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Nackt auf fremdem Land (Die Kinder auf dem Feld)

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Gt 08020 / p. 894 / 1.10.2007<br />

ParabelnimThomasevangelium<br />

<strong>Kinder</strong>n nicht besonders sinnvoll, in diesem Fall müsste wohl von SklavInnen die Rede<br />

sein. Insgesamt ist die Parabel sehr disparat gestaltet, es werden verschiedene soziale Verortungen<br />

angedeutet, dann aber nicht weitergeführt: <strong>Die</strong> <strong>Kinder</strong> sind zwar wichtige Personen,<br />

aber in der Parabel gehört sonst nichts zum Bereich Kindheit. Auch das <strong>Feld</strong> steht<br />

alleine, es wird nicht landwirtschaftlich oder anderweitig genutzt. <strong>Die</strong> Herren schließlich<br />

könnten ein Gegenüber zu SklavInnen bilden, aber selbst wenn im Text SklavInnen statt<br />

<strong>Kinder</strong> gelesen wird, sind die Herren nicht <strong>auf</strong> sie bezogen, sie werden nur als Besitzer des<br />

<strong>Feld</strong>es eingeführt.<br />

<strong>Die</strong> einzige durchgehende Linie in der Erzählung ist die Rechtlosigkeit und schwache<br />

Position der <strong>Kinder</strong>. Sie haben kein Anrecht <strong>auf</strong> das <strong>Feld</strong>, <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> sie sich befinden.<br />

Dazu passt die Bezeichnung als <strong>Kinder</strong>, die als schutzlos und abhängig angesehen werden<br />

können (Kleijwegt/Amedick 2004, 874 u. ö.). <strong>Die</strong> Herren dagegen zeigen schon in dieser<br />

Bezeichnung ihre Macht. Das <strong>Nackt</strong>sein der <strong>Kinder</strong> verweist ebenfalls <strong>auf</strong> Ausgeliefertsein<br />

und fehlenden Status (H. O. Maier 2006, 26). Es wird also in der Erzählung eine<br />

Situation der grundlegenden Rechtlosigkeit und Unsicherheit <strong>auf</strong>gerufen, und zwar nicht<br />

durch ein in sich konsistentes Bild, sondern durch die Kombination von Einzelzügen aus<br />

verschiedenen Kontexten. <strong>Die</strong>se grundsätzliche Position ist offensichtlich für das Bild der<br />

JüngerInnen entscheidend.<br />

Analysedes Bedeutungshintergrunds(Bildfeldtradition)<br />

<strong>Die</strong> Schwäche und Hilflosigkeit der <strong>Kinder</strong> in der Parabel knüpft zunächst an das biblische<br />

Motiv an, dass Gott <strong>auf</strong> der Seite der Armen und Rechtlosen steht. <strong>Die</strong>s gilt in<br />

sozialer Hinsicht, wenn Fürsorge wie etwa das Kleiden von <strong>Nackt</strong>en (z. B. Mt 25,36) gefordert<br />

wird. In Fortsetzung dieses Motivs werden die Armen und Kleinen als Gott besonders<br />

nah angesehen, so dass entsprechende Selbstbezeichnungen für Gemeindeglieder<br />

gewählt werden (z. B. die »Kleinen« im Matthäusevangelium), die vermutlich nicht nur<br />

eine soziale sondern auch eine ideelle Realität widerspiegeln. <strong>Die</strong>ser Hintergrund macht<br />

eine Identifizierung der JüngerInnen mit den <strong>Kinder</strong>n in der Parabel besonders leicht.<br />

Speziell <strong>Kinder</strong> werden auch als Beispiel für die JüngerInnen und Vorbild für den<br />

Weg zum Reich Gottes dargestellt (Mt 18,1–5; 19,13–15 par). Im Vergleich dazu ist in<br />

EvThom 21 die Rechtlosigkeit und das Ausgeliefertsein der <strong>Kinder</strong> durch die Kombination<br />

mit anderen Elementen (fremdes <strong>Feld</strong>, <strong>Nackt</strong>heit) besonders betont. Außer<strong>dem</strong> ist<br />

<strong>auf</strong>fällig, dass Jesus im EvThom die JüngerInnen schon als <strong>Kinder</strong> beschreibt, sie entsprechen<br />

diesem Bild, es wird ihnen nicht nur zum Nacheifern empfohlen.<br />

Eine besondere Bedeutung hat in der Parabel das <strong>Nackt</strong>sein der <strong>Kinder</strong>. Hier sind<br />

verschiedene Hintergründe zur Erklärung denkbar. Zum einen ist <strong>Nackt</strong>heit ein Zeichen<br />

besonderer Armut und Hilflosigkeit. In kriegerischen Auseinandersetzungen bedeutet<br />

<strong>Nackt</strong>heit den äußersten Statusverlust (Am 2,16). Das <strong>Nackt</strong>sein der <strong>Kinder</strong> könnte also<br />

noch eine Steigerung ihrer schwachen Position zeigen. Zum anderen ist der Gedanke weit<br />

verbreitet, dass der Körper ein Kleid für die Seele bildet, das sie auch wieder ablegt, um<br />

die Welt zu verlassen. <strong>Die</strong> <strong>Nackt</strong>heit bedeutet dann eine Körperlosigkeit (DeConick/Fossum<br />

1991, 124). Z. B. sieht Philo die <strong>Nackt</strong>heit der Seele als positiv, wenn sie ein Ablegen<br />

der körperlichen Leidenschaften und Hinwenden zur Tugend beinhaltet (Philo, LA<br />

II.54 f.).<br />

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