Künstlich Ausgezeichnet Tanzschritte - Ensuite
Künstlich Ausgezeichnet Tanzschritte - Ensuite
Künstlich Ausgezeichnet Tanzschritte - Ensuite
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
artensuite Schweizer Kunstmagazin Februar 2011 | 6<br />
Anatoly Shuravlev, Look at, 2006/07, C-Print,<br />
Acrylglas. © Anatoly Shuravlev<br />
Phantomschmerzen<br />
Von Sylvia Mutti<br />
■ Der letzte Satz der Ausstellungsbesprechung<br />
zum russischen Pavillon<br />
an der 53. Biennale Venedig 2009<br />
in der Zeitschrift «Kunstforum» hat<br />
es in sich. Er gilt der Installation des<br />
Konzeptkünstlers Anatoly Shuravlev,<br />
der Glaskugeln wie Christbaumschmuck<br />
an kaum sichtbaren Fäden<br />
in einer filigranen, schwebenden<br />
Wolke angeordnet und warm ausgeleuchtet<br />
im sonst dunklen Raum von<br />
der Decke baumeln liess. In jeder Kugel<br />
befand in sich ein fotografisches<br />
Miniaturporträt einer bedeutenden<br />
Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts,<br />
begonnen bei Ghandi über Einstein<br />
Anatoly Shuravlev – Temporary Visual Wound<br />
Bis 20. März<br />
Nouvelles Collections IV<br />
Bis 13. März<br />
Centre PasquArt, Seevorstadt 71–73, 2502 Biel. www.pasquart.ch<br />
Geöffnet Mittwoch bis Freitag 14:00–18:00 h, Samstag und Sonntag<br />
11:00–18:00 h<br />
bis hin zu Elvis und Obama. Doch die intendierte magische Stimmung zündete<br />
bei der Kritikerin nicht: «Aller Berühmten und Wichtigen zum Trotz<br />
ist diese Installation aber leider nicht mehr als eine belanglose, dekorative<br />
Angelegenheit.» Ein harsches Urteil, dessen Überprüfung derzeit anlässlich<br />
der ersten Einzelausstellung Shuravlevs in der Schweiz im Bieler Centre PasquArt<br />
möglich ist. Und auch hier findet man sie wieder; wie ausgestanzte<br />
Konfetti ergiessen sie sich in allen erdenklichen Variationen über die Ausstellungssäle,<br />
in viereckige, runde oder wolkige Plexiglasobjekte eingefügt,<br />
an Wänden angebracht oder in C-Prints integriert: kleine analog abfotografierte<br />
Porträtbilder von rund einem Zentimeter Durchmesser bekannter und<br />
unbekannter Menschen. Und genau in dieser unendlichen Wiederholung des<br />
nicht gerade variantenreich eingesetzten Markenzeichens liegt auch das Problem<br />
des ästhetisch auf Hochglanz getrimmten Werkkomplexes mit Arbeiten<br />
aus den vergangenen fünfzehn Jahren.<br />
Shuravlev betreibt das, was man gemeinhin als «Weltkunst» bezeichnet.<br />
Der 1963 in Moskau Geborene pendelt heute zwischen seiner Heimatstadt<br />
und der Künstlermetropole Berlin. Nicht nur in seiner Biografie lässt sich das<br />
globale Nomadentum feststellen, dem sich zeitgenössische Kunstschaffende<br />
zuweilen verschreiben, sondern auch in seinen Arbeiten: So entnimmt er beispielsweise<br />
die Vorlagen für seine Bildcollagen den Massenmedien, lässt hier<br />
ein bisschen Tibet, dort ein bisschen China, ein wenig Indien, Hollywoodstars<br />
oder bekannte Grössen aus der Geschichte der Kunst einfliessen. Mit diesen<br />
allseits bekannten, aber nicht konkret verortbaren Themenkreisen scheint<br />
er sich am Puls der Zeit zu bewegen und die Arbeiten sind zumindest in<br />
weiten Teilen der westlichen Hemisphäre gut verständlich – wenn man denn