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Spurensuche in Lissabon:<br />
Jeremy Irons<br />
Nachtzug nach Lissabon<br />
D/Schweden/Schweiz 2012,<br />
R: Bille August; D: Jeremy Irons,<br />
Mélanie Laurent, Jack Huston,<br />
martina Gedeck, Bruno Ganz<br />
Start: 7.3., Cinenova, Rex, Metropolis<br />
(OmU)<br />
Drama Nach der Scheidung von seiner<br />
Frau lebt der Berner Lateinlehrer<br />
Raimund Gregorius (Jeremy<br />
Irons) ein Dasein im Dämmerzustand.<br />
Bis die Begegnung mit einer<br />
jungen Portugiesin und das Buch<br />
eines mysteriösen Autors, das die<br />
Frau in ihrer Manteltasche mit sich<br />
führt, die Weichen in Gregorius‘<br />
Leben neu stellen. Die Frau verschwindet<br />
ebenso plötzlich, wie sie<br />
aufgetaucht ist, aber ein Satz aus<br />
dem portugiesischen Büchlein und<br />
eine Fahrkarte nach Lissabon erwecken<br />
in dem Lehrer ungeahnte Vitalität.<br />
„Wenn es so ist, dass wir nur<br />
einen kleinen Teil von dem leben<br />
können, was in uns ist – was geschieht<br />
mit dem Rest?“ Die Worte<br />
werden für ihn zur Initialzündung:<br />
Er reist nach Lissabon, um dort<br />
mehr über den Autor des Buches,<br />
den portugiesischen Arzt und Poeten<br />
Amadeu de Prado, zu erfahren.<br />
Die Recherchen am Tejo führen den<br />
Reisenden quer durch die Stadt, zu<br />
immer neuen Menschen und erschütternden<br />
Erkenntnissen über<br />
den jung verstorbenen Autor, dessen<br />
bewegtes Leben von den bedrückenden<br />
Jahren der Militärdiktatur<br />
unter Salazar und einer dramatischen<br />
Liebesgeschichte geprägt<br />
war. Fieberhaft setzt Gregorius die<br />
Einzelteile eines Puzzles zusammen,<br />
dessen Bild am Ende auch<br />
seiner Suche nach Glück und Selbsterkenntnis<br />
den entscheidenden Hinweis<br />
geben wird. In parallel erzählten<br />
Handlungssträngen setzt der<br />
Film das auf unterschiedlichen Zeitebenen<br />
spielende Leben der beiden<br />
Männer und ihre Suche nach Liebe<br />
und Selbstbestimmung in Szene. Der<br />
jugendliche Amadeu de Prado muss<br />
sich ebenso den Ungewissheiten des<br />
Lebens stellen wie der gereifte Gregorius.<br />
Bille August setzt dabei die<br />
Akzente stärker auf die Liebesgeschichten,<br />
auch wenn die philosophisch-politischen<br />
Aspekte des Buches<br />
immer wieder geschickt mit<br />
eingewoben werden. An Originalschauplätzen<br />
entfaltet sich so auch<br />
ein schauspielerisch überzeugendes<br />
Drama, melancholisch und mysteriös<br />
zugleich, dessen Sog man sich<br />
kaum entziehen kann. -nr<br />
The Crime<br />
GB 2012, R: Nick Love<br />
D: Ray Winstone, Ben Drew, Hayley<br />
Atwell, Damian Lewis<br />
Start: 28.2., Cinedom<br />
Krimi Um Londons schlimmste Gangster<br />
zur Strecke zu bringen, wenden Jack<br />
Regan und seine von ihm geführte Spezialeinheit<br />
von Scotland Yard schon<br />
mal Methoden jenseits der Legalität an.<br />
Der Erfolg gibt dem Raubein zwar<br />
recht, doch die Menge an Beschwerden<br />
hat die Vorgesetzten nervös gemacht.<br />
Ein interner Ermittler wird gegen Jack<br />
und sein Team in Stellung gebracht.<br />
Untersucht werden soll auch das Verschwinden<br />
von Teilen einer Goldbeute.<br />
Dass Jack mit seiner Kollegin Nancy<br />
eine heiße Affäre hat und die schöne<br />
Polizistin gleichzeitig eine kriselnde<br />
Ehe mit dem internen Ermittler führt,<br />
sorgt für zusätzlichen Zündstoff. Neben<br />
den internen Querelen gibt es für das<br />
Squat-Team aber auch jede Menge gefährliche<br />
Einsätze zu bewältigen, macht<br />
doch eine brutale Bande aus Osteuropa<br />
London unsicher. Als bei einem Einsatz<br />
ein Mitglied des Teams ums Leben<br />
kommt, zieht sich die Schlinge um<br />
Jacks Hals gefährlich zu. Regisseur<br />
Nick Love hat um seinen Star Ray<br />
Winstone eine ganze Riege knorriger<br />
Typen gesellt, die dem temporeich inszenierten<br />
Genre-Krimi über so manche<br />
Unternehmergattin in seinem Revier<br />
entdeckt wird, taucht der schnöselige<br />
François von der Pariser Mordkommission<br />
am Tatort auf, der den<br />
prestige trächtigen Fall prompt an sich<br />
reißt. Doch die Spur führt nicht nur in<br />
die Welt des Pariser Geldadels, sondern<br />
auch mitten in die Unterwelt von<br />
Bobigny. So sind die beiden unterschiedlichen<br />
Cops gezwungen, sich<br />
zusammenzuraufen, um den Fall zu<br />
lösen. Der Film ist einerseits eindeutig<br />
ein Starvehikel für Omar Sy, der hier<br />
seinen sympathisch-flapsigen Auftritt<br />
aus „Ziemlich beste Freunde“ wieder<br />
aufwärmt, und andererseits eine Reminiszenz<br />
an die Actionkomödien der<br />
80er Jahre, allen voran die Eddie-Murphy-Erfolge<br />
„Nur 48 Stunden“ und<br />
„Beverly Hills Cop“. Allerdings haben<br />
die beiden Akteure hier mehr mit dem<br />
schlechten Drehbuch zu kämpfen als<br />
mit Gangstern oder den Charaktereigenschaften<br />
ihres Gegenübers. Das<br />
Buddy-Movie versucht zwar, den beiden<br />
Figuren originelle Konturen zu<br />
verleihen, indem der „feine“ Cop aus<br />
der Innenstadt der triebgesteuerte Charakter<br />
ist, während Ousmane als sittsamer,<br />
alleinerziehender Vater die<br />
moralische Instanz bildet – dies bleibt<br />
aber in den Ansätzen stecken. Die beiden<br />
Cops nähern sich viel zu schnell<br />
einander an, so dass aus den sich rasch<br />
nivellierenden Gegensätzen kaum koinhaltliche<br />
Unstimmigkeit hinweghelfen.<br />
Überhaupt legt die Kinofassung<br />
der britischen TV-Serie aus den 70ern<br />
viel Wert auf markige Machoposen<br />
und erdige Actionszenen. Dass die Killerplauze<br />
Winstone eigentlich weder<br />
als heißblütiger Lover noch als drahtiger<br />
Actioner durchgeht, fällt bei seiner<br />
enormen darstellerischen Präsenz fast<br />
nicht auf. <br />
-nr<br />
Drachenmädchen<br />
D 2012, R: Inigo Westmeier<br />
Start: 28.2., Cinenova<br />
Doku In China boomt der harte Drill.<br />
In Internaten wie der Shaolin- Tagou-<br />
Kampfschule werden Jungen und<br />
Mädchen körperlich und geistig fit<br />
gemacht für den harten Wettbewerb.<br />
Mit nur wenigen Schülern im Jahr<br />
1979 gegründet, ist die Schule mit nun<br />
fast 35.000 (!) Schülern die größte des<br />
Landes. Inigo Westmeier durfte mit der<br />
Kamera den Alltag in der Schule beobachten.<br />
Die ähnelt nicht nur äußerlich<br />
einer Kaserne. Der Umgangston ist<br />
schroff, der Tagesablauf bis ins letzte<br />
Detail straff durchorganisiert. Die Kinder,<br />
meist aus ärmlichen Verhältnissen<br />
stammend oder als schwer erziehbar<br />
geltend, werden mit härtestem Training<br />
in der Kunst des Kung-Fu unterrichtet.<br />
Leistung ist alles. Wer versagt oder aus<br />
der Reihe tanzt, wird drakonisch be-<br />
straft. Dabei schaffen es nur die Besten<br />
zur Wettkampfreife. Heimweh und<br />
Tränen sind verpönt. Die Kinder werden<br />
dazu angehalten, Schwächen oder<br />
Gefühle nicht zu zeigen. Dass dem<br />
Film dennoch ein Blick in die Seelenlage<br />
der Schüler gelingt, ist bemerkenswert.<br />
Viele Kinder leiden nicht nur<br />
unter dem gnadenlosen Internatsalltag,<br />
sondern auch unter dem mangelnden<br />
Rückhalt ihrer Familien. Da wird ein<br />
Mädchen von ihrem Vater am Telefon<br />
gemaßregelt, weil sie nur den zweiten<br />
Platz in einem Wettkampf erreicht hat.<br />
Andere bekommen ihre Eltern überhaupt<br />
nicht mehr zu Gesicht. Der glänzend<br />
gefilmte und brillant geschnittene<br />
Dokumentarfilm gewährt Einblicke in<br />
das Selbstverständnis einer Nation, die<br />
Kapitalismus und Kommunismus in<br />
erster Linie nach konfuzianischen<br />
Maßstäben umsetzt. <br />
-nr<br />
Ein Mordsteam<br />
F 2012, R: David Charhon<br />
D: Omar Sy, Laurent Lafitte<br />
Start: 21.3., Cinedom, Cinenova<br />
Actionkomödie Das Revier des Polizisten<br />
Ousmane ist die berüchtigte Pariser<br />
Vorstadt Bobigny. Hier ist er aufgewachsen<br />
und hat sich, anders als die<br />
meisten seiner Nachbarn, mit Fleiß<br />
und Prinzipien für einen ehrbaren Beruf<br />
entschieden. Als die Leiche einer<br />
18<br />
Drachenmädchen<br />
Ein Mordsteam