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newsletter - Von Schloss zu Schloss

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See ohne Vergangenheit<br />

Einweihung der Skultur »Bernsteingewebe« von Almut<br />

Grypstra in Allermöhe<br />

Auf der Hainbuchenallee weht ein heftiger Wind. Vielleicht<br />

sind die namensgebenden Bäume einfach noch nicht groß<br />

genug, um die ansonsten benutzerfreundliche Fußgänger-<br />

Allee, die den jungen Stadtteil als zentrale Achse durchzieht,<br />

vor ihm <strong>zu</strong> schützen. In Allermöhe haben die Stadtplaner<br />

versucht, keine Fehler <strong>zu</strong> machen, denkt die Besucherin aus<br />

der Innenstadt auf ihrem kurvenlosen Weg <strong>zu</strong>m Siedlungsrand.<br />

Dort liegt der Westsee. Wie alles hier wurde er fürsorglich<br />

angelegt, aber das merkt ihm keiner an, sogar der Sandstrand<br />

an seinen Ufern sieht echt aus, im Sonnenlicht, das<br />

an Tagen wie diesen aus Wolkentürmen hervorbricht.<br />

Diese Übergangszone zwischen geschichtsloser Architektur<br />

und künstlich angelegter Natur hat sich Almut Grypstra als<br />

Ort für ihre Skulptur ausgesucht. »Bernsteingewebe« besteht<br />

aus einem anderthalb Meter hohen und fünf Meter langen<br />

Chromstahlgerüst, dessen gewellte Form an ein Tuch erinnert.<br />

An den Knotenpunkten der netzartigen Struktur befinden<br />

sich drehbare Kugeln aus einem speziellen Kunstharz,<br />

in die Fundstücke eingegossen wurden, die die Künstlerin in<br />

der näheren Umgebung aufgelesen hat. Es sind Relikte wie<br />

Kronkorken, Einwegfeuerzeuge, oder kaputte Spielzeuge,<br />

die auf die Anwesenheit von Menschen hindeuten und die<br />

nun in den Kugeln eingeschlossen sind, wie prähistorische<br />

Insekten in Bernstein. Die Künstlerin hat all die weggeworfenen<br />

Dinge meist paarweise kombiniert, so scheinen sie<br />

eine Bedeutung <strong>zu</strong> bekommen, abgesehen davon, dass sie<br />

in ihren Kugeln plötzlich wertvoll wirken.<br />

Grypstra hat an der HFBK studiert und 2008 bei Pia Stadtbäumer<br />

Diplom gemacht. Den Auftrag für die Skulptur bekam sie<br />

im Zuge eines Wettbewerbs, den der Kommunikations- und<br />

Kunstverein Allermöhe e. V., kurz Kokus, 2007 über die HFBK<br />

ausgeschrieben hatte. Fünf Entwürfe kamen damals in die<br />

engere Wahl, eine zehnköpfige Jury entschied sich schließlich<br />

für den Vorschlag von Grypstra. Dass die Skulptur nicht<br />

»Bernsteingewebe«, Detailansicht einer Kugel, Foto: Karl Grypstra<br />

wie geplant 2008, sondern erst jetzt realisiert werden konnte,<br />

liegt unter anderem an der Baugenehmigung, um die sich<br />

die Künstlerin selbst kümmern musste.<br />

Über das Spielerisch-Leichte, das sie ausstrahlt – bei der<br />

Einweihungsfeier am 28. Mai sah man auch Erwachsene<br />

verzückt die Kugeln bewegen –, verleiht Grypstras Skulptur<br />

dem Ort eine komplexe historische Dimension. Ausführliche<br />

Recherchen sind in die Arbeit eingeflossen. Das erste nicht<br />

landwirtschaftliche Unternehmen in Alt-Allermöhe war eine<br />

Textil-Manufaktur, eine Kattundruckerei, die bis Anfang des<br />

19. Jahrhunderts in Betrieb war. »Bernsteingewebe« steht<br />

aber auch für die Struktur der Bevölkerung des heutigen<br />

Allermöhe, die sich aus vielen Nationalitäten <strong>zu</strong>sammensetzt.<br />

Die Skulptur wird altern und ein Teil der Geschichte<br />

Allermöhes werden. Und mit den Jahren wird das Epoxidharz<br />

der Kugeln vergilben, bis es irgendwann tatsächlich<br />

aussieht wie Bernstein …<br />

»Bernsteingewebe«<br />

Almut Grypstra<br />

Westsee, Hamburg-Allermöhe<br />

Hainbuchenallee 1 a<br />

»Bernsteingewebe« von Almut Grypstra in Hamburg-Allermöhe, Foto: Karl Grypstra<br />

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