02.01.2014 Aufrufe

Korruption und Korruptionsbekämpfung - Greenlight Consulting

Korruption und Korruptionsbekämpfung - Greenlight Consulting

Korruption und Korruptionsbekämpfung - Greenlight Consulting

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3/2010<br />

ISSN 1867-8122<br />

ZKZ 80184<br />

Integration des Risikomanagements<br />

in die Unternehmensführung<br />

Ein Changeprozess der Unternehmenskultur<br />

Robuste Bilder der Zukunft<br />

System-Dynamics-basierte Prognosesimulatoren<br />

zur Unterstützung der<br />

Unternehmenssteuerung<br />

<strong>Korruption</strong> <strong>und</strong> <strong>Korruption</strong>sbekämpfung<br />

Ansätze zur <strong>Korruption</strong>sprävention<br />

in Unternehmen<br />

Themenschwerpunkt:<br />

Business Continuity<br />

Management<br />

Praxis, Methoden & Dialog


Risk<br />

<strong>Korruption</strong> <strong>und</strong> <strong>Korruption</strong>sbekämpfung<br />

Ansätze zur <strong>Korruption</strong>sprävention in Unternehmen<br />

Wie im Zuge des 2006 aufgedeckten Siemens-Schmiergeldskandals bekannt wurde, soll sich das Unternehmen<br />

durch Zahlung von 1,4 Mrd. Euro weltweit Aufträge gesichert haben. Bei <strong>Korruption</strong>sfällen dieser Dimensionen<br />

drohen Bußgelder bis zu einer Million Euro. 1 Ab Mai 2009 ermittelte die Staatsanwaltschaft zudem gegen<br />

MAN wegen des Verdachts auf Zahlung von Bestechungsgeldern in Millionenhöhe. Die Leistungen von 50<br />

bis 100 Mio. Euro im vergangenen Jahrzehnt sollen zur Verkaufsförderung von Bussen <strong>und</strong> Lastkraftwagen<br />

geflossen sein. Experten schätzen, dass MAN Bußgelder bis zu 50 Mio. Euro drohen. 2 Wie die oben genannten<br />

Meldungen deutlich machen, sind <strong>Korruption</strong>sskandale keine Seltenheit. Eine Studie zeigt jedoch, dass<br />

drei Viertel der 500 umsatzstärksten Unternehmen auf Ihren Webseiten inzwischen Informationen zu<br />

Antikorruptionsmaßnahmen veröffentlichen. Die Sensibilität auf Seiten der Unternehmen hat vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> hoher drohender Bußgelder offensichtlich zugenommen. 3<br />

Es ist davon auszugehen, dass sich <strong>Korruption</strong> langfristig immer<br />

negativ auf den Erfolg eines Unternehmens auswirkt. Unternehmen,<br />

deren Strategie sich aus klaren ethischen Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

ableitet, erzielen höhere Gewinne als korrupte. Heute<br />

drohen bei der Aufdeckung von <strong>Korruption</strong>shandlungen hohe<br />

Strafen u. a. in den USA, sofern die Unternehmen etwa an der<br />

New Yorker Börse gelistet sind. Zur Vermeidung solcher Schäden<br />

werden ein striktes Unternehmensstrafrecht <strong>und</strong> klare<br />

Sanktionsmechanismen innerhalb der Konzerne gefordert.<br />

Zuwendungsempfänger<br />

(z. B. Beamter,<br />

Einkaufsleiter eines<br />

Unternehmens)<br />

manipuliert<br />

Entscheidung<br />

leistet an<br />

Zuwendungsgeber<br />

(z. B. Geschäftsführer<br />

eines<br />

Unternhemens)<br />

vertritt<br />

1. <strong>Korruption</strong> – Begriff <strong>und</strong> Fakten<br />

Aufzeichnungen über <strong>Korruption</strong>shandlungen im Wirtschaftsleben<br />

finden sich bereits 2000 v. Chr. Diese berichten vor allem<br />

über die Zahlung von Bestechungsgeldern an Beamte. <strong>Korruption</strong><br />

tritt seit jeher in unterschiedlichen Ausprägungen <strong>und</strong><br />

in allen Wirtschaftssystemen auf. Generell bildet die politische<br />

Einflussnahme auf die Wirtschaft eines Landes (beispielsweise<br />

durch die Behinderung des freien Preismechanismus) eine<br />

Motivation für gesetzeswidrige Handlungen. Trotz mangelnder<br />

eindeutiger Begriffsdefinition gilt <strong>Korruption</strong> stets als moralisch<br />

verwerflich. In Politik, Verwaltung <strong>und</strong> Wirtschaft werden<br />

die Einflussmöglichkeiten zur Bereicherung <strong>und</strong> Bevorteilung<br />

des Einzelnen zum Schaden des Gemeinwohls missbraucht.<br />

1 Vgl. o. V.: <strong>Korruption</strong>sskandal – Heinrich von Pierer soll Buße tun, in: Zeit<br />

online vom 23.10.2009, elektronisch veröffentlicht unter http://www.zeit.<br />

de/wirtschaft/unternehmen/2009-10/siemens-pierer-bussgeld<br />

2 Vgl. o. V.: Schmiergeldaffäre – MAN droht Bußgeld von bis zu 50 Millionen<br />

Euro, in: Spiegel online vom 19.10.2009 , elekronisch veröffentlicht<br />

unter http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,656099,00.<br />

html.<br />

3 Vgl. o. V.: <strong>Korruption</strong>sskandal – Schwarze Kassen, weiße Westen, in:<br />

Presse.com vom 19.09.2009, elektronisch veröffentlicht unter http://<br />

diepresse.com/home/wirtschaft/international/509043/index.do.<br />

34<br />

Geschädigte<br />

(z. B. Kommune,<br />

Staat,<br />

Endverbraucher)<br />

Abbildung 1: <strong>Korruption</strong>sschema 4<br />

erteilt<br />

Auftrag an<br />

Begünstigte<br />

(z. B. Firma des<br />

Zuwendungsgebers)<br />

Die individuelle Zielverfolgung steht im Vordergr<strong>und</strong>. So werden<br />

materielle oder immaterielle Vorteile geschaffen, die jeglichem<br />

Anspruch entbehren. <strong>Korruption</strong> liegt faktisch dann vor,<br />

wenn ein Dritter benachteiligt wird. 5 Das Zusammenwirken<br />

der Beteiligten eines <strong>Korruption</strong>sfalls lässt wie in Abbildung 1<br />

darstellen:<br />

Laut der Statistik des B<strong>und</strong>eskriminalamts (BKA) für das<br />

Jahr 2008 haben die polizeilich bekannt gewordenen <strong>Korruption</strong>sfälle<br />

ihren Schwerpunkt im Bereich der allgemeinen<br />

öffentlichen Verwaltung. Allerdings sank der Anteil der hier<br />

aufgetretenen <strong>Korruption</strong>sfälle von 79 Prozent im Jahr 2007<br />

4 Eigene Darstellung in Anlehnung an Elschenbroisch, T.: Vermögensabschöpfung<br />

in <strong>Korruption</strong>sverfahren – Darstellung anhand ausgewählter<br />

Entscheidungen aus der Rechtsprechung, in: Trancparency International<br />

(Hrsg.): <strong>Korruption</strong> in Deutschland: Strafverfolgung der <strong>Korruption</strong> –<br />

Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen, Tagung am 08./09.12.2004 in Berlin, S. 22.<br />

5 Vgl. Krug, S.: <strong>Korruption</strong> in verschiedenen Wirtschafssystemen – Eine<br />

komparatorische Analyse, Wiesbaden 2007, S. 1-17, 57 <strong>und</strong> 70 f.<br />

Risk, Compliance & Audit 3/2010


Risk<br />

auf 46 Prozent. Dies ist mutmaßlich der Wirksamkeit der <strong>Korruption</strong>sbekämpfungsmaßnahmen<br />

zuzuschreiben. Auffallend<br />

ist die Zunahme der Delikte in der Privatwirtschaft auf einen<br />

Anteil von 37 Prozent gegenüber 15 Prozent im Jahr 2007.<br />

Das BKA geht jedoch von einer höheren Dunkelziffer aus.<br />

Abbildung 2 veranschaulicht die Entwicklung der polizeilich<br />

erfassten <strong>Korruption</strong>sdelikte in verschiedenen Sektoren im<br />

Jahresvergleich 2007/2008.<br />

38,6% 38,2%<br />

13,5%<br />

9,7%<br />

2007 2008<br />

79%<br />

Sachbearbeiter Leitungsebene sonsge<br />

Funkonen<br />

Bürgermeister<br />

46%<br />

37%<br />

Abbildung 3: Verteilung der Funktionalität auf der Nehmerseite 8<br />

Allg. öffentliche<br />

Verwaltung<br />

15%<br />

Wirtscha<br />

5%<br />

15%<br />

Strafverfolgungs-/<br />

Juszbehörden<br />

1%<br />

Polik<br />

2%<br />

32,3%<br />

Abbildung 2: Verteilung der polizeilich erfassten <strong>Korruption</strong>sdelikte im<br />

Jahresvergleich 2007/08 6<br />

17,2% 16,8%<br />

14,7% 14,4%<br />

Im Jahr 2008 wurden 3.020 <strong>Korruption</strong>statverdächtige registriert.<br />

Davon waren 1.694 Personen Vorteilsnehmer <strong>und</strong><br />

1.326 Vorteilsgeber. Von 67 Prozent der im Jahr 2008 registrierten<br />

„Nehmer“ <strong>und</strong> 90 Prozent der polizeilich registrierten<br />

Tatverdächtigen auf der Geberseite ist die berufliche Stellung<br />

bekannt. Wie die Abbildungen 3 <strong>und</strong> 4 zeigen, weisen nicht<br />

zuletzt Positionen mit einer hohen Entscheidungsbefugnis<br />

auch eine hohe <strong>Korruption</strong>sanfälligkeit auf.<br />

Die Zuwendungen auf der Vorteilsnehmerseite beliefen sich<br />

im Jahr 2008 auf einen monetären Gesamtwert von 93 Mio.<br />

Euro nach 44 Mio. im Vorjahr. Vor allem die angezeigten Beträge<br />

aus dem Freistaat Bayern (mehr als 60 Mio. Euro) waren<br />

für den starken Anstieg ausschlaggebend. Bargeldzahlungen,<br />

Bewirtungen sowie Sachzuwendungen spielen hier die größte<br />

Rolle. Statistische Auswertungen zeigen, dass die „Erlangung<br />

von Aufträgen“ das häufigste Ziel des korrupten Handelns ist.<br />

Insgesamt wird der materielle Vorteil auf der Geberseite mit<br />

etwa 372 Mio. Euro beziffert. 7<br />

Geschäsführer Angestellter leitender<br />

Angestellter<br />

2. Mikroökonomischer Nutzen vs.<br />

Makroökonomischer Schaden<br />

Um den Schaden <strong>und</strong> den Nutzen des Einzelnen durch <strong>Korruption</strong><br />

darzustellen, muss eine Argumentation aus wirtschaftlicher<br />

Perspektive zugr<strong>und</strong>e gelegt werden. An dieser Stelle<br />

können nur vereinzelte Aspekte angeschnitten werden, da die<br />

Folgen der Wirtschaftskriminalität in unzähligen Bereichen<br />

mit unterschiedlicher Ausprägung auftreten.<br />

Auf Seiten des Korrumpierten entsteht ein quantifi zier barer<br />

Nutzen in Form von Auftragserteilungen, Ersparnissen oder Erträgen.<br />

Der Vorteilsnehmer vernachlässigt das Risiko der Entdeckung<br />

seines Fehlverhaltens bei seiner Entscheidung, sich durch<br />

unzulässige Mittel „kaufen“ zu lassen. Solange jedoch nicht ausgeschlossen<br />

werden kann, dass die <strong>Korruption</strong>shandlung aufge-<br />

4,6%<br />

Privatperson Firmeninhaber sonsge<br />

Abbildung 4: Verteilung der Funktionalität auf der Geberseite 9<br />

6 Eigene Darstellung auf der Gr<strong>und</strong>lage der Daten in B<strong>und</strong>eskriminalamt<br />

(Hrsg.): <strong>Korruption</strong> – B<strong>und</strong>eslagebild, Wiesbaden 2009, S. 9.<br />

7 Vgl. B<strong>und</strong>eskriminalamt (Hrsg.): <strong>Korruption</strong> – B<strong>und</strong>eslagebild, Wiesbaden<br />

2009, S. 14 f.<br />

8 Eigene Darstellung auf der Gr<strong>und</strong>lage der Daten in B<strong>und</strong>eskriminalamt<br />

(Hrsg.): <strong>Korruption</strong> – B<strong>und</strong>eslagebild, Wiesbaden 2009, S. 10.<br />

9 Eigene Darstellung auf der Gr<strong>und</strong>lage der Daten in B<strong>und</strong>eskriminalamt<br />

(Hrsg.): <strong>Korruption</strong> – B<strong>und</strong>eslagebild, Wiesbaden 2009, S. 12.<br />

Risk, Compliance & Audit 3/2010 35


Risk<br />

deckt wird, ist lediglich der „scheinbare“ Nutzen überschaubar.<br />

Wirtschaftskriminalität bringt unter anderem Wettbewerbsvorteile<br />

auf Seiten derer, die ohne den Einsatz unlauterer Mittel<br />

nicht mehr als Marktteilnehmer auftreten würden. Zusätzlich<br />

verdrängen sie Konkurrenten.<br />

Problematisch wird es immer dann, wenn ein Unternehmen<br />

auf einen Markt trifft, in den ein Eintritt ohne Zuwendung<br />

praktisch ausgeschlossen ist. Internationale <strong>Korruption</strong>, die<br />

den Markteintritt in andere Länder erst ermöglicht, ist eine<br />

verbreitete <strong>und</strong> gegenwärtig immer noch weithin akzeptierte<br />

Praxis – sowohl im Geschäftsverkehr als auch bei staatlichen<br />

Institutionen. Die <strong>Korruption</strong>sgewinne begünstigen<br />

einzelne Volkswirtschaften oder Personen. Zugleich werden<br />

andere Marktteilnehmer ökonomisch geschädigt. Aufgr<strong>und</strong><br />

des Informationsdefizits unvollkommener Märkte ist sich<br />

diese Mehrheit ihrer Benachteiligung nicht bewusst. Die Intransparenz<br />

ist eine Bedingung, die korrupte Vorgänge erst<br />

möglich macht. Ohne verdecktes Handeln der Beteiligten<br />

ist das Abschöpfen von Gewinnen Einzelner nicht denkbar.<br />

Durch die unlauter gezahlten Zuwendungen erhöhen sich<br />

die Kosten des Unternehmens. Sie werden durch den höheren<br />

Preis eines Produktes durch den Abnehmer refinanziert.<br />

Zudem hemmen <strong>Korruption</strong>szahlungen Innovationen, da beispielsweise<br />

Entscheidungen nicht mehr durch objektive Kriterien<br />

geleitet werden, sondern vom „Bestochenen“ aufgr<strong>und</strong><br />

der Zuwendung erfolgen. Den Zuschlag bei der Auftragsvergabe<br />

erhält somit möglicherweise ein veraltetes Produkt.<br />

Letztendlich kann resümiert werden, dass in einer globalisierten<br />

Welt die Allgemeinheit durch die <strong>Korruption</strong>shandlung<br />

einzelner Wirtschaftssubjekte geschädigt wird. Da bei international<br />

agierender <strong>Korruption</strong> Vorteilsnehmer <strong>und</strong> Benachteiligter<br />

in unterschiedlichen Volkswirtschaften ansässig sind,<br />

kann eine Nutzen-Schaden-Gegenrechnung jedoch kaum vorgenommen<br />

werden. Unser ethisches Verständnis lehnt etwaige<br />

Nutzen-Motive als Rechtfertigungsargumente für kriminelle<br />

Handlungen ohnehin kategorisch ab. 10<br />

3. Justizfehler <strong>und</strong> innerbetriebliches Versagen<br />

bei der Anwendung von Präventionsmaßnahmen<br />

Auch wenn sich die Gesetzgebung im Hinblick auf die <strong>Korruption</strong>sbekämpfung<br />

in den letzten Jahren verbessert hat, bleiben<br />

Mängel im Bereich des Strafrechts bestehen. Da der Staat nicht<br />

auf die Selbstkontrolle der Unternehmen vertrauen kann, sind<br />

vom Gesetzgeber Vorgaben <strong>und</strong> Regularien notwendig. Sie<br />

10 Vgl. Vogt, O.: <strong>Korruption</strong> im Wirtschaftsleben – Eine betriebswirtschaftliche<br />

Schaden-Nutzen-Analyse, Wiesbaden 1997, S. 41-139.<br />

36<br />

müssen den Gr<strong>und</strong>stein für die <strong>Korruption</strong>sverhinderung legen<br />

<strong>und</strong> eventuelle Vergehen konsequent bestrafen. Dabei<br />

mangelt es an der politischen Beharrlichkeit, eindeutige Gesetze<br />

zu verabschieden. Zudem fehlt es an Sonderdezernaten,<br />

die als Spezialisten konzentriert in diesem Bereich ermitteln.<br />

Unternehmensintern sind nachhaltige Präventionspläne<br />

bzw. deren Realisierung erforderlich. So wird vielfach moniert,<br />

dass ehrliche Mitarbeiter zu wenig motiviert werden <strong>und</strong> es zu<br />

wenig Antikorruptionsstellen innerhalb der Betriebe gibt. Eine<br />

Organisation muss so aufgebaut sein, dass sie Bestechlichkeit<br />

von vornherein nicht zulässt, da der Mitarbeiter keine Vorteile<br />

daraus ziehen kann. Außerdem muss das wohlwollende Vorleben<br />

korrekten Verhaltens durch die Unternehmensleitung<br />

praktiziert werden. Jeder einzelne Mitarbeiter ist darüber hinaus<br />

für ethisch einwandfreies Benehmen verantwortlich. Die<br />

Geschäftsführung hat Sorge zu tragen, dass bereits im Vorfeld<br />

(etwa durch so genannte Integritätstests bei der Mitarbeiterauswahl)<br />

schädigendem Verhalten vorbeugt wird. 11<br />

4. Nationale <strong>und</strong> internationale rechtliche<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der <strong>Korruption</strong><br />

Als originärer Straftatbestand existiert „<strong>Korruption</strong>“ in<br />

Deutschland nicht. Widerrechtliche Handlungen werden als<br />

Gesetzesverstoß wie beispielsweise Bestechung, Subventionsbetrug,<br />

Vorteilsgewährung sowie Vorteilsnahme geahndet.<br />

Einschlägige juristische Gr<strong>und</strong>lagen finden sich unter anderem<br />

im Strafgesetzbuch (StGB), im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb<br />

(UWG), im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />

(GWG) sowie im Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung<br />

(IntBestG). Um der <strong>Korruption</strong> präventiv entgegenzutreten,<br />

existieren ferner zahlreiche gesetzliche Regelungen<br />

<strong>und</strong> Empfehlungen:<br />

• Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) enthält<br />

zwar keine konkreten Weisungsempfehlung hinsichtlich<br />

der <strong>Korruption</strong>sproblematik. Gleichwohl greift er die<br />

verwandten Themen „Risikomanagement“ <strong>und</strong> „Interne<br />

Kontrollen“ auf <strong>und</strong> erörtert den Umgang mit Interessenskonflikten<br />

innerhalb des Unternehmens. 12<br />

• Mit dem Gesetz zur Kontrolle <strong>und</strong> Transparenz im Unternehmensbereich<br />

(KonTraG) wurde ein System zur Risikofrüherkennung<br />

(das <strong>Korruption</strong>sprävention mit ein-<br />

11 Vgl. Bannenberg, B.: <strong>Korruption</strong> in Deutschland, in: netzwerk recherche/<br />

Transparency International/B<strong>und</strong> der Steuerzahler (Hrsg.): <strong>Korruption</strong> –<br />

Schatten der demokratischen Gesellschaft, Wiesbaden 2002, S. 28.<br />

12 Vgl. Transparency International (Hrsg.): ABC der <strong>Korruption</strong>sprävention<br />

Berlin 2004, S. 17.<br />

Risk, Compliance & Audit 3/2010


Risk<br />

schließt) als verpflichtendes Element bei börsennotierten<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Kapitalgesellschaften eingeführt. 13<br />

• Seit 2002 gelten für alle an einer US-Börse notierten Unternehmen<br />

die Vorschriften des Sabanes-Oxley-Acts (SOX).<br />

Neben einem internen Kontrollsystem muss demnach ein<br />

geeigneter Ansatz definiert werden, die Mitarbeiter vor negativen<br />

Auswirkungen schützt, sofern diese auf potenzielle<br />

<strong>Korruption</strong>sfälle aufmerksam machen.<br />

• Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong><br />

Entwicklung (OECD) setzte bei zunehmender Globalisierung<br />

mit dem 1999 in Kraft getretenen OECD-Abkommen<br />

einen wichtigen Meilenstein im Hinblick auf eine internationale<br />

Antikorruptionsrichtline. Auch Nicht-Mitglieder<br />

können sich der Vereinbarung verpflichten, sobald sie bestimmte<br />

Kriterien erfüllen. Beispielsweise muss ein Nicht-<br />

OECD-Mitgliedsland Handelspartner eines Mitgliedstaates<br />

sein <strong>und</strong> die Voraussetzungen für die nationale Umsetzung<br />

des Regelwerks erfüllen. Die Mitgliedsstaaten müssen das<br />

Regelwerk ohne Änderungen in nationales Recht übernehmen.<br />

Ein Ziel des umfassenden Kataloges ist es, Bestechung<br />

zu verhindern <strong>und</strong> konsequent unter Strafe zu stellen. Die<br />

Länder müssen das internationale Recht integrieren, bekommen<br />

aber bei der Umsetzung aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen<br />

Rechtssysteme Empfehlungen seitens der OECD. 14<br />

5. Korrutionsprävention im Unternehmen –<br />

ein Ansatzmodell<br />

Alle Teilnehmer am Wirtschaftsleben müssen sich verpflichtet<br />

fühlen, die genannten nationalen <strong>und</strong> internationalen Richtlinien<br />

<strong>und</strong> Gesetze zu beachten. Auf Unternehmensebene ist<br />

die oberste Leitung dafür verantwortlich, dass die Vorgaben<br />

erfolgreich in der Organisation umgesetzt werden.<br />

Transparency International Deutschland gibt mit einer Kontrollliste<br />

Hilfestellung für eine unternehmensinterne Selbstüberprüfung,<br />

die auf die <strong>Korruption</strong>sbekämpfung ausgerichtet<br />

ist. Hierbei werden ausgewählte Themenbereiche angesprochen,<br />

durch die korruptionsbedrohte Sektoren aufgedeckt<br />

werden können. Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf<br />

Vollständigkeit <strong>und</strong> ist an die Größe, Art <strong>und</strong> Branche des<br />

Unternehmens individuell anzupassen. Die Checkliste deckt<br />

die in Abbildung 5 genannten Sachgebiete ab <strong>und</strong> betrifft die<br />

Funktionsbereiche Unternehmensleitung, Personalwesen, Finanz-<br />

<strong>und</strong> Rechnungswesen, Vertrieb <strong>und</strong> Einkauf.<br />

13 Vgl. Transparency International (Hrsg.): ABC der <strong>Korruption</strong>sprävention,<br />

Berlin 2004, S. 27 f.<br />

14 Vgl. Geiger, R.: <strong>Korruption</strong>sbekämpfung im Zeichen der Globalisierung,<br />

in: netzwerk recherche/Transparency International/B<strong>und</strong> der Steuerzahler<br />

(Hrsg.): <strong>Korruption</strong> – Schatten der demokratischen Gesellschaft,<br />

Wiesbaden 2002, S. 46 f.<br />

• Geschäftspolitik (Compliance-Policy)<br />

• Unternehmensführung (Risk Management <strong>und</strong> Management<br />

Controls)<br />

• Vorteilsnahmen <strong>und</strong> Zuwendungen/ Vorteilsgewährungen<br />

an/von Dritte/n<br />

• Organmitgliedschaften in <strong>und</strong> finanzielle Beteiligungen<br />

an anderen Unternehmen<br />

• Spenden <strong>und</strong> Sponsoring an/von politische/n<br />

Organisationen<br />

• Regelungen für Mitarbeiter (z. B. Nebentätigkeiten)<br />

• Regelungen zum Verhalten gegenüber K<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

Wettbewerbern<br />

• Regelungen zum Verhalten gegenüber Lieferanten <strong>und</strong><br />

sonstigen Geschäftspartnern (z. B. Berater, Gutachter,<br />

Treuhänder, Vertreter, freiberufliche Mitarbeiter)<br />

• Kontrollen von Tochtergesellschaften <strong>und</strong> Beteiligungen<br />

• Kontrollen innerbetrieblicher Prozesse (insbes. bei der<br />

Buchführung)<br />

Abbildung 5: Themenbereiche zur Aufdeckung von korruptionsgefährdeten<br />

Bereichen im Unternehmen 15<br />

Um im Tagesgeschäft compliance-konform zu agieren, ist das<br />

oberste Management für die Implementierung <strong>und</strong> die Einhaltung<br />

der Anti-<strong>Korruption</strong>smaßnahmen verantwortlich. Eine<br />

adäquate Kontrolle <strong>und</strong> konsequente Sanktionen im Falle der<br />

Aufdeckung von korruptem Fehlverhalten demonstrieren dabei<br />

hohe ethische Standards gegenüber Mitarbeitern, K<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> Geschäftspartnern. Letztendlich muss dem Management<br />

bewusst sein, dass nur die Vermeidung von Wirtschaftskriminalität<br />

das Unternehmen vor Prozesskosten, Strafzahlungen,<br />

Imageverlusten <strong>und</strong> den daraus resultierenden Ertragseinbußen<br />

schützt. Hinsichtlich der <strong>Korruption</strong>sproblematik muss es<br />

Ziel eines jeden Unternehmens sein, diese von vorneherein zu<br />

verhindern. Vor allem in komplexen Unternehmensstrukturen<br />

muss dies durch ein umfassendes Regelwerk bzw. Maßnahmenpaket<br />

gewährleistet werden. Das Management ist verantwortlich<br />

für die Einführung der präventiven Maßnahmen <strong>und</strong> deren regelmäßige<br />

Kontrollen. Um die ständige Überwachung gewährleisten<br />

zu können, müssen idealerweise spezielle Kontrollgremien<br />

gebildet werden, die in einem ersten Schritt das Unternehmen<br />

hinsichtlich seines Gefährdungspotenzials untersuchen. Die<br />

Definition geeigneter Maßnahmen, um Gefährdungen aufzu-<br />

15 Vgl. Transparency International (Hrsg.): Checkliste für „Self-Audit“ zur<br />

<strong>Korruption</strong>sprävention in Unternehmen, Berlin 2007, S. 6, elektronisch<br />

veröffentlicht unter: http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Wirtschaft/checklisteNEUNPR.pdf.<br />

Risk, Compliance & Audit 3/2010 37


Risk<br />

decken, soll Risiken minimieren <strong>und</strong> durch periodische Anpassung<br />

des Regelwerks zielorientiertes Handeln garantieren.<br />

Arbeitnehmer <strong>und</strong> Geschäftspartner sind über die unternehmensspezifischen<br />

Antikorruptionsmaßnahmen durch die<br />

obersten Führungskräfte regelmäßig zu informieren. Dazu<br />

gehört neben der Publizierung der einschlägigen gesetzlichen<br />

Regelungen <strong>und</strong> Richtlinien auch die Definition von unternehmensinternen<br />

Prozessabläufen. Ausgewählte Mitarbeiter,<br />

beispielsweise alle Abteilungsleiter, müssen dahingehend regelmäßig<br />

geschult werden <strong>und</strong> ihr Wissen auch in ihren Verantwortungsbereiche<br />

kommunizieren. Nur ein sensibilisierter<br />

Mitarbeiter erkennt latente Gefahren <strong>und</strong> kann vorhandene<br />

Unregelmäßigkeiten melden. Voraussetzung ist zum einen,<br />

mit dem geltenden Regelwerk vertraut zu sein, zum anderen<br />

die Möglichkeit zu haben (etwa einem Compliance-Gremium)<br />

Auffälligkeiten zu berichten. Wichtig dabei ist, dass über Telefon,<br />

Inter- oder Intranet auch anonyme Hinweise ermöglicht<br />

werden. Um die Glaubwürdigkeit der Betriebsleitung zu unterstreichen,<br />

werden im Idealfall jährlich die aufgedeckten<br />

Fehlhandlungen <strong>und</strong> die daraus resultierenden Sanktionen an<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> Stakeholder kommuniziert. Eine wichtige Rolle<br />

spielt die Handhabung bei der Neueinstellung von Personal.<br />

Die Personalabteilung ist hier in der Pflicht, über Antikorruptionsmaßnahmen<br />

aufzuklären. Neue Mitarbeiter müssen ein<br />

Dokument über die erfolgte Aufklärung unterschreiben. Abweichungen,<br />

beispielsweise ein fehlender Rücklauf des zu unterzeichnenden<br />

Belegs, sind durch festgelegte Regularien <strong>und</strong><br />

Konsequenzen zu verfolgen.<br />

Der Einführung der Antikorruptionsmaßnahmen gehen eine<br />

risikoorientierte Untersuchung der Geschäftseinheiten, ein<br />

zeitlich klar definierter Umsetzungsplan sowie eine lückenlose<br />

Dokumentation voraus. Eine Risikobewertung besonders gefährdeter<br />

Unternehmensbereiche kann durch die Gewichtung<br />

verschiedener Faktoren geschehen. Die Gewichtung des potenziellen<br />

Risikos kann sich beispielsweise daran orientieren, mit<br />

welchem Anteil der Unternehmensbereich bzw. eine bestimmte<br />

Region am Umsatz beteiligt ist. Hilfreich ist hierbei unter<br />

anderem der Index von Transparency International, der das<br />

Gefährdungspotenzial einzelner Länder einstuft. 16<br />

Befugnisse bzw. die Festlegung bestimmter Richtlinien sollten<br />

bei folgenden Themen besonders beachtet werden:<br />

• Geschenke, sonstige Vergütungen<br />

• Einladungen<br />

• Aufträge von privaten K<strong>und</strong>en oder öffentlichen Institutionen<br />

• Sponsoring, Spenden<br />

16 Vgl. Transparency International (Hrsg.): Surveys and indices by country,<br />

Berlin 2009, elektronisch veröffentlich unter http://www.transparency.<br />

org/policy_research/surveys_indices/gcb/2009<br />

38<br />

• Bankkonten, Zahlungsverkehrsmethoden <strong>und</strong> Investitionen<br />

mit hohem Volumen <strong>und</strong>/oder Risiko<br />

Bei Geschäftspartnern sind die Rahmenverträge zu prüfen.<br />

Durch ein Auditing der Partner, aber auch durch die Überprüfung<br />

der Prozessabläufe aller internen Abteilungen wird angestrebt,<br />

das Risiko von <strong>Korruption</strong>shandlungen zu verhindern.<br />

Alle Maßnahmen, die mit der Antikorruptionsimplementierung,<br />

der ständigen Kontrolle <strong>und</strong> der Anpassung zusammenhängen,<br />

sind mit Kosten verb<strong>und</strong>en. Die Ressourcen müssen<br />

vom Management bereit gestellt werden. Das Budget ist idealerweise<br />

einem eigenen Cost-Center zuzuweisen. Die Höhe der<br />

Kosten ist unter anderem abhängig von der Unternehmensgröße,<br />

der Mitarbeiterzahl, der K<strong>und</strong>enstruktur <strong>und</strong> -art (Privatk<strong>und</strong>en,<br />

öffentliche Verwaltung etc.), dem Volumen der risikoreichen<br />

Aktivitäten (Geschenke, Sponsoring etc.) oder der Art<br />

<strong>und</strong> dem Umfang der Schulung der Mitarbeiter. Mindestens<br />

jährlich ist zudem die Effizienz der Compliance Aktivitäten zu<br />

prüfen <strong>und</strong> anzupassen.<br />

Im Rahmen der Antikorruptionsbekämpfung müssen Unternehmen<br />

pro-aktiv eine geeignete langfristige Strategie<br />

entwickeln. Externe Experten aus Unternehmensberatungen<br />

können dabei erfolgreich Hilfestellung leisten, indem sie ihre<br />

Erfahrungswerte bei der Implementierung <strong>und</strong> Fortführung<br />

der Antikorruptionsmaßnahmen einbringen. Das oberste Management<br />

muss vollkommen hinter diesem Konzept stehen,<br />

um die Durchsetzbarkeit sowie Glaubwürdigkeit der Compliance-Aktivitäten<br />

zu demonstrieren. Daneben sollte die Geschäftsleitung<br />

die moralischen <strong>und</strong> ethischen Gr<strong>und</strong>manifeste<br />

des Unternehmens vorleben. Eine ständige Anpassung an sich<br />

ändernde Rahmenbedingungen, wie etwa Gesetzesangleichungen<br />

oder die Änderung der Unternehmensausrichtung,<br />

ist dabei unerlässlich.<br />

6. Fazit<br />

Die Bekämpfung der <strong>Korruption</strong> ist <strong>und</strong> bleibt eine zentrale<br />

Aufgabe jedes Unternehmens. Die im Rahmen des vorliegenden<br />

Beitrags gezeigten Lösungsansätze erheben keinen Anspruch<br />

auf Vollständigkeit. Jedes Unternehmen muss seinen<br />

Gegebenheiten entsprechend agieren, um dauerhaft bereits<br />

im Kleinen nicht-regelkonformen Handlungen entgegenzuwirken.<br />

Obwohl deutsche Firmen im internationalen Vergleich als<br />

weniger korrupt gelten, sind die Risiken von Schmiergeldzahlungen<br />

weiterhin in hohem Maß vorhanden. 17<br />

Autorin:<br />

Maria Graf ist Beraterin der <strong>Greenlight</strong> <strong>Consulting</strong> GmbH.<br />

17 Vgl. Beller, K.: Schmiergeld-Ranking ohne Sieger, in: Financial Times<br />

Deutschland vom 4.10.2006.<br />

Risk, Compliance & Audit 3/2010

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!