Heft 9 – 2012 - Fachhochschule Nordhausen
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Bedeutung von Absolventenbefragungen für die Hochschulentwicklung und <strong>–</strong>steuerung 5<br />
3. Lernen in Organisationen und Policy-Lernen im Policy-Transfer<br />
Bei Organisationen kann im Unterschied zu individuellen Akteuren nicht selbstverständlich<br />
davon ausgegangen werden, dass ein Bewusstsein über das Handeln existiert und dies reflektiert<br />
werden kann. Eher wird in Anlehnung an beobachtbare Veränderungen in Organisationen<br />
und deren scheinbarer Reaktion auf Umweltreize unterstellt, dass auch kollektive<br />
Akteure aus Erfahrungen lernen und sich anpassen können (vgl. Matys, 2005, S. 50,<br />
Bandelow, 2003, S. 289ff, Blum/Schubert, 2009, S. 152). Über veränderte Reaktionen der<br />
Umwelt wird dann eine vollzogene Anpassung etabliert oder erneut modifiziert. Denkbar<br />
ist auch, dass Organisationsmitglieder „kognitive Muster und Karten“ entwickeln, um gedankliche<br />
Verbindungen herzustellen und Wissen zu speichern (vgl. Matys, 2005, S. 50f.).<br />
So können Organisationen durch eine Fehlerkorrektur lernen und sich anpassen, das so<br />
genannte single loop learning vollziehen (Matys, 2005, S. 51). Wenn sie in der Lage sind „aufgrund<br />
der korrigierten Fehler Normen und Verfahren zu modifizieren“ (Bögel, S. 498),<br />
wird dies als double loop-learning bezeichnet. Ein weiterer Schritt wäre das deutero-learning, also<br />
das Reflektieren über den Lernprozess (ebd.). Organisationen sind also möglicherweise in<br />
der Lage, ein Veränderungslernen zu vollziehen und „Interessenslagen, Werte, Ziele und<br />
Handlungen politischer Akteure durch zusätzliche Informationen“ zu ändern (Bandelow,<br />
2003, S. 302, Hervorhebung durch die Verfasserin). Politische Akteure stehen im Unterschied<br />
zu den Organisationsmitgliedern außerhalb der Organisation und benötigen <strong>–</strong> so<br />
kann vermutet werden - mehr Informationen als die Mitglieder.<br />
Unter der Annahme, dass Organisationen lernen, lassen sich die drei Arten des Lernens<br />
(single und double loop-learning sowie deutero-learning) unterscheiden. Politische Akteure<br />
lernen durch Politik-Evaluation, also durch die Prüfung der umgesetzten Maßnahmen hinsichtlich<br />
ihrer Wirkungen und ihrer Effektivität. Politik formuliert im Rahmen der Politikgestaltung<br />
Ziele und Maßnahmen, die sich im Idealfall nach einer politischen Neugestaltung<br />
(wie ein Gesetz oder ein Reformvorhaben) auch einstellen. Wenn die Evaluation<br />
ergibt, dass die gewünschten Effekte ausbleiben, kann entsprechend modifiziert werden.<br />
Das Lernen in der Politik findet durch die Evaluation statt und wird eingebettet in ein Modell<br />
eines Policy-Cycle 1 . Die Hochschulreform als Policy-Cycle veranschaulicht die Abbildung<br />
2.<br />
Die Besonderheit des Bologna-Prozesses legt allerdings die Vermutung nahe, dass es sich<br />
bei der Übernahme der Bachelor-/Masterabschlüsse nicht um ein Lernen im engeren Sinn,<br />
sondern um einen Policy-Tranfer mit entsprechender Pflicht zur Übernahme handelt, weil<br />
(zumindest bezogen auf die Studienabschlüsse) das anglo-amerikanische Modell übernommen<br />
wurde. Generell erfolgt ein Policy-Transfer aufgrund internationaler Einbindung entweder<br />
auf freiwilliger Basis oder aufgrund von Zwang (vgl. Blum/Schubert, 2009, S. 166).<br />
Die Übernahme ist keine Folge eines Lernprozesses (vgl. ebd.), was aber nicht ausschließt,<br />
dass nach den Wirkungen des Transfers gefragt und auf diese wiederum reagiert wird.<br />
1 Der Policy-Cycle ist wegen seines idealtypischen Charakters durchaus umstritten und wird hier sehr verkürzt<br />
dargestellt.