Schwarzfahrer - Gymnasium-Wanne
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Inhaltsangabe<br />
Der Kurzfilm „<strong>Schwarzfahrer</strong>“ von Pepe Danquart spielt in einer vollbesetzten Berliner<br />
Straßenbahn, in der sich ein Farbiger neben eine ältere Dame setzt. Die ältere Dame fängt<br />
daraufhin an sich über Ausländer aufzuregen. Ohne sich direkt an den Farbigen zu wenden,<br />
meint sie mit ihren Beschimpfungen ganz offensichtlich ihn, der sie wohl in ihrer „Bequemlichkeit"<br />
stört. Keiner der anderen Fahrgäste reagiert wirklich auf ihr Verhalten.<br />
Nach einiger Zeit steigt ein Schaffner zur Fahrkartenkontrolle hinzu, der Farbige reißt der<br />
älteren Dame ihren Fahrschein aus der Hand und isst ihn auf. Als sie deshalb keinen<br />
Fahrschein vorweisen kann, kommt ihr keiner der anderen Fahrgäste zu Hilfe, obwohl sie<br />
alle genau wie die Beschimpfungen der älteren Dame zuvor auch die Revanche des<br />
Farbigen bemerkt haben. Die alte Dame muss daraufhin aussteigen und ihre Fahrt vorzeitig<br />
beenden.<br />
Was wird erzählt und wie ist der Film aufgebaut?<br />
Der Film zeigt anfangs die Großstadt Berlin, das Treiben in dieser Stadt und die Leute,<br />
welche in dieser Stadt leben. Man sieht Straßenbahnen und Menschen, die stur ihrem<br />
alltäglichen Leben nachgehen.<br />
Direkt danach werden die Personen des Films kurz vorgestellt man sieht den Mopedfahrer,<br />
wie er vergebens versucht seine Maschine in Gang zu bringen und die Personen, die später<br />
in der Straßenbahn eine wichtige Rolle spielen, an der Haltestelle stehen ( zwei junge<br />
Mädchen, zwei türkische Jungen, eine Mutter mit ihrem Sohn und den Farbigen). Als die<br />
Straßenbahn einfährt, steigen alle diese Personen ein. Der Farbige fragt eine ältere Dame<br />
höflich, welche in einer Vierer-Sitzecke mit der Mutter und ihrem Sohn sitzt, ob der Platz<br />
neben ihr noch frei sei. Diese mustert ihn abfällig und gibt ihm keine Antwort. Der Farbige<br />
setzt sich trotzdem neben sie. Als die ältere Dame daraufhin versucht ihren Mantel zurecht<br />
zu ziehen, fällt ihre Tasche auf den Boden. Der kleine Junge, der dies alles aufmerksam<br />
beobachtet hat, lacht kurz. Jetzt fängt die ältere Dame an den Farbigen zu beleidigen, ohne<br />
ihn direkt anzureden. Sie spricht wie zu sich selbst. Jedoch blickt sie sich andauernd in der<br />
Bahn um, um Zustimmung von den anderen Fahrgästen zu bekommen. Diese hören alles,<br />
aber niemand reagiert darauf. Dieses Selbstgespräch ist das weitaus längste in dem<br />
ganzem Film. Sie wirft dem Farbigem die üblichen Klischees vor: “Sie Flegel! Warum<br />
setzten sie sich nicht woanders hin? Jetzt kann man schon nicht mehr in Ruhe Straßenbahn<br />
fahren, ohne belästigt zu werden. Wer von unseren Steuern profitiert, könnte sich wenigstens<br />
anständig benehmen. ... Man müsste wenigstens verlangen können, dass sie ihre<br />
Namen ändern. ... Als ob nicht die Italiener und Türken schon genug wären. Jetzt kommt<br />
auch noch halb Afrika. ... Die vermehren sich ja wie die Karnickel da unten. ... Die kriegen<br />
wir nie wieder los. Wenn das jetzt so weitergeht bei uns, gibt es bald nur noch Türken, Polen<br />
und Neger hier. Man weiß ja schon gar nicht mehr in welchem Land man lebt. ... Wir haben<br />
uns jedenfalls einen Hund angeschafft, als man dem Türken unter uns die Wohnung<br />
gegeben hat.“ Bei dem Stichwort „Namensänderung“ bekommt die ältere Dame von einem<br />
älteren Mann durch Kopfnicken Zustimmung. Des Weiteren beginnt ein türkischer Junge die<br />
ältere Dame auf türkisch zu beleidigen, als sie auf die Türken zu sprechen kommt, jedoch<br />
wird er schnell wieder von seinem Freund beruhigt. Es scheint so, als ob der Farbige sich<br />
hingegen überhaupt nicht an den Kommentare der älteren Dame stört. Sein einziger<br />
Kontaktpartner ist der kleine Junge, der das Geschehen als einziger direkt beobachtet und<br />
den Farbigen öfters anlächelt.
Als der Kontrolleur, der den Wendepunkt des Films einleitet, zu Fahrkartenkontrolle zusteigt,<br />
startet der Farbige seinen „Rachezug“. Er schnappt sich den Fahrschein der älteren Dame<br />
und isst ihn auf. Diese schaut den Farbigen zum ersten Mal richtig an und ist starr vor<br />
Schreck. Der Farbige sieht ruhig vor sich hin. Als einziger reagiert wieder nur der kleine<br />
Junge, indem er seine Mutter mit den Worten: „Mama, Mama guck mal!“ auf das Geschehen<br />
hinweist. Jedoch reagiert sie nicht, obwohl sie es auch gesehen hat. Als der Schaffner nun<br />
die älteren Dame auffordert ihren Fahrschein zu zeigen, ringt sie um Fassung. Das einzige<br />
was sie sagen kann, ist: „Der Neger hier hat ihn eben aufgefressen!“ Der Schaffner hält dies<br />
für eine „blöde“ Ausrede und fordert sie auf die Bahn zu verlassen. Die ältere Dame kann<br />
nur noch fassungslos: „Aber die haben das doch alle gesehen!“, sagen.<br />
Der Film endet damit, dass die Straßenbahn einfach ohne die ältere Dame weiter fährt, als<br />
wäre gar nichts geschehen.<br />
Besonderheiten der Filmgestalltung<br />
Im Film gibt es keine „Special Effects“, wie in Filmen, die man aus Kinos oder aus dem<br />
Fernsehen kennt, trotzdem sind einige interessante Aspekte zur Licht-, Farb- und Musikgestaltung<br />
und zur Kameraführung zu erkennen.<br />
Licht- und Farbgestaltung<br />
Obwohl man die Möglichkeit hatte, den Film in Farbe zu drehen, wurden ausschließlich<br />
schwarz und weiß benutzt. Dies ist unserer Meinung nach beabsichtigt worden, um den<br />
Betrachter ganz auf das Thema „schwarz und weiß“ zu fixieren. Der Zuschauer soll sich so<br />
ganz allein auf die Diskriminierung konzentrieren und nicht durch mögliche Farbeffekte vom<br />
eigentlichen Thema abgelenkt werden.<br />
Das Licht wird in den verschiedenen Sequenzen mal heller und dann wieder dunkler. Dies<br />
ist ganz von der Stimmung abhängig, die in der jeweiligen Szene herrscht. Beispielsweise<br />
wird das Licht in der Straßenbahnszene, in der die Gesichter der Passagiere in Nahaufnahme<br />
gezeigt werden, sehr dunkel, Dies lässt darauf schließen, dass die Stimmung sehr<br />
„gereizt“ ist, weil kurz zuvor der „Farbige“ von der alten Dame beleidigt wurde.<br />
Auffällig ist auch, dass die Gesichter der Straßenbahnpassagiere oft zur einen Hälfte im<br />
Licht und zur anderen im Schatten der hinein scheinenden Sonne stehen. Dies könnte<br />
unserer Ansicht nach ausdrücken, dass sich in den Gesichten widerspiegelt, dass alle gleich<br />
sind, das heißt dass sie sowohl eine "schwarze" wie auch "weiße" Seite haben.
Musikgestaltung<br />
Intro: Am Anfang ist eine Xylophonmusik zu hören, die eine hektische Atmosphäre schafft. Diese<br />
passt ideal zu dem nervösen Berufsalltag, der in den ersten Szenen gezeigt wird. Die Musik erinnert<br />
an eine chaotische Situation. In dieses Durcheinander bringt eine Saxophonmelodie eine Struktur<br />
rein.<br />
Haltestelle: Während die Haltestelle gezeigt wird, an der der Farbige einsteigt, kann man am<br />
Anfang der Szene ein Hip-Hop-Lied („Keep all the sunshine“ von Snow Blind Twilight Ferries) hören,<br />
das aus einem Ghettoblaster kommt, der einem Freund des Farbigen gehört. Hip-Hop-Musik ist eine<br />
Art von Musik, die überwiegend von Schwarzen gemacht und gehört wird und deshalb charakteristisch<br />
für sie ist. Sie kann mit dem Farbigen in Verbindung gebracht werden.<br />
Pause: Als die alte Frau aufhört zu reden, nachdem sie den Farbigen das erste Mal beleidigt hat,<br />
wird eine Pause gemacht, in der ein Saxophonsolo zu hören ist. In der Pause schwenkt die Kamera<br />
durch den Innenraum der Bahn und zeigt die anderen Fahrgäste. Sie gibt den Zuschauern Zeit das,<br />
was die alte Frau gesagt hat, auf sich wirken zu lassen und darüber nachzudenken.<br />
Walkman: Nachdem der Walkmanträger in die Bahn eingestiegen ist, kann man die sehr laute<br />
Musik des Walkmans durch die Kopfhörer hören. Diese Geräusche in der sonst so stillen Bahn<br />
ziehen die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich. Die Fahrgäste scheinen sich jedoch nicht darum<br />
zu kümmern. Nur die alte Frau und der alte Mann drehen sich kurz zu ihm um und schütteln den<br />
Kopf. Die Walkmanmusik ist als Alltagsmusik zu sehen.<br />
Straßenbahn von Außen: Als die Kamera an der Außenseite der Straßenbahn vorbeischwenkt,<br />
wird wieder die Anfangsmusik gespielt. Diese wirkt jedoch immer angespannter. Sie wird immer<br />
schneller und dann wieder langsamer, bis sie nicht mehr zu hören ist. Dieser Musikeinspieler deutet<br />
auf den bevorstehenden Höhepunkt der Geschichte hin. Die Spannung steigt.<br />
Gameboymusik: An einer Haltestelle steigen Kinder ein. Nun sind Gameboygeräusche („Super<br />
Mario Land 1“; Level 1 + Musik nach geschafftem Level) zu hören. Diese unterstreichen den Alltag<br />
und lassen sich als Hintergrundgeräusche verstehen.<br />
Endmusik: Nachdem die alte Frau und der Kontrolleur aus der Bahn gestiegen sind und diese<br />
weiterfährt, ist wieder die Anfangsmusik zu hören. Diese hört sich jedoch jetzt viel entspannter und<br />
lockerer an. Sie sorgt für die Entspannung der Lage.<br />
Kameraführung<br />
Pepe Danquart hinterlässt mit seinem Film „SCHWARZFAHRER“<br />
den andauernden Eindruck der schnellen Bewegung durch die Schnittfolgen der<br />
Montage. Leute- Großstadt- Hektik. Wenn das Auge der Kamera einmal still auf<br />
der Szene ruht, dann kreuzen andere S-Bahnen den Ausschnitt, Häuser und Laternen<br />
huschen vorbei beim Blick aus der fahrenden Bahn. Der Film beginnt mit dem Bild eines<br />
Berliner Platzes, in das sich von rechts nach links diagonal eine Straßenbahn hinein
ewegt. Die Kameraführung greift den Blickwinkel eines Fahrgastes auf, der gerade nach<br />
draußen schaut. Aus der Froschperspektive gefilmt, wirkt die vorbeiziehende Fassade einer<br />
Plattenbausiedlung noch erdrückender als sie in der Realität ist. Diese kurze<br />
Sequenz greift ein Motiv auf, das den ganzen Film bestimmt: die Verlassenheit des<br />
einzelnen in der Masse und das Gefühl von Anonymität.<br />
Der Kameraschwenk folgt der horizontalen Bewegung der Bahn diagonal durch<br />
den Ausschnitt des Bildes, dann, für einen Moment, fließender Verkehr, Autos fahren<br />
vorbei, und dann fährt die Bahn wieder zurück ins Bild. Es folgt ein Schnitt: ein Mann mit<br />
weißem Helm, der versucht sein Motorrad zu starten. Im Hintergrund der Szene Laternen,<br />
hohe Häuser, eine Brücke, über die sich eine andere Bahn schiebt. Der Motorradfahrer wirkt<br />
wie aus Fragmenten zusammengesetzt: einzelne Gliedmaßen kommen ins Bild, Handgriffe,<br />
sein Gesicht im Ausschnitt des Rückspiegels. Es folgen in schnellen Schnitten die Bilder<br />
zweier Bahnen, wie sie sich aus entgegengesetzter Richtung begegnen und diagonal<br />
aneinander vorbeifahren. Die Szene könnte alltäglicher nicht sein. Die unterlegte Musik<br />
verstärkt die Bewegung, mit einem Saxophon-Solo im Hintergrund, das gegen die Stimmung<br />
von Einsamkeit im Gedränge akustisch angeht. Der Motorradfahrer, der vergeblich versucht<br />
seine Maschine zu starten, wird aus der anonymen Masse herausgehoben. In seinem<br />
Ringen mit der Tücke des Objekts, wirkt er fast ein wenig altmodisch, der Technik hilflos<br />
ausgeliefert, an ihr scheiternd, fluchend. Die Kamera schwenkt zurück zu den Bahnen, die<br />
nun die Fläche bieten für den eingeblendeten Titel des Films „<strong>Schwarzfahrer</strong>“. Erst jetzt<br />
sucht die Kamera einzelne Gesichter, aber sie bleiben einzeln. Die Kameraperspektive<br />
bleibt überwiegend neutral. Nur gelegentlich übernimmt sie kurz die Perspektive einzelner<br />
Personen, etwa des Kontrolleurs, der auf die nebeneinander sitzenden Fahrgäste herabschaut,<br />
oder des Mannes mit dem lauten Walkman, wenn er missbilligende Blicke von<br />
Passagieren ruhig erwidert, oder des Schwarzen, seinem Blick folgend hinaus auf die<br />
vorbeigleitenden Häusern. An keiner Stelle jedoch lässt die Kamera sich auf die Perspektive<br />
der alten Frau ein. Deren rassistischen Tiraden bilden den Kern der Szene, sie wiederholen<br />
sich, verlieren sich, stoßen auf taube Ohren, leere Blicke. Die teilnahmslosen Blicke vor<br />
allem hebt die Kamera heraus, kein Mund gerät ins Bild: niemand widerspricht den Parolen.<br />
Die Szene endet abrupt mit dem laut ertönenden Signalton der Haltestelle. Der Kontrolleur<br />
steigt ein. Die Kamera nimmt den Blick des Kontrolleurs an, alle Gesichter starren in die<br />
Linse der Kamera, starren auf den Kontrolleur. Plötzlich wechselt die Kameraperspektive zur<br />
alten Dame und zum „Schwarzen“. Dann der totale Wendepunkt des Films: der „Schwarze“<br />
reißt der alten Dame das Ticket aus der Hand und isst es. Absolutes Entsetzen bei der alten<br />
Dame. Der Kontrolleur kommt hinzu und bitte um die Fahrscheine. Der „Schwarze“ ist in der<br />
Lage, seinen Fahrschein vorzuzeigen, jedoch nicht die alte Dame. Sie muss mit dem<br />
Kontrolleur aussteigen. Die Kamera richtet sich nun auf die alte Dame und auf den Kontrolleur,<br />
schwenkt allerdings langsam auf die die weiterfahrende Straßenbahn. Nachdem sich<br />
das Bild der fahrenden Straßenbahn vor das Bild, das die alte Dame und den Kontrolleur<br />
beinhaltet, schiebt, hört man weiterhin die Diskussion der beiden. Der Film endet mit dem<br />
ruhigen Schwenk Richtung Himmel.
Haupt- und Nebenrollen<br />
Es gibt in dem Kurzfilm „<strong>Schwarzfahrer</strong>“ zwei wichtige Hauptrollen. Weiterhin gibt es auch<br />
besonders viele wichtige Nebenrollen, die die Aussage des Films betonen.<br />
Zu den Hauptakteuren gehören die alte Dame, die durch ihr Verhalten in der Bahn die<br />
Zuschauer zum Nachdenken anregen soll, und der „<strong>Schwarzfahrer</strong>“, welcher durch seine<br />
Gelassenheit dem Kurzfilm den Clou verleiht.<br />
Wir haben herausgestellt, dass es in diesem Film in Bezug auf den dargestellten Konflikt<br />
einen Rollenwechsel gibt. Zuerst ist die ältere Dame der handelnde Täter und der Farbige<br />
das unterdrückte Opfer.<br />
Die ältere Dame wirft dem Farbigen die üblichen Klischees vor und kann, da keiner der<br />
anderen Fahrgäste sie aufhält, dem Farbigem so weiter zusetzen. Der Farbige erträgt die<br />
nicht zutreffenden Vorwürfe mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Im weiteren Verlauf des<br />
Films kann der Farbige seinen Rachefeldzug gegen die ältere Dame starten, indem er ihr<br />
bei einer Fahrkartenkontrolle den Fahrschein entwendet. Durch diese Handlung ändert sich<br />
die Rollenverteilung, indem das Opfer zum Täter und der Täter zum Opfer wird, dem<br />
genauso wenig geholfen wird, wie dem Farbigen zuvor.<br />
Zu den wichtigen Nebenrollen gehören:<br />
Mofafahrer, kleiner Junge mit seiner Mutter, verschiedene Jugendliche (zwei Mädchen und<br />
zwei türkische Jungen), alter Mann und der Kontrolleur.<br />
Mofafahrer:<br />
Er ignoriert die verbalen Angriffe der älteren Dame sowie den Angriff des Farbigen. Daraus<br />
kann man schließen, dass er zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt ist. –<br />
nämlich dass sein Mofa gravierend beschädigt ist und dass er keinen Fahrschein besitzt. Er<br />
verallgemeinert einen Charaktertypen, der mit keinen weiteren Problemen belastet werden<br />
möchte.<br />
Der kleine Junge mit seiner Mutter:<br />
Der Junge beobachtet als einziger die Handlungen der beiden Hauptakteure sehr genau. Er<br />
lächelt dem Farbigem zu, als ob er mit ihm ohne Worte kommuniziere. Weiterhin ist er auch<br />
der einzige, der sich zu der Fahrscheinentwendung äußert, indem er seine Mutter anredet.<br />
Diese jedoch reagiert sehr genervt und schenkt ihrem Sohn und somit auch dem Ereignis<br />
keinerlei Beachtung. Dies zeigt, wie einige Kinder heutzutage zur Ignoranz erzogen werden.<br />
Jugendliche:<br />
Die beiden Jugendlichengruppen kommunizieren indirekt miteinander, indem sie untereinander<br />
über die jeweils andere Gruppe tuscheln. Dies zeigt ebenfalls, dass sie eigene<br />
Probleme haben und sich nicht für die Probleme ihres Umfeldes interessieren. Jedoch greift<br />
einer der türkischen Jugendlichen ein, als die ältere Dame direkt die türkischen Bürger<br />
beleidigt. Er beschimpft sie mit türkischen Schimpfworten, wird aber wieder von seinem<br />
Freund beruhigt.
Alter Mann:<br />
Der alte Mann, welcher anscheinend aus der gleichen Generation wie die ältere Dame<br />
stammt,<br />
stimmt ihr an der Stelle zu, als die ältere Dame sich eine Namensänderung der ausländischen<br />
Mitbürger wünscht. Daraus lässt sich schließen, dass er zwar dieselben Ansichten<br />
wie die ältere Dame teilt, jedoch sie nicht offen preisgibt, da es ihm im Prinzip gleichgültig<br />
und zu anstrengend ist.<br />
Kontrolleur:<br />
Der Kontrolleur ist der unmittelbare Auslöser für den Wendepunkt des Kurzfilms. Durch sein<br />
Auftreten gibt er dem Farbigen die Gelegenheit sich an der älteren Dame zu rächen.<br />
Weiterhin führt er die Bestrafung „der <strong>Schwarzfahrer</strong>in“ aus.<br />
Der politische Hintergrund:<br />
Der Film kann als Reaktion auf die Ereignisse, die sich in den Jahren vor dem Filmdreh<br />
ereignet haben, verstanden werden. In den Jahren 1992-1993 wurde im Bundestag ein<br />
Gesetz verabschiedet, das eine schnellere Abschiebung von Ausländern ermöglicht, deren<br />
Asylantrag als unbegründet zurückgewiesen wurde. (Vgl. Asylverfahren soll beschleunigt<br />
werden, Seite 62)<br />
Bis Ende Oktober 1992 registrierte das Bundeskriminalamt in Wiesbaden bereits 435<br />
Brandanschläge und rechtsextremistische Übergriffe gegenüber Ausländern und 76 rechtsextremistische<br />
Organisationen und Vereinigungen. Dies ist vor allem auf die hohe Arbeitslosigkeit,<br />
Spannungen in der Familie, Unzufriedenheit und Orientierungs- und Perspektivlosigkeit<br />
der jüngeren Bundesbürger zurückzuführen. In den neuen Bundesländern ist die<br />
Population der so genannten „Skinheads“ viel größer (mit 3000 von bundesweit 4000) als im<br />
Rest Deutschland (Vgl. Frust wird zu Gewalt, Seite 78).<br />
Folgende Beispiele für die zunehmende Gewaltbereitschaft belegen dies:<br />
Im März überfielen 40 Rechtsextremisten ein Asylbewerberheim bei Rostock.<br />
Im Mai stürmten 60 Neonazis ein Lokal in Magdeburg, in dem eine Gruppe Punks Geburtstag<br />
feierte.<br />
Im August werden in Brandenburg mehrere Asylbewerberheime sowie Zeltplätze von Roma<br />
und Sinti von Rechtsradikalen angegriffen. (Vgl. Frust wird zu Gewalt, Seite 78)<br />
Im selben Monat griffen rund 1000 Randalierer erneut ein Asylbewerberheim an. 1600<br />
Beamte des Bundesgrenzschutzes und Polizisten führten mit mehr als 1000 Gewalttätern<br />
Straßenschlachten. (Vgl. Rechtradikale bringen Ansehen Deutschlands in Verruf, Seite 77)<br />
Im November eskalierten die Gewalttaten mit über 19 Angriffen von Rechtsradikalen. (Vgl.<br />
Gewaltserie reißt nicht ab, Seite 111)<br />
1992 gibt es nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes 41400 Mitglieder rechtsextremistischer<br />
Gruppen. In diesem Jahr sind mindestens 14 Menschen bei rechtsradikalen Angriffen<br />
ums Leben gekommen. (Vgl. Staat gegen Extremismus, Seite 121)<br />
Quelle: Bodo Harenberg (HG), Chronik 1992<br />
Chronik Verlag in der Harenberg Kommunikation Verlags- und<br />
Mediengesellschaft Dortmund 1992
Botschaft des Films<br />
Der Film besitzt die Aussage, dass es selbst in unserer heutigen Gesellschaft zu viele<br />
Vorurteile gibt. Dies wird im Film zum größten Teil am Beispiel der Ausländerfeindlichkeit<br />
dargestellt, da die mangelnde Zivilcourage der anderen Leute angeprangert wird.<br />
Man kann den Film auf zwei verschiedene Arten deuten:<br />
Zum einen gibt es die These, dass die Leute die ganze Zeit über aufmerksam zugehört<br />
haben, jedoch zu feige sind in die Handlung einzugreifen. Dieses (nicht) Verhalten steuert<br />
dazu bei, dass die Passanten dem Farbigen in der Schlussszene beistehen. Denn gerade<br />
dieses passive Verhalten der Passanten trägt dazu bei, dass niemand den wahren Sachverhalt<br />
(der Farbige isst ja wirklich den Fahrschein) genauer erläutert. So wird die alte Dame<br />
ohne Einwand der anderen Fahrgäste als <strong>Schwarzfahrer</strong> aus der Bahn geführt. Kurz gesagt:<br />
Die Leute reagieren, indem sie nicht reagieren.<br />
Die andere These besagt, dass der Skandal der Ausländerfeindlichkeit nur an zweiter Stelle<br />
steht. Im Mittelpunkt des Films steht der Skandal der passiven Duldung des Unrechts.<br />
Entscheidend für den Film ist nicht, dass der Farbige aufgrund seiner Äußerlichkeit das<br />
Opfer wird, sondern dass die Leute auf kein Unrecht reagieren egal wen es trifft.<br />
Problemlösung im Film<br />
Das Filmende ist für den Betrachter als sehr unrealistisch zu werten, da derartige Probleme<br />
im Alltag normalerweise anders gelöst werden. In diesem Film gibt es eine Art „Happy End“,<br />
weil die alte Dame ihre gerechte Strafe erhält. Dies ist im Alltag nur selten der Fall, da<br />
meistens kein gerechtes Ende gibt.<br />
Aktueller Bezug<br />
Der Film bezieht sich auf die Diskriminierung von Ausländern in Deutschland. Diese wird im<br />
Film mit dem Anschlag auf ein Ausländerwohnheim in Rostock im Jahre 1992 in Zusammenhang<br />
gebracht. Es gibt momentan zwar kein konkretes Beispiel, aber eigentlich ist das<br />
Thema Ausländerfeindlichkeit immer aktuell, weil ständig von Auseinandersetzungen<br />
zwischen Ausländern und Deutschen berichtet wird.<br />
Das Thema „Diskriminierung sämtlicher Minderheiten“ wird auch in allen anderen Medien<br />
sehr kritisch betrachtet. Die Medien stellen sich auf die Seite der Betroffenen und versuchen<br />
Außenstehende, die noch nie mit solchen Aktionen konfrontiert wurden, mit ihren Beiträgen<br />
über den Zustand und die Probleme der Opfer im Alltag aufzuklären. Die Medien sind immer<br />
sehr aufgebracht, wenn derartige Vorkommnisse geschehen und sind strikt gegen solche<br />
Aktionen. Sie sprechen sich als Gegner von Ausländerhass aus.
Unsere kritische Stellungnahme zum Film „<strong>Schwarzfahrer</strong>“!<br />
Nachdem wir uns nun mehrere Stunden lang mit der Filmvorlage „<strong>Schwarzfahrer</strong>“ beschäftigt haben<br />
und den Sachverhalt des Filmes verarbeitet haben, sind wir zu folgender kritischen Stellungnahme<br />
zum Film gekommen.<br />
Die Aufteilung des Filmes ist unserer Meinung nach gut gelungen, da Anfang und Ende so wie<br />
andere wichtige Schlüsselszenen im Film gut zu erkennen sind. Des Weiteren beurteilen wir es als<br />
positiv, dass so viele verschiedene Charaktere im Film vorkommen und diese das Geschehen des<br />
Filmes noch besser heraus stellen. Durch die vorhandenen „Special Effects“ (Kameraperspektiven,<br />
Musik, Licht) werden tiefgehende Sachverhalte des Filmes genauer erläutert und der gesamte<br />
Filminhalt noch besser verstanden. Die Stimmungen im Film wechseln von hektischen und verwirrenden<br />
Eindrücken zu einer Abneigung gegenüber den Beschimpfungen der alten Dame bis hin zu<br />
Witz und Humor der Schlussszene.<br />
Zu kritisieren ist unserer Meinung nach nur, dass die Botschaft des Filmes zweideutig dargestellt<br />
wird. Wir konnten uns erst nach mehrfachem Ansehen des Filmes für zwei Botschaften entscheiden,<br />
entweder wollte der Regisseur das „Desinteresse“ und die „Passivität“ der Leute am allgemeinen<br />
Unrecht verdeutlichen oder er wollte verdeutlichen, dass die Leute am Ende des Films reagieren,<br />
indem sie nicht reagieren.<br />
Im Großen und Ganzen bilden wir uns aus all diesen Faktoren und Feststellungen folgende<br />
Meinung: wir beurteilen diesen Film insgesamt als gelungen, weil alle filmtechnischen Mittel dazu<br />
beigetragen haben, dass der tiefere Sinn des Films noch besser herausgestellt worden ist und<br />
folglich die Botschaften des Filmes erfolgreich weiter gegeben wurden.