
Strom sowie der Verbrauchsgruppe Verkehr.<br />
Kohlendioxid (CO 2 ) ist mit einem Emissionsanteil von deutschlandweit rund<br />
90% das wichtigste Treibhausgas und damit maßgeblich verantwortlich für<br />
die überdurchschnittlich rasche Erwärmung der Erdatmosphäre (Treibhauseffekt).<br />
Die damit einhergehende globale Klimaänderung hat nachhaltige<br />
Auswirkungen auf die Ökosysteme sowie damit verbunden erhebliche wirtschaftliche<br />
und soziale Folgen. Vor diesem Hintergrund wird auf wissenschaftlicher<br />
Ebene gewarnt, die globale Erwärmung langfristig auf insgesamt<br />
maximal 2°C zu begrenzen. Die Bundesregierung strebt für Deutschland<br />
eine Emissionsminderung um 40% bis 2020 gegenüber 1990 an, Baden-<br />
Württemberg bislang eine Minderung von 30%.<br />
CO 2 -Emissionen entstehen überwiegend bei der Verbrennung von fossilen<br />
Energieträgern (energiebedingte CO 2 -Emissionen), vor allem in den<br />
Bereichen Stromerzeugung in öffentlichen Kraftwerken und Industrie,<br />
Prozessfeuerungen, Raumwärmebereitstellung und Verkehr. Jede Minderung<br />
von CO 2 -Emissionen durch Energieträgerwechsel oder Effizienzmaßnahmen<br />
trägt direkt zum Klimaschutz bei.<br />
Eine gesamtstädtische CO 2 -Bilanz wurde bisher nicht erstellt. Das Klimaschutzkonzept<br />
des Landkreises Karlsruhe von 2010 gibt erstmals einen<br />
Überblick über die jährlichen CO 2 -Emissionen in <strong>Bruchsal</strong> von 457.380 t.<br />
Die Hälfte davon wird, wie beim Energieverbrauch, von Haushalten/GHD<br />
verursacht. Der Verkehrsanteil an den <strong>Gesamt</strong>emissionen beträgt 33%. In<br />
diesen Bereichen bestehen auch die größten Emissionsminderungspotentiale.<br />
Im Vergleich zur Energiebetrachtung trägt der Energieträger<br />
Strom überdurchschnittlich zur CO 2 -Belastung bei. Strom sparen zur CO 2 -<br />
Minderung lohnt sich deshalb besonders. Bezieht man die <strong>Gesamt</strong>-<br />
90
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
emissionen auf die Einwohnerzahl werden in <strong>Bruchsal</strong> pro Person insgesamt<br />
ca. 10,7 t CO 2 im Jahr emittiert. Für die Einhaltung des 2-Grad-Ziels<br />
(Siehe Einführung) ist ein nachhaltiger Energieverbrauch von maximal 2 t<br />
CO 2 pro Einwohner und Jahr anzustreben.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• siehe Indikator 8a<br />
• siehe Indikator 7a –f<br />
Indikator 8d: CO 2 -Emissionen städtische Liegenschaften in t pro Jahr<br />
CO2-Emissionen in Tonnen/Jahr<br />
6.000<br />
5.000<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
0<br />
Abbildung 8.11<br />
Datenquelle:<br />
46<br />
45<br />
42<br />
39<br />
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Erdgas Nahwärme Campus Erdöl<br />
Holzpellets<br />
spez. CO2 in kg pro m² BGF<br />
Stromheizung Strom<br />
städtische Auswertung, IWU- Institut für Wohnen und Umwelt<br />
Definition: Dargestellt sind die im Gebäude- und Energiemanagement ermittelten CO 2 -<br />
Emissionen der städtischen Liegenschaften (ca. 100 Gebäude, Verwaltungsgebäude,<br />
Feuerwehrgebäude, Friedhofsgebäude, Schulgebäude, Sporthallen,<br />
soziale Einrichtungen, sonstige und angemietete Gebäude). Nicht enthalten<br />
sind CO 2 -Emissionen die aus Arbeiten anderer Ämter resultieren.<br />
Entwicklung:<br />
40<br />
Die <strong>Gesamt</strong>-CO 2 -Emissionen der städtischen Liegenschaften von über<br />
4.500 t CO 2 haben sich im Betrachtungszeitraum zunächst verringert und<br />
sind dann wieder leicht gestiegen, weil neu gebaute und neu genutzte Gebäude<br />
die bewirtschaftete Fläche um ca. 30 % erhöhten. Deshalb ist es bei<br />
der Bewertung der Emissionsentwicklung sinnvoll, die <strong>Gesamt</strong>emissionen<br />
jeweils auf die aktuelle <strong>Gesamt</strong>fläche zu beziehen. Die spezifischen CO 2 -<br />
Emissionen pro m² haben sich in den letzten Jahren somit um ca. 28 %<br />
verringert und liegen aktuell bei 33 t CO 2 / m² Bruttogeschossfläche.<br />
Wesentliche CO 2 -Minderungen konnten durch Energieträgerwechsel von<br />
Erdöl auf Holzpellets oder Erdgas erreicht werden. Im Vergleich zum Energieverbrauch<br />
hat Strom einen wesentlich höheren CO 2 -Emissionsanteil.<br />
Stromeinsparmaßnahmen vermindern die städtischen CO 2 -Emissionen<br />
somit am meisten. Die unter Indikator 8b aufgeführten Energiesparmaßnahmen<br />
haben hier auch zu einer entsprechenden Reduktion der CO 2 -<br />
Emissionen geführt.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen Aktionen:<br />
• siehe Indikator 8b und 8f<br />
32<br />
34<br />
33<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
-<br />
spezif. CO2-Emissionen kg/m²a<br />
91
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
Ziel: möglichst hoher Anteil an erneuerbaren Energien<br />
Indikator 8e: Erneuerbare Energien <strong>Gesamt</strong>stadt in Watt pro Einwohner<br />
Installierte Leistung<br />
in W pro Einw.<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
13<br />
196 40<br />
146<br />
93<br />
202<br />
69<br />
49<br />
29<br />
16<br />
2 3 9<br />
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 <strong>2012</strong><br />
+ ca. 2.200 m²<br />
Kollektorfläche<br />
Solarthermie<br />
Jahr<br />
Fotovoltaik Biogene Brennstoffe Geothermie<br />
Abbildung 8.12<br />
Datenquelle:<br />
Definition:<br />
Bedeutung:<br />
Entwicklung:<br />
Stadtwerke <strong>Bruchsal</strong>, städtische Erhebung<br />
Erfasst wird die installierte Leistung der jeweiligen erneuerbaren Energie, die<br />
über das EEG vergütet wird in Watt pro Einwohner. Für Biogene Brennstoffe<br />
wie Biogas und Geothermie sind erst seit <strong>2012</strong> konkrete Daten vorhanden.<br />
Energieerzeugungsanlagen aus Wasserkraft und Windkraft sind in <strong>Bruchsal</strong><br />
bisher nicht vorhanden. In einer städtischen Erhebung wurde außerdem die<br />
gesamte bisher installierte Kollektorfläche für Solarthermie in m² ermittelt.<br />
Durch Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verringern sich der<br />
Verbrauch fossiler nicht regenerativer Rohstoffe und dementsprechend der<br />
Ausstoß von Treibhausgasen. Die Nutzung erneuerbarer Energien trägt<br />
direkt zum Klimaschutz bei. Langfristig gibt es vor dem Hintergrund der<br />
Energiewende (Ausstieg aus der Kernenergie) zur Umstellung auf erneuerbare<br />
Energiequellen keine Alternative. Deshalb müssen sie bei Aufrechterhaltung<br />
der Versorgungssicherheit konsequent weiter ausgebaut werden.<br />
Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung steigt auch in<br />
<strong>Bruchsal</strong>, wobei Fotovoltaikanlagen den größten Teil dazu beitragen. <strong>2012</strong><br />
gab es in <strong>Bruchsal</strong> 575 Fotovoltaikanlagen und dazu 6 Biogasanlagen und<br />
1 Geothermieanlage, die über das EEG vergütet werden. Die gesamte<br />
installierte Leistung betrug 10,9 MWp. Insgesamt wurden damit im Jahr<br />
2011 ca. 14.700 MWh erneuerbarer Strom ins ewb-Stromversorgungsnetz<br />
eingespeist und ca. 3.200 MWh erneuerbare Wärme erzeugt. Das entspricht<br />
etwa dem Jahresverbrauch von 3.000 4-Personen-Haushalten (bei Strom)<br />
und 200 Haushalten (bei Wärme)<br />
Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass der <strong>Gesamt</strong>stromverbrauch<br />
bisher ebenfalls angestiegen ist und noch weiter steigen wird. Der Anteil von<br />
Strom aus erneuerbaren Energien liegt deshalb nur bei 5,5 % (in BaWü<br />
11,3 % und bundesweit 24 %)<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
• energiepolitisches Leitbild entwickeln, beschließen, Ziele in Abständen bilanzieren<br />
• energierelevante Festlegungen in der Bauleitplanung (Energieträger, Solarnutzung,<br />
Energiestandard u.ä.) sowie beim Grundstücks(ver-)kauf beschließen<br />
• Energieberatung von Bauinteressenten und Sanierern<br />
• städt. Förderprogramm für Neubauten u. Sanierungen nach bestimmten Standards<br />
92
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
8. Energie und Klimaschutz<br />
• Baugebiete mit integrierten Energieversorgungskonzepten (Bahnstadt, Campus), evtl.<br />
Versorgung ausschließlich mit regenerativen Energien<br />
• Stadtwerke bei Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung (Energiepark mit Fotovoltaik,<br />
Windkraft) und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen unterstützen, Ökostrom-Kampagne,<br />
Solarwettbewerb)<br />
• regionale Akteure/Kooperationen/ unterstützen (insbes. Heizungsbauer, Biogaserzeuger)<br />
• umweltbewusstes Handeln und Eigeninitiative im Privatsektor fördern, Solardachkataster<br />
• Klimaschutzbildung vom Kindergarten bis zum Gymnasium<br />
• siehe auch Mobilität/Verkehr<br />
Indikator 8f: Erneuerbare Energien städtische Liegenschaften<br />
Entwicklung:<br />
Seit 2009 bezieht die Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong> für den gesamten Strombedarf<br />
von städtischen Liegenschaften, BTMV, Straßenbeleuchtung und<br />
Abwasserbetrieb das Ökostromprodukt watergreen (ca 7 Mio. kWh).<br />
Dieses stammt zu 100 % aus erneuerbaren Energien und wird regelmäßig<br />
durch den TÜV Nord zertifiziert. Allerdings werden gegenüber dem Ökostromprodukt<br />
energreen keine neuen Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung<br />
gefördert.<br />
Auf städtischen Dächern sind zurzeit 10 Fotovoltaikanlagen mit einer<br />
installierten Leistung von insges. 340 kWp installiert. Die Stadtwerke <strong>Bruchsal</strong><br />
installieren derzeit 5 weitere Anlagen auf städtischen Dachflächen mit<br />
ca. 310 kWp. In den nächsten Jahren sind weitere neue Fotovoltaik-Anlagen<br />
in etwa derselben Größenordnung geplant.<br />
Zur regenerativen Wärmeversorgung tragen 4 Holzpellet-Anlagen mit einer<br />
installierten Leistung von insges. 760 kW bei. Deren Anteil an der <strong>Gesamt</strong>wärmeversorgung<br />
der städtischen Liegenschaften beträgt mind. 12 %.<br />
mögliche/zukünftige Maßnahmen Aktionen:<br />
• städtische Modellprojekte bei Neubau und Sanierungen von Heizanlagen hinsichtlich<br />
Nutzung erneuerbarer Energien umsetzen<br />
• sukzessive Stromheizungen ersetzen<br />
• Vergabekriterien für neue Wärmeerzeugungsanlagen festlegen<br />
• Kraft-Wärme-Kopplung nutzen<br />
• Ökostrombezug schrittweise auf Ökostrom mit Neuanlagenquote umstellen<br />
93
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
9. Abfallwirtschaft<br />
9. Abfallwirtschaft<br />
9.1 Einführung<br />
Bis 31.12.2008 hatte der Landkreis die öffentlich-rechtliche Aufgabe des Einsammelns und Beförderns<br />
von Abfällen und der Kompostierung pflanzlicher Abfälle gemäß § 6 Abs. 2 LAbfG auf die<br />
Städte und Gemeinden im Landkreis Karlsruhe übertragen.<br />
Diese Übertragungsvereinbarung wurde vom Landkreis Karlsruhe zum 31.12.2008 gekündigt,<br />
womit die Zuständigkeit für die gesamte öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung wieder beim Landkreis<br />
lag.<br />
Seit 01.01.2009 besteht folgende Neuregelung:<br />
Die Aufgaben des Einsammelns und Beförderns für Hausmüll/Geschäftsmüll (Graue Tonne),<br />
Wertstoffe (Grüne Tonne), Restsperrmüll und Wertstoffsperrmüll (Altholz, Metall und Elektrogroßgeräte)<br />
werden vom Landkreis erledigt.<br />
Erläuterungen zu den Abfallarten und die Entwicklung der Abfallmengen in <strong>Bruchsal</strong> werden unter<br />
„9.2 Abfallentsorgung/-verwertung für Hausmüll im Holsystem von 2009 - 2011 in Zuständigkeit<br />
des Landkreises“ dargestellt.<br />
Auf die Stadt <strong>Bruchsal</strong> wurden die Teilbereiche<br />
- Abfallberatung<br />
- Einsammlung von wildem Müll<br />
- Betrieb von Wertstoffhöfen<br />
- Betrieb von Grünabfallsammelplätzen<br />
- sowie die Grünabfallverwertung<br />
nach § 6 Abs. 3 LAbfG durch eine Übertragungsvereinbarung delegiert und die grundsätzliche<br />
Regelungen für die Durchführung dieser Aufgaben, sowie die Höhe der Aufwandsentschädigung<br />
festgelegt.<br />
Erläuterungen hierzu sind unter „9.3 Abfallentsorgung/-verwertung von 2009 - 2011 für Teilbereiche<br />
in Zuständigkeit der Stadt <strong>Bruchsal</strong>“ zu finden.<br />
- Bis 31.12.2011 stellte die Stadt <strong>Bruchsal</strong> fünf Grünabfallsammelplätze in den Stadtteilen<br />
<strong>Bruchsal</strong>, Heidelsheim, Untergrombach und Obergrombach sowie zwei Wertstoffhöfe in<br />
den Stadtteilen <strong>Bruchsal</strong> und Untergrombach für die Anlieferung von Grünabfällen und<br />
Wertstoffe zur Verfügung und betreute die Abfallannahme. Ab <strong>2012</strong> werden den Bürgern<br />
drei Grünabfallsammelplätze in <strong>Bruchsal</strong>, Heidelsheim und Untergrombach angeboten.<br />
94
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
9. Abfallwirtschaft<br />
9.2 Abfallentsorgung/-verwertung für Haushalte im Holsystem von 2009 - 2011 in<br />
Zuständigkeit des Landkreises Karlsruhe<br />
Abfallentsorgung im Holsystem<br />
0,37 0,45 0,32 kg<br />
300,00<br />
21,24 kg<br />
24,39 kg<br />
21,01 kg<br />
250,00<br />
kg pro Einwohner und Jahr<br />
200,00<br />
150,00<br />
100,00<br />
125,47 kg<br />
15,93 kg<br />
113,60 kg<br />
125,41 kg<br />
18,81 kg<br />
115,90 kg<br />
126,44 kg<br />
16,39 kg<br />
117,30 kg<br />
50,00<br />
0,00<br />
2009 2010 2011<br />
Hausmüll Restsperrmüll Wertstoffe (Grüne Tonne) Wertstoffsperrmüll<br />
(Altholz/Metall, Elektrogroßgeräte)<br />
Abbildung 9.1<br />
Datenquelle:<br />
Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Karlsruhe (Abfallmengen/Abfallstatistik<br />
2011), Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (amtliche Einwohnerzahl des<br />
Statistischen Landesamtes jeweils zum Stand 30.06.)<br />
Die Berechnung „kg pro Einwohner und Jahr“ ist eine durchschnittliche Berechnung<br />
anhand der <strong>Gesamt</strong>menge im Landkreis, bezogen auf die Einwohnerzahl<br />
der Stadt, d. h. es findet bei der Abfuhr keine gemeindespezifischen Verwiegungen<br />
statt.<br />
Definition:<br />
Erfasst werden durch den Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises die Mengen<br />
für Hausmüll, Wertstoffe, Restsperrmüll und Wertstoffsperrmüll (Altholz, Metall<br />
und Elektroschrott), die im Holsystem eingesammelt werden.<br />
Seit der Umstellung der Zuständigkeit für die Abfalleinsammlung im Jahr 2009<br />
werden die Restabfälle aus dem Kleingewerbe (Geschäftsmüll) in der Regel nicht<br />
mehr über die Hausmüllsammlung erfasst, sondern sind der Gewerbemüllsammlung<br />
des Landkreises zugeordnet. Die Geschäftsmüllmengen sind daher im Diagramm<br />
(s. o.) nicht dargestellt.<br />
Hausmüll (Graue Tonne)<br />
Eine repräsentative Analyse der Hausmüllzusammensetzung durch den Landkreis<br />
Karlsruhe im Jahr 2010 ergab, dass über den Hausmüll nur noch geringe Mengen<br />
an Wertstoffen und Garten- und Pflanzenabfällen entsorgt werden. Dies korrespondiert<br />
mit den hohen erfassten Wertstoff- und Grünabfallmengen und zeigt,<br />
dass die Bevölkerung im Landkreis die verwertbaren Anteile weitgehend vom<br />
Restabfall trennt. Im Hausmüll befindet sich noch ein größerer Anteil an Küchenund<br />
Speiseabfällen, die sich aber wegen der geringen Akzeptanz in der Bevölkerung<br />
auch mit einer zusätzlichen Tonne (Biotonne) nur unwirtschaftlich getrennt<br />
erfassen lassen.<br />
Für die Restmüllentsorgung können von den Haushalten Restmüllgefäße in den<br />
Größen 60-, 80-, 120-, 240- und 1.100 Liter bestellt werden. Die Gefäße werden<br />
vom Landkreis in der jeweils gewünschten Größe zur Verfügung gestellt. Benachbarte<br />
Grundstücke können Müllgemeinschaften bilden und die Abfallgefäße ge-<br />
95
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
9. Abfallwirtschaft<br />
meinsam nutzen. Dies ist interessant, wenn nur wenige Personen auf dem<br />
Grundstück wohnen und deshalb nur geringe Abfallmengen anfallen.<br />
Wertstoffe (Grüne Tonne)<br />
Die Analysen der Zusammensetzung des mit der Wertstofftonne erfassten Gemischs<br />
zeigen, dass mit ihr überwiegend Papier, Pappe und Kartonagen gesammelt<br />
werden. Die anderen Wertstoffe, die überwiegend aus Leichtverpackungen<br />
bestehen, machen einen geringeren Anteil aus.<br />
Die Wertstofftonnen sind in den Größen 80-, 120-, 240-, 660-, 770- und 1.100 Liter<br />
erhältlich. Die Gefäße werden vom Landkreis in der jeweils gewünschten Größe<br />
zur Verfügung gestellt. Benachbarte Grundstücke können auch hier Müllgemeinschaften<br />
bilden und die Abfallgefäße gemeinsam nutzen.<br />
Sperrmüll und Wertstoffsperrmüll<br />
Seit dem Jahr 2009 wird der Sperrmüll im Landkreis auf Abruf und getrennt nach<br />
den drei Fraktionen Restsperrmüll, Altholz und Metalle/Elektrogroßgeräte gesammelt.<br />
Die Sperrmüllabfuhr erfolgt grundsätzlich auf Abruf, nach Anmeldung per Telefon,<br />
Internet oder persönlich vor Ort. Die einzelnen Fraktionen werden getrennt voneinander<br />
abgefahren.<br />
Entwicklung: Hausmüll<br />
Im Landesvergleich lag die spezifische Hausmüllmenge im Landkreis Karlsruhe<br />
und somit auch für <strong>Bruchsal</strong> im Jahr 2011 mit 117 kg pro Einwohner wie in den<br />
Vorjahren deutlich unter dem Durchschnitt in Baden-Württemberg mit 124 kg pro<br />
Einwohner.<br />
Die Hausmüllmenge ist - analog zur Zahl der Einwohner - im Berichtszeitraum relativ<br />
stabil geblieben.<br />
Wertstoffe (Grüne Tonne)<br />
Die Menge des Wertstoffgemischs, das mit der Wertstofftonne im Landkreis gesammelt<br />
wird, liegt seit einigen Jahren auf einem hohen Niveau und nimmt jedes<br />
Jahr geringfügig weiter zu. Dies zeigt, dass die komfortable Wertstofftonne von<br />
der Bevölkerung gut genutzt wird.<br />
Sperrmüll und Wertstoffsperrmüll<br />
Im Landesvergleich lag die spezifische Restsperrmüllmenge im Jahr 2011 mit<br />
16 kg pro Einwohner unter dem Landesdurchschnitt von 20 kg pro Einwohner.<br />
Die Wertstoffmenge, die über die Sperrmüllabfuhr gesammelt wurde hat sich etwas<br />
verringert.<br />
Insgesamt ist die mit der Sperrmüllabfuhr (Restsperrmüll, Altholz und Metalle/Elektrogroßgeräte)<br />
erfasste Menge in <strong>Bruchsal</strong> von rund 1.860 Tonnen in 2010<br />
auf 1.620 Tonnen im Jahr 2011 zurückgegangen. Dies ist darauf zurückzuführen,<br />
dass nur noch eine Abfuhr je Sperrmüllart gebührenfrei ist und deshalb weniger<br />
Sperrmüll bereitgestellt wird.<br />
9.3 Abfallentsorgung/-verwertung 2009 - 2011 für Teilbereiche in Zuständigkeit der<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
9.3.1 Abfallberatung<br />
Definition:<br />
Die Aufgabe der Abfallberatung umfasst die Beratung und Betreuung der privaten<br />
Haushalte. Dort wird insbesondere die Abfallbehälterverwaltung, die Sperrmüll-<br />
96
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
9. Abfallwirtschaft<br />
anmeldungen, die Reklamationsbearbeitung sowie die Ausgabe bzw. der Verkauf<br />
von Müllsäcken ortsnah den Bürgern angeboten.<br />
Zusätzlich wird die Schadstoffsammlung an den entsprechenden Annahmestellen<br />
drei Mal pro Jahr durch den Baubetriebshof betreut.<br />
Entwicklung: Die Aufgabe der Abfallberatung wurde bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong> im I. Quartal 2010<br />
dem Bürgerbüro zugeordnet<br />
9.3.2 Einsammeln von wildem Müll<br />
Definition wilder Müll:<br />
a) unzulässig abgelagerter Müll außerorts:<br />
Zuständig ist die Stadt <strong>Bruchsal</strong> im Auftrag des Landkreises, wenn kein Verursacher ermittelt<br />
werden kann (siehe unten).<br />
b) Unzulässig abgelagerter Müll innerorts:<br />
Zuständig ist der jeweilige Grundstückseigentümer, wenn kein Verursacher ermittelt werden<br />
kann.<br />
Bei unzulässig abgelagertem Müll auf öffentlichen Straßen, Wege, Plätze und städtischen Liegenschaften<br />
ist die Stadt <strong>Bruchsal</strong> zuständig (siehe unten).<br />
zu a: Die Aufgabe umfasst:<br />
• regelmäßige Kontrolle der Gemarkung <strong>Bruchsal</strong> auf wilde Müllablagerungen<br />
• Bearbeitung von Meldungen<br />
• zeitnahe Abholung des illegal abgelagerten Mülls<br />
• Ablieferung illegalen Mülls in die vom Landkreis Karlsruhe bereitgestellten Container<br />
• Ermittlung der Verursacher und Mitteilung an den Landkreis<br />
Diese Aufgabe wird von verschiedenen Abteilungen des Bau- und Vermessungsamtes wahrgenommen<br />
(Abt. Tiefbau, Grün, Landschaftspflege, Abfallwirtschaft und Baubetriebshof).<br />
zu b.: Die Aufgabe umfasst:<br />
• Bearbeitung von Meldungen durch die Abteilung Tiefbau, Grün, Landschaftspflege<br />
• Organisation der Abholung und Entsorgung des unzulässig abgelagerten Mülls auf Kosten<br />
der Stadt.<br />
Entwicklung: Der Stundenaufwand des Baubetriebshofes für die Einsammlung der wilden Müllablagerungen<br />
im Außenbereich entwickelt sich im Berichtszeitraum steigend. In<br />
2009 mussten rund 50 Stunden, im Jahr 2010 rund 75 Stunden und im Jahr 2011<br />
rund 85 Stunden für diese Tätigkeit aufgewendet werden.<br />
Auf der Gemarkung der Stadt <strong>Bruchsal</strong> mussten im Berichtszeitraum 17,2 Tonnen<br />
für 2009, 19,36 Tonnen für 2010 und 14 Tonnen für 2011 wilder Müll eingesammelt<br />
werden.<br />
Das Einsammeln der wilden Müllablagerungen im Innenbereich entwickelt<br />
sich während des Berichtzeitraumes tendenziell steigend.<br />
97
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
9. Abfallwirtschaft<br />
9.3.3 Abfallentsorgung/-verwertung im Bringsystem<br />
a) Betrieb von Wertstoffhöfen<br />
Wertstoffhöfe<br />
kg pro Einwohner und Jahr<br />
16,00<br />
14,00<br />
12,00<br />
10,00<br />
8,00<br />
6,00<br />
4,00<br />
2,00<br />
0,05 kg<br />
1,13 kg<br />
1,39 kg<br />
0,76 kg<br />
1,29 kg<br />
4,52 kg<br />
3,74 kg<br />
0,06 kg<br />
1,18 kg<br />
1,47 kg<br />
1,02 kg<br />
1,49 kg<br />
5,37 kg<br />
4,42 kg<br />
0,05 kg<br />
1,27 kg<br />
1,78 kg<br />
1,05 kg<br />
1,56 kg<br />
5,51 kg<br />
4,38 kg<br />
0,00<br />
2009 2010 2011<br />
Altholz<br />
Bauschutt<br />
Kartonagen<br />
Metalle<br />
Papier<br />
Elektrokleingeräte<br />
Entladungslampen<br />
Datenquelle:<br />
Abbildung 9.2<br />
Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Karlsruhe (Wertstoffmengen, Abfallstatistik<br />
2011, Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises), Statistisches Landesamt Baden-Württemberg<br />
(amtliche Einwohnerzahl des Statistischen Landesamtes jeweils<br />
zum Stand 30.06.).<br />
Definition:<br />
Erfasst werden Wertstoffe wie<br />
• Altholz (Altholzkategorie I – III nach Altholzverordnung) ohne Glasinhalt und in<br />
Einzelteile zerlegt mit max. Kantenlänge 2 Meter) z. B. Möbel etc.<br />
• Batterien<br />
• Bauschutt verwertbar ohne schädliche Verunreinigungen, z. B. Beton, Ziegel,<br />
Fliesen, Keramik, Mauerwerk, Felsaushub (z. B. Sandstein) bis max. 50 Liter<br />
je Anlieferung<br />
• Kartonagen,<br />
• Metalle, (ohne Elektrogeräte)<br />
• Papier,<br />
• Elektrokleingeräte (ausschließlich im Bringsystem),<br />
• Entladungslampen und<br />
• Styropor<br />
Auf den Wertstoffhöfen überwacht die Stadt die Anlieferung der Wertstoffe und<br />
Zuordnung zu den entsprechenden Wertstoffcontainern. Geregelt wird u. a. auch<br />
der Transport der Wertstoffcontainer zu den Übergabestellen des Landkreises.<br />
Entwicklung: Die Wertstoffhöfe werden von Jahr zu Jahr stärker von den Bürgern angenommen,<br />
was die steigenden Wertstoffmengen belegen. Besonders die Mengen an<br />
Altholz- und an verwertbarem Bauschutt sind seit Einführung der Wertstoffhöfe<br />
angestiegen. Eine leichte Mengensteigerung zeigt sich auch bei den erfassten<br />
Altpapiermengen, Kartonagen und Elektrokleingeräten.<br />
98
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
9. Abfallwirtschaft<br />
Der Anstieg der Wertstoffe, die direkt auf die Wertstoffhöfe gebracht werden, ist<br />
teilweise auf die seit 2011 eingeführte Gebührenpflicht ab der 2. Sperrmüllanmeldung<br />
im Holsystem (pro Jahr) zurückzuführen. Statt einer gebührenpflichtigen<br />
Sperrmüllabfuhr können z. B. alte Möbel auch als Altholz auf den Wertstoffhöfen<br />
gebührenfrei angeliefert werden.<br />
Beim Vergleich der <strong>Gesamt</strong>menge aus Anlieferungen auf Wertstoffhöfen der<br />
Stadt und des Landkreises liegt die Stadt, bezogen auf die jeweiligen Einwohnerzahlen,<br />
unter dem Durchschnitt des Landkreises.<br />
Jahr<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
kg pro Einwohner und Jahr<br />
Landkreis Karlsruhe<br />
kg pro Einwohner und Jahr<br />
2009 12,89 15,61<br />
2010 15,01 18,44<br />
2011 15,61 21,91<br />
Tabelle 9.1<br />
Weitere Sammelstellen für Wertstoffe:<br />
Im Stadtgebiet werden auf Grundstücken der Stadt <strong>Bruchsal</strong> für folgende Wertstoffe Sammelstellen<br />
angeboten:<br />
• Glas (63 Container)<br />
• Altkleider (42 Container)<br />
• CD-Sammelstelle (in der Stadtbibliothek)<br />
• Korken (Stadtbibliothek, Rathaus am Marktplatz)<br />
• Batterien (Stadtbibliothek, Rathaus am Marktplatz).<br />
Daneben werden weitere Container und Sammelstellen angeboten, die nicht von der Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
unterhalten werden (z.B. Korksammlung im Altenzentrum).<br />
b) Betrieb von Grünabfallsammelplätzen einschl. Grünabfallverwertung<br />
Grünabfälle 2009 - 2011<br />
kg pro Einwohner und Jahr<br />
250,00<br />
200,00<br />
150,00<br />
100,00<br />
50,00<br />
0,00<br />
219,69 kg<br />
147,60 kg<br />
119,88 kg<br />
2009 2010 2011<br />
Datenquelle:<br />
Definition:<br />
krautig/grasige und holzige Grünabfälle<br />
Abbildung 9.3<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong> (Grünabfallmengen), Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises<br />
Karlsruhe (Abfallstatistik 2011, Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises), Statistisches<br />
Landesamt Baden-Württemberg (amtliche Einwohnerzahl des Statistischen<br />
Landesamtes jeweils zum Stand 30.06.).<br />
Erfasst wurden Grünabfälle auf fünf Grünabfallsammelplätzen.<br />
Auf zwei Grünabfallsammelplätzen in Heidelsheim wurden überwiegend Grünabfälle<br />
gemischt angeliefert.<br />
In <strong>Bruchsal</strong> und Untergrombach wurden die Grünabfälle getrennt nach krautig/<br />
grasigen Grünabfällen und holzige Grünabfälle angenommen.<br />
99
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
9. Abfallwirtschaft<br />
In Obergrombach konnten ausschließlich krautig/grasige Grünabfälle entsorgt<br />
werden.<br />
Folgende Definition der Grünabfälle wird durch den Abfallwirtschaftsbetrieb des<br />
Landkreises vorgegeben:<br />
krautig/grasige Grünabfälle sind: Beet- und Balkonpflanzen, Stauden von Tomaten,<br />
Bohnen etc. und Laub sowie Rasen-/Wiesenschnitt<br />
holzige Grünabfälle sind: Baumstämme (bis 30 cm Durchmesser), Äste und<br />
Strauchschnitt holzig (auch mit Blättern)<br />
Mengenbegrenzung: pro Anlieferung maximal 5 m³ Grünabfälle<br />
Entwicklung: Im Landkreisvergleich lag die Stadt <strong>Bruchsal</strong> bezüglich der Grünabfallmengen im<br />
Jahr mit 219,69 kg pro Einwohner weit über dem Landkreisdurchschnitt von 184<br />
kg. Der Landesdurchschnitt wird mit 86 kg pro Einwohner angegeben.<br />
Gründe für die drastische Mengensteigerung von 2009 bis 2011 waren:<br />
- Umstellung der Gemeindeeinrichtungen auf Landkreiseinrichtungen, d. h. jeder<br />
Landkreisbewohner konnte ab 2009 seinen Grünabfall auf sämtliche Grünabfallsammelplätze<br />
im Landkreis Karlsruhe entsorgen.<br />
- auf dem privat betriebenen Grünabfallsammelplatz in Heidelsheim konnten bis<br />
31.12.2011 Grünabfälle ohne Trennung in krautig/grasige und holzige Grünabfälle<br />
angeliefert werden, was zu enormen Mengensteigerungen führte.<br />
- Bis Mitte 2011 waren die Öffnungszeiten der Grünabfallsammelplätze der Stadt<br />
<strong>Bruchsal</strong> bedeutend höher als in anderen Kommunen (68 Stunden Öffnungszeiten<br />
pro Woche).<br />
Zusätzlich ist zu erwähnen, dass die jährlichen Grünabfallmengen witterungsabhängigen<br />
Schwankungen unterliegen. Die Mengen konnten teilweise nur mit einem<br />
Volumenaufmaß und einem Umrechnungsfaktor ermittelt werden.<br />
Zur Problemlösung wurden im Gemeinderat 2011 entsprechende Maßnahmen die<br />
spätestens zum 01.01.<strong>2012</strong> umgesetzt wurden, beschlossen:<br />
- Reduktion der fünf Grünabfallsammelplätze auf drei. Es wird aktuell in <strong>Bruchsal</strong>,<br />
Untergrombach sowie in Heidelsheim jeweils ein Grünabfallsammelplatz<br />
angeboten.<br />
- Gleiche Annahmebedingungen auf allen Grünabfallsammelplätzen:<br />
• getrennte Annahme von krautig/grasige und holzige Grünabfälle sowie<br />
• gleiche Öffnungszeiten (13 Stunden pro Woche und Grünabfallsammelplatz).<br />
Die Entwicklung der Grünabfallmengen 2009 bis <strong>2012</strong> (siehe Tabelle 9.2) zeigt,<br />
dass die beschlossene Maßnahmen bereits greifen.<br />
2009 2010 2011 <strong>2012</strong><br />
Grünabfälle gesamt 4.900 t 6.600 t 9.500 t 7.160 t<br />
Tabelle 9.2<br />
9.3.4. Bedeutung und Ziel der durch die Stadt <strong>Bruchsal</strong> übernommenen Aufgaben<br />
im Bereich der Abfallentsorgung/-verwertung<br />
Durch die Aufgabenübernahme durch die Stadt <strong>Bruchsal</strong> können die Dienstleistungen bürgernah<br />
angeboten werden. Im Rahmen der verfügbaren finanziellen Mittel wird dem<br />
<strong>Bruchsal</strong>er Bürger das bestmögliche Entsorgungsangebot zur Verfügung gestellt.<br />
Bei einer zentralen Erledigung würde das bestehende Angebot den Landkreis reduziert<br />
werden.<br />
100
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
10.1 Einführung<br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Umweltbildung: „Umweltbildung ist ein in den 1970er Jahren aufgekommener Bildungsansatz,<br />
der einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen<br />
vermitteln soll.“ „Schon seit Ende der 80er Jahre gibt es Umweltbildungsakteure in<br />
allen Bildungssektoren von der frühkindlichen Bildung über Schule, berufliche und allgemeine<br />
(Weiter-)Bildung, Hochschule bis zum informellen Lernen. Nach der Agenda 21 der Weltkonferenz<br />
in Rio de Janeiro 1992 entwickelte sich die Umweltbildung international immer<br />
mehr in Richtung der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) weiter. Dieses Leitbild bezieht<br />
sich nicht nur auf Ökologie, Umwelt oder Natur, sondern integriert weitere Dimensionen,<br />
z.B. Soziales und Ökonomie, oft auch Politik/Partizipation und Kultur.“ (Quellen:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Umweltbildung und www.umweltbildung.de )<br />
Ökologie: „Die Ökologie ist ursprünglich Teildisziplin der Biologie, welche die Beziehungen<br />
der Lebewesen untereinander und mit ihrer unbelebten Umwelt erforscht. Mit wachsendem<br />
Umweltbewusstsein hat der Begriff im 20. Jahrhundert eine Bedeutungserweiterung erfahren<br />
und bezeichnet heute häufig auch die Handlungsweisen, die dem Umweltschutz dienen.<br />
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/ökologie )<br />
Ökonomie: Die Ökonomie ist die <strong>Gesamt</strong>heit aller Einrichtungen und Handlungen, die der<br />
planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienen. (Quelle:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/ökonomie )<br />
Partizipation: „Partizipation bezeichnet die aktive Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen bei<br />
der Erledigung der gemeinsamen (politischen) Angelegenheiten bzw. der Mitglieder einer<br />
Organisation, einer Gruppe, eines Vereins etc. an den gemeinsamen Angelegenheiten.“<br />
Darunter ist zum einen die Teilhabe der Bevölkerung an politischen Willensbildungsprozessen,<br />
insbesondere an Wahlen und Referenden zu verstehen. „In einem rechtlichen Sinne<br />
bezeichnet Partizipation die Teilhabe der Bevölkerung an Verwaltungsentscheidungen.“<br />
(Quelle: Politiklexikon, Bundeszentrale für Politische Bildung)<br />
Wirkungsvoller Umweltschutz hängt unter anderem davon ab, was Umweltschutz für den<br />
Einzelnen bedeutet und inwiefern er bereit ist, sein eigenes Handeln danach auszurichten.<br />
Umfragen bestätigen, dass das Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung des Umweltschutzes<br />
in Deutschland durchaus groß ist. In der aktuellsten Umfrage belegt es sogar Platz<br />
drei der derzeit wichtigsten politischen Aufgaben. Dabei sieht sich die Bevölkerung durchaus<br />
auch selbst sehr stark in der Verantwortung: Im Bereich des Klimaschutzes sind beispielsweise<br />
88 Prozent davon überzeugt, durch ihr Alltagsverhalten einen wirksamen Beitrag zur<br />
Verbesserung leisten zu können.<br />
Die Bereitschaft, selbst aktiv etwas zur Verbesserung zu tun, ist im Verhältnis hierzu deutlich<br />
geringer und hängt stark vom Thema ab. Ebenso ist erkennbar, dass das „Umweltbewusstsein“<br />
nicht unabhängig von sozialen und kulturellen Faktoren bewertet werden kann. Dies<br />
liegt möglicherweise auch daran, dass viele Menschen nicht die nötige Sachkenntnis besitzen,<br />
um entscheiden zu können, welches Handeln dem Umweltschutz dient. (Quelle: regelmäßige<br />
Repräsentativumfrage zum Umweltbewusstsein des Umweltbundesamtes für<br />
Mensch und Umwelt, siehe<br />
http://www.umweltbundesamt.de/umweltbewusstsein/umweltbewusstsein.htm).<br />
Eine Schlüsselrolle zur Verbesserung spielt deshalb die „Umweltbildung“, denn nur wenn es<br />
uns gelingt, Menschen gleich welcher sozialen und kulturellen Herkunft über die Zusammenhänge<br />
unserer Umwelt zu informieren und sie zur Mitarbeit zu motivieren, kann ein nachhaltiger<br />
Umweltschutz gelingen. Bildung im Sinne eines lebenslangen Lernens richtet sich<br />
grundsätzlich an alle Altersgruppen. Unser besonderes Augenmerk muss jedoch der Umweltbildung<br />
von Kindern und Jugendlichen gelten. Altersgerecht und milieuübergreifend kön-<br />
101
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
nen so frühzeitig Verständnis für die Natur vermittelt sowie Rücksichtnahme und die Verantwortung<br />
des Menschen für die Natur, die Umwelt, sich selbst und anderen gegenüber gefestigt<br />
werden.<br />
Umweltbildung ist weltweit seit vielen Jahren ein wichtiges Thema. Als eine der Meilensteine<br />
für die Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung und damit auch der Umweltbildung darf die<br />
Umweltkonferenz der Vereinten Nationen bezeichnet werden, die 1992 in Rio de Janeiro<br />
stattfand. Hier einigten sich 172 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland auf ein<br />
Aktionspaket, das auf einer nachhaltigen Entwicklung von Umwelt im Zusammenspiel von<br />
ökologischen, sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten beruht und durch Partizipation<br />
im lokalen Umfeld erfolgen soll. Dieses Aktionsprogramm ist als „Agenda 21“ („was zu tun<br />
ist im 21. Jahrhundert“) bekannt.<br />
2002 bei der Folgekonferenz in Johannisburg haben die Vereinten Nationen für die Jahre<br />
2005 bis 2014 die Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen. Auf Bundesebene<br />
hat die nationale Umsetzung der UN-Dekade zu einer Reihe von Umweltbildungs-<br />
Initiativen öffentlicher Stellen geführt (z.B. Bundesumweltministerium www.bmu.de, Bildungsservice,<br />
Bundesamt für Naturschutz www.bfn.de/ 0309_bildung.html). Mit dem Aktionsplan<br />
2009 „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ fordert die Landesregierung von Baden-<br />
Württemberg vermehrte Anstrengungen zur Umweltbildung (Quelle: „Leitfaden Umweltbildung<br />
im BUND Baden-Württemberg, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Hiervon<br />
beeinflusst werden auch die Lehrpläne der Schulen in Baden-Württemberg, die seit 2004<br />
immer stärker auch Unterrichtsziele im Zusammenhang mit „Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />
beinhalten.<br />
10.2 Lokale Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong><br />
Mit dem Beschluss des Gemeinderates im Jahr 1999, in <strong>Bruchsal</strong> eine lokale Agenda 21 zu<br />
gründen, wurden Ziele wie „nachhaltige Entwicklung“ und die Partizipation im Umweltbereich<br />
auf kommunaler Ebene anerkannt. Von Beginn an wurde im <strong>Bruchsal</strong>er Agenda 21-Prozess<br />
darauf geachtet, dass alle drei von den Vereinten Nationen geforderten Dimensionen (Ökologie<br />
/ Soziales / Ökonomie) besetzt sind. Gleichwohl spielen Themen des klassischen Umweltbereiches<br />
wie Umwelt, Natur und Ökologie eine große Rolle. Entsprechend sind viele<br />
Arbeitsgruppen der Lokalen Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong> im Umweltschutz aktiv und führen zahlreiche<br />
Aktionen im Bereich der Umweltbildung durch.<br />
Die Lokale Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong> ist thematisch in zwei Arbeitskreise (AK „Gesellschaft und<br />
Soziales“ und AK „Stadtentwicklung, Umwelt und Energie“) gegliedert, denen wiederum Arbeitsgruppen<br />
zugeordnet sind. In den Arbeitsgruppen findet die inhaltliche Arbeit statt. Organisatorische<br />
Unterstützung erhalten die Arbeitsgruppen vom städtischen Agenda-Büro.<br />
Im Jahr <strong>2012</strong> besteht die Lokale Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong> aus elf Arbeitsgruppen:<br />
▪ AG „Flächenmanagement“<br />
▪ AG „Radwege“<br />
▪ AG „Innenstadt, Fußgängerzone, Gewerbeansiedlung, ÖPNV“<br />
▪ AG „Umwelt und Energie“<br />
▪ AG Projektegarten Heubühl“<br />
▪ AG „Netzwerk Heubühl“<br />
▪ AG „Forum Eine Welt“<br />
▪ AG „Menschen mit und ohne Handicap“<br />
102
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
▪ AG „Senioren“<br />
▪ AG „Jugend“<br />
▪ AG „Soziale Dienste / Tauschring“<br />
Einmal im Jahr treffen sich Agenda-Mitwirkende, Stadtverwaltung und Mitglieder des Gemeinderates<br />
im Agenda-Ausschuss, um über Zuschüsse und inhaltliche Anträge zu entscheiden.<br />
Die Schwerpunkte der Agenda-Arbeit werden danach in einer öffentlichen Gemeinderats-Sitzung<br />
dem Hauptorgan der Stadt sowie der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Darüber hinaus präsentiert sich die Lokale Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong> in der Regel ein Mal im<br />
Jahr mit allen Arbeitsgruppen der Bevölkerung und informiert dabei über Umweltthemen.<br />
<strong>2012</strong> geschah dies in Form einer Agenda21-Messe anlässlich der Energie- und Baumesse<br />
am 6. und 7. Oktober <strong>2012</strong> in den Seminarräumen des Bürgerzentrums.<br />
10.3 Schulen<br />
Umwelterziehung und Nachhaltigkeit sind seit 2004 zentrale Themen und Aufgaben der<br />
Schule in den Bildungsplänen.<br />
Die pädagogische Dimension der Bildung und Erziehung für nachhaltige Entwicklung erfordert<br />
eine Veränderung in der Aneignung von und im Umgang mit Wissen, vor allem aber die<br />
Einübung praktischer und sozialer Kompetenzen sowie die Förderung persönlicher Verantwortungsbereitschaft.<br />
Deshalb findet sich Umweltbildung als fächerübergreifende Aufgabe in<br />
den Bildungsplänen aller Schultypen in Baden-Württemberg wieder. Im Sinne einer kompetenzorientierten<br />
Lernwelt erfolgt die Umsetzung je nach Schulart und Klassenstufe mit unterschiedlichen<br />
methodischen Ansätzen und Hilfsmitteln.<br />
Die Bandbreite der Themen im Bereich „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und damit auch<br />
der Umweltbildungsthemen in baden-württembergischen Schulen ist sehr groß. Insbesondere<br />
haben praktisch umsetzbare Themen wie, z.B. Müllvermeidung, Energiesparen, Einsatz<br />
erneuerbare Energien/Solarenergie, Gesundheitserziehung, Gestaltung des Schulgeländes<br />
ihren Eingang in die Schulen gefunden.<br />
In besonderem Maße werden Projekte im Bereich der Jahresthemen der BNE-Dekade umgesetzt.<br />
Diese waren bzw. sind:<br />
▪ 2007 Kulturelle Vielfalt<br />
▪ 2008 Wasser<br />
▪ 2009 Energie und Klima<br />
▪ 2010 Geld<br />
▪ 2011 Stadt<br />
▪ <strong>2012</strong> Ernährung<br />
▪ 2013 Mobilität<br />
103
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Darüber hinaus haben die Vereinigten Nationen folgende Internationalen Jahre ausgerufen:<br />
▪ 2010 Internationales Jahr der Biologischen Vielfalt<br />
▪ 2011 Internationales Jahr der Wälder<br />
10.4 Kindergärten<br />
Die Etablierung einer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung im vorschulischen Bereich ist<br />
eine Konsequenz, die aus der Agenda 21 (Kapitel 25) erwächst. Rechtlich<br />
gesehen schreibt die UN-Kinderrechtskonvention von 1989 vor – die 1992 von<br />
Deutschland ratifiziert wurde –, dass Kinder ein Recht auf gesunde Lebens- und Entwicklungsbedingungen<br />
haben. Im Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz, KJHG)<br />
von 1990 wird in ähnlicher Weise von der Schaffung und Erhaltung positiver Lebensbedingungen<br />
für junge Menschen und ihre Familien sowie einer kinder- und familienfreundlichen<br />
Umwelt gesprochen (KJHG, § 1, Abs. 3, Nr. 4). Das KJGH stellt einen verbindlichen Bezugspunkt<br />
für Kindertagesstätten dar und beschreibt die Aufgabe des Kindergartens mit „Betreuung,<br />
Bildung und Erziehung des Kindes“ (KJHG, § 22, Abs. 3, Nr. 2).<br />
Im Gegensatz zu den verbindlichen Bildungsplänen der Schulen gibt es in Kindergärten keine<br />
verbindlichen Vereinbarungen über die Bildungsinhalte.<br />
Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat zur Umsetzung dieses Bildungsauftrags im<br />
Jahr 2011 einen „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden-württembergischen<br />
Kindergärten und weiteren Kindertageseinrichtungen“ herausgegeben, der in Zusammenarbeit<br />
mit Trägern und Experten entstand. Der Orientierungsplan sieht Umweltbildung als wichtige<br />
Aufgabe in den Kindergärten.<br />
Der Orientierungsplan ist jedoch – im Gegensatz zu den Bildungsplänen in Schulen – kein<br />
verbindliches Regelwerk. Stattdessen beschreibt er einen Qualitätsstandard, dessen Zielformulierungen<br />
von Trägern und Einrichtungen eigenverantwortlich pädagogisch umgesetzt<br />
werden sollen. Entsprechend spielen neben trägerspezifischen Auffassungen von Bildung,<br />
Erziehung und Betreuung in Kindertagesstätten insbesondere die pädagogischen Fachkräfte<br />
bei der konkreten Umsetzung des Bildungsauftrages eine herausragende Rolle.<br />
Als Reaktion auf die defizitären Naturerfahrungen von Kindern und die zunehmende<br />
Reizüberflutung entstanden in den letzten Jahren in Deutschland zahlreiche Wald- und Naturkindergärten,<br />
in denen Erfahrungen mit der Betreuung von Kindern in der freien Natur<br />
gemacht werden.<br />
Ein weiterer Entwicklungsstrang ist in der Ökologisierung von Kindertagesstätten zu sehen,<br />
der von der Erkenntnis geleitet ist, dass Umweltbewusstsein am ehesten an einem Ort gefördert<br />
werden kann, der aus ökologischer Sicht intakt ist und nicht im Widerspruch zur pädagogischen<br />
Zielsetzung steht. In erster Linie beziehen sich diese Überlegungen auf die<br />
Kindergartenarchitektur und die Umgestaltung des Außengeländes.<br />
10.5 Vereine, Verbände und gemeinnützige Organisationen<br />
Auch eine Reihe von Vereinen, Verbänden und weiteren Organisationen in <strong>Bruchsal</strong> widmen<br />
sich aktiv dem Umweltschutz und der Umweltbildung. Mit ihrer Arbeit tragen sie kontinuierlich<br />
dazu bei, die Bedeutung des Umweltschutzes zu festigen.<br />
104
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Ziel: Möglichst viele und vielfältige Möglichkeiten zum Erwerb von Kompetenzen<br />
im Bereich „Umweltschutz“.<br />
Indikator 10a: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb von<br />
Kompetenzen im Bereich „Umweltschutz“ im Rahmen der<br />
Lokalen Agenda21 <strong>Bruchsal</strong>.<br />
Schwerpunkte der Umweltbildung <strong>2012</strong>: Lokale Agenda 21<br />
Verteilung in Prozent<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />
Naturschutz/biologische Vielfalt<br />
36<br />
Kategorien Umweltbericht<br />
Boden<br />
Wasser<br />
Luft/Lärm<br />
Verkehr/Mobilität<br />
Energie/Klimaschutz<br />
9<br />
9<br />
9<br />
9<br />
45<br />
Abfallwirtschaft<br />
9<br />
Abbildung 10.1<br />
Auswertung der thematischen Schwerpunkte der Arbeitsgruppen der Lokalen Agenda 21 in<br />
<strong>Bruchsal</strong><br />
Datenquelle: städtische Erhebung<br />
Bedeutung: Grundsätzlich haben zu den Arbeitsgruppen der Lokalen Agenda21 in <strong>Bruchsal</strong><br />
alle Interessierte – unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Religion<br />
– Zugang.<br />
Tatsächlich bewegt sich die Altersstruktur der Mitwirkenden entsprechend<br />
dem demographischen Wandel immer mehr nach oben. Es wirken kaum junge<br />
Menschen mit, die zudem aufgrund ihrer schulischen oder beruflichen Entwicklung<br />
auch häufig ihr Engagement einschränken oder – bei Wegzug – auch<br />
ganz aufgeben müssen.<br />
Ebenso fällt auf, dass die Akteure der Lokalen Agenda21 in <strong>Bruchsal</strong> eher<br />
männlich sind. Dies zeigt sich besonders bei der Übernahme von Sprecherfunktionen:<br />
Neun der elf bestehenden Arbeitsgruppen werden von Sprechern,<br />
lediglich zwei von Sprecherinnen geleitet. Die Sprecher der zwei Arbeitskreise<br />
sind alle männlich.<br />
Die Arbeitsgruppen der Lokalen Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong> sind in ihrer Themenvielfalt<br />
breit aufgestellt. Schwerpunktmäßig arbeiten die Gruppen in den Kategorien<br />
„Naturschutz / biologische Vielfalt“ sowie „Verkehr / Mobilität“.<br />
Jedoch lässt sich feststellen, dass die Arbeitsweise der Arbeitsgruppen sehr<br />
unterschiedlich ausgeprägt ist: So setzen einige Arbeitsgruppen ihren<br />
Schwerpunkt auf die Projektarbeit und bieten zahlreiche Mitwirkungsangebote<br />
für Jung und Alt. Andere Arbeitsgruppen treffen sich zwar regelmäßig mit ihren<br />
Mitgliedern zur Bearbeitung von Themen, sind über diesen engen Kreis hinaus<br />
aber nur wenig öffentlichkeitswirksam tätig und setzen auch keine Projekte mit<br />
Mitwirkungscharakter um. Niederschwellige Mitwirkungsmöglichkeiten sowie<br />
gute Öffentlichkeitsarbeit sind jedoch wichtige Ansatzpunkte, um Bürgerinnen<br />
105
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
und Bürger als neue Akteure für Umweltschutz zu gewinnen und ihr Umweltbewusstsein<br />
zu stärken.<br />
Entwicklung: Bei den konstituierenden Sitzungen der Lokalen Agenda 21 in <strong>Bruchsal</strong> haben<br />
sich 88 Bürgerinnen und Bürger bereit erklärt, sich für die Ziele der Agenda 21<br />
einzusetzen. Als Motor der Agenda-Arbeit und fachlicher Begleiter der 15 Arbeitsgruppen<br />
fungierte das städtische Agenda-Büro im Amt für Vermessung,<br />
Umwelt und Liegenschaften. Ende 2003 ging das Agenda-Büro in das Hauptamt<br />
über. Mit dem personellen Wechsel war auch eine Verringerung der Zeitanteile<br />
verbunden, so dass eine intensive hauptamtliche Begleitung des Prozesses<br />
nicht mehr möglich war. Dies war vermutlich mit ein Grund, dass die<br />
Zahl der Akteure kontinuierlich sank. Wendepunkt der Talfahrt war das Jahr<br />
2009, als nur noch acht Arbeitsgruppen bestanden und sich nur noch knapp<br />
50 Ehrenamtliche bereit fanden, im Agenda-Prozess mitzuwirken. Mit der<br />
Wahl des neuen Stadtoberhauptes, Oberbürgermeisterin Petzold-Schick, erhielt<br />
auch der Agenda-Prozess wieder neuen Auftrieb. Im Jubiläumsjahr 2010<br />
entstanden so neue Arbeitsgruppen wie die AG „Menschen mit und ohne<br />
Handicap“. 2011 folgte die AG „Jugend“, die sich aus Ehemaligen des Jugendgemeinderates<br />
rekrutierte. Ebenso konnte der Fortbestand des Projektegartens<br />
Heubühl durch neue Aktive gesichert werden. Aus der Krise entstand<br />
inzwischen sogar eine zweite Arbeitsgruppe, die AG „Netzwerk Heubühl“, in<br />
der sich acht gemeinnützige Gruppen zusammengeschlossen haben, um die<br />
naturnahen Bildungsprojekte im Heubühl in den Fokus zu rücken. Ende <strong>2012</strong><br />
wirken somit wieder 80 Ehrenamtliche in 11 Arbeitsgruppen im <strong>Bruchsal</strong>er<br />
Agenda-Prozess mit.<br />
Im Rahmen aller Aktionen und Projekte sollen drei erfolgreiche Projekte im<br />
Jahr <strong>2012</strong> besonders hervorgehoben werden:<br />
1) Aktion „Saubere Stadt“: An der ehrenamtlichen Müllsammelaktion wirkten<br />
<strong>2012</strong> 580 Kinder und Jugendliche sowie 90 Erwachsene mit (im Vergleich:<br />
2011 waren es „nur“ 70 Kinder/Jugendliche und 40 Erwachsene). Die große<br />
Steigerung liegt zum einen an der größeren Bekanntheit und stärkeren<br />
Werbung für die Aktion (teilnehmende Gruppen werden auf Wunsch mit<br />
Bild im Amtsblatt veröffentlicht). Zudem nahm die Hebelschule mit den<br />
Klassenstufen 2-4 an der Aktion teil und stellte mit 330 Personen den „Löwenanteil“<br />
der Teilnehmenden. Auch insgesamt stieg bei Kindergärten und<br />
Schulen die Bereitschaft, selbst Vorbild zu sein und etwas zur Sauberkeit<br />
beizutragen. Im Dezember fand gar eine Müllsammelaktion im Rahmen eines<br />
Kindergeburtstages statt – auf Wunsch des Geburtstagskindes.<br />
2) „Projektegarten Heubühl“: Nach der Beseitigung der Feuer- und Vandalismusschäden<br />
sowie personellen Neuorganisation im Jahr 2011 ist der Projektegarten<br />
Heubühl für Kindergärten, Schulklassen und andere Gruppen<br />
wieder eine besondere Anlaufstelle. <strong>2012</strong> fanden 60 Veranstaltungen mit<br />
Kindern (Kindergärten, Grundschulklassen, Kindergeburtstage) sowie Erwachsenen<br />
(Feste, Hohlwegwanderungen, Betriebsausflug) statt.<br />
„Netzwerk Heubühl“: Die personellen und organisatorischen Unsicherheiten<br />
führten dazu, dass sich die naturnahen Bildungsgruppen im Kleinen und<br />
Großen Heubühl zu einem Netzwerk zusammen schlossen und sich gemeinsam<br />
für Umweltbildung einsetzen. Besonders hervorzuheben ist dabei<br />
der einmal im Jahr stattfindende „Tag der offenen Tür“ im Heubühl, der jeweils<br />
am 3. Oktober stattfindet. Ohne Strom und fließendes Wasser können<br />
106
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
kleine und große Umweltschützer ganz „hautnah“ erleben, was Natur bedeutet.<br />
3) Entwicklungshilfe-Projekt „Raketenbrenner“: Seit einigen Jahren tüftelt Richard<br />
Fetzner, Mitglied der AG „Umwelt und Energie“, an einem umweltfreundlichen<br />
Kocher, der in Entwicklungsländern mit geringen Holz-<br />
Ressourcen zum Kochen verwendet werden kann. Heraus kam der „Raketenbrenner“,<br />
der nur ein Viertel des üblichen Holzbedarfes verbraucht und<br />
zudem deutlich weniger Rauch entwickelt. Mit diesem ist er <strong>2012</strong> in den<br />
verschiedensten Entwicklungsländern Afrikas unterwegs und hat sich auch<br />
der Missionsgruppe Büchenau angeschlossen. Aber auch in <strong>Bruchsal</strong> hat<br />
er sich bewährt und ist insbesondere im Projektegarten Heubühl im Dauereinsatz,<br />
da es dort in der freien Natur keinen Strom zum Kochen gibt. Menschen,<br />
die den Kocher im Einsatz erleben, werden in besonderem Maße<br />
inspiriert, über Ressourcen-Verbrauch nachzudenken.<br />
Foto: Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
107
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Indikator 10b: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb von Kompetenzen<br />
im Bereich „Umweltschutz“ im Rahmen der schulischen Ausbildung.<br />
Schwerpunkte der Umweltbildung <strong>2012</strong>:<br />
Grund- und weiterführenden Schulen<br />
Verteilung in Prozent<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />
Naturschutz / Biologische Vielfalt<br />
20<br />
Kategorien Umweltbericht<br />
Boden<br />
Wasser<br />
Luft / Lärm<br />
Verkehr / Mobilität<br />
Energie / Klimaschutz<br />
Abfall<br />
0<br />
1<br />
5<br />
7<br />
21<br />
35<br />
allgemein<br />
12<br />
Abbildung 10.2<br />
Auswertung der Rückmeldungen der Schulen auf den Fragebogen „Projekte und Aktionen zu Umweltbildung/Umweltschutz“<br />
Datenquelle: Um belastbare Daten über die Umweltbildung von Schülerinnen und Schülern<br />
zu erhalten wurden die 20 Grund- und weiterführenden Schulen der Stadt und<br />
des Landkreises sowie weitere schulischen Bildungsstätten angeschrieben.<br />
Insgesamt 13 Schulen gaben an, Bildungsprojekte im Bereich des Umweltschutzes<br />
auszuführen (65%). Diese wurden hinsichtlich ihrer Quantität ausgewertet.<br />
Eine Auswertung nach qualitativen Gesichtspunkten war nicht möglich.<br />
Die Auswertung kann aus diesen Gründen nicht als repräsentativ angesehen<br />
werden. Es ergeben sich trotzdem klare Tendenzen.<br />
Bedeutung: Die Schwerpunkte der schulischen Umweltbildungsprojekte liegen im Jahr<br />
<strong>2012</strong> in den Kategorien „Energie- und Klimaschutz“, „Abfall“ und „Naturschutz<br />
/ Biologische Vielfalt“. In diesen Bereichen haben Kinder und Jugendliche eine<br />
große Bandbreite an Möglichkeiten, Sachkenntnisse über Umweltthemen zu<br />
erlangen, den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen zu lernen und<br />
ihr eigenes Verhalten danach auszurichten.<br />
Übergreifende Projekte sowie Projekte in den Bereichen „Wasser“ bzw. „Luft /<br />
Lärm“ werden ebenfalls durchgeführt. „Verkehr / Mobilität“ und „Boden“ sind<br />
hingegen Themen, die wenig aufgegriffen werden. Somit können Kompetenzen<br />
in diesem Bereich nur bedingt erlangt und in den Alltag übernommen<br />
werden.<br />
108
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Das Heisenberg-Gymnasium zeigt das am ganzheitlichsten an Umweltthemen<br />
ausgerichtete Profil:<br />
1. Das Projekt "Grünasium - Heisenberg-Gymnasium <strong>Bruchsal</strong> communicates<br />
green" erhielt den osKarl für Nachhaltigkeit (Karlsruher Wissenschaftspreis).<br />
Bei diesem Schülerförderwettbewerb werden Mitschüler, Eltern und<br />
Lehrer für die Themen Energieverbrauch und Energieeinsparung sensibilisiert.<br />
Weitere Infos: http://www.youtube.com/watch?v=bPD6_YI4m-o<br />
2. Green-AG „Biodiversität“ in Kooperation mit Fraport und Flughafen Frankfurt:<br />
Schüler setzen sich intensiv mit dem Thema „Biodiversität“ auseinander<br />
und entwickeln Zukunftsvisionen für biologische Vielfalt im Kontext wirtschaftlichen<br />
Handelns.<br />
3. Geplante Zertifizierung des Heisenberg-Gymnasiums zur "Umweltschule in<br />
Europa – Internationale Agenda 21 Schule": Die Zertifizierung zielt auf die<br />
Entwicklung umweltverträglicher Schulen und die Förderung der Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung. Schulen können die Auszeichnung erhalten, wenn<br />
sie innerhalb der Projektzeit ein selbstentwickeltes Konzept zur Verbesserung<br />
ihrer Umweltverträglichkeit erfolgreich umsetzen konnten.<br />
(http://www.umwelterziehung.de/projekte/umweltschule/index.html).<br />
Die Rückmeldungen aus den Schulen zum Thema „Umweltverwaltung“ waren<br />
nur gering und betrafen Maßnahmen im Bereich Müll (Korkensammelaktion,<br />
Druckerpatronensammlung, Altbatterie-Sammlung ) bzw. Energie (Reduzierung<br />
Energieverbrauch). Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang<br />
das Kooperationsprojekt „Energie-Einspar-Beteiligungsprojekt für<br />
<strong>Bruchsal</strong>er Schulen“. Ziel dieses Projektes ist es, durch technische Möglichkeiten<br />
als auch Verhaltensänderungen Energie möglichst effizient einzusparen.<br />
Als Anreiz werden Nutzer an den durch nicht benötigte Energie bzw.<br />
Wasserminderverbrauch erzielten Einsparungen beteiligt. <strong>2012</strong> beteiligen sich<br />
hieran das Justus-Knecht-Gymnasium, das Schönborn-Gymnasium, die Albert-Schweitzer-Realschule<br />
und die Burgschule Obergrombach.<br />
Umweltthemen sind auch in Institutionen, die der beruflichen oder sonstigen<br />
schulischen Ausbildung zuzuordnen sind, vertreten: So meldet bspw. die Polizeischule,<br />
dass die Grundlagenvermittlung von lärmmindernder und energiesparender<br />
Fahrweise Teil der Ausbildungsinhalte ist. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe<br />
wurden <strong>2012</strong> weitere Ideen in der Polizeischule umgesetzt. Hierzu<br />
gehörten eine Fragebogenaktion, eine Fortbildung zum Thema Klima sowie<br />
die von den AG-Teilnehmern ins Leben gerufene „Mobil in den Frühling-<br />
Woche“, bei der die Angehörigen der Polizeischule eine Woche besonders<br />
umweltfreundlich zum Dienst kamen. Mit diesem Projekt gewann sie den zweiten<br />
Platz des Wettbewerbs „Schule und Klimawandel“ der „Winfried Böhler<br />
Umwelt Stiftung“, der am 9. September <strong>2012</strong> verliehen wurde.<br />
Entwicklung: Da die Datenerfassung an <strong>Bruchsal</strong>er Schulen im Jahr <strong>2012</strong> erstmals erfolgte,<br />
kann über eine Entwicklung in <strong>Bruchsal</strong> noch keine Aussage getroffen werden.<br />
Insgesamt lässt sich anhand der Lehrpläne in Baden-Württemberg erkennen,<br />
dass Umweltthemen eine immer größere Bedeutung in den Schulen erlangen.<br />
109
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Indikator 10c: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb von Kompetenzen<br />
im Bereich „Umweltschutz“ im Rahmen der Kindergärten.<br />
Schwerpunkte der Umweltbildung <strong>2012</strong>: Kindergärten<br />
Anteil in Prozent<br />
0 5 10 15 20 25<br />
Naturschutz / Biologische Vielfalt<br />
20<br />
Boden<br />
0<br />
Kategorien Umweltbericht<br />
Wasser<br />
Luft / Lärm<br />
Verkehr / Mobilität<br />
Energie / Klimaschutz<br />
Abfallwirtschaft<br />
0<br />
1<br />
2<br />
4<br />
11<br />
übergreifend<br />
3<br />
Abbildung 10.3<br />
Auswertung der Rückmeldungen der Kindergärten auf den Fragebogen „Projekte und Aktionen zu<br />
Umweltbildung/Umweltschutz“<br />
Datenquelle: Um belastbare Daten über die Umweltbildung in Kindergärten zu erhalten<br />
wurden die 22 Kindergärten und Kinderhorte in <strong>Bruchsal</strong> angeschrieben. Insgesamt<br />
12 Einrichtungen meldeten sich zurück (55%) und gaben an, Bildungsprojekte<br />
im Bereich des Umweltschutzes auszuführen. Diese Projekte<br />
wurden den Kategorien des Umweltberichtes zugeordnet, um über die<br />
Schwerpunkte der Umweltbildung in <strong>Bruchsal</strong>er Kindertageseinrichtungen<br />
Aussagen treffen zu können.<br />
Bedeutung: <strong>Bruchsal</strong>er Kindergärten haben Projekte aus dem Bereich der Umweltbildung<br />
fest als Bildungsziel verankert. Schwerpunktthemen sind dabei „Naturschutz<br />
und biologische Vielfalt“ sowie „Abfallwirtschaft“. Der Zugang der Kinder zu<br />
diesen Themen erfolgt dem Alter entsprechend auf spielerische Art und mit<br />
praktischem Ansatz.<br />
Durchweg zieht es die <strong>Bruchsal</strong>er Kindergärten mit ihren Schützlingen in die<br />
freie Natur, sei es bei einem Waldtag, bei einem Besuch des Projektegartens<br />
im Heubühl bzw. des WieWaldi Natur- und Erlebnisgartens e.V. oder auch bei<br />
Spaziergängen zur Bestimmung von Tieren und Pflanzen. Mit allen Sinnen erfahren<br />
Kinder so, was Natur bedeutet.<br />
Ebenso spielt Abfallvermeidung und Recycling eine große Rolle in Kindergärten.<br />
Durch das Sammeln von Abfällen, durch Kompostierung oder auch Weiterverwendung<br />
von gebrauchtem Papier für Malzwecke lernen Kinder von<br />
klein auf, wie wichtig es ist, sparsam mit Materialien umzugehen und diese<br />
nach Möglichkeit dem Kreislauf wieder zuzuführen.<br />
Diese Aktionen sind von großer Bedeutung, denn nur wer seine Natur und<br />
Umwelt als wichtigen Teil seiner Lebenswelt erlebt, wird im erwachsenen Alter<br />
Verständnis für Umweltschutzmaßnahmen haben.<br />
In größerem Maße als Schulen suchen sich Kindergärten Kooperationspartner,<br />
um Kinder an die Natur heranzuführen. Hierzu zählen bspw. der Förster,<br />
verschiedene Naturvereine, die Lokale Agenda 21 sowie die Stadtverwaltung.<br />
110
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Eine besondere Bedeutung im Rahmen der Umweltbildung hat der Wald- und<br />
Naturkindergarten <strong>Bruchsal</strong> e.V., der durch sein pädagogisches Konzept ganz<br />
auf die Vielfalt der Natur im Wechsel des Jahreslaufs ausgerichtet ist. So heißt<br />
es auf der Homepage des Vereins: „Die Primärerfahrungen mit den Elementen<br />
der Natur und dem Raum im Wald können durch kein Bestimmungsbuch ersetzt<br />
werden und besitzen aufgrund ihrer Echtheit eine besondere Qualität.<br />
Die Kinder werden durch direktes Erleben, Experimentieren und Beobachten<br />
möglichst viele Antworten auf ihre Fragen selbst finden können. Die Kinder<br />
schöpfen in ihrer weiteren Entwicklung aus diesem komplexen Erfahrungsschatz<br />
und sind eher bereit, achtsam mit der Natur umzugehen.“<br />
Insgesamt gibt es damit für Kinder in Kindergärten in Bezug auf die Schwerpunktthemen<br />
„Naturschutz/biologische Vielfalt“ sowie „Abfallwirtschaft“ einen<br />
guten Zugang zu Umweltbildungsmaßnahmen.<br />
Auch die Einrichtungen selbst messen dem Umweltschutz eine größere Bedeutung<br />
bei und achten bei der Umweltverwaltung auf schonenden Umgang<br />
mit Ressourcen. So melden eine Vielzahl von Kindergärten, dass sie konsequent<br />
bei Verlassen des Raumes das Licht ausschalten, sowie Wasser und<br />
Energie sparsam verwenden. Hierzu passt auch die bewusste Verwendung<br />
von Mehrweggeschirr, die Verwendung von Handtüchern anstelle von Papiertüchern<br />
und die Weiterverwendung von einseitig bedrucktem Papier oder Kalendern/Plakaten<br />
zu Malzwecken.<br />
Entwicklung: Da die Datenerfassung an <strong>Bruchsal</strong>er Kindergärten im Jahr <strong>2012</strong> erstmals<br />
erfolgte, kann über eine Entwicklung in <strong>Bruchsal</strong> noch keine Aussage getroffen<br />
werden.<br />
111
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Indikator 10d: Zusammenstellung der Möglichkeiten zum Erwerb von Kompetenzen<br />
im Bereich „Umweltschutz“ im Rahmen von Vereinen und gemeinnützigen<br />
Organisationen.<br />
Schwerpunkte der Umweltbildung <strong>2012</strong>: Vereine und Initiativen<br />
prozentualer Anteil<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Naturschutz/biologische Vielfalt<br />
100<br />
Kategorien Umweltbericht<br />
Boden<br />
Wasser<br />
Luft/Lärm<br />
Verkehr/Mobilität<br />
Energie/Klimaschutz<br />
8<br />
8<br />
8<br />
8<br />
15<br />
Abfallw irtschaft<br />
23<br />
Abbildung 10.4<br />
Auswertung der Rückmeldungen der Vereine auf den Fragebogen „Projekte und Aktionen zu Umweltbildung/Umweltschutz“<br />
Datenquelle: Städtische Erhebung per Fragebogen an alle <strong>Bruchsal</strong>er Vereine/Verbände<br />
Bedeutung: Die Rückmeldung der Vereine und gemeinnützigen Initiativen auf den Fragebogen<br />
hat ergeben, dass dreizehn Gruppen aufgrund ihrer Satzung oder Aktivitäten<br />
einen Schwerpunkt im Bereich des Umweltschutzes haben bzw. den<br />
Umweltschutz in besonderem Maße fördern. Hierzu gehören:<br />
▪ Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltschutz <strong>Bruchsal</strong> e.V. (AGNUS)<br />
▪ Arbeitskreis Wasser Obergrombach<br />
▪ Bürgerstiftung <strong>Bruchsal</strong><br />
▪ Golfclub <strong>Bruchsal</strong> e.V.<br />
▪ Imkerverein <strong>Bruchsal</strong> e.V.<br />
▪ I.R.B.A. Forschung, Entwicklung, Integration e.V.<br />
▪ Lebenshilfe <strong>Bruchsal</strong> e.V.<br />
▪ Obst- und Gartenbauverein 1879 e.V. <strong>Bruchsal</strong><br />
▪ Sportfischerverein 1951 <strong>Bruchsal</strong><br />
▪ Streuobstinitiative im Stadt- und Landkreis Karlsruhe e.V.<br />
▪ Vogelschutz- und Zuchtverein Untergrombach e.V.<br />
▪ Verein für Umwelt- und Naturschutz Untergrombach e.V.<br />
▪ WieWaldi Natur- und Erlebnisgarten e.V.<br />
112
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Die Ergebnisse der Umfrage haben ergeben, dass alle Gruppen im Bereich<br />
der Kategorie Naturschutz/biologische Vielfalt tätig sind. Die übrigen Kategorien<br />
sind zwar vertreten, spielen jedoch eine eher untergeordnete Rolle.<br />
Foto: R. Carl<br />
Bei Vereinen, die Umweltschutzmaßnahmen nicht als Schwerpunkt durchführen,<br />
sind besonders Umweltbildungsmaßnahmen im Bereich Abfallwirtschaft<br />
beliebt. So werden regelmäßig selbst oder in Zusammenarbeit mit der Aktion<br />
„Saubere Stadt“ Müllsammelaktionen durchgeführt.<br />
Die Lebenshilfe <strong>Bruchsal</strong>-Bretten hat eine Arbeitsgruppe „Naturschutz“ gegründet,<br />
die sich mit ihren Mitwirkenden um Naturschutz in <strong>Bruchsal</strong> kümmert.<br />
So entstand <strong>2012</strong> in Kooperation mit dem Stadtförster und Forst-Azubis ein<br />
Insektenhotel im Heubühl, in den Jahren zuvor wurden gemeinsam Sitzgelegenheiten<br />
gebaut.<br />
Ferner engagiert sich die Lebenshilfe seit 2011 im Rahmen des Projektes<br />
„JUNA“ aktiv im Naturschutz der Region. JUNA steht für „Jugend und Naturschutz“<br />
und ist eine konfessions-, gemeinde-, vereins- und gruppenübergreifende<br />
Initiative, die als Ziel den Schutz und Erhalt der Natur, insbesondere<br />
durch Jugendliche und Kinder, im Blick hat. Vorrangig werden Naturschutzgebiete<br />
und Biotope in Graben-Neudorf, Wiesental, Phillipsburg, Hochstetten<br />
und in Oberhausen betreut. Ein Einsatz auf <strong>Bruchsal</strong>er Gemarkung hat bislang<br />
noch nicht stattgefunden.<br />
Wer sich in Vereinen und gemeinnützigen Organisationen zum Thema „Naturschutz<br />
und biologische Vielfalt“ bilden möchte, hat damit in <strong>Bruchsal</strong> gute<br />
Möglichkeiten. Auch ein Einsatz im Bereich Abfallwirtschaft ist in vielen Einrichtungen<br />
möglich.<br />
Entwicklung: Die Abfrage über Umweltprojekte und Ziele erfolgte an <strong>Bruchsal</strong>er Vereinen<br />
erstmals im Jahr <strong>2012</strong>. Bei genauerer Betrachtung der Vereine und deren Historie<br />
wird jedoch deutlich, dass der überwiegende Teil seit Jahren konstant<br />
arbeitet. <strong>2012</strong> gewann der Verein für Umwelt und Naturschutz Untergrombach<br />
e.V. beim Kreisumweltschutzpreis den 1. Preis für ihre Arbeit im Amphibienschutz.<br />
Auch das Projekt „JUNA“ wurde <strong>2012</strong> ausgezeichnet und erhielt als eines von<br />
drei Projekten den Aggiornamento-Preis im Rahmen einer Konzils-Gala auf<br />
dem 98. Deutschen Katholikentag.<br />
Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> unterstützt die Vereine seit vielen Jahren bei ihrer praktischen<br />
Naturschutzarbeit, z.B. durch Abfuhr und Entsorgung von Mähgut.<br />
113
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
Mögliche/zukünftige Maßnahmen/Aktionen:<br />
10. Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat 2011 in seiner Broschüre „Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung – Lokale Netzwerke und Praxisbeispiele aus sechs Kommunen<br />
in Baden-Württemberg“ kommunale Wege für eine erfolgreiche Arbeit im Bereich<br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung aufgezeigt und konkret die „Vernetzung und Kooperation<br />
verschiedener Bildungsinitiativen vor Ort…“ empfohlen. Diese seien „…wichtige Voraussetzungen,<br />
um gesellschaftliche Entwicklungsprozesse im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung<br />
stärker in die Fläche zu tragen.“<br />
Eine Nachfrage bei den Kindergärten und Schulen hat ergeben, dass die Einrichtungen sich<br />
zur Förderung der Umweltbildung insbesondere personelle und finanzielle Unterstützung<br />
wünschen. Ebenso wurden „best practice“-Beispiele aus anderen Institutionen gewünscht.<br />
Vereine und gemeinnützige Initiativen sind ehrenamtlich tätig. Der kommunale Einfluss auf<br />
diese Gruppen ist deshalb beschränkt. Jedoch gibt es aus Sicht der Kommune die Möglichkeit,<br />
die Gruppen in ihrer Umweltbildung zu unterstützen.<br />
Wir schlagen deshalb als Maßnahmen vor:<br />
1. Unterstützung der Schulen, Kindergärten und Vereine durch erstmalige Einrichtung einer<br />
zentralen Kontaktstelle für alle Kategorien der Umweltbildung:<br />
• Kontinuierliche Förderung der bisher weniger behandelten Umweltthemen: Sammlung<br />
und Weitergabe von guten Beispielen aus Schulen, Kindergärten und Vereinen<br />
sowie Bildung von jährlichen Schwerpunktthemen.<br />
• Zusammenführung von Netzwerkpartnern (Schulen, Kindergärten, Vereine, Agenda<br />
21) zur Förderung von Umweltbildungsmaßnahmen und Umsetzung gemeinsamer<br />
Projekte.<br />
2. Gezielte Förderung von Umweltthemen durch Bildung von Schwerpunktthemen im Rahmen<br />
der Agenda 21 und personelle Unterstützung im Agenda 21-Büro: 2013 sollte<br />
schwerpunktmäßig das Radfahren in <strong>Bruchsal</strong> unterstützt werden.<br />
3. Gewinnung von Nachwuchs für die Lokale Agenda 21.<br />
4. Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit in allen Arbeitsgruppen der Agenda 21.<br />
5. Durchführung von Mitmach-Projekten in allen Arbeitsgruppen der Agenda 21, um niederschwellig<br />
an Umweltthemen heranzuführen (z.B. Aktion "Essbare Stadt").<br />
114
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
11. Umweltverwaltung<br />
11. Umweltverwaltung<br />
11.1 Organisation des Umweltschutzes bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
Das Thema Umweltschutz umfasst viele verschiedene Sachgebiete wie z.B. Naturschutz<br />
und Landschaftspflege, Gewässerschutz und Wasserwirtschaft, Luftreinhaltung<br />
und Klimaschutz, Abfallwirtschaft, Bodenschutz und Altlasten. Dabei hat sich<br />
der Focus im Laufe der Jahre durchaus verändert. Es gibt kaum ein anderes Aufgabengebiet,<br />
in dem ständig so viele gesetzliche Änderungen, vor allem auf europäischer<br />
Ebene, vorgenommen werden wie beim Umweltschutz. Umweltschutz berührt<br />
somit die unterschiedlichsten Aufgabenbereiche innerhalb einer Stadtverwaltung.<br />
Dies spiegelt sich auch bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong> wieder.<br />
In den 80er Jahren wurden bei den Kommunen verstärkt Umweltschutzbeauftragte<br />
eingestellt. Die Aufgaben umfassten meist Naturschutz, Biotopverbundplanungen,<br />
Umwelt- und Abfallberatung. Auch bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong> gab es eine solche Stelle,<br />
die verschiedenen Ämtern zugeordnet war bis sich in den 90er Jahren die Umweltabteilung<br />
beim Amt für Vermessung, Umwelt und Liegenschaften etablierte. Die<br />
Aufgabengebiete der 8 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 3 in Teilzeit, waren<br />
u.a. Bodenschutz, Altlasten, Abfallwirtschaft, Etablierung der Lokalen Agenda 21,<br />
Naturschutz, Landschaftspflege, Umweltbildung, Gewässerschutz, Baggerseen, spezielle<br />
Artenschutzmaßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit, Umweltrecht, Bauleitplanung,<br />
Umweltpolizei und Wildschadensregulierung. Dazu kam noch ein Landschaftspflegetrupp,<br />
der sich aus ehemaligen Mitarbeitern des Schlachthofes zusammensetzte.<br />
Durch deren praktische Arbeit konnten viele städtische Biotopflächen, Wegränder<br />
und Gräben ökologisch sinnvoll gepflegt werden. Mit Fertigstellung des neuen Baubetriebshofgebäudes<br />
wurde der Landschaftspflegetrupp in den Bauhof integriert.<br />
Durch ihr spezielles Fachwissen in der Landschaftspflege sind sie auch heute noch<br />
vorrangig für Maßnahmen im Naturschutz zuständig.<br />
Mit der Zusammenlegung des Stadtbauamtes und des Amtes für Vermessung, Umwelt<br />
und Liegenschaften 2006 zum Bau- und Vermessungsamt wurde die Umweltabteilung<br />
aufgelöst. Ein Teil der Naturschutzaufgaben, die Landschaftspflege, Gewässerschutz,<br />
Umweltpolizei und Wildschadensregulierung wurden in die Abteilung Tiefbau,<br />
Grün, Landschaftspflege integriert und mit zusätzlichen Aufgaben versehen. Die<br />
übrigen Mitarbeiter wurden in der Umweltstelle zusammengefasst. Zusätzlich kamen<br />
noch Aufgaben der zentralen Verwaltung dazu. Mit der Rückdelegation der Abfallwirtschaft<br />
2009 wurde der Abfallbereich dem Abwasserbetrieb angegliedert. Von den<br />
ursprünglich 1,5 Stellen aus dem Fachbereich Umwelt sind in der Umweltstelle seit<br />
2009 noch ca. 0,8 Stellen für Umweltthemen übrig.<br />
Mitte 2011 wurde die Umweltstelle dem Stadtplanungsamt angegliedert. Dadurch<br />
wurde eine erneute Aufgabenumverteilung notwendig. Neben koordinierenden Tätigkeiten<br />
in den Bereichen Klimaschutz, Immissionsschutz, Bodenschutz und Altlasten<br />
gehören die Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung zu den Aufgaben der Umweltstelle.<br />
Hinzu kommen spezielle Themen wie Artenschutz und fachliche Begleitung<br />
der Bauleitplanung sowie die Erstellung des Umweltberichtes in Projektarbeit. Die<br />
Fülle der fachspezifischen Aufgaben und der rechtlichen Fragen erfordert eine lange<br />
Einarbeitungszeit und verträgt sich nicht mit einer hohen Fluktuation und erfordert<br />
fachlich gut ausgebildete Beschäftigte. Viele der oben genannten Themen können<br />
mit der personellen Ausstattung der Umweltstelle nicht bewältigt werden. Umso wich-<br />
115
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
11. Umweltverwaltung<br />
tiger ist eine ämterübergreifende Zusammenarbeit, wie sie derzeit für die Erstellung<br />
des Umweltberichts erfolgreich durchgeführt wird.<br />
Denn ökologische Themen betreffen praktisch alle Bereiche der Stadtverwaltung und<br />
sollten zukünftig bei allen Tätigkeiten berücksichtigt werden.<br />
mögliche zukünftige Maßnahmen:<br />
• Fortschreibung des Umweltberichts alle 5 bis 6 Jahre.<br />
• Die Vielzahl fachspezifischer Umweltaufgaben mit den damit verbundenen rechtlichen<br />
Fragen erfordert zusätzliches Personal mit entsprechender Qualifikation.<br />
• Bildung von ämterübergreifenden Projektgruppen zu besonders wichtigen und<br />
umfassenden Umweltthemen, z.B. Klimaschutz.<br />
• Erstellen eines Leitfadens zur Bearbeitung und Erläuterung des Unterpunktes<br />
„Nachhaltigkeit“ bei Vorlagen an den Gemeinderat und weiterer Gremien.<br />
116
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
11. Umweltverwaltung<br />
11.2 Beschaffungswesen<br />
Stadtleitbild <strong>Bruchsal</strong> 2020:<br />
Sparsamen Umgang mit Ressourcen fördern: Die Stadt <strong>Bruchsal</strong> unterstützt den<br />
sparsamen Umgang mit endlichen Ressourcen und fördert die Nutzung erneuerbarer<br />
Ressourcen. Die verstärkte Förderung der Nutzung regenerativer Energien, wie Solarenergie<br />
und Erdwärme, wird angestrebt.<br />
11.2.1 Einführung<br />
In Kommunen wird eine Vielzahl von Produkten eingekauft, die von der Büroausstattung<br />
über Kommunalfahrzeuge bis hin zu Baumaterialien reichen. Von jedem Produkt<br />
gehen mehr oder weniger starke Umweltbelastungen aus. Diese lassen sich nur verringern,<br />
wenn die Hersteller umweltverträgliche Produkte produzieren und die Käufer<br />
sich dafür entscheiden. Die Kommunen können durch gezielte Nachfrage nach umweltverträglichen<br />
Produkten zu einem vorsorgenden Umweltschutz beitragen und<br />
damit gleichzeitig im Sinne einer Vorbildfunktion die Vermarktung umweltfreundlicher<br />
Produkte fördern.<br />
Eine umweltverträgliche Beschaffung kann bei der<br />
Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Rahmen der<br />
öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung verwirklicht<br />
werden, indem bestimmte Umweltkriterien in der<br />
Leistungsbeschreibung vorgegeben werden, die das<br />
geforderte Produkt bzw. die geforderte Leistung erfüllen<br />
muss. Es kann zum Beispiel von vornherein eine umweltfreundliche<br />
Alternative wie Recyclingpapier für die<br />
Ausschreibung gewählt werden. Auch Lebenszykluskosten<br />
können bereits in der Leistungsbeschreibung<br />
einbezogen werden, indem Mindestanforderungen zum<br />
Beispiel an den Energieverbrauch gestellt werden. Bei<br />
Büromöbeln und vielen anderen Produkten kann das<br />
Umweltzeichen Blauer Engel als Kriterium gefordert<br />
werden.<br />
Kommunen benötigen Papier als Schreib-, Kopier-, Fax- und Druckpapier sowie in<br />
Form von Briefumschlägen und Versandtaschen. Sowohl bei der Beschaffung des<br />
Papiers, als auch bei der Vergabe von Druckaufträgen kann die Verwendung umweltfreundlicher<br />
Papiersorten bevorzugt werden. Darüber hinaus kann ein Beitrag zum<br />
Umweltschutz über den sparsamen Umgang mit Papier erfolgen.<br />
Bei der Herstellung von Papier entstehen Umweltbelastungen durch Frischwasserund<br />
Energieverbrauch sowie durch Abwasserbelastungen. Recyclingpapier, das zu<br />
100 % aus Altpapier hergestellt wird, ist im Vergleich zu ungebleichtem und chlorfrei<br />
gebleichtem Papier aus Zell- oder Holzstoff ökologisch günstiger zu bewerten. Es<br />
weist erheblich geringere Belastungen hinsichtlich des Frischwasser- und Energieverbrauchs,<br />
der Abwasserbelastungen und des Abfallaufkommens auf.<br />
11.2.2 Beschaffung bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong><br />
Abbildung 11.1<br />
Das Beschaffungswesen ist bei der Stadt <strong>Bruchsal</strong> teilweise zentral geregelt, teilweise<br />
auf die Ämter übertragen. So werden EDV, Telekommunikation, Kopiergeräte,<br />
117
Umweltbericht <strong>2012</strong><br />
11. Umweltverwaltung<br />
Papier, Kopfbögen, Briefumschläge, Postzustellungsurkunden, Kfz, Reinigungsdienstleistungen,<br />
-mittel und -geräte zentral beschafft.<br />
Derzeit werden im Jahr durchschnittlich 2,2 Mio. weißes Blatt Papier für die Stadtverwaltung<br />
und den Baubetriebshof <strong>Bruchsal</strong> bestellt (Quelle: Hauptamt, Stadtverwaltung<br />
<strong>Bruchsal</strong>). Recyclingpapier wird bisher nur für Briefumschläge verwendet.<br />
Leere Druckerpatronen werden gesammelt und zur Wiederverwertung weitergegeben.<br />
Wiederbefüllte Druckerpatronen werden bisher nicht genutzt.<br />
Würde statt 2,2 Mio Frischfaserpapier Recyclingpapier verwendet, könnten folgende<br />
Umweltbelastungen vermieden werden („Ökologischer Vergleich von Büropapieren in<br />
Abhängigkeit vom Faserrohstoff, 2006“, IFEU Institut):<br />
• 20.593 kg weniger Holz<br />
• 347.976 l weniger Frischwasserverbrauch<br />
• 71.662 kWh weniger Energie<br />
• 1.910 kg weniger CO 2<br />
Mit der eingesparten Energiemenge können 96.840 Maschinen Wäsche bei 60° Grad<br />
(5 kg, energieeffizientes Gerät) gewaschen werden.<br />
Seit Februar <strong>2012</strong> erfolgt der CO 2 -neutrale Versand von Briefen über GOGREEN.<br />
Der Ausgleich, der beim Versand entstehenden Emissionen erfolgt dabei über international<br />
anerkannte Klimaschutzprojekte.<br />
Einen sparsamen Umgang mit Papier kann die Stadtverwaltung fördern, indem vermehrt<br />
doppelseitig kopiert und gedruckt wird. Auf Initiative der Abteilung Gebäudeund<br />
Energiemanagement und der Abteilung Informationstechnologie wurde die Registratur<br />
mit einem neuen Drucker ausgestattet, so dass die meist umfangreichen<br />
Dokumente des Städtetags seit einem halben Jahr doppelseitig gedruckt im Umlauf<br />
sind. Der sparsame und damit auch wirtschaftliche Umgang mit Papier hängt aber<br />
insbesondere von der Mitwirkung der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab,<br />
die entsprechenden Funktionen wie doppelseitig drucken oder Drucken im Econo-<br />
Mode (sparsamer Umgang mit Druckerpatrone) zu nutzen. Hilfreich wäre hier die<br />
automatische Druckeinstellung entsprechend zu ändern. Eine allgemeine Einweisung<br />
in die Möglichkeiten der Geräte für alle Beschäftigten wäre sinnvoll.<br />
Die „Dienstanweisung für das Beschaffungswesen bei der Stadtverwaltung <strong>Bruchsal</strong>“<br />
vom 01.06.2002 trifft bisher keine Regelungen zur Berücksichtigung von Umweltkriterien,<br />
wäre jedoch das geeignete Instrument einheitliche Standards zur Förderung der<br />
umweltverträglichen Beschaffung festzulegen. Das Umweltbundesamt bietet auf der<br />
Internetseite www.beschaffung-info.de umfangreiche Informationen von konkreten<br />
Ausschreibungsempfehlungen für Waren und Dienstleistungen, vergaberechtlichen<br />
Aspekten bis hin zu Praxisbeispielen von Kommunen.<br />
mögliche zukünftige Maßnahmen:<br />
• Festlegung von Umweltstandards in der Dienstanweisung für das Beschaffungswesen,<br />
insbesondere für Papier, Bürogeräte, Möbel, Fahrzeuge, Reinigungsleistungen<br />
und Reinigungsmittel; Ausweitung auf weitere interne Bereiche (z.B. Verwendung<br />
von sozial verträglich gehandelten Produkten bei Konferenzgetränken,<br />
Präsenten etc.)<br />
• Beschluss zur Verwendung von Recyclingpapier<br />
• Interne Informationen zur sparsamen Nutzung von Druckern und Kopiergeräten.<br />
118
12. Zusammenfassung mittelfristiger Maßnahmenempfehlungen<br />
Dieser Umweltbericht dokumentiert und veranschaulicht die Umweltsituation der<br />
Gemeinde <strong>Bruchsal</strong>. Er dient damit als Informationsgrundlage für die Öffentlichkeit,<br />
die Kommunalpolitik und für die Stadtverwaltung.<br />
Des Weiteren dienen die hier gesammelten Daten auch als Grundlage für die Umsetzung<br />
praktischer Maßnahmen im Bereich des Umweltschutzes. Um diesen Prozess<br />
einer nachhaltigen städtischen Entwicklung kontinuierlich fortführen zu können,<br />
sind regelmäßige Fortschreibungen des Umweltberichtes sinnvoll.<br />
Ebenso ist die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an zentralen Umweltthemen<br />
von hohem Wert, sodass die Bürgerschaft, Vereine, Verbände etc. weiterhin in städtische<br />
Entwicklungsprozesse eingebunden werden.<br />
In nachfolgender Liste sind Maßnahmenempfehlungen zu den einzelnen Themenbereichen<br />
zusammengestellt. Diese Empfehlungen sind ein Auszug aus den in den<br />
einzelnen Themenbereichen genannten Maßnahmen. Es handelt sich hierbei um<br />
Maßnahmen mit einem hohen Wirkungsgrad, die mittelfristig umsetzbar sind.<br />
Nr. Maßnahme<br />
Naturschutz/Biologische Vielfalt<br />
1 Biotopverbundmaßnahmen, z.B. Blühstreifen<br />
in Feldflur (Ökokonto-, CEF-<br />
Maßnahmen) und Gewässerrandstreifen<br />
Boden<br />
1 Innenentwicklung hat weiterhin Vorrang<br />
vor Außenentwicklung, insbesondere<br />
durch Erhalt bzw. Schaffung dichter,<br />
kompakter Strukturen und Nachverdichtungen,<br />
Gewinnung innerstädtischen<br />
Wohnraums durch Um- und Ausbau bestehender<br />
Gebäude, am Bedarf orientierte<br />
Umnutzung von Gebäuden und Strukturen<br />
(Erfassung innerstädtischer Flächenpotenziale<br />
erfolgt im Jahr 2013)<br />
Wasser<br />
1 Ziele für ein nachhaltiges Wassermanagement<br />
entwickeln, beschließen, in Abständen<br />
bilanzieren: Sicherung der selbständigen<br />
Wasserversorgung, Grundwasser<br />
sparsam nutzen und nur im<br />
Rahmen der Grundwasserneubildung<br />
entnehmen<br />
hoch<br />
Wirkungsgrad<br />
Verantwortliche/<br />
Beteiligte<br />
Stadt,<br />
Landwirte<br />
Fortsetzung<br />
/<br />
Neu<br />
neu<br />
mittel<br />
Stadt, ewb Fortsetzung<br />
/neu<br />
2 Prüfung möglicher Dachbegrünungen<br />
und Entsiegelung sowie möglicher Nuthoch<br />
Stadt neu<br />
Status<br />
(Stand<br />
25.06.13)<br />
Ausarbeitung<br />
beauftragt<br />
(Gemeinderat<br />
am<br />
25.06.13)<br />
hoch Stadt Fortsetzung<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
am<br />
25.06.13<br />
119
Nr. Maßnahme<br />
zung/ Versickerung von Regenwasser<br />
von Dächern/Flächen städtischer Liegenschaften<br />
3 Weitere Verbesserung der ökologischen<br />
Funktionsfähigkeit der Oberflächengewässer<br />
durch bspw. Bepflanzung und<br />
Entwicklung standortgerechter Gehölze<br />
in den Uferbereichen, Einrichten von<br />
Gewässerrandstreifen als Puffer gegen<br />
schädliche Einwirkung angrenzender<br />
Flächen, Gestaltung der Gewässerstruktur<br />
unter Berücksichtigung des Wasserabflusses<br />
und Hochwasserschutzes<br />
Luft<br />
Lärm<br />
1 Erstellung eines Lärmaktionsplanes bis<br />
Ende 2013 (Verfahren gem. §§ 47 ff<br />
BImSchG aufgrund Betroffenenanalyse)<br />
Verkehr und Mobilität<br />
1 Beschluss eines Fahrradinfrastrukturkonzeptes<br />
mit dem Ziel der Erhöhung<br />
des Fahrradanteils an der Verkehrsmittelwahl<br />
und regelmäßiger Mobilitätserhebung<br />
als Wirkungskontrolle von umgesetzten<br />
Maßnahmen (Bsp.: Steigerung<br />
von derzeit 10% Fahrradanteil an der<br />
Verkehrsmittelwahl in <strong>Bruchsal</strong> auf 15%<br />
bis zum Jahr 2020)<br />
2 Umstellung des Fahrzeugbestands der<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong> und Töchter auf Elektrofahrzeuge<br />
(Kfz, E-Bikes), soweit möglich<br />
und Netzaufbau von Ladestationen<br />
Energie und Klimaschutz<br />
1 Klimaschutzkonzept für <strong>Bruchsal</strong> entwickeln<br />
und beschließen<br />
(z.B. auf Grundlage des Landkreiskonzeptes<br />
„zeozwei-frei“); Ziele in Abständen<br />
bilanzieren:<br />
Wirkungsgrad<br />
Verantwortliche/<br />
Beteiligte<br />
Fortsetzung<br />
/<br />
Neu<br />
mittel Stadt neu<br />
mittel<br />
hoch<br />
Stadt,<br />
Bürger<br />
Stadt,<br />
Bürger<br />
neu<br />
Status<br />
(Stand<br />
25.06.13)<br />
hoch Stadt Fortsetzung<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
am<br />
25.06.13<br />
1 Einrichtung eines Messpunktnetzes und<br />
Beschaffung einer mobilen Messstelle<br />
(für Schadstoffe Stickstoffdioxid, Feinstaub)<br />
Fortsetzung<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
am<br />
25.06.13<br />
hoch Stadt, ewb neu Ausarbeitung<br />
beauftragt<br />
(Gemeinderat<br />
am<br />
25.06.13)<br />
hoch<br />
Stadt, ewb<br />
Energieagentur,<br />
Bürger,<br />
Handwerk<br />
neu<br />
Ausarbeitung<br />
beauftragt<br />
(Gem.rat<br />
25.06.13)<br />
120
Nr. Maßnahme<br />
• Plattform/Strukturen schaffen zur<br />
dauerhaften Bearbeitung des Themas<br />
Klimaschutz in <strong>Bruchsal</strong><br />
• energierelevante Festlegungen in der<br />
Bauleitplanung (Energieträger, Solarnutzung,<br />
Energiestandard u.ä.)<br />
sowie beim Grundstücks(ver-)kauf<br />
beschließen<br />
• energieoptimierte Stadtquartiere<br />
Bahnstadt und Campus als städt.<br />
Modellprojekte<br />
• städt. Förderung von Neubauten u.<br />
Sanierungen nach bestimmten Energiestandards<br />
• Unterstützung der ewb und anderer<br />
Akteure bei Energieprojekten und<br />
beim Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien (Solar, Windkraft, Biomasse,<br />
Wasser)<br />
2 energetische Standards für die städtischen<br />
Liegenschaften (und Töchter) beschließen,<br />
Ziele in Abständen bilanzieren<br />
3 Weitere Optimierung der Heizanlagen<br />
(Mess-, Steuer- und Regelungstechnik)<br />
mithilfe Auswertungen von Unterzählern<br />
und kontinuierlicher Ausbau der Gebäudeleittechnik<br />
4 Klimaschutzbildung in Kindergärten und<br />
Schulen, weitere Schulen zur Teilnahme<br />
am Energieeinsparprojekt gewinnen,<br />
teilnehmende Schulen kontinuierlich<br />
betreuen<br />
Abfallwirtschaft<br />
1 Ehrenamtliche Müllsammelaktionen<br />
ausweiten und Recycling-Projekte unterstützen<br />
(z.B. Putzeten, "Korken für Kork",<br />
Schülerfirma Joß-Fritz-Schule)<br />
Umweltbildung und Umweltbewusstsein<br />
Wirkungsgrad<br />
Verantwortliche/<br />
Beteiligte<br />
Fortsetzung<br />
/<br />
Neu<br />
hoch Stadt neu<br />
mittel Stadt Fortsetzung<br />
/neu<br />
Stadt,<br />
Bürger<br />
1 Einrichtung einer zentralen Kontaktstelle<br />
zur Unterstützung der Schulen, Kindergärten<br />
und Vereine für alle Kategorien<br />
der Umweltbildung (→ Personalbedarf):<br />
• Kontinuierliche Förderung der bisher<br />
weniger behandelten Umweltthemen:<br />
Sammlung und Weitergabe von guhoch<br />
Stadt neu<br />
Status<br />
(Stand<br />
25.06.13)<br />
hoch Stadt Fortsetzung<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
am<br />
25.06.13<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
am<br />
25.06.13<br />
Fortsetzung<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
am<br />
25.06.13<br />
121
Nr. Maßnahme<br />
ten Beispielen aus Schulen, Kindergärten<br />
und Vereinen sowie Bildung<br />
von jährlichen Schwerpunktthemen<br />
• Zusammenführung von Netzwerkpartnern<br />
(Schulen, Kindergärten,<br />
Vereine, Agenda 21) zur Förderung<br />
von Umweltbildungsmaßnahmen und<br />
Umsetzung gemeinsamer Projekte<br />
Umweltverwaltung; Organisation<br />
1 Fortschreibung des Umweltberichtes in<br />
regelmäßigen Abständen (z.B. alle 5<br />
Jahre) und kontinuierliche Datenerhebung<br />
mit Auflistung der zu erfassenden<br />
Daten und Information der zu beteiligenden<br />
Ämter der Stadtverwaltung<br />
2 Erstellen eines Leitfadens zur Bearbeitung<br />
und Erläuterung des Unterpunktes<br />
"Nachhaltigkeit" bei Vorlagen an den<br />
Gemeinderat und weiterer Gremien<br />
3 Ausbau der Handlungsfähigkeit der Umweltstelle,<br />
Stadt <strong>Bruchsal</strong>: zusätzliches<br />
Personal mit entsprechender Qualifikation<br />
erforderlich wegen der Vielzahl fachspezifischer<br />
Umweltaufgaben mit den<br />
damit verbundenen rechtlichen Fragen<br />
Umweltverwaltung; Beschaffungswesen<br />
1 Festlegung von Umweltstandards in der<br />
Dienstanweisung für das Beschaffungswesen<br />
(z.B. Recyclingpapier, Möbel,<br />
Reinigungsmittel) und Ausweitung auf<br />
weitere interne Bereiche (z.B. Verwendung<br />
von sozial verträglich gehandelten<br />
Produkten bei Konferenzgetränken, Präsenten<br />
etc.)<br />
Wirkungsgrad<br />
Verantwortliche/<br />
Beteiligte<br />
Fortsetzung<br />
/<br />
Neu<br />
mittelhoch<br />
Status<br />
(Stand<br />
25.06.13)<br />
hoch Stadt Fortsetzung<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
am<br />
25.06.13<br />
Stadt neu Ausarbeitung<br />
beauftragt<br />
(Gemeinderat<br />
am<br />
25.06.13)<br />
hoch Stadt neu<br />
hoch Stadt neu Ausarbeitung<br />
beauftragt<br />
(Gemeinderat<br />
am<br />
25.06.13)<br />
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