Vollständige Studie - Christliche Initiative Romero
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Vorwort<br />
Mit der<br />
Produktion<br />
von Nahrungsmitteln<br />
und ihrem Verkauf<br />
werden weltweit Milliarden<br />
verdient. Allein der größte<br />
deutsche Lebensmittelkonzern,<br />
die Edeka, hat 2012 einen Gewinn<br />
von 1,34 Milliarden vor Steuern erzielt.<br />
Die Entscheidungen über die<br />
Arbeits- und Produktionsbedingungen<br />
entlang der Lieferkette werden dabei<br />
von wenigen großen Konzernen über ihre<br />
große Marktmacht getroffen. Wenn es aber<br />
darum geht, Verantwortung für diejenigen zu<br />
übernehmen, welche diesen Reichtum erst<br />
ermöglichen, also die ArbeitnehmerInnen,<br />
verweisen diese Konzerne oft auf ihre rechtliche<br />
Nicht-Zuständigkeit.<br />
In vorliegender Broschüre zeigen der<br />
Bundesfachbereich Handel von ver.di und<br />
die <strong>Christliche</strong> <strong>Initiative</strong> <strong>Romero</strong> gemeinsam<br />
die Auswirkungen dieser fehlenden Verantwortung<br />
für gute, existenzsichernde Arbeitsbedingungen<br />
auf. Am Beispiel der Orangensaft-Lieferkette<br />
zwischen Brasilien und dem<br />
deutschen Verbrauchermarkt kommen dabei<br />
erschreckende Parallelen zutage: Macht- und<br />
Marktkonzentration auf der Unternehmens-,<br />
zunehmende Prekarisierung auf der Be-<br />
schäftigtenseite<br />
in<br />
beiden Ländern.<br />
Sowohl die deutschen<br />
Handelsunternehmen als<br />
auch die brasilianischen Saftfabriken<br />
diktieren quasi durch ihre<br />
Marktmacht die Einkaufspreise und die<br />
jeweiligen Arbeitsbedingungen.<br />
Der ganz legale „Trick“ dabei in Brasilien:<br />
Die saftproduzierenden Unternehmen<br />
drücken die Arbeitsbedingungen<br />
und Löhne nach unten, ohne dass<br />
sie für die Beschäftigten als Arbeitgeber-<br />
Innen verantwortlich sind, da diese meist gezwungen<br />
sind, als „selbstständige“ SaisonarbeiterInnen<br />
die Orangen zu pflücken.<br />
In Deutschland alarmiert insbesondere<br />
die verstärkte Verantwortungsflucht durch<br />
Edeka/Rewe qua Ausgründung und Neugründung<br />
von vorher im Konzern angesiedelten<br />
Filialen an selbständige Kaufleute. Der bisher<br />
ganz legale „Trick“ insbesondere bei Edeka:<br />
Obwohl die Beschäftigten unter der Flagge<br />
der Edeka arbeiten, weisen die rund 4.500<br />
Eigentümer der Edeka ihre Gesamtverantwortung<br />
als Arbeitgeber für die über 150.000<br />
Beschäftigten zurück. Dadurch entscheiden<br />
die selbstständigen, meist nicht tarifgebundenen<br />
Edeka-Kaufleute nach Gutdünken über<br />
die Arbeitsbedingungen.<br />
Das EHI Retail Institute schreibt 2012 zu<br />
recht:<br />
„Handelsunternehmen beeinflussen als Mittler<br />
Konsumenten und Produzenten und haben<br />
damit eine Schlüsselposition in der Verbreitung<br />
nachhaltiger Produktions- und Konsumtionsmuster<br />
inne. […] Besonders innerhalb der<br />
Lieferkette können sie Standards durchsetzen<br />
und damit zahlreiche weitere Unternehmen zur<br />
Umsetzung von Nachhaltigkeit bewegen.“ 1<br />
1 Internationales wissenschaftliches Institut der Handelsbranche.<br />
Vgl. Trends im Handel 2010. Consumer Markets. EHI Retail<br />
Institute 2012: 29<br />
4 <strong>Christliche</strong> <strong>Initiative</strong> <strong>Romero</strong> / ver.di > Im Visier: Orangensaft<br />
Es kann nicht sein,<br />
dass milliardenschwere<br />
Konzerne sich ihrer Verantwortung<br />
entziehen können,<br />
indem sie einzelne Unternehmensteile,<br />
in diesem Fall die Edeka- und<br />
Rewe-Märkte, als scheinbar unabhängige<br />
Betriebe darstellen. Genauso wenig<br />
ist es akzeptabel, dass Rewe, Edeka,<br />
Aldi und Lidl durch ihre enorme<br />
Marktmacht faktisch in der deutschen<br />
und internationalen<br />
Lieferkette die Arbeitsbedingungen<br />
von Millionen<br />
von Beschäftigten bestimmen<br />
ohne dafür<br />
verbindlich Rechenschaft<br />
zu tragen.<br />
<strong>Christliche</strong> <strong>Initiative</strong> <strong>Romero</strong> / ver.di > Im Visier: Orangensaft<br />
Gemeinsam mit der <strong>Christliche</strong>n <strong>Initiative</strong><br />
<strong>Romero</strong> und weiteren BündnispartnerInnen<br />
wird ver.di Handel sich in<br />
Zukunft verstärkt dafür einsetzen,<br />
dass wirtschaftliche Macht auch<br />
immer mit zurechenbarer Verantwortung<br />
für gute, existenzsichernde<br />
Arbeits bedingungen<br />
einhergeht.<br />
Stefanie Nutzenberger<br />
Bundesvorstandsmitglied<br />
ver.di<br />
Leiterin Fachbereich Handel<br />
5<br />
Vorwort