Fälle Römisches Recht
Fälle Römisches Recht
Fälle Römisches Recht
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<strong>Fälle</strong> <strong>Römisches</strong> <strong>Recht</strong><br />
Fall 1:<br />
Falls du einen Sklaven getötet hast, dessen Übereignung ich mittels<br />
Stipulation und unter einer Konventionalstrafe versprochen habe, wird diese<br />
im Verfahren gleichfalls als Schaden geltend gemacht werden können.<br />
Fall 2: (Rz. 424)<br />
Wenn du von Titius ein Grundstück gekauft hast, das dem Sempronius<br />
gehörte, und dieses wurde dir tradiert, und nachdem der Kaufpreis bezahlt<br />
wurde, ist Titius Erbe des Sempronius geworden und verkaufte und tradierte<br />
das Grundstück dem Maevius: Julian sagt, es sei billiger, dich als den<br />
früheren Käufer zu schützen, da ja auch Titius selbst, wenn er das<br />
Grundstück von dir fordern sollte, durch eine exceptio gehemmt würde. Und<br />
wenn Titius selbst jenes noch besässe, würdest du mit der actio Publiciana<br />
klagen.<br />
Fall 3: (Rz. 170b) (vgl. Fall 32)<br />
Wenn somit der Schuldner (debitor) dem beschränkt Handlungsunfähigen<br />
(pupillus) das geschuldete Geld bezahlt, verschafft er diesem zwar das<br />
Eigentum an den Geldstücken, wird aber seinerseits von der<br />
Schuldverpflichtung nicht befreit, da ein beschränkt Handlungsunfähiger ohne<br />
Einwilligung des Vormundes (tutor) keine Forderung zum Untergang zu<br />
bringen vermag, weil jenem für die Veräusserung irgendeines Gegenstandes<br />
ohne Einwilligung des Vormundes die Berechtigung fehlt. Aber er wird<br />
dennoch, falls er um diese Summe bereichert wurde und trotzdem auf<br />
Erfüllung klagen sollte, mittels der exceptio doli abgewiesen werden.<br />
Fall 4:<br />
Ego hinterlegt Goldmünzen in einem versiegelten Behältnis. Er gestattet<br />
später dem Tu, sie zu verwenden. Noch bevor dieser sie an sich genommen<br />
hat, konnte Ego sie mittels condictio herausverlangen, denn die Gefahr ist auf<br />
ihn (Tu) übergegangen, da Tu schon durch seinen Willen zu besitzen begann.<br />
Fall 4a: (Pandektenexegese SS 2004, Fall 1 / Rz. 390)<br />
Ich habe bei dir zehn Goldstücke hinterlegt, später habe ich dir gestattet,<br />
diese für dich zu verwenden. Nerva und Proculus lehrten, dass ich schon<br />
bevor du die Münzen an dich genommen hattest, die Summe als Darlehen<br />
mittels der condictio hätte zurückfordern können. Dies trifft – gleicher<br />
Meinung ist auch Marcellus – zu. Denn er [= du] begann bereits aufgrund<br />
seines Willens zu besitzen. Folglich geht die Gefahr auf denjenigen über, der<br />
sich das Darlehen erbeten hat, und gegen ihn steht die condictio zu.<br />
Fall 5:<br />
Wenn ich den Sklaven, welcher dir vermacht worden ist, als wäre er mir<br />
vermacht worden, besessen und verkauft hätte, so ist Julianus der Meinung,<br />
dass du nach dem Tode des Sklaven den Verkaufserlös von mir<br />
herausverlangen kannst mit der Begründung, dass ich aus deinem Vermögen<br />
bereichert worden bin.
Fall 6:<br />
Der Pfandgläubiger verkauft den Pfandgegenstand. Dann kommt der wirkliche<br />
Eigentümer (nicht der Pfandschuldner!) und vindiziert erfolgreich. Der<br />
Pfandgläubiger hat aus dem Pfandvertrag die actio pigneraticia contraria und<br />
ist nun aus dem Kaufvertrag verpflichtet, diese actio dem Pfandkäufer<br />
abzutreten.<br />
Fall 7:<br />
Der Verkäufer verkauft den Pachtgegenstand, obwohl der Pächter gemäss<br />
Pachtvertrag noch drei weitere Jahre pachten kann. Der neue Eigentümer ist<br />
nicht verpflichtet, den Pächter in der Pacht zu belassen, es sei denn, er habe<br />
unter dieser Vertragsbestimmung gekauft. Wenn er, was der Verkäufer<br />
beweisen muss, in diese Nebenabrede eingewilligt hat, wird er aufgrund der<br />
auf die bona fides gestellte Klage gezwungen, sich vereinbarungsgemäss zu<br />
verhalten.<br />
Fall 8: (ähnliche Konstellation wie Huwilers “Hellebardenfall“)<br />
Der Eigentümer hinterlegt eine Statue beim Depositar. Der Depositar stirbt<br />
und sein Erbe verkauft die Statue einem Dritten.<br />
Weil jedoch aufgrund des Anspruchs aus der actio depositi lediglich für Arglist<br />
(dolus, inklusive culpa lata) gehaftet wird, wurde die Frage aufgeworfen, ob<br />
ein Erbe haftet, falls er die bei seinem Erblasser hinterlegte oder von diesem<br />
entliehene Sache veräussert hat, ohne zu wissen, dass sie hinterlegt bzw.<br />
erborgt ist. Und weil er nicht arglistig gehandelt hat, wird er für die Sache<br />
selbst nicht haften. Soll er aber den Kaufpreis schulden, den er eingenommen<br />
hat? Es trifft wohl zu, dass er dazu verpflichtet ist. Er handelt nämlich diesfalls<br />
arglistig, wenn er nicht erstattet, was er eingenommen hat.<br />
Fall 9: (Pandektenexegese SS 2004, Fall 5)<br />
Der Grundeigentümer Gaius erlaubt Titius, auf seinem Grundstück nach<br />
Kreide zu graben, und das gewonnene Gestein unentgeltlich zu erwerben. Im<br />
Gegenzug verspricht Titius, die entstandenen Gräben innert zwei Wochen<br />
aufzuschütten und das Grundstück wieder herzurichten. Diese Vereinbarung<br />
kam formfrei zustande und Titius führt die Kreide weg, ohne allerdings das<br />
Gelände wieder in Ordnung zu bringen, mit der Begründung, er habe die ihm<br />
zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte irrtümlich so disponiert, dass diese<br />
Wiederherstellungsarbeiten ihm unmöglich geworden sind.<br />
1. Auf welche Weise erwirbt Titius Eigentum an der Kreide?<br />
2. Wie ist das schuldrechtliche Verhältnis zwischen Gaius und Titius<br />
beschaffen? Ansprüche?<br />
Fall 11:<br />
Aulus (A) lässt sich von Negidius (N) 10'000 Sesterzen ohne Nennung des<br />
Geschäftszwecks mittels stipulatio versprechen. N verspricht diese Summe,<br />
weil er glaubt, er schulde sie dem A. Demgegenüber lässt A sich versprechen<br />
in der Annahme, N wolle ihm schenken. Später stellt sich mit Gewissheit und<br />
Beweisbar heraus, dass N dem A nichts schuldet.<br />
1. Anspruch A gegen N
2. <strong>Recht</strong>smittel des N<br />
Fall 13:<br />
Der Käufer eines Grundstücks ist nicht verpflichtet, den Pächter, dem der<br />
frühere Eigentümer verpachtet hat, in der Pacht zu belassen, es sei denn, er<br />
habe unter dieser Vertragsbestimmung gekauft. Lässt sich jedoch beweisen,<br />
dass er – sei es auch nur mündlich – durch eine Vereinbarung (Nebenabrede)<br />
eingewilligt hat, der Pächter könne in der Pacht verbleiben, so wird er<br />
aufgrund der auf die bona fides gestellten Klage gezwungen, sich<br />
vereinbarungsgemäss zu verhalten.<br />
Fall 17: (Pandektenexegese SS 2004, Fall Nr. 3)<br />
Gaius verpfändet Maevia für eine Darlehensschuld eine wertvollen<br />
mykenischen Trinkbecher. Nachdem die Insolvenz des Gaius feststeht,<br />
verkauft Maevia den Becher an Sempronius und vereinbart mit diesem –<br />
entsprechend der Verabredung im Pfandvertrag mit Gaius –, dass<br />
Sempronius verpflichtet sein soll, den Trinkbecher dem Gaius zurückzuverkaufen,<br />
falls dieser innerhalb des nächsten Kalenderjahres dem<br />
Sempronius den Kaufpreis einschliesslich einer sechsprozentigen Verzinsung<br />
anbieten sollte.<br />
Wie beurteilen Sie die <strong>Recht</strong>slage zwischen den verschiedenen Personen,<br />
falls Sempronius sich trotz des korrekten Angebotes seitens des Gaius<br />
weigert, mit diesem einen Kaufvertrag abzuschliessen?<br />
Fall 18:<br />
Auch dies ist ein Fall der condictio, wenn jemand ohne <strong>Recht</strong>sgrund eine<br />
Leistung versprochen hat oder eine Nichtschuld bezahlt hat. Wer aber ohne<br />
<strong>Recht</strong>sgrund etwas versprochen hat, kann nicht einen Betrag kondizieren,<br />
sondern die Verbindlichkeit an sich.<br />
Fall 19:<br />
Sempronius gibt dem Betreiber einer Färberei und Kleiderreinigung (Maevius)<br />
seine wertvolle, kostbar bestickte Toga, welche in seinem quiritischen<br />
Eigentum steht, zur Reinigung. Am vereinbarten Tage will Sempronius sein<br />
Kleidungsstück wieder abholen, erfährt aber von Maevius, dass in der<br />
vergangenen Nacht ein Einbrecher in die völlig ordnungsgemäss<br />
abgeschlossene und gesicherte Werkstatt eingedrungen sei und mehrere<br />
wertvolle Gegenstände, darunter auch die Toga des Sempronius, entwendet<br />
habe. Einige Tage später wird der Dieb namens Lucius dingfest gemacht. Er<br />
gesteht den Einbruch, hat aber die gesamte Beute verbrannt, da er keinen<br />
Hehler gefunden hatte und sich, um die Spuren zu verwischen, des<br />
Diebesgutes entledigen wollte.<br />
1. Welcher Vertrag ist zwischen S und M zustande gekommen?<br />
2. Wie gestalten sich nach dem Abschluss des Vertrages die Eigentumsund<br />
Besitzverhältnisse zwischen S und M?<br />
3. Haftet M dem S, weil der die Toga nicht mehr zurückerstatten kann?<br />
<strong>Recht</strong>sgrundlage? Haftungsumfang?<br />
4. Welche Ansprüche sind dem Diebe gegenüber entstanden?<br />
5. Wer ist zu diesen Ansprüchen aktivlegitimiert?
Fall 21: (vgl. Fall 34 und 34b)<br />
A bestellt bei B drei Holztische, d.h. der Kaufpreis wird festgesetzt und die<br />
Ware individuell bestimmt. (Def. Perfekter Vertrag) Dann verabreden sie<br />
einen bestimmten Tag, an dem der Preis bezahlt und die Ware übergeben<br />
wird. Bis an diesen Tag stellt B die drei Tische unter ein Vordach.<br />
Irgendwoher kommt ein Funke, es entsteht ein Brand und die Tische werden<br />
leicht beschädigt. (Gefahrtragung, vis major, custodia)<br />
Fall 22:<br />
Sempronius, der Onkel des Lucius Titius, ist quiritischer Eigentümer einer<br />
italischen Liegenschaft. Lucius Titius – in der Hoffnung dereinst Alleinerbe<br />
seines schwerkranken Onkels zu werden – fälscht eine Vollmacht und gibt<br />
sich dem gutgläubigen Maevius gegenüber als ermächtigter procurator des<br />
Sempronius aus. Er verfkauft und überträgt die Liegenschaft dem Maevius.<br />
Zwei Monate nach diesem Vorgang verstirbt Sempronius, ohne von der<br />
Veräusserung seines Grundstückes je etwas gehört zu haben. Er hat in<br />
seinem Testament den Neffen Lucius Titius tatsächlich als Alleinerben<br />
(Universalsukzessor) eingesetzt. Lucius Titius tritt die Erbschaft an.<br />
1. Liegt in diesem Falle ein gültiger und wirksamer Kaufvertrag<br />
(Verkaufspartner?) vor?<br />
2. Welche <strong>Recht</strong>sstellung erwirbt Maevius (nach der Übereignung) am<br />
Grundstück?<br />
3. Hätte Sempronius, falls er Kenntnis vom Veräusserungsgeschäft<br />
erhalten hätte, das Grundstück zurückverhalten können? Welche<br />
rechtlichen Möglichkeiten hätte in diesem Fall Maevius gehabt?<br />
4. Welchen Einfluss hat der Tod des Sempronius auf die <strong>Recht</strong>sstellung:<br />
Fall 23:<br />
a) des Lucius Titius?<br />
b) des Maevius?<br />
Sempronius verkauft und tradiert einen Zugochsen – der ihm seitens des<br />
quiritischen Eigentümers Maevius prekaristisch, d.h. auf jederzeitigen<br />
Widerruf, überlassen worden war – dem gutgläubigen Lucius. Wenige<br />
Wochen nach der Übergabe kommt der Ochse auf einer entlegenen Alpweide<br />
durch einen Unfall, für den niemanden ein Verschulden trifft, zu Tode. Der<br />
Kadaver muss sofort vergraben werden. Weitere zwei Monate später, als er<br />
das Tier von Sempronius wieder zurückverlangen will, erfährt Maevius von<br />
der Übertragung und dem Tod des Tieres.<br />
(Im vorliegenden Falle handelt es sich um ein precarium im Sinne der<br />
unentgeltlichen Bittleihe ohne Gegenleistung, es liegt also kein<br />
Innominat(real)kontrakt vor.)<br />
1. Wie stellen sich bis zum Tode des Tieres die sachenrechtlichen<br />
<strong>Recht</strong>sstellungen der beteiligten Personen dar:
a. Vor der Veräusserung des Tieres von Sempronius an Lucius?<br />
b. Nach der Übergabe des Ochsen an Lucius?<br />
2. Stehen nach dem Tode des Tieres dem Lucius Ansprüche gegen<br />
Sempronius zu, nachdem Lucius nun weiss, dass Sempronius lediglich<br />
Prekarist und nicht Eigentümer des Ochsen gewesen war?<br />
3. Welche Ansprüche stehen Maevius nach dem Tode des Tieres zu?<br />
4. Maevius erfährt noch vor dem Tode des Tieres von der Veräusserung.<br />
Welche Ansprüche entstehen diesfalls zwischen den beteiligten<br />
Personen?<br />
5. Würden Sie eine aquilische Haftung des Lucius dem Maevius<br />
gegenüber bejahen, falls Lucius das Tier zwecks Verwertung<br />
geschlachtet hätte? Die Konsequenzen Ihrer Entscheidung für die<br />
<strong>Recht</strong>sverhältnisse Sempronius-Maevius und Lucius-Sempronius sind<br />
ganz kurz zu erläutern.<br />
Fall 24:<br />
Sempronius, Inhaber einer Pferdezucht, gibt diese auf, weil er anschliessend<br />
für immer als Latifundienverwalter nach Nordafrika zieht. Zum Abschied will er<br />
seinem Neffen Gaius ein Reitpferd schenken. Er hat ihm stipulationsweise<br />
einen seiner drei Kappadozierhengste versprochen. Das Pferd wird auf einem<br />
der Pferdezucht des Sempronius benachbarten landwirtschaftlichen<br />
Anwesen, welches dem Aulus, einem weiteren Onkel der beiden Brüder<br />
Gaius und Maevius gehört, von einem Pferdeknecht des Sempronius<br />
abgeliefert. Maevius nimmt dort das Pferd entgegen, in der irrtümlichen<br />
Annahme, das Tier sei ihm geschenkt; dies, weil ihm Sempronius früher<br />
einmal ein Reitpferd in Aussicht gestellt hatte. Maevius führt das Tier in<br />
seinen eigenen, etwas abgelegenen Stall und nimmt es in alleinigen Besitz.<br />
Wenige Tage nach diesem Vorgang reist Sempronius nach Afrika. Maevius,<br />
der das etwas wilde Pferd nie zufriedenstellend reiten kann, verkauft es dem<br />
Berufsreiter Lucius für 1500 Sesterzen. Aber auch Lucius hat kein Glück: Das<br />
Tier geht ihm durch und verunfallt so schwer, dass es abgetan werden muss.<br />
(Alle Beteiligten sind geschäftsfähige römische Bürger: Der Fall ist<br />
ausschliesslich nach klassischem <strong>Recht</strong> zu behandeln.)<br />
1. Warum schliessen Sempronius und Gaius in unserem Falle eine<br />
Stipulation ab? Bestimmen Sie deren Inhalt.<br />
2. In welcher sachenrechtlichen Stellung steht Maevius, wenn er<br />
irrtümlich und ohne jede Deliktsabsicht das Pferd übernimmt, in seinen<br />
Stall führt, und fortan als ihm gehörend betrachtet?<br />
3. Beurteilen Sie die Wirkungen des Veräusserungsgeschäftes zwischen<br />
Maevius und Lucius unter der Voraussetzung, dass Lucius gutgläubig<br />
ist.<br />
a. Verpflichtungsgeschäft;<br />
b. Verfügungsgeschäft.<br />
4. Wenn Gaius – nachdem das Pferd bereits nicht mehr lebt – von den<br />
ganzen Umständen erfährt: Welche Ansprüche (actiones) stehen ihm<br />
zu? Gegen wen?
5. Wie wäre die <strong>Recht</strong>slage, wenn nicht ein von niemandem<br />
verschuldeter Unfall zum Tode des Pferdes geführt hätte, sondern<br />
wenn der mit Lucius verfeindete Brutus das auf der Weide sich<br />
befindliche Pferd auf einen felsigen Weg durch ein Schlucht treibt, so<br />
dass es dort abstürzt und zu Tode kommt? Welche Ansprüche sind<br />
entstanden? Zwischen wem?<br />
Fall 24a:<br />
Der quiritische Eigentümer Sempronius verkauft dem Lucius den Zugochsen<br />
Ajax für 300.- Sesterzen. Die Parteien vereinbaren anlässlich des<br />
Abschlusses der emptio venditio, dass in 3 Wochen der Austausch der<br />
Leistungen auf dem Landgut des Lucius stattfinden solle. 8 Tage nach dem<br />
Kaufabschluss dringt der Nachbar des Sempronius, ein Kerl namens<br />
Maevius, nachts in den gut abgeschlossenen und angemessen gesicherten<br />
Stall des Sempronius ein. Er weiss von der emptio venditio nichts und tötet<br />
den verkauften Ochsen mit einem Axthieb in der Absicht, dem Sempronius<br />
einen Schaden zuzufügen.<br />
1. Wie stellen sich die Eigentums- und Besitzesverhältnisse am Ochsen<br />
Ajax nach Abschluss des Kaufvertrages (emptio venditio), vor dem<br />
Leistungsaustausch, dar?<br />
2. Welche Verpflichtungen ist Sempronius durch den Kaufabschluss dem<br />
Lucius gegenüber eingegangen?<br />
3. Beurteilen Sie die <strong>Recht</strong>slage zwischen den Vertragsparteien<br />
Sempronius und Lucius nach dem Tode des Tieres.<br />
4. Welche weiteren Ansprüche sind durch die Tötung des Tieres<br />
zwischen den drei Personen (alle drei sind freie römische Bürger)<br />
entstanden:<br />
a. Zwischen Sempronius und Maevius?<br />
b. Zwischen Lucius und Maevius?<br />
Hinweis: Keine Haftung des S. für custodia!<br />
Fall 25:<br />
Gaius wünscht sich eine Hermes-Statue aus dem Atelier des berühmten<br />
Bildhauers Lucius. Als Gaius aus der Liquidation einer Steinbruchsfirma sehr<br />
günstig (für nur 100 Sesterzen) einen grossen unbehauenen Marmorblock<br />
erwerben kann, einigt er sich mit Lucius, dass dieser für 1500 Sesterzen die<br />
gewünschte Statue in der Art des Phidias herstelle. 2 Monate später hat<br />
Lucius die Arbeit vollendet, die Statue muss lediglich noch an einzelnen<br />
Stellen etwas poliert werden. Lucius’ Angestellter Sempronius bewohnt ein an<br />
die Wekstatt angrenzendes und nur über diese zugängliches Zimmer als<br />
Mieter des Lucius. Sempronius neigt in letzter Zeit zu Alkoholexzessen, in<br />
deren Folge sein Verhalten unberechenbar wird. Lucius ist dies bekannt, und<br />
er hat seinen Arbeiter auch schon deswegen zurecht gewiesen. Eines Nachts<br />
kehrt Sempronius angetrunken in seine Behausung zurück. Obgleich er<br />
weiss, dass zahlreiche fertige und halbfertige Statuen herumstehen, versucht
er, ohne ein Licht anzuzünden, in sein Zimmer zu gelangen. Er verhält sich<br />
dabei denkbar ungeschickt und stösst die erwähnte Hermesstatue um. Diese<br />
geht dabei in die Brüche und erleidet irreparable Schäden. Anderntags teilt<br />
Lucius seinem Kunden Gaius den Vorfall mit und bedauert, dass er den<br />
Hermes nicht liefern könne. Vor einiger Zeit hat nun aber Gaius mit Maevius,<br />
der in der Werkstatt des Lucius die Satue besichtigt hatte, und von ihr hell<br />
begeistert war, mittels zweier Stipulationen ein Kaufsgeschäft abgeschlossen.<br />
Gaius verspricht dem Maevius, die Statue nach der Auslieferung seitens des<br />
Lucius ins Eigentum zu übertragen: Maevius verspricht stipulationsweise im<br />
Gegenzug 2000 Sesterzen.<br />
Nota: Im vorliegenden Fall haftet Lucius nicht für custodia.<br />
Bei stipulationsweise abgeschlossenen Kaufsgeschäften gehen periculum<br />
und commodum, anders als bei der emptio venditio, bei Vertragsschluss nicht<br />
auf den Erwerber über.<br />
1. Was für ein Schuldvertrag ist zwischen Gaius und Lucius<br />
zustandegekommen? Welche <strong>Recht</strong>e und Pflichten erwachsen den<br />
Vertragsparteien daraus?<br />
2. Stellen Sie die sachenrechtlichen Verhältnisse an der Statue während<br />
und nach deren Fertigstellung dar.<br />
3. Wer haftet im Zusammenhang mit der Zerstörung der Statue wem<br />
gegenüber?<br />
4.<br />
a. Wie beurteilen Sie die sachenrechtlichen Verhältnisse, wenn<br />
Lucius ohne Wissen des Gaius für eine eigene Schuld den<br />
fertigen unbeschädigten Hermes dem gutgläubigen Aulus als<br />
Faustpfand übergeben hätte?<br />
b. Welche schuldrechtlichen Ansprüche entstehen durch die von<br />
Lucius gewollte Pfandbestellung zwischen ihm und Aulus?<br />
Fall 26:<br />
Maevius – der Gutsverwalter des Lucius – verkauft und veräussert dem<br />
Sempronius ohne Auftrag und ohne Ermächtigung des Gutsherrn einen<br />
Zugochsen des Lucius.<br />
Als Sempronius aufgrund gewisser Mängel des Tiers eine Preisminderung<br />
verlangt, bezahlt Lucius freiwillig und ohne Prozess die entsprechende<br />
Summe (1000 Sesterzen).<br />
Später stellt sich Lucius auf den Standpunkt, er habe damit eine Nichtschuld<br />
bezahlt und fordert die 1000 Sesterzen von Sempronius zurück.<br />
1. Wer ist unmittelbar nach der Übergabe des Tieres durch Maevius an<br />
Sempronius Eigentümer des Ochsen?<br />
2. Auf welche Weise wurde in diesem Fall der Zugochse übergeben?<br />
3. Auf welche Weise hatte die (freiwillige) Zahlung des Lucius an<br />
Sempronius einen Einfluss auf die <strong>Recht</strong>sstellung…<br />
a. …des Sempronius?<br />
b. …des Lucius?<br />
4. Wie beurteilen Sie die Absicht des Lucius, die 1000 Sesterzen von<br />
Sempronius zurückzuverlangen?
Fall 27: (Rz. 281)<br />
Eine Ehefrau schenkt mit brieflicher Mitteilung jemandem, der nicht ihr<br />
Ehemann ist, ein Grundstück und pachtet es sogleich von diesem. Dazu lässt<br />
sich die Ansicht vertreten, dass dem Beschenkten die actio in rem zustehe,<br />
indem er durch die Schenkerin selbst, in deren Eigenschaft als Pächterin, den<br />
Besitz erworben habe.<br />
Fall 28: (Weinberg-Fall 1)<br />
A ist quiritischer Eigentümer eines Rebbergs. Gemäss einer Abmachung mit<br />
B, schuldet A diesem pro Jahr 100 l Wein aus seinem Rebberg, während B<br />
ihm dafür eine jährliche Zahlung von 500 Sesterzen leistet. A verkauft nun<br />
den Rebberg an C mit der Abmachung, dass C alle <strong>Recht</strong>e und Pflichten, die<br />
auf dem Rebberg lasten, übernimmt.<br />
1. <strong>Recht</strong>sverhältnis A-B ?<br />
2. <strong>Recht</strong>sverhältnis A-C ?<br />
3. Wa liegt gesamthaft für eine Konstellation vor? <strong>Recht</strong>liche Lösung?<br />
Fall 28a: (Weinberg-Fall 2)<br />
Der Weinbauer Gaius, der auch einen Weinhandel betreibt, hat vom<br />
quiritischen Eigentümer Lucius einen von diesem mit jungen, ertragreichen<br />
Rebstöcken bepflanzten Weinberg gepachtet. Maevius unterbricht - in der<br />
Absicht, den Lucius zu schädigen – die Wasserzuleitung des<br />
Bewässerungssystems mit der Wirkung, dass die Hälfte der Rebstöcke und<br />
der reifenden Trauben völlig verdorrt; als Gaius im üblichen Turnus den<br />
Weinberg inspiziert, sind die Schäden bereits eingetreten, die Hälfte der<br />
Trauben ist unverwertbar geworden und der Weinberg muss zur Hälfte neu<br />
angepflanzt werden.<br />
1. Welche Ansprüche und mit welchem Inhalt bestehen aufgrund dieses<br />
Sachverhaltes:<br />
a) Zwischen Gaius und Maevius?<br />
b) Zwischen Lucius und Maevius?<br />
c) Zwischen Gaius und Lucius?<br />
Die Anworten jeweils mit genauer sachen- und obligationenrechtlicher<br />
Begründung!<br />
2. Variante:<br />
Wie beurteilen Sie die Haftung für die verdorrten und damit völlig<br />
unverwertbar gewordenen Trauben, falls Maevius die Bewässerung nicht<br />
absichtlich, sondern fahrlässig unterbrochen hätte?
Fall 29:<br />
Sempronius lässt sich mittels Stipulation von Maevius den Sklaven Stichus<br />
oder den Sklaven Pamphilus versprechen (Das Stipulationsversprechen<br />
lautet: „Versprichst Du, mir den Stichus oder den Pamphilus, welchen Du<br />
willst, zu Eigentum zu übertragen?“ – „Ich verspreche es.“(spondeo)). Im<br />
Gegenzug verspricht – ebenfalls durch Stipulation – Sempronius dem<br />
Maevius die Zahlung von 2000 Sesterzen.<br />
Pünktlich zum Erfüllungstermin bietet Maevius dem Sempronius den Stichus<br />
zur Übergabe mittels Manzipation an. Sempronius lehnt die Annahme und die<br />
Vornahme der Manzipation mit der Begründung ab, er hätte lieber den<br />
Pamphilus erworben. Einige Tage später verstirbt Stichus an den Folgen<br />
eines von ihm verschuldeten Unfalls.<br />
Sempronius erkundigt sich nun bei einem Juristen, ob er jetzt den Pamphilus<br />
fordern könne.<br />
1. Formulieren Sie möglichst in einem Satz das <strong>Recht</strong>sproblem.<br />
2. Welche Art Schuldverhältnis liegt vor?<br />
3. Welche <strong>Recht</strong>swirkungen zieht das korrekte und vertragskonforme<br />
Angebot des Stichus nach sich?<br />
4. Ist Sempronius verpflichtet, den ihm korrekt angebotenen Stichus<br />
anzunehmen? <strong>Recht</strong>sfolge der Nichtannahme?<br />
5. Welche <strong>Recht</strong>swirkungen entstehen für das Schuldverhältnis durch<br />
den Tod des Stichus?<br />
6. Kann Sempronius den Pamphilus fordern?<br />
7. Wie beurteilen Sie die Preiszahlungspflicht (2000 Sesterzen) des<br />
Sempronius?<br />
Fall 30: (Rz. 594)<br />
Wenn jemand im Auftrag des Titus Geschäfte des Seius geführt hat, haftet er<br />
dem Titus mit der Auftragsklage, und die Urteilssumme muss so hoch<br />
geschätzt werden, wie das Interesse des Seius und des Titus zu<br />
veranschlagen ist. Das Interesse des Titus beträgt aber so viel, wie er dem<br />
Seius leisten muss, dem er entweder aus Auftrag oder aus Geschäftsführung<br />
verpflichtet ist. Titus aber steht die Klage gegen denjenigen zu, den er mit der<br />
Führung fremder Geschäfte beauftragt hat, und zwar auch bevor er selbst<br />
dem Geschäftsherrn etwas geleistet hat, weil das als ihm fehlend angesehen<br />
wird, worauf er haftet.<br />
Fall 31: (Rz. 436) (vgl. Fall 8)<br />
Daher wird es nicht leicht geschehen, dass dem gutgläubigen Besitzer die<br />
Ersitzung offen steht, da ja derjenige, welcher eine fremde Sache verkauft<br />
und übereignet, einen Diebstahl begeht; dasselbe gilt, wenn aus einem<br />
anderen Grund übereignet würde. Zuweilen freilich verhält es sich anders:<br />
denn wenn ein Erbe eine Sache, die dem Verstorbenen geliehen, vermietet<br />
oder bei diesem hinterlegt worden war, im guten Glauben, es handle sich um
Erbschaftsgut, verkauft oder verschenkt, begeht er keinen Diebstahl. [...] Ein<br />
Diebstahl kann nämlich ohne Entwendungsvorsatz nicht begangen werden.<br />
Euripides ist quiritischer Eigentümer einer wertvollen griechischen Statuette.<br />
Er hinterlegt diese (depositum) beim Kunstsammler Darius. Zwei Monate<br />
später stirbt Darius. Seine einzige Erbin (und somit Universalsukzessorin)<br />
Heres übernimmt dessen gesamte Kunstsammlung und verkauft diese<br />
gesamthaft dem Kletus. Kletus und Heres befinden sich dabei in gutem<br />
Glauben dahingehend, dass alle Kunstobjekte im Eigentum des Darius<br />
gestanden hätten.<br />
Untersuchen Sie die Beziehungen zwischen allen Personen aus<br />
obligationenrechtlicher und sachenrechtlicher Sicht vor und nach dem<br />
Ableben des Darius!<br />
Fall 32: (Rz. 170c) (vgl. Fall 3 und Rz. 786)<br />
Einem beschränkt Handlungsunfähigen (pupillus) kann ohne Einwilligung des<br />
Vormundes (tutor) nicht (wirksam) geleistet werden, und jener vermag auch<br />
nicht anzuweisen, weil er keinerlei Gegenstand veräussern kann. Wenn der<br />
Schuldner (debitor) ihm trotzdem bezahlt hat und die Geldstücke bei ihm<br />
vorhanden sind, wird der beschränkt Handlungsunfähige, falls er klagt, mittels<br />
der exceptio doli abgewiesen.<br />
1. Wird der beschränkt Handlungsunfähige Eigentümer der geleisteten<br />
Sache(n)? [Gehen Sie von einer Geldleistung aus.]<br />
2. Begründen Sie, weshalb im vorliegenden Fall keine Schuldbefreiung<br />
eintritt.<br />
Fall 33:<br />
Der Goldschmied Gaius, dem die römische Bürgerin Livia eine goldene<br />
Armspange zur Überarbeitung anvertraut hatte, geriet in akute Geldnot und<br />
verkauft – ohne Einwilligung der Livia – die Spange dem (gutgläubigen)<br />
Julianus.<br />
1. Ist der Kaufvertrag (emptio venditio) zwischen Gaius und Julianus<br />
zustande gekommen?<br />
2. Beschreiben Sie die <strong>Recht</strong>slage (bezüglich Besitz und Eigentum) nach<br />
der Tradition der Spange an Julianus:<br />
a. bei Julianus<br />
b. bei Livia<br />
3. Welchen Anspruch (actio) hat Livia, um die Spange wieder zu<br />
erhalten? Gegen wen? Inhalt des Anspruchs?<br />
Variante:<br />
Gaius hat fälschlicherweise angenommen (und durfte dies auch annehmen),<br />
Livia habe ihn zur Veräusserung der Spange ermächtigt, was objektiv aber<br />
nicht zutrifft.
4. Wie gestaltet sich diesfalls die <strong>Recht</strong>slage bei Julianus? Wie im Falle<br />
eines Besitzesentzugs durch Dritte (actio)?<br />
5. Welcher Anspruch (actio) steht Livia zur Verfügung, falls sie nach 8<br />
Wochen feststellt, dass Gaius an Julianus verkauft und tradiert hat?<br />
Steht dem Julianus eine Einrede (exceptio) zur Verfügung?<br />
Fall 34: (vgl. Fall 21)<br />
Varus, der mit Möbelstücken handelt, hat dem Kletus am 28. April drei<br />
hölzerne Tische – das Stück zu 2000 Sesterzen – verkauft. Im Kaufvertrag<br />
(emptio venditio) wird vereinbart, dass Kletus am 15. Mai die Tische abholen<br />
und dann den Kaufpreis in bar entrichten werde. Als trotz vergeblicher<br />
Aufforderung Kletus am 21. Mai die Tische noch immer nicht abgeholt hatte,<br />
stellt Varus, der in seinen beengten Verkaufslokalitäten keinen Platz mehr<br />
hat, die Tische vor seinen Laden – durch ein Vordach gegen Sonne und<br />
Regen geschützt. Gegen Abend jenes Tages entwickelt sich in der an des<br />
Varus angrenzenden Goldschmiedewerkstatt des Darius (D) wegen eines<br />
Defektes im Abzugssystem der Feuerstelle ein Brand; durch den Funkenwurf<br />
aus diesem Gebäude werden die Tische beschädigt. Darius trifft am Vorfall<br />
kein Verschulden.<br />
1. Kann V den Kaufvertrag durch traditio der nun beschädigten<br />
(angesengten) Tische erfüllen? Hat K den vollen Kaufpreis zu<br />
bezahlen?<br />
2. Wie beurteilen Sie den Einwand des K, V habe nicht vertragsgemäss<br />
gehandelt, indem er hölzerne – also empfindliche – Gegenstände<br />
ausserhalb seines Verkaufslokals aufbewahrte?<br />
3. Wie beurteilen Sie den Einwand des K, er sei am 14. Mai schwer<br />
verunfallt und erst zehn Tage später wieder zu Bewusstsein gelangt?<br />
Varianten:<br />
4. Wenn Darius am Abend des 21. Mai die Tische absichtlich beschädigt<br />
hätte:<br />
a. Wie würde sich das Verhältnis V-K beurteilen?<br />
b. Wie das Verhältnis V-D?<br />
c. Wie das Verhältnis K-D?<br />
5. Wie beurteilen Sie die <strong>Recht</strong>slage zwischen V und K, wenn K vereinbarungsgemäss<br />
am 15. Mai die Tische abholen will, dabei aber erfährt,<br />
dass diese vor drei Tagen aus dem genügend und angemessen<br />
gesicherten Verkaufslokal des V spurlos verschwunden sind?<br />
6. Wenn V am 16. Mai die Tische durch den Transporteur Titius (T) dem<br />
K bringen lässt: Wer ist während des Transportes Besitzer, wer<br />
Eigentümer der Tische?<br />
Fall 34b: (Pandektenexegese SS 2004, Fall Nr. 4)
Gaius hat Maevia zwei Holztische verkauft und mit ihr vereinbart, dass<br />
Maevia diese innert 10 Tagen abtransportieren lassen wird. Die Möbelstücke<br />
befinden sich jetzt in einem ansonsten leerstehenden Lagerraum des Gaius.<br />
Vier Tage nach Vertragsabschluss entsteht in diesem Raum infolge<br />
unsorgfältigen Umgangs des Nachbarn Sempronius mit seiner Feuerstelle ein<br />
Zimmerbrand, wodurch die beiden Tische zugrunde gehen.<br />
1. Wie beurteilen Sie die <strong>Recht</strong>slage zwischen Gaius und Maevia?<br />
2. Beschreiben Sie die Haftungslage zwischen Gaius und Sempronius<br />
sowie zwischen Maevia und Sempronius.<br />
Fall 35: (Pandektenexegese SS 2004, Fall Nr. 2 / Rz. 812)<br />
Wenn vor dem Provinzstatthalter bewiesen wird, dass Julianus deine<br />
Sklaven, ohne dazu auf irgend eine Weise ermächtigt worden zu sein, an<br />
eine Käuferschaft, welche die <strong>Recht</strong>slage kannte, verkauft hat, wird jener entscheiden,<br />
dass diese Käufer die Sklaven zurückzugeben haben. Wenn die<br />
Käufer jedoch davon keinerlei Kenntnis besassen und die Sklaven ihr<br />
Eigentum geworden sind, wird er darauf erkennen, dass Julianus dir deren<br />
Kaufpreis zu erstatten habe.<br />
1. Wie beurteilen Sie den Kaufvertrag zwischen Julianus und der<br />
Käuferschaft?<br />
2. Wenn die Käuferschaft die <strong>Recht</strong>slage kannte, ist sie welchem<br />
Anspruch (actio) ausgesetzt?<br />
3. Unter welchen Voraussetzungen kann die Käuferschaft Eigentum vom<br />
Nichtberechtigten erwerben?<br />
4. Wenn die Käuferschaft Eigentum erworben hat, steht dem Voreigentümer<br />
welcher Anspruch (actio) zur Verfügung?<br />
Fall 36:<br />
Auf einem Grundstück steht eine Brücke. Der Eigentümer des Grundstücks<br />
treibt täglich eine Schafherde über diese Brücke, um sie zur Weide zu führen.<br />
Nächtens kommt ein Schelm und sägt die Brücke böswillig an. Als der Grundeigentümer<br />
am nächsten Tag die Schafe über die Brücke führt, stürzt die<br />
Brücke ein und wird komplett zerstört. 30 der 100 Schafe verletzen sich so<br />
schwer, dass sie abgetan werden müssen. Diese 30 Schafe hätte der<br />
Grundeigentümer am nächsten Tag auf dem Markt für 800 Sesterzen<br />
verkaufen können.<br />
Themen:<br />
-“Wer ist Eigentümer der Brücke?“: Bestandteil vs. Zugehör / Akzessionsprinzip<br />
/ Einbau im Immobiliarsachenrecht<br />
-lex Aquilia: insbes. Problematik natürliche vs. adäquate Kausalität (“corpore<br />
corpori datur“ vs. “mortem causam praestare“) lex Aquilia ...<br />
WICHTIG: Zwischen den einzelnen Schadensposten (Schafe und Brücke)<br />
unterscheiden und die verschiedenen Kapitel der lex Aquilia beachten!<br />
- Entwicklung der Dogmatik im Haftpflichtrecht vom reinen Sachschaden zum<br />
Vermögensschaden.