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AnsichtsPDF_Zusammen:Österreich - Styria Multi Media Corporate

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Herbst<br />

2013<br />

<strong>Österreich</strong>ische Post AG/sPonsorinG.Post 08Z037821s, <strong>Österreich</strong>ischer inteGrAtionsfonds, schlAchthAusGAsse 30, 1030 Wien<br />

Sie zeigen’S vor<br />

Sechs Migranten<br />

erklären, warum<br />

sie sich engagieren<br />

UnSere Kinder fit<br />

für vielfalt machen<br />

Musterprojekt im Burgenland<br />

stärkt <strong>Zusammen</strong>leben in<br />

Kindergärten und Schulen<br />

Sinnvoll engagieren –<br />

zUSammenleben mitgeStalten<br />

Vereine als Orte der Begegnung:<br />

So werden Zuwanderer zu<br />

Stützen der Gesellschaft


IM KOPF DIE<br />

POLITIK, IM<br />

HERZEN DIE<br />

LESER.<br />

editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

integration in Zahlen<br />

Welche Rolle<br />

spielt ehrenamtliches<br />

Engagement<br />

für das<br />

<strong>Zusammen</strong>leben?<br />

hinter uns liegt ein<br />

Sommer der Extreme.<br />

Auf die Flut im Juni<br />

folgte Dürre im Juli<br />

und August. Die Wetterkapriolen<br />

bringen<br />

freiwillige Helferinnen<br />

und Helfer ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Sie engagieren<br />

sich in ihrer Freizeit bei Hilfsorganisationen<br />

und packen an, wo sie benötigt werden. Wo Menschen<br />

zusammenkommen, um gemeinsam Gutes zu tun<br />

oder einfach die Freizeit zu verbringen, rückt in den<br />

Hintergrund, wo der Einzelne herkommt und welche<br />

Muttersprache er hat. Vereine gelten als Schule des <strong>Zusammen</strong>lebens:<br />

Sie bieten Migrantinnen und Migranten<br />

wertvolle Freizeitaktivitäten und die Chance, wie von<br />

selbst Kontakt zu Einheimischen zu knüpfen.<br />

Tatsächlich bringen Zuwanderer sich jedoch seltener in<br />

Vereinen ein als Einheimische. Warum ist das so? Wie<br />

können Ehrenamts-Organisationen dieses große Mitgliederpotenzial<br />

besser nützen? Und reicht es nicht, in<br />

Familie und Nachbarschaft zu helfen? Fragen wie diese<br />

stehen im Mittelpunkt unserer Titelgeschichte ab S. 6.<br />

Was Migrantinnen und Migranten dazu bringt, sich in<br />

ihrer Freizeit zu engagieren, erfragen wir in sechs Kurzportraits<br />

ab S. 14.<br />

Euro werden laut Weltbank pro Jahr von <strong>Österreich</strong>s<br />

Migranten in ihre Herkunftsländer überwiesen. Das ist dreimal<br />

mehr als die offizielle Entwicklungshilfe.<br />

zusätzliche<br />

Pflegekräfte<br />

braucht <strong>Österreich</strong> bis 2025, hat das Rote<br />

Kreuz errechnet. Die Pflege stellt damit auch<br />

für Migranten eine Zukunftsbranche dar.<br />

Euro mehr zahlen Migranten-<br />

Haushalte jährlich im<br />

Schnitt in den Staatshaushalt ein, als sie<br />

durch Sozialleistungen erhalten. In einem<br />

Großteil der von der OECD untersuchten<br />

Länder sind Zuwanderer Nettozahler.<br />

Prozent der Fußballer im<br />

österreichischen Nationalteam<br />

haben Wurzeln<br />

im Ausland. Die Herkunftsländer<br />

reichen von<br />

Deutschland über Serbien und die Türkei bis<br />

hin zu Nigeria und den Philippinen.<br />

DiePresse.com/wahlabo<br />

Politiker und Parteien von allen Seiten<br />

betrachten. Über Versprechungen und<br />

Verflechtungen von innen und außen<br />

berichten. Das Superwahljahr ausführlich<br />

analysieren und treffend kommentieren.<br />

Das ist unser Anspruch.<br />

Testen Sie uns jetzt:<br />

8 Wochen um 8 Euro.<br />

RIENTIERUNG.<br />

FOTO: ÖIF/ClOrmann, IllusTraTIOnen: nIel mazhar<br />

Auf den Sommer der Extreme folgt nun der Herbst,<br />

die farbenprächtigste Jahreszeit. Passend dazu stellen<br />

wir in der Rubrik „Buntes <strong>Österreich</strong>“ eine ebenso süße<br />

wie farbenfrohe Bäckerei vor, die aus den USA stammenden<br />

„Cake-Pops“ (S. 32). Einen kulinarischen Ausflug<br />

machen wir auch auf den Wiener Heuberg, wo<br />

Gastronom Roger täglich indisches Curry und Wiener<br />

Hausmannskost unter einen Hut bringt (S. 34).<br />

Wenn die Nächte wieder länger werden,<br />

bleibt mehr Zeit zum Lesen: Wir wünschen Ihnen<br />

eine spannende Lektüre und freuen uns auf Lob,<br />

Kritik und kostenlose Abo-Bestellungen unter<br />

magazin@integrationsfonds.at.<br />

Die ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-Redaktion<br />

v. l. n. r.: Magdalena Deixler, Julian Unger, Valentin<br />

Schwarz, Franziska Troger, Aleksandra Klepić, Roland Goiser<br />

Prozent der Bevölkerung<br />

oder rund 70.000 Menschen<br />

in <strong>Österreich</strong> stammen aus<br />

Kroatien, das am 1. Juli als 28. Mitglied<br />

der EU beigetreten ist. Die Kroaten sind<br />

die sechstgrößte Migrantengruppe.<br />

impressum<br />

Medieninhaber, Herausgeber und Redaktionsadresse: <strong>Österreich</strong>ischer<br />

Integrationsfonds, A-1030 Wien, Schlachthausgasse 30, Tel.: +43(0)1/710 12 03-0,<br />

Fax: +43(0)1/710 12 03-500, mail@integrationsfonds.at.<br />

Redaktionsleiter: Mag. Roland Goiser, roland.goiser@integrationsfonds.at.<br />

Chef vom Dienst: Mag. Valentin Schwarz, valentin.schwarz@integrationsfonds.at.<br />

Redaktion: Bakk. phil. Aleksandra Klepić; Mag. Julian Unger, MA;<br />

MMag. Franziska Troger, Magdalena Deixler, BA BA. Produktion und Anzeigen:<br />

<strong>Styria</strong> <strong>Multi</strong> <strong>Media</strong> <strong>Corporate</strong> GmbH & Co KG, Geiselbergstraße 15, 1110 Wien,<br />

www.corporate.styria-multi-media.com. Geschäftsführung: Mag. Erich<br />

Schönberg, Mag. Martin Distl Artdirektion: Mag. Nina Ullrich. Projektleitung:<br />

Kristina Gavric. Grafik: Ortwin Neumayer. Fotoredaktion: Ewa Bisztyga.<br />

Anzeigenleitung: Harald Kuso. Korrektur: Birgit Forst. Produktion: m4!<br />

Mediendienstleistungs GmbH & Co KG, www.m-4.at. Druck: Astoria Druck. ISSN:<br />

1995-6606. Die Artikel von Gastautorinnen und -autoren drücken deren<br />

persönliche Meinung aus und müssen nicht den Positionen des <strong>Österreich</strong>ischen<br />

Integrationsfonds entsprechen. Seiten, die mit „Werbung“ oder „Advertorial“<br />

gekennzeichnet sind, sind entgeltliche Einschaltungen gemäß §26 Mediengesetz.<br />

Alle Rechte vorbehalten, auch die Übernahme, vollständige oder auszugsweise<br />

Weiter- oder Wiedergabe, gem. §44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz.<br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 003


FOKUS<br />

Chancen und Möglichkeiten in <strong>Österreich</strong><br />

Leserbriefe<br />

Leser-Reaktionen<br />

auf ZUSAMMEN:ÖSTERREICH 2/2013:<br />

Chancen nützen – Karriere machen<br />

Schreiben<br />

Sie uns Ihre<br />

Meinung an<br />

magazin@<br />

integrations<br />

fonds.at<br />

inhaLt<br />

FOKUS.<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

ZUSammEn:ÖStErrEich.<br />

integration fördern. chancen sichern.<br />

Auch in der Volksschule<br />

Handlungsbedarf<br />

Im Artikel „Der Weg nach<br />

oben“ schreiben Sie, der Leistungsabstand<br />

zwischen Schülern<br />

mit nicht-deutscher Umgangssprache<br />

wäre im Alter<br />

von zehn Jahren geringer als<br />

mit fünfzehn Jahren. Ich habe<br />

mich im Detail mit den zitierten<br />

Studien PIRLS, TIMSS und<br />

PISA beschäftigt und bin der<br />

Ansicht, dass die dort enthaltenen<br />

Daten einen solchen<br />

Vergleich nicht zulassen: PIRLS<br />

und TIMSS messen Schülerleistungen<br />

am Ende der Volksschule<br />

und unterscheiden, ob<br />

Schüler bereits vier Jahre davor<br />

Deutsch als Umgangssprache<br />

gesprochen haben. PISA<br />

hingegen unterscheidet, ob<br />

die Schüler zum Zeitpunkt des<br />

Tests, mit fünfzehn Jahren,<br />

Deutsch als Umgangssprache<br />

sprechen. Der direkte Vergleich<br />

der Rückstände ist somit<br />

irreführend. Mir ist dieser<br />

Hinweis wichtig, um nicht den<br />

Eindruck entstehen zu lassen,<br />

es gäbe bei den Unter-Zehnjährigen<br />

keinen großen Handlungsbedarf.<br />

Als Lehrer weiß<br />

ich, dass wir gerade in diesem<br />

Alter eine enorme Aufgabe<br />

zu bewältigen haben, wenn es<br />

darum geht, Kinder mit anderer<br />

Muttersprache zu fördern.<br />

Gerhard Riegler, Wien<br />

Lob aus Deutschland<br />

Als Mitglied der Social-<br />

<strong>Media</strong>-Redaktion im deutschen<br />

Bundesamt für Migration und<br />

Flüchtlinge bin ich stets auf<br />

der Suche nach neuen Ideen,<br />

um unsere Themen Migration<br />

und Integration ansprechend<br />

aufzubereiten. Dabei bin ich<br />

auf Ihr gelungenes Magazin<br />

gestoßen: Die Texte sind interessant<br />

und verständlich formuliert,<br />

wenn nötig mit statistischen<br />

Daten unterfüttert und<br />

klar strukturiert. Die Illustrationen<br />

sind liebevoll gemacht.<br />

Besonders inspiriert mich die<br />

Rubrik „Begriffe mit Migrationshintergrund“.<br />

Sie zeigt<br />

ausnahmsweise nicht, was sich<br />

alles durch Zuwanderung ändert,<br />

sondern was schon lange<br />

und ganz selbstverständlich<br />

Teil unserer Gesellschaft geworden<br />

ist. Wir haben die Rubrik<br />

in ähnlicher Form als unregelmäßige<br />

Fotostrecke auf<br />

unserem Facebook-Auftritt unter<br />

www.facebook.com/bamf.<br />

socialmedia übernommen.<br />

Ich wünsche Ihnen noch viel<br />

Erfolg für Ihr Magazin.<br />

Corinna Rappe, Nürnberg<br />

Gut lesbar<br />

Die Ausgabe hat beeindruckende<br />

Geschichten, ist gut<br />

lesbar und flott aufgemacht.<br />

Danke. Marlies Matejka, Wien<br />

09<br />

11<br />

12<br />

14<br />

18<br />

14<br />

LeitartikeL. Von mehr engagement<br />

profitieren aLLe<br />

Für Heinz Faßmann ist ehrenamtliche<br />

Arbeit Folge und Ursache<br />

gelungener Integration.<br />

reitans refLexionen. Vom Wert<br />

der freiWiLLigkeit – Kolumne<br />

von Claus Reitan.<br />

kontroVerse. Wann gehört man<br />

dazu? – Streitgespräch über die<br />

Rolle von Migrantenvereinen.<br />

migranten-portraits. heLden des<br />

aLLtags – Sechs Freiwillige<br />

erzählen über ihr Engagement.<br />

zahLen und fakten. ehrenamt:<br />

Wer profitiert daVon?<br />

Die vielen Dimensionen<br />

freiwilliger Arbeit.<br />

Wenn den Spielern<br />

eine Entscheidung<br />

nicht passt, krieg ich<br />

das zu hören – egal,<br />

ob ich Frau oder<br />

Mann, <strong>Österreich</strong>erin<br />

oder Kroatin bin.<br />

Ivana Budim,<br />

Schiedsrichterin der Nachwuchsliga<br />

FOTOS: www.weinFranz.aT, ThOmaS UnTerberger, ÖiF/Unger<br />

06<br />

06<br />

24<br />

Cover-Thema. Das hobby im DiensT Der guTen saChe<br />

Engagement in der Freizeit fördert das gelungene<br />

<strong>Zusammen</strong>leben. Wie können Migranten und Einheimische<br />

diese Chance noch besser nützen?<br />

32<br />

21<br />

22<br />

24<br />

26<br />

28<br />

30<br />

32<br />

33<br />

34<br />

WortWanderung. Begriffe mit<br />

Migrationshintergrund.<br />

IntegratIon vor ort.<br />

damIt alle eInen Platz fInden.<br />

Das Vorzeigeprojekt dieser<br />

Ausgabe.<br />

PortraIt. vom SItzenbleIber zum<br />

KlaSSenvorStand.<br />

Volkan Ekici unterrichtet mit<br />

Respekt und Schmäh.<br />

rücKblIcK & auSblIcK.<br />

ÖIF-Highlights und Termine.<br />

ProjeKt der Stunde.<br />

geSund und munter<br />

Der ÖIF fördert das Gesundheitsbewusstsein<br />

von Kindern und<br />

Familien in Graz.<br />

PublIKatIonen.<br />

„vollStändIge IntegratIon<br />

brIngt mIllIarden“<br />

Neue Studie über die Potenziale<br />

in Bildung und Beruf.<br />

bunteS ÖSterreIch. der Kuchen<br />

am StIel – Cake-Pops, der neue<br />

Nasch-Trend aus den USA.<br />

unterhaltung.<br />

rezePt und rateSPaSS<br />

Cevapcici und Kreuzworträtsel.<br />

zuSammen:leben.<br />

„WIr SInd WIe eIne famIlIe“<br />

Zwei Menschen.<br />

Zwei Herkunftsländer.<br />

Eine Geschichte.<br />

004 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 005


Fokus<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

FOTOS: www.weinFranz.aT<br />

Der aus Kenia stammende<br />

Paul Yulu und die gebürtige Israelin<br />

Rabiaa Abu-Zeid engagieren sich<br />

als Sanitäter und Rettungsfahrerin<br />

beim Samariterbund.<br />

coverthema<br />

Das Hobby im Dienst<br />

der guten Sache<br />

Ob Rettung, Feuerwehr oder Sportklub: Vereine bieten Migranten<br />

ein breites Freizeitangebot und die Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen.<br />

Warum engagieren sich Zuwanderer dennoch seltener freiwillig?<br />

Wie kann die Chance Ehrenamt besser genützt werden?<br />

TexT<br />

Valentin Schwarz, Magdalena Deixler und Roland Goiser<br />

An guten Tagen sind es mehr als<br />

18.000 Menschen, die hier gemeinsam<br />

ihre Mannschaft anfeuern,<br />

Sprechchöre anstimmen und nach<br />

gelungenen Szenen applaudieren: Das<br />

Wiener Hanappi-Stadion ist die Heimstätte<br />

von Rapid, dem größten Fußballklub<br />

des Landes. Was den grün-weißen<br />

Fußballfans nicht bewusst ist: Während<br />

sie gebannt dem Geschehen auf dem Rasen<br />

folgen, halten andere hinter den Kulissen<br />

die Stellung – unbezahlt und nahezu<br />

unbemerkt. Es sind ehrenamtliche<br />

Sanitäter wie Paul Yulu, Jus-Student mit<br />

kenianischen Wurzeln. „Für uns beginnt<br />

das Match bereits eineinhalb Stunden vor<br />

dem Anpfiff mit der Vorbesprechung“,<br />

sagt er.<br />

Funkspruch statt ElFmEtErpFiFF<br />

Die beiden Halbzeiten verbringt Paul Yulu<br />

in einem kleinen Raum in einer Ecke des<br />

Stadions und wartet gespannt. Dort harrt<br />

er aber nicht auf Torschüsse und Elfmeterpfiffe,<br />

sondern auf Funksprüche seines<br />

Einsatzleiters: „Wenn wir erfahren, dass<br />

ein Zuschauer umgekippt ist, erreicht eine<br />

unserer Gruppen innerhalb von zwei Minuten<br />

jeden Punkt der Tribüne.“ Warum<br />

er seine Freizeit zur Verfügung stellt, damit<br />

andere einen sorgenfreien Fußball-<br />

Nachmittag genießen können? „Ich arbeite<br />

einfach gerne mit Menschen“, erklärt<br />

Yulu, „also bin ich nach meinem Zivildienst<br />

als Freiwilliger beim Samariterbund<br />

geblieben.“ Er schätzt vor allem das<br />

gute Arbeitsklima: „Die Atmosphäre zwischen<br />

den Kollegen ist super. Ich kann<br />

006 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 007


Fokus<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

hier etwas Sinnvolles tun und fühle mich<br />

auch noch wohl dabei.“ Diese doppelt positive<br />

Wirkung bestätigt der Freiwilligenbericht<br />

des Sozialministeriums: Ehrenamtliches<br />

Engagement sei „nicht nur für<br />

Migrantinnen und Migranten nützlich<br />

und wertvoll, sondern auch die Aufnahmegesellschaft<br />

profitiert nachhaltig davon“,<br />

heißt es da. Einerseits leisten Zuwanderer<br />

in Vereinen einen wertvollen<br />

Beitrag zur Lebensqualität im Land. Feuerwehr<br />

und Rettung etwa sind weitgehend<br />

von Freiwilligen abhängig. Andererseits<br />

können Migranten so Einheimische kennen<br />

lernen: Den Wunsch nach neuen<br />

Kontakten und Freundschaften nennt<br />

eine Mehrzahl der zugewanderten Ehrenamtlichen<br />

als wichtige Motivation für ihr<br />

Engagement (siehe Kasten S. 10).<br />

Gemeinsame Freizeit als ziel<br />

„Freizeit ist der wichtigste Integrationsbereich<br />

überhaupt“, bestätigt Peter Zellmann,<br />

Leiter des Instituts für Freizeit­ und<br />

Tourismusforschung und Mitglied des<br />

Expertenrats für Integration. Diese These<br />

kann er mit Zahlen untermauern: Langzeitstudien<br />

zeigen, dass der Durchschnitts­<br />

Wer engagiert sich ehrenamtlich?<br />

In <strong>Österreich</strong> gebürtige Menschen arbeiten öfter freiwillig<br />

als im Ausland geborene.<br />

<strong>Österreich</strong><br />

Alte eu-staaten vor 2004<br />

neue eu-staaten seit 2004<br />

ex-Jugoslawien<br />

türkei<br />

stAtistik<br />

37,1 %<br />

Er packt gerne an, wo Hilfe<br />

gebraucht wird: sanitäter Paul Yulu<br />

blieb nach dem Zivildienst als<br />

Freiwilliger beim samariterbund.<br />

46,7 %<br />

50,0 %<br />

Quelle: BMAsk/FreiwilligenBericht 2009<br />

56,5 %<br />

61,4 %<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 %<br />

mensch in <strong>Österreich</strong> nur rund 14 Prozent<br />

seiner Lebenszeit mit Arbeiten oder Ausbildung<br />

verbringt, ein Drittel mit Schlafen.<br />

„Der Rest, also mehr als die Hälfte unserer<br />

Lebenszeit, entfällt auf soziale und familiäre<br />

Tätigkeiten sowie auf Freizeit“, sagt<br />

Zellmann und folgert: „Integrationspolitik,<br />

die ein besseres <strong>Zusammen</strong>leben erreichen<br />

will, muss einen Fokus auf diesen Bereich<br />

legen.“ Die Herausforderung sieht er darin,<br />

dass die Freizeitgewohnheiten sich je<br />

nach Milieu stark unterscheiden. „Gelingt<br />

es aber, die Leute zusammenzubringen, ist<br />

der Effekt umso stärker“, sagt Zellmann,<br />

„denn Menschen werden am besten bewegt,<br />

etwas zu tun, wenn sie es freiwillig<br />

und gerne tun.“ Die Politik solle sich stärker<br />

um ein Miteinander von Menschen<br />

mit und ohne Migrationshintergrund in<br />

der Freizeit bemühen.<br />

miGranten seltener aktiv …<br />

Ein Blick in die Statistik zeigt jedoch: Migrantinnen<br />

und Migranten engagieren<br />

sich im Schnitt seltener als Einheimische<br />

(siehe Diagramm links). Vor allem Menschen,<br />

die im ehemaligen Jugoslawien<br />

geboren wurden, sind deutlich weniger<br />

FOTOS: UniverSiTäT Wien/Franz PFlUegl, WWW.WeinFranz.aT<br />

Ich habe zwar<br />

einen Deutschkurs<br />

gemacht,<br />

aber so richtig<br />

gelernt habe<br />

ich die Sprache<br />

erst durch die<br />

Arbeit beim<br />

Samariterbund.<br />

Rabiaa Abu-Zeid,<br />

ehrenamtlich aktiv.<br />

Auch Personen mit<br />

Geburtsland Türkei<br />

oder einem der „neuen“,<br />

osteuropäischen<br />

EU-Mitgliedstaaten<br />

arbeiten seltener freiwillig.<br />

Im Detail zeigt<br />

sich, dass Migranten<br />

sich vor allem in Organisationen<br />

und Vereinen<br />

seltener beteiligen.<br />

Im Privatbereich<br />

hingegen, etwa beim<br />

Helfen in der Familie oder Nachbarschaft,<br />

liegen Menschen türkischer Herkunft sogar<br />

ganz vorne (Details siehe S. 13).<br />

Sanitäterin und<br />

Rettungsfahrerin<br />

… im Land der VereinsweLtmeister<br />

Lässt sich aus dem geringen Engagement<br />

von Migranten in Vereinen schließen, dass<br />

sie sich weniger um das Gemeinwohl<br />

kümmern? „Nein“, meint Kenan Güngör,<br />

Soziologe und Mitglied des Expertenrats<br />

für Integration, „es ist völlig normal, dass<br />

Migranten sich stärker untereinander unterstützen.“<br />

Schließlich teilen sie eine<br />

ähnliche Lebenssituation und eine gemeinsame<br />

Sprache. Daher dominiere unter<br />

Zuwanderern das Engagement im Privatbereich<br />

und in eigenen Vereinen, etwa<br />

mit religiöser Ausrichtung. „Außerdem<br />

darf man nicht vergessen, dass <strong>Österreich</strong><br />

und der deutschsprachige Raum insgesamt<br />

Vereinsweltmeister sind“, ergänzt<br />

Güngör. Hierzulande wachse man von<br />

klein auf fast selbstverständlich ins<br />

Vereinsleben hinein – anders als in den<br />

Herkunftsländern vieler Zuwanderer.<br />

„Dadurch ist die Distanz zwischen Vereinslandschaft<br />

und Migranten deutlich<br />

höher als bei der Mehrheitsbevölkerung.“<br />

rettungsfahrerin aus Berufung<br />

Eine, die die Distanz zu österreichischen<br />

Organisationen längst überwunden hat, ist<br />

LeitartikeL<br />

Von mehr<br />

Engagement<br />

profitieren alle<br />

Ehrenamtliche Arbeit ist nicht nur Zeichen,<br />

dass jemand in einer Gesellschaft angekommen ist:<br />

Sie beschleunigt dieses Ankommen auch.<br />

TExT<br />

Heinz Faßmann<br />

Engagement für die Gemeinschaft<br />

ist etwas Wünschenswertes, ein<br />

starkes Zeichen von Integration.<br />

Wer bereit ist, sich ohne eine finanzielle<br />

Abgeltung zu engagieren,<br />

fühlt sich als Teil der Gemeinschaft.<br />

Dieses Engagement ist daher typischerweise<br />

im ländlichen Raum, wo<br />

die Stabilität der sozialen Beziehungen<br />

noch dominant ist, sehr viel<br />

stärker ausgeprägt als in der Stadt.<br />

Neuzuwanderer bauen erst Schritt<br />

für Schritt soziale Beziehungen mit<br />

der aufnehmenden Gemeinschaft<br />

auf. Es überrascht daher nicht, dass<br />

sie sich seltener in der formellen<br />

Freiwilligenarbeit einbringen, also<br />

in Organisationen oder Vereinen.<br />

Ihr Engagement liegt eher im informellen<br />

Bereich, also in der Familie<br />

oder der eigenen ethnischen<br />

Community. Die Politik hat diesen<br />

analytischen Befund zur Kenntnis<br />

genommen und instrumentell<br />

umgedreht:<br />

Ehrenamtliches Engagement ist<br />

nicht nur Folge, sondern Ursache<br />

gelungener Integration. Wenn sich<br />

zivilgesellschaftliche Einrichtungen<br />

der aufnehmenden Gesellschaft<br />

öffnen und verstärkt Zugewanderte<br />

in ihre Reihen aufnehmen, stärkt<br />

das die Integration in doppelter Hinsicht:<br />

Die Migranten knüpfen neue<br />

Kontakte mit Menschen außerhalb<br />

der eigenen Community, erlangen<br />

zusätzliche und oft am Arbeitsmarkt<br />

gefragte Qualifikationen und entwickeln<br />

verstärkt ein Gefühl gesellschaftlicher<br />

Akzeptanz und Teilhabe.<br />

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />

wiederum profitieren davon,<br />

dass Zuwanderer neue Kompetenzen<br />

einbringen und sie damit ihre Aufgabe<br />

in einer auch ethnisch vielfältigen<br />

Gesellschaft leichter erfüllen können.<br />

Diese politische Strategie ist überzeugend.<br />

Bei einem verstärkten<br />

zivilgesellschaftlichen Engagement<br />

in Einrichtungen wie der Freiwilligen<br />

Feuerwehr, dem Roten Kreuz oder<br />

kirchlichen Organisationen profitieren<br />

alle: die Zugewanderten, die<br />

Organisationen und die Gesellschaft<br />

durch eine gelungene Integration.<br />

Doch bis dahin ist es noch ein weiter<br />

Weg. Erst unlängst meinte der Generalsekretär<br />

des Roten Kreuz: „Hier<br />

liegt noch Arbeit vor uns.“ In Anbetracht<br />

der empirischen Befunde sollte<br />

man wohl ein „viel“ ergänzen.<br />

Heinz Faßmann<br />

ist Vizerektor<br />

der Universität Wien<br />

und Vorsitzender<br />

des Expertenrats für<br />

Integration<br />

008 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 009


FokUS<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

reitanS reflexionen<br />

Vom Wert<br />

der Freiwilligkeit<br />

Von Claus Reitan,<br />

Journalist<br />

Rabiaa Abu-Zeid, Sanitäterin und Fahrerin<br />

beim Samariterbund. Wie Paul Yulu<br />

ist auch die gebürtige Israelin bei Fußballmatches<br />

im Stadion vor Ort. „Wenn wir<br />

einen Notfall haben, klären wir zuerst, ob<br />

wir die Situation selber lösen können oder<br />

eine Notärztin brauchen“, erklärt Abu-<br />

Zeid, „in dem Fall versorgen wir die Person,<br />

bis die Notärztin eintrifft.“ Verletzten<br />

zu helfen ist ihr ein persönliches Anliegen:<br />

„Ich bin auf den Golanhöhen aufgewachsen.<br />

Als ich elf Jahre alt war, ist mein Vater<br />

an einem Herzinfarkt gestorben – weil es<br />

auf dem Golan keine Rettung gab“, erinnert<br />

sie sich, „ich wollte deshalb unbedingt<br />

Rettungsfahrerin werden und habe<br />

auch die Ausbildung zur Arzt-Assistentin<br />

gemacht.“<br />

JoBchance ehrenamt<br />

Als Abu-Zeid schließlich der Liebe wegen<br />

nach <strong>Österreich</strong> kam, engagierte sie sich<br />

beim Samariterbund. Zugleich nützte sie<br />

die ehrenamtliche Tätigkeit als Integrations-Sprungbrett:<br />

„Am Anfang hatte ich<br />

Angst davor, Deutsch zu sprechen. Ich<br />

habe zwar einen Kurs gemacht, aber so<br />

richtig gelernt habe ich die Sprache erst<br />

durch die Arbeit beim Samariterbund.“<br />

Schließlich gelang es ihr, aus dem Hobby<br />

einen Beruf zu machen: Seit vier Jahren ist<br />

Abu-Zeid hauptamtlich als Rettungsfahrerin<br />

tätig – was sie nicht davon abhält, an<br />

Wochenenden weiterhin freiwillige Dienste<br />

zu machen.<br />

auch Vereine müssen sich öffnen<br />

Statistisch gesehen stellt die engagierte<br />

Helferin Rabiaa Abu-Zeid jedoch eine<br />

Ausnahme dar – und dafür sind auch die<br />

Organisationen selbst verantwortlich, kritisiert<br />

Experte Kenan Güngör: „Sie sprechen<br />

seit Generationen die immer gleichen<br />

Schichten und Milieus an,<br />

reproduzieren sich also stark selbst.“ Die<br />

Folge sei ein starker Mitgliederschwund:<br />

Immer im Einsatz: Unter<br />

der Woche ist Rabiaa Abu-<br />

Zeid hauptberufliche Rettungsfahrerin,<br />

am Wochenende<br />

ehrenamtliche Sanitäterin.<br />

„Viele etablierte österreichische Vereine<br />

müssen sich umorientieren“, sagt Güngör,<br />

„sie brauchen diversitätsorientierte Strategien,<br />

um sich zu öffnen.“ Als Anreiz<br />

schlägt er Extra-Förderungen für jene Organisationen<br />

und Projekte vor, die sich<br />

darum bemühen, der neuen Vielfalt in der<br />

Gesellschaft gerecht zu werden.<br />

Besondere Kompetenz:<br />

sprachKenntnisse<br />

Die meisten einheimischen Vereine beschäftigen<br />

sich erst seit kurzem mit der<br />

Frage, wie sie die große Gruppe der Zuwanderer<br />

ansprechen können. Das bestätigt<br />

Elia Meier, Integrationsbeauftragte<br />

des Samariterbunds: „Das Thema spielt<br />

bei uns seit drei oder vier Jahren verstärkt<br />

eine Rolle. Das Bewusstsein ist gestiegen.“<br />

Dabei brächten Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund<br />

zahlreiche sprachliche<br />

und kulturelle Kompetenzen mit: „Wir<br />

haben schließlich auch unter unseren<br />

Klienten viele mit Migrationshintergrund.<br />

Gerade die Älteren tun sich oft schwer damit,<br />

Deutsch zu sprechen. Sie freuen sich<br />

darüber, wenn sie mit der Sanitäterin in<br />

der Muttersprache sprechen können.“<br />

InFo<br />

Warum<br />

migranten sich<br />

engagieren<br />

Helfen tut gut: Das gilt laut<br />

Freiwilligenbericht (siehe S. 20)<br />

für alle Menschen unabhängig<br />

von der Herkunft. So gut wie alle<br />

Freiwilligen, ob mit österreichischen<br />

oder ausländischen Wurzeln,<br />

nennen als ein Hauptmotiv<br />

für ihr Engagement das Bedürfnis,<br />

andere zu unterstützen. Vor allem<br />

unter Migranten stark ausgeprägt<br />

ist hingegen der Wunsch, neue<br />

Kontakte und Freundschaften<br />

zu gewinnen: 96 Prozent der türkischstämmigen<br />

und 82 Prozent<br />

der in Ex-Jugoslawien geborenen<br />

Freiwilligen nennen dieses Motiv.<br />

Auch das Streben nach gesellschaftlicher<br />

Anerkennung treibt<br />

vier Fünftel der Migranten mit<br />

türkischer und zwei Drittel jener<br />

mit ex-jugoslawischer Herkunft<br />

an. Umgekehrt nennen Zuwanderer<br />

seltener als Einheimische<br />

den Antrieb, als Ehrenamtliche<br />

Lebenserfahrung sammeln oder<br />

schlicht Spaß haben zu wollen.<br />

FOTOS: www.weinFranz.aT<br />

Schüler zum mitmachen motivieren<br />

Wie Vereine dieses Potenzial stärker nützen<br />

können? „Sie sollten vor allem auf die<br />

Schulen zurückgreifen“, sagt Freizeitforscher<br />

Peter Zellmann, „Vereine könnten<br />

sich vorstellen kommen und die Schüler<br />

so zum Mitmachen motivieren.“ So wären<br />

auch jene Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

erreichbar, in deren Familien<br />

ehrenamtliches Engagement bislang wenig<br />

üblich sei. Auch Soziologe Kenan<br />

Güngör sieht die Schule als idealen Ort,<br />

um Hemmschwellen abzubauen. Jugendliche<br />

Migranten seien die am besten erreichbare<br />

Zielgruppe: „In der zweiten und<br />

dritten Generation haben schon deutlich<br />

mehr Leute das Gefühl, dass die etablierten<br />

Vereine auch ‚ihre‘ Vereine sind.“<br />

„ich habe hier viel gelernt“<br />

Sanitäter Paul Yulu ist längst in „seinem“<br />

Verein, dem Samariterbund, verwurzelt.<br />

„Ich habe hier viel gelernt“, erzählt er<br />

nach Spielende, während die Zuschauer<br />

wieder aus dem Stadion strömen, „ich<br />

weiß jetzt, wie man mit Menschen in einer<br />

Notlage spricht, sie in einer Schocksituation<br />

beruhigt.“ Der freiwillige Arbeitstag ist<br />

für ihn auch nach dem Abpfiff noch nicht<br />

zu Ende: „Unser Job ist erst erledigt, wenn<br />

alle Fans weg sind – denn passieren kann<br />

bis zum letzten Moment etwas. Danach<br />

gibt es noch eine Nachbesprechung.“ Insgesamt<br />

sei er bei einem größeren Spiel<br />

vier bis fünf Stunden im Einsatz.<br />

engagement alS Wert<br />

Was zeichnet diese Menschen, die ihre<br />

Sonntagnachmittage für unbezahlte Arbeit<br />

opfern, aus? „Eine gewisse Selbstdisziplin<br />

ist natürlich nötig“, antwortet Yulu<br />

und lächelt, „aber wenn man gerne hilft,<br />

braucht’s dafür keine Überwindung.“ Im<br />

Moment habe er weniger Zeit als früher,<br />

da er gerade sein Studium abschließe.<br />

„Engagement ist auch von den Lebensumständen<br />

abhängig“, sagt der angehende<br />

Jurist. Dem schließen sich die Experten<br />

an: „Die Menschen müssen sich<br />

wohlfühlen und ihre Grundbedürfnisse<br />

müssen gedeckt sein, damit sie sich in die<br />

Gesellschaft einbringen können und wollen“,<br />

meint Kenan Güngör. „Wenn ich<br />

gerne in einem Land lebe, bin ich auch<br />

bereit, mich zu<br />

engagieren“, ergänzt<br />

Peter Zellmann.<br />

Ehrenamtliche<br />

Arbeit stelle<br />

einen Wert an sich<br />

dar:<br />

Schließlich trage<br />

sie dazu bei, dem<br />

eigenen Leben einen<br />

Sinn zu geben.<br />

Ob Paul Yulu<br />

das ebenfalls so<br />

sieht? „Klar“, sagt<br />

der ehrenamtliche<br />

Sanitäter, „ich fühle<br />

mich ja selber auch<br />

gut, wenn ich jemandem<br />

geholfen<br />

habe.“<br />

Selbstdisziplin<br />

ist natürlich<br />

nötig. Aber<br />

wenn man gerne<br />

hilft, braucht’s<br />

dafür keine<br />

Überwindung.<br />

Paul Yulu, Sanitäter<br />

Kennen Sie das, wenn ein<br />

Handwerker einem Professor eine<br />

Anweisung erteilt? Haben Sie<br />

schon einmal gehört, wenn ein<br />

Arbeiter zu einem Arzt sagt, er soll<br />

die C-Schlauch-Spritze holen? Wer<br />

das kennt, gehört zu jenen mehr<br />

als vierzig Prozent der Bevölkerung,<br />

die als Freiwillige tätig sind.<br />

In Kultur- wie in Sportvereinen,<br />

in kirchlichen oder religiösen<br />

Organisationen wie in einem der<br />

Hilfsdienste, die bei Katastrophen<br />

bereitstehen. Der Wert freiwilligen<br />

Engagements für die Integration<br />

kann nicht hoch genug eingeschätzt<br />

werden. Warum? Weil die Mitglieder<br />

in den tausenden Vereinen<br />

tätig sind, um Freunde zu treffen,<br />

um Menschen zu helfen, um Erfahrungen<br />

zu teilen und um Nutzen<br />

zu stiften. Das bestätigen Untersuchungen,<br />

wie das Sozialministerium<br />

zum Europäischen Freiwilligenjahr<br />

2011 berichtete.<br />

Wesentlich dabei ist: Freiwillige<br />

erleben mit anderen Menschen die<br />

gemeinsam gestalteten Werte. Ihre<br />

gemeinsame Tätigkeit fördert vertrauensvolle<br />

Beziehungen. Genau<br />

darum geht es: um Kontakt, Beziehung,<br />

Vertrauen. Und darum, mögliche<br />

Unterschiede der Herkunft,<br />

der Religion oder des sozialen<br />

Status für eine gemeinsame Sache<br />

aufzuheben. Daher führen in manchen<br />

Musikvereinen die Handwerker<br />

den Taktstock. Daher kann ein Arbeiter<br />

als Feuerwehr-Hauptmann<br />

einem sonst als Mediziner tätigen<br />

Feuerwehrmann sagen, was er zu<br />

tun hat. Wir Menschen sind nicht<br />

gleichartig, aber jedenfalls gleichwertig.<br />

Das zeigt sich im freiwilligen<br />

Engagement. Und es fördert die<br />

Integration.<br />

010 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 011


FoKuS<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

Kontroverse<br />

Wann<br />

gehört<br />

man<br />

dazu?<br />

Migranten gründen oft<br />

eigene Vereine, statt sich in österreichischen<br />

zu engagieren. Warum<br />

das so ist und ob Migrantenvereine<br />

die Integration hemmen,<br />

hat ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

zwei Ehrenamtliche gefragt.<br />

INTERVIEW<br />

Franziska Troger<br />

Manche loben sie als wichtige Einstiegshilfe<br />

für Neuzuwanderer, andere<br />

sehen in ihnen Zeichen der<br />

Abschottung: Die Rolle von Migrantenvereinen<br />

für die Integration ist umstritten.<br />

Wir haben zwei Insider um ihre Meinung<br />

gefragt.<br />

Viele Migranten engagieren sich –<br />

allerdings nicht in traditionell österreichischen<br />

Organisationen, sondern in<br />

Migrantenvereinen. Warum ist das so?<br />

Stijaković: Vielen Migranten haben keine<br />

Anknüpfungspunkte zu traditionellen Vereinen<br />

wie der Feuerwehr. Ihnen fehlen die<br />

Informationen darüber, wie man sich engagieren<br />

kann. Für andere ist es schlicht eine<br />

zu große Überwindung, sich in einem für<br />

sie völlig unbekannten Bereich einzubringen.<br />

Einige Migranten schaffen es trotzdem:<br />

Kinder eines Bekannten von mir sind<br />

zum Beispiel bei den Wiener Sängerknaben.<br />

Kaltak: Gerade in letzter Zeit explodiert außerdem<br />

die Berichterstattung zum Thema<br />

Freiwilligenarbeit. Langfristig werden sich<br />

hoffentlich mehr Migranten in österreichischen<br />

Vereinen engagieren.<br />

Muss man denn in einem österreichischen<br />

Verein engagiert sein, um dazuzugehören?<br />

Kaltak: Es gibt viele Möglichkeiten, sich in<br />

unsere Gesellschaft zu integrieren, aber natürlich<br />

ist das freiwillige Engagement ein<br />

erster, wichtiger Schritt. So lernt man das<br />

Land und die Leute schneller kennen und<br />

kann auch zum Brückenbauer zwischen<br />

den Kulturen werden.<br />

Stijaković: Sicher hilft es bei der Integration,<br />

wenn man Kontakt mit <strong>Österreich</strong>ern hat.<br />

Aber ich denke, dass das Engagement auch<br />

mit den eigenen Interessen übereinstimmen<br />

sollte. Leute zu zwingen, zu einem Verein zu<br />

gehen, nur um dabei zu sein – das hat doch<br />

nichts mit gelungener Integration zu tun.<br />

Herr Stijaković, Sie sind in der<br />

<strong>Österreich</strong>isch-Serbischen Gesellschaft<br />

Migrantenvereine<br />

richten sich oft an<br />

ältere Personen, die<br />

sich unter Landsleuten<br />

zu Hause fühlen.<br />

Alexander Stijaković (24)<br />

engagiert sich in der<br />

<strong>Österreich</strong>-Serbischen<br />

Gesellschaft im Bereich<br />

Jugend.<br />

aktiv. Solche ethnisch geprägten Migrantenvereine<br />

werden oft als integrationshemmend<br />

kritisiert.<br />

Stijaković: Das sehe ich nicht so. Man muss<br />

verstehen: Viele dieser Vereine richten sich<br />

speziell an ältere Personen. Die fühlen sich<br />

unter Landsleuten zu Hause. Die Vereine<br />

bieten ihnen eine Nostalgiewelt, die außerhalb<br />

gar nicht mehr existiert. Meine Organisation<br />

ist im Gegensatz dazu offen gegenüber<br />

Neuem und bemüht sich, beide<br />

Traditionen – die österreichische und die<br />

serbische – zu leben und zu pflegen. Bei unserem<br />

traditionellen Ball in Wien wird zum<br />

Beispiel Wiener Walzer und serbische Folklore<br />

getanzt. Wir laden auch Menschen aus<br />

allen Communitys ein, bei unseren Veranstaltungen<br />

vorbeizuschauen.<br />

Kaltak: Ich kann schon verstehen, dass Migrantenvereine<br />

vor allem für Menschen<br />

wichtig sind, die erst kurz in <strong>Österreich</strong><br />

sind. Doch nach einer gewissen Eingewöhnungszeit<br />

wäre es sinnvoll, neue Wege einzuschlagen<br />

und sich in einem einheimischen<br />

Verein zu engagieren. Ein wichtiger<br />

Schritt könnte es sein, den Austausch zwischen<br />

einheimischen und Migrantenvereinen<br />

zu intensivieren.<br />

Stijaković: Also für mich war das umgekehrt:<br />

Ich bin in <strong>Österreich</strong> geboren und<br />

IllustratIonen: nIel Mazhar<br />

Nach einer<br />

Eingewöhnungszeit<br />

in <strong>Österreich</strong> wäre<br />

es sinnvoll, sich<br />

in einem einheimischen<br />

Verein zu<br />

engagieren.<br />

Aida Kaltak (21) hat<br />

serbische Wurzeln und ist beim<br />

Roten Kreuz ehrenamtlich als<br />

Lernbuddy sowie als<br />

<strong>Media</strong>torin tätig.<br />

aufgewachsen. Bis vor einigen Jahren hatte<br />

ich kaum Kontakt mit Austro-Serben und<br />

wusste nichts über serbische Traditionen.<br />

Mein Engagement in der <strong>Österreich</strong>isch-<br />

Serbischen Gesellschaft hat mir dabei geholfen,<br />

diesen Teil meiner Identität kennen<br />

zu lernen.<br />

in Organisationen, z. B. Vereinen<br />

0 %<br />

<strong>Österreich</strong><br />

ex-Jugoslawien<br />

türkei<br />

14,1 %<br />

Frau Kaltak, Sie engagieren sich<br />

beim Roten Kreuz für Kinder aus benachteiligten<br />

Familien. Wie sind Sie dazu gekommen<br />

und worin besteht Ihre Arbeit?<br />

Kaltak: Ich bin als Flüchtlingskind ohne<br />

Deutschkenntnisse nach <strong>Österreich</strong> gekommen.<br />

Wegen dieser Erfahrung war es<br />

im Privatbereich, z. B. Nachbarschaft<br />

27,7 %<br />

25 %<br />

ZAhleN & FAKteN<br />

Wer engagiert sich in Welchem Bereich?<br />

Freiwillige Arbeit nach Geburtsland<br />

Quelle: BMASK/FreiWilligeNBericht 2009<br />

36,4 %<br />

38,5 %<br />

42,4 %<br />

10 % 20 % 30 % 40 % 50 %<br />

mir immer wichtig, Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

zu unterstützen und ihnen<br />

Mut zu machen. So bin ich beim Roten<br />

Kreuz gelandet. Als Lernbuddy helfe ich<br />

Kindern aus benachteiligten Familien beim<br />

Deutschlernen und mache als <strong>Media</strong>torin<br />

Workshops in Klassen zu Themen wie Integration,<br />

Rassismus und Vorurteile.<br />

Was würden Sie Jugendlichen raten,<br />

die sich engagieren wollen?<br />

Kaltak: Sei neugierig und vielseitig, bring<br />

dich und deine individuellen Fähigkeiten<br />

ein. Jeder Verein lebt von Vielfalt!<br />

Stijaković (lacht): Komm bei uns vorbei!<br />

Wer engagiert sich in welchem<br />

Bereich? Einheimische engagieren sich<br />

eher in Organisationen, Migranten eher im<br />

Privatbereich: Das zeigen die Zahlen des<br />

Freiwilligenberichts. Im Bereich der Nachbarschaftshilfe<br />

sind Menschen mit türkischem<br />

Geburtsland sogar die aktivsten.<br />

Umgekehrt sind Zuwanderer deutlich seltener<br />

in Organisationen aktiv – und wenn,<br />

dann meist in eigenen Vereinen. Die große<br />

Zahl von Islam-Vereinen ist laut Experte<br />

Kenan Güngör ein Grund, warum Türken<br />

mit 25 Prozent einen höheren Organisationsgrad<br />

aufweisen als Ex-Jugoslawen:<br />

Letztere seien in der Mehrheit Christen<br />

und könnten daher an bestehende einheimische<br />

Vereinigungen andocken. Die überwiegend<br />

muslimischen Türken müssten<br />

hingegen neue Vereine gründen.<br />

012 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 013


Fokus<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

Migranten-Portraits<br />

Sie engagieren sich in ihrer Freizeit<br />

für Kinder, Tiere oder im Sozialbereich:<br />

Sechs ehrenamtliche Migranten im Portrait.<br />

TexT<br />

Aleksandra Klepić<br />

Ich fahre zweibis<br />

dreimal pro<br />

Woche gespendete<br />

Lebensmittel aus.<br />

Jamal Alsantali,<br />

Ehrenamtlicher bei der „Wiener Tafel“<br />

Helden<br />

des Alltags<br />

Jamal Alsantali, 30<br />

Während er seine Ausbildung<br />

anerkennen lässt, engagiert sich<br />

der Hotelfachmann für Bedürftige<br />

Die Liebe führte Jamal Alsantali aus<br />

Syrien nach <strong>Österreich</strong>: Der Hotelmanager<br />

aus Aleppo heiratete letztes Jahr<br />

eine Wienerin. Um hier seine Qualifikation<br />

einbringen zu können, lässt er seinen<br />

Abschluss anerkennen – doch das dauert.<br />

Die Wartezeit verkürzt sich Alsantali, indem<br />

er ehrenamtlich bei der „Wiener Tafel“<br />

mitarbeitet. „Ich fahre zwei- bis dreimal<br />

pro Woche gespendete Lebensmittel aus“,<br />

sagt er. Die „Wiener Tafel“ rettet täglich<br />

bis zu drei Tonnen genießbarer Nahrung<br />

vor dem Müll und verteilt sie an Sozialeinrichtungen<br />

wie die Gruft oder Frauenhäuser.<br />

Und wenn Alsantalis Ausbildung<br />

einmal offiziell anerkannt ist und er einen<br />

Job hat? „Dann werde ich mich trotzdem<br />

weiter engagieren“, sagt er, „wir arbeiten<br />

schließlich genau dort, wo Hilfe gebraucht<br />

wird. Das ist ein gutes Gefühl.“<br />

FOTOS: www.weinFranz.aT<br />

Ich fühle mich<br />

nicht als Heldin.<br />

Ehrenamt ist<br />

für mich eine<br />

Selbstverständlichkeit.<br />

Mitra Swirak,<br />

Lernbetreuerin<br />

Daniela Megyesi, 30<br />

Die Familienpatin unterstützt<br />

Zuwanderer bei den<br />

Herausforderungen des Alltags<br />

Ob Gedichte lernen, Hausaufgaben<br />

machen oder im Garten spielen: Daniela<br />

Megyesi macht all diese Dinge regelmäßig,<br />

aber nicht mit ihren eigenen Kindern.<br />

Als Patin betreut sie für das Hilfswerk<br />

eine tschetschenische Familie in St. Pölten.<br />

„Ich besuche sie alle vierzehn Tage und<br />

greife den Eltern etwas unter die Arme“,<br />

sagt die hauptberufliche Prokuristin ungarischer<br />

Herkunft. „Mein Vater ist früh verstorben,<br />

meine Mutter musste als Alleinerzieherin<br />

viel arbeiten. Ich hätte mir als<br />

Kind oft gewünscht, dass jemand meine<br />

Mutter entlastet und Zeit mit mir verbringt“,<br />

erklärt Megyesi die Motivation für<br />

ihr Engagement. Wie sie Beruf und Ehrenamt<br />

verbindet? „Ich habe zwar immer einen<br />

vollen Kalender, aber die Treffen sind<br />

ja am Wochenende. Die paar Stunden kann<br />

jeder abzweigen, der das auch möchte.“<br />

Die paar<br />

Stunden fürs<br />

Ehrenamt kann<br />

jeder abzweigen,<br />

der das auch<br />

möchte.<br />

Daniela Megyesi,<br />

Familienpatin<br />

Mitra Swirak, 62<br />

Die Lernbetreuerin gibt<br />

jene Unterstützung weiter, die ihr<br />

als Kind weiterhalf<br />

Wie es ist, als Kind ohne Deutschkenntnisse<br />

nach <strong>Österreich</strong> zu kommen,<br />

weiß Mitra Swirak aus eigener Erfahrung.<br />

Als Sechsjährige kam die Iranerin in<br />

eine Wiener Volksschule. „Ich habe kein<br />

Wort verstanden und mich geschämt“, erinnert<br />

sie sich, „bei Leseübungen tat ich so,<br />

als würde ich mitlesen.“ Eine Nachhilfelehrerin<br />

führte sie schließlich ins lateinische<br />

Alphabet ein. „Plötzlich haben die Buchstaben<br />

Sinn ergeben. Mir hat sich eine<br />

neue Welt eröffnet!“ Erfahrungen wie diese<br />

ermöglicht Swirak heute ihrerseits jungen<br />

Menschen: Die pensionierte Bürokauffrau<br />

ist freiwillige Lernbetreuerin im<br />

Caritas-Lerncafé in Korneuburg. „Manchmal<br />

braucht’s nur etwas Schwung, um Potenzial<br />

zu entfalten“, weiß sie. Als Heldin<br />

fühlt sich Swirak nicht: „Ehrenamt ist für<br />

mich eine Selbstverständlichkeit.“<br />

014 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 015


Fokus<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

Özgür Catikkas, 28<br />

Der Student vereint<br />

in seiner Freizeit soziales<br />

Engagement und Tierliebe<br />

Vor gut einem Jahr habe ich einen Artikel<br />

über eine Familie gelesen, die<br />

ihren Hund weggeben musste, weil sie<br />

sich das Futter nicht mehr leisten konnte“,<br />

erzählt Özgür Catikkas, „da wusste<br />

ich: So etwas will ich verhindern.“ Der<br />

türkischstämmige Lehramtsstudent gründete<br />

den Verein „Futterbox Austria“, der<br />

Futterspenden und Tierzubehör sammelt<br />

und diese an bedürftige Tierhalter weitergibt.<br />

„Wir sind wie die Wiener Tafel für<br />

Tiere“, sagt Catikkas. Zur bisherigen Ausgabestelle<br />

in St. Pölten kommen im<br />

Herbst zwei weitere in Wien. Möglich<br />

macht der Tierfreund, dessen ständiger<br />

Begleiter sein Hund Milo ist (siehe Foto),<br />

all das ausschließlich mit freiwilligen Helfern.<br />

„Wir suchen immer neue Spender<br />

und Mitarbeiter“, meint Catikkas, „denn<br />

Gutes passiert nur, wenn man es tut.“<br />

Gutes passiert nur,<br />

wenn man es tut.<br />

Özgür Catikkas, Gründer<br />

der „Futterbox <strong>Österreich</strong>“<br />

Wenn den Spielern<br />

eine Entscheidung<br />

nicht passt, krieg ich<br />

das zu hören – egal,<br />

ob ich Frau oder<br />

Mann, <strong>Österreich</strong>erin<br />

oder Kroatin bin.<br />

Ivana Budim,<br />

Schiedsrichterin der Nachwuchsliga<br />

Für mich ist<br />

es wichtig,<br />

anderen<br />

Menschen<br />

zu helfen.<br />

Anna Jentzsch,<br />

Telefonseelsorgerin<br />

Anna Jentzsch, 45<br />

Verzweifelten zuzuhören<br />

ist ihr Beitrag für ein besseres<br />

<strong>Zusammen</strong>leben<br />

Ihre Freizeit verbringt Anna Jentzsch mit<br />

stundenlangen Telefonaten. Doch die gebürtige<br />

Polin plaudert nicht mit Freunden,<br />

sondern unterstützt verzweifelte Unbekannte:<br />

Die Telefonseelsorgerin steht allen<br />

zur Verfügung, die sonst mit niemandem<br />

sprechen können oder wollen. „Anfangs<br />

habe ich gezweifelt, ob ich das kann“,<br />

denkt Jentzsch zurück. Doch die einjährige<br />

Ausbildung und Übung in der Fremdsprache<br />

Deutsch gaben ihr Sicherheit. „Meine<br />

Arbeit besteht darin, zuzuhören“, erklärt<br />

sie, „das löst die Probleme der Anrufer<br />

zwar nur selten, erleichtert ihnen aber die<br />

Last.“ Warum die Frau eines Deutschen,<br />

mit dem sie in <strong>Österreich</strong> einen Verlag<br />

führt, sich unbezahlt der Sorgen anderer<br />

Leute annimmt? „Für mich ist es wichtig,<br />

anderen Menschen zu helfen. Vielen nützt<br />

es, sich jemandem anvertrauen zu können.“<br />

FOTOS: www.weinFranz.aT<br />

Ivana Budim, 24<br />

Dank ihrer Sprachkenntnisse<br />

bekommt die Schiedsrichterin am<br />

Platz mehr mit<br />

In ihrer Freizeit pfeift Ivana Budim Fouls,<br />

gibt Einwürfe und zückt manchmal die<br />

Gelbe Karte: Die gebürtige Kroatin engagiert<br />

sich als Schieds- und Linienrichterin<br />

in der Wiener Fußball-Nachwuchsliga.<br />

„Ich liebe Fußball und die Arbeit mit Kindern.<br />

Daher bin ich gerne mit den Kleinsten<br />

auf dem Platz“, sagt die hauptberufliche<br />

Kindergartenpädagogin. Wie es ihr<br />

als Frau in der männlich dominierten<br />

Fußballwelt ergeht? „Wenn den Spielern<br />

– oder ihren Eltern – eine Entscheidung<br />

nicht passt, krieg ich das zu hören. Da ist<br />

es egal, ob ich Frau oder Mann, <strong>Österreich</strong>erin<br />

oder Kroatin bin.“ Einen Unterschied<br />

machen hingegen ihre Sprachkenntnisse:<br />

„Immer mehr Spieler haben<br />

einen Migrationshintergrund. Da hilft es<br />

oft, wenn ich verstehe, ob sie sich nur aufziehen<br />

oder gleich explodieren.“<br />

016 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 017


Fokus<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

ob bei Waldbränden<br />

01 oder Notfällen am<br />

Berg: Ehrenamtliche<br />

sind in <strong>Österreich</strong><br />

rasch zur stelle.<br />

02<br />

Ein Hochwasser wie<br />

im Juni käme für die<br />

<strong>Österreich</strong>er ohne<br />

freiwillige Helfer<br />

noch viel teurer.<br />

Zahlen und Fakten<br />

Ehrenamt:<br />

Wer<br />

profitiert<br />

davon?<br />

Fast jeder Zweite in<br />

<strong>Österreich</strong> engagiert sich in<br />

der Freizeit. Wer tut was –<br />

und wer hat etwas davon?<br />

text<br />

Valentin Schwarz<br />

02 Die<br />

Volkswirtschaft<br />

Die Freiwilligen in <strong>Österreich</strong> leisten<br />

720.000.000 freiwillige Arbeitsstunden<br />

pro Jahr. Das entspricht rund 425.000<br />

Vollzeit-Jobs.<br />

4.700.000.000 Euro pro Jahr ersparen sich<br />

die <strong>Österreich</strong>er dank der Ehrenamtlichen<br />

in Organisationen, etwa der Feuerwehr<br />

oder im Kultur- und Sportbereich. So viel<br />

würde die freiwillige Arbeit kosten, wenn<br />

sie mit dem Durchschnittslohn bezahlt<br />

würde.<br />

01 die<br />

GesellschaFt<br />

<strong>Österreich</strong> ist ein Land des ehrenamts:<br />

46 Prozent der über 15-Jährigen<br />

engagieren sich freiwillig. Damit liegt<br />

<strong>Österreich</strong> doppelt so hoch wie der eU-<br />

Schnitt (23 Prozent) und auf Platz 1 in<br />

europa.<br />

58 Prozent geben in Wien an, freiwillig zu<br />

arbeiten. Die Hauptstadt liegt damit im<br />

Bundesländervergleich ganz vorne. Das<br />

ist auf den hohen Anteil an informellem<br />

engagement zurückzuführen, etwa bei der<br />

Pflege von Angehörigen, Reparaturen<br />

oder privater, unbezahlter Nachhilfe.<br />

Platz 1 in der formellen Freiwilligenarbeit<br />

geht an Salzburg. 39 Prozent sind dort in<br />

Organisationen und Vereinen aktiv. Auf<br />

Platz 2 folgt tirol mit 33 Prozent, Schlusslicht<br />

ist Niederösterreich mit 17 Prozent.<br />

256.000 aktive Mitglieder hat die Feuerwehr<br />

als größte Freiwilligenorganisation.<br />

Die Caritas kann auf 27.000 und das Rote<br />

Kreuz auf 56.000 ehrenamtliche zurückgreifen.<br />

Sie und die zahlreichen engagierten<br />

in anderen Sozial- und Rettungsorganisationen<br />

sorgen für eine hochwertige<br />

und dichte Versorgung der Bevölkerung.<br />

Fotos: picturedesk.com; imago/milestone media; istockphoto.com<br />

03<br />

Sportvereine sind<br />

zugleich Orte der<br />

Freizeit und der<br />

Begegnung.<br />

JeDe unD JeDer<br />

03 einzelne<br />

Ein großes Freizeitangebot bieten die<br />

117.000 österreichischen Vereine, von<br />

Sport über Musik hin zu Tierschutz. Heute<br />

gibt es knapp dreimal so viele Vereine<br />

wie noch vor 50 Jahren.<br />

Auch die Freiwilligen selbst profitieren:<br />

Als Grund für ihr Engagement geben je<br />

90 Prozent an, dass sie anderen helfen<br />

möchten und dass die Arbeit Spaß mache.<br />

Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund<br />

nennen neben dem Bedürfnis zu helfen besonders<br />

häufig den Wunsch, neue Freunde<br />

und Kontakte zu finden. Vereinzelt hoffen<br />

sie auch darauf, auf diese Art einen Job zu<br />

finden.<br />

Quellen:<br />

BMASK/Freiwilligenbericht 2009, BMASK/<br />

Freiwilliges Engagement in <strong>Österreich</strong> 2012,<br />

FH Salzburg, Caritas <strong>Österreich</strong>, Rotes Kreuz,<br />

Bundesfeuerwehrverband, NPO-Kompetenzzentrum<br />

der WU Wien<br />

018 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 019


Herbst<br />

2013<br />

Fokus<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

Sie wollen mehr wiSSen?<br />

Weitere Hintergründe, Fakten und Lesetipps zum Thema Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

haben wir Ihnen hier zusammengestellt.<br />

aktuelle zahlen und fakten zum<br />

Thema Ehrenamt finden Sie in der Studie<br />

„Freiwilliges Engagement in <strong>Österreich</strong>“ des<br />

Sozialministeriums von 2012. Dieses hat auch<br />

den gut 200 Seiten starken Freiwilligenbericht<br />

2009 veröffentlicht. Beide Publikationen<br />

finden Sie online unter www.bmask.gv.at<br />

Soziales Freiwilliges Engagement<br />

Freiwilliges Engagement in <strong>Österreich</strong><br />

zum thema freizeit im Allgemeinen<br />

und ihrer großen Rolle für Gesellschaft<br />

und Integration im Besonderen<br />

arbeitet das Institut für Freizeit- und<br />

Tourismusforschung. Mehr Infos unter<br />

www.freizeitforschung.at<br />

020 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

service & Diverses<br />

mit Vereinen und organisationen,<br />

also dem formellen Bereich der Freiwilligenarbeit,<br />

beschäftigt sich das NPO<br />

(Non-Profit-Organisationen)-Kompetenzzentrum<br />

der Wirtschaftsuni Wien. Zum<br />

Angebot zählen Forschung, Workshops<br />

und Seminare. Mehr Infos unter<br />

www.wu.ac.at/npo<br />

ehrenamtliche telefonberater in oberösterreich<br />

mit Bosnisch/Kroatisch/Serbischoder<br />

Türkischkenntnissen suchen die Telefonseelsorge<br />

und das IZ Oberösterreich. Eine<br />

unverbindliche Infoveranstaltung findet am<br />

9. Oktober in Linz statt. Mehr unter<br />

www.integrationsfonds.at/oberoesterreich<br />

erste-hilfe-trainer für migrantenvereine<br />

bildet das Wiener Rote Kreuz im Projekt PRO-<br />

TECT aus. Die Freiwilligen werden kostenlos zu<br />

„Hilfe im Notfall“-Trainern ausgebildet und halten<br />

danach selbstständig Workshops. Infos und<br />

Anmeldung unter blog.roteskreuz.at/protect<br />

Stipendium für<br />

engagierte<br />

Schüler<br />

Das START-Stipendium<br />

fördert<br />

Schülerinnen und<br />

Schüler mit Migrationshintergrund<br />

aus<br />

wenig privilegierten<br />

Familien mit Zuschüssen<br />

zu Bildungsausgaben<br />

sowie<br />

Seminaren und<br />

Coachings. www.<br />

start-stipendium.at<br />

preiS für<br />

erfolgreiche<br />

migrantinnen<br />

Auch 2014 wird<br />

in mehreren Kategorien<br />

der MiA-Award<br />

für erfolgreiche<br />

Frauen mit Migrationshintergrund<br />

vergeben.<br />

Nominierungen<br />

sind bis 30.<br />

November möglich.<br />

www.mia-award.at<br />

WiSSenSportal<br />

zu migration und<br />

integration<br />

Die „Medien-Servicestelle<br />

Neue<br />

<strong>Österreich</strong>er/innen“<br />

bietet frei zugängliche<br />

Dossiers zu<br />

vielfältigen Aspekten<br />

wie Arbeit,<br />

Bildung oder Gesundheit<br />

sowie<br />

eine umfangreiche<br />

Sammlung von Studien.<br />

www.medien<br />

servicestelle.at<br />

FOTOS: WU Wien/bOaneT.aT, iSTOck, PhOTOcaSe, ÖRk / MaRkUS hechenbeRgeR, Mia-aWaRd<br />

Begriffe mit migrationshintergrund<br />

Wortwanderung<br />

Begriffe, die in den deutschen Sprachraum<br />

ein- oder aus diesem ausgewandert sind.<br />

Die Schule kam übers<br />

Lateinische in unsere Sprache,<br />

stammt aber ursprünglich<br />

vom griechischen scholé<br />

oder ab. Was Schüler<br />

überraschen könnte: Das<br />

griechische Original heißt<br />

übersetzt Ruhe oder Muße.<br />

Der Rucksack wanderte<br />

bereits im 19. Jahrhundert über<br />

den Ärmelkanal und existiert<br />

seither als rucksack im Englischen.<br />

Umgekehrt erweitert<br />

der backpacker oder Rucksacktourist<br />

neuerdings den<br />

deutschen Wortschatz.<br />

Der Streber ist als štreber<br />

auch in bosnischen, kroatischen<br />

und serbischen Schulklassen<br />

nicht allzu beliebt. Als Erwachsener<br />

wird er hoffentlich nicht<br />

zum besservisseri, der in<br />

Finnland keinen guten Ruf hat.<br />

Gratis<br />

Abo Vor-<br />

ZUSAMMEN:ÖSTERREICH erscheint<br />

vierteljährlich und ist für alle Interessierten<br />

kostenlos im Abonnement erhältlich.<br />

Sie zeigen’S vor<br />

Sechs Migranten<br />

erklären, warum<br />

sie sich engagieren<br />

UnSere Kinder fit<br />

für vielfalt machen<br />

Musterprojekt im Burgenland<br />

stärkt <strong>Zusammen</strong>leben in<br />

Kindergärten und Schulen<br />

Sinnvoll engagieren –<br />

zUSammenleben mitgeStalten<br />

Vereine als Orte der Begegnung:<br />

So werden Zuwanderer zu<br />

Stützen der Gese lschaft<br />

Öste reichische Post AG/sPonsorinG.Post 08Z037821s, Öste reichischer inteGrAtionsfonds, schlAchthAusGA se 30, 1030 Wien<br />

01_Cover_ko r-bf.in d 1 02.09.2013 14:15:36<br />

Senden Sie Name und Adresse per Mail<br />

an magazin@integrationsfonds.at<br />

oder schicken Sie uns Ihre Kontaktdaten<br />

mit diesem Coupon per Post.<br />

Zum Glück wandern jedoch<br />

nicht nur negative Begriffe<br />

aus dem Deutschen aus: Als<br />

wunderkind wird auf Englisch<br />

ein künstlerisch hochbegabter<br />

junger Mensch bezeichnet.<br />

Die Brille sorgt auf<br />

Tschechisch und Slowakisch<br />

als brýle für einen scharfen<br />

Blick.<br />

Die Schlafmütze hat im<br />

Polnischen als szlafmyca dieselbe<br />

Doppelbedeutung wie<br />

im Deutschen: Sie bezeichnet<br />

sowohl den Morgenmuffel als<br />

auch das etwas aus der Mode<br />

geratene Kleidungsstück.<br />

und Nachname<br />

Straße und Hausnummer<br />

PLZ und Ort<br />

Das Handy ist nur scheinbar<br />

ein englischer Zuwanderer:<br />

handy bedeutet dort nicht<br />

Mobiltelefon, sondern praktisch<br />

oder handlich. Eine mögliche<br />

Erklärung führt diese<br />

Sprachverwirrung auf Zeiten<br />

zurück, als Telefone noch<br />

Kabel hatten: Damals bezeichnete<br />

Handy unter deutschsprachigen<br />

Amateurfunkern<br />

bestimmte Hand-Funkgeräte.<br />

Zettel flattern wohl durch<br />

Schulklassen in aller Welt. In<br />

Ungarn tun sie das als cetli.<br />

Ja, ich möchte ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

kostenlos abonnieren.<br />

Ich stimme zu, dass meine oben angegebenen personenbezogenen<br />

Daten für die Durchführung des Versands vom ÖIF elektronisch verarbeitet<br />

und verwendet werden. Die Daten werden nicht an Dritte<br />

weitergegeben. Diese Zustimmung kann jederzeit schriftlich widerrufen<br />

werden. Nach einem Widerruf werden meine Daten vom ÖIF<br />

gelöscht. Eine Stornierung ist jederzeit möglich. Sie erwerben keinen<br />

Rechtsanspruch auf den Erhalt des Magazins. Sollte das Magazin,<br />

aus welchen Gründen auch immer, nicht erscheinen, behält sich der<br />

ÖIF das Recht vor, den kostenlosen Bezug des Abos zu stornieren.<br />

Kennen Sie<br />

weitere Begriffe<br />

mit Migrationshintergrund?<br />

Schreiben<br />

Sie uns an:<br />

magazin@<br />

integrationsfonds.at!<br />

Bitte<br />

ausreichend<br />

frankieren<br />

<strong>Österreich</strong>ischer Integrationsfonds<br />

Redaktion ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Schlachthausgasse 30<br />

1030 Wien


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Integration fördern. Chancen sichern.<br />

IntegratIon vor ort<br />

Damit alle<br />

einen Platz finden<br />

Spielen mit den Kleinen, diskutieren mit den Älteren:<br />

Ein Caritas-Projekt fördert in burgenländischen Kindergärten<br />

und Schulen den Umgang mit kultureller Vielfalt.<br />

TExT<br />

Magdalena Deixler<br />

Das Spiel „Reise nach Jerusalem“ mit neuen Regeln:<br />

Niemand scheidet aus, jedes Kind soll immer einen Platz finden.<br />

Auf Platz 1 liegen die Ungarn, es<br />

folgen Deutsche und Rumänen:<br />

Im Burgenland dominieren andere<br />

Migrantengruppen als in Rest-<strong>Österreich</strong>,<br />

wo Menschen aus Ex-Jugoslawien<br />

und der Türkei stark vertreten sind. Damit<br />

aus dieser ganz eigenen Vielfalt keine<br />

Konflikte entstehen, hat die Caritas Eisenstadt<br />

das Projekt „Miteinanders –Vielfalt<br />

erleben“ ins Leben gerufen. „Ziel ist<br />

es, Kindern und Jugendlichen zu zeigen,<br />

dass unterschiedliche Sprachen und Kulturen<br />

in ihrem Umfeld eine Chance sind“,<br />

FOTOS: CariTaS EiSEnSTadT/PrOChazka, STadT MaTTErSburg<br />

„Wir wollen dazu beitragen,<br />

dass kulturelle Vielfalt einen fixen<br />

Platz im Schulalltag bekommt“,<br />

sagt Projektleiterin Birgit Prochazka.<br />

sagt Birgit Prochazka. Sie ist Leiterin des<br />

Projekts „Miteinanders – Vielfalt erleben“,<br />

das vom Europäischen Flüchtlingsfonds,<br />

dem Land Burgenland und dem Bundesministerium<br />

für Inneres kofinanziert wird.<br />

Workshops für jedes Alter<br />

Prochazka bietet Workshops in Kindergärten<br />

und Schulen an, die Themen wie<br />

Migration, Flucht, Vorurteile, und Menschenrechte<br />

aufbereiten – stets maßgeschneidert<br />

auf Alter und Situation in der<br />

Klasse oder Gruppe: „In Volksschulen<br />

spielen wir beispielsweise häufig das Spiel<br />

‚Reise nach Jerusalem‘ – jedoch mit eigenen<br />

Regeln“, erzählt die Projektleiterin,<br />

„wir nehmen zwar in jeder Runde einen<br />

Sessel weg, aber trotzdem müssen alle<br />

einen Platz finden.“ So müssen die Kinder<br />

zusammenrücken und aufeinander<br />

achtgeben. Was im Workshop spielerisch<br />

erarbeitet wird, soll im wirklichen Leben<br />

ganz natürlich funktionieren. „Je früher<br />

wir damit beginnen, Kinder zu sensibilisieren,<br />

desto größer sind die Chancen auf<br />

ein erfolgreiches <strong>Zusammen</strong>leben.“<br />

tät nachzudenken, stellen wir Fragen wie:<br />

Wenn ihr für ein Land spielen würdet, das<br />

nicht euer Herkunftsland ist, würdet ihr<br />

die Landeshymne singen? Auch für persönliche<br />

Migrationsgeschichten ist Platz.<br />

„Einmal hat eine Schülerin erzählt, dass<br />

sie im Bauch ihrer Mutter, die schwanger<br />

vor dem Jugoslawienkrieg flüchtete, nach<br />

<strong>Österreich</strong> gekommen ist“, erinnert sich<br />

Prochazka, „obwohl die Schüler bereits<br />

vier Jahre lang in eine Klasse gegangen<br />

waren, hatte niemand die Geschichte gekannt.“<br />

Berührende Momente wie diese<br />

seien es, die eine Klasse zusammenschweißen,<br />

sagt Prochazka, „und genau<br />

das ist unser Ziel.“<br />

ziel: im schulAlltAg verAnkern<br />

Die Workshops dienen zudem der Unterstützung<br />

der Lehrerinnen und Lehrer.<br />

„Aus Angst, etwas falsch zu machen, wird<br />

kulturelle Vielfalt im Schulalltag häufig<br />

ignoriert“, meint Prochazka, „wir wollen<br />

dazu beitragen, dass sie einen fixen Platz<br />

im Bildungssystem bekommt. Vielfalt ist<br />

ein Kennzeichen des menschlichen <strong>Zusammen</strong>lebens,<br />

kein Zustand, der sich wieder<br />

ändern wird. So kann es gelingen, dass wir<br />

das Thema als Chance begreifen lernen.“<br />

ServIce & unterStütZunG<br />

Das Projekt<br />

„Miteinanders –<br />

Vielfalt erleben“<br />

wird durch den<br />

Europäischen<br />

Flüchtlingsfonds,<br />

das Land Burgenland<br />

und das<br />

Bundesministerium<br />

für Inneres kofinanziert.<br />

Im Bundesministerium<br />

für<br />

Inneres sind das<br />

Referat III/5/a –<br />

„Förderungen,<br />

Asyl und Rückkehr“<br />

sowie die Abteilung<br />

V/3 – „Förderungen<br />

Integration“ für<br />

die Abwicklung<br />

des Europäischen<br />

Integrations- und<br />

Flüchtlingsfonds<br />

in <strong>Österreich</strong> verantwortlich.<br />

Der <strong>Österreich</strong>ische<br />

Integrationsfonds,<br />

Team Europäische<br />

Fonds, unterstützt<br />

das BM.I bei der<br />

Fondsabwicklung<br />

und ist als Anlaufund<br />

Servicestelle<br />

mit der Bereitstellung<br />

von Information<br />

für Projektinteressierte<br />

sowie<br />

Verwaltung und<br />

Kontrolle der ausgewählten<br />

Projekte<br />

beauftragt. Mehr Informationen<br />

zu den<br />

Europäischen Fonds<br />

und zur Antragstellung<br />

finden Sie auf:<br />

www.bmi.gv.at/<br />

cms/BMI_Fonds<br />

und www.integra<br />

tionsfonds.at/euro<br />

paeische_fonds.<br />

plAtz für eigene geschichten<br />

Ab der fünften Schulstufe stehen Diskussionen<br />

im Zentrum. In Mattersburg<br />

etwa, wo 15 Prozent der Einwohner ausländischer<br />

Herkunft sind (siehe Interview<br />

rechts), nützt Prochazka die Popularität<br />

des lokalen Bundesligaklubs SV Mattersburg:<br />

„Viele Kinder sind Fans. Um sie anzuregen,<br />

über das Thema nationale IdentiintervieW<br />

„Grundprinzip:<br />

Menschenrechte und<br />

Offenheit“<br />

Im Interview:<br />

Ingrid Salamon, Bürgermeisterin<br />

Welche Integrationsherausforderungen<br />

gibt es in Mattersburg?<br />

Unter unseren 7.750 Einwohnern<br />

sind 48 Nationalitäten<br />

vertreten. Alleine diese Zahlen<br />

zeigen, dass Integration auch in<br />

Mattersburg eine Herausforderung<br />

darstellt.<br />

Welche Maßnahmen setzen Sie,<br />

um das <strong>Zusammen</strong>leben zu<br />

verbessern?<br />

Zum einen haben wir einen<br />

eigenen Integrationsausschuss im<br />

Gemeinderat, der sich mit diesen<br />

Themen befasst. So haben wir beispielsweise<br />

in einer Wohnhausanlage,<br />

in der es angeblich Konflikte<br />

zwischen Inländern und Migranten<br />

gab, Streetworker eingesetzt, um<br />

die Bewohner zu befragen. Dabei<br />

hat sich herausgestellt, dass diese<br />

die Lage als deutlich besser wahrnehmen<br />

als von den Medien dargestellt.<br />

Es gibt kaum Sprachbarrieren<br />

und die Konflikte, die vorkommen,<br />

haben vor allem mit Kindern zu tun,<br />

die für manche zu laut im Hof spielen.<br />

So etwas kann überall vorkommen<br />

und hat nichts mit der Frage<br />

Migrant oder Inländer zu tun. Sehr<br />

gut finde ich auch das Projekt „Miteinanders<br />

– Vielfalt erleben“, das<br />

die Caritas in einigen unserer Schulen<br />

durchführt. Es ist wichtig, schon<br />

bei Kindern Toleranz zu schaffen.<br />

Was empfehlen Sie Amtskollegen,<br />

die das <strong>Zusammen</strong>leben in ihren<br />

Gemeinden verbessern wollen?<br />

Die Situation ist von Gemeinde<br />

zu Gemeinde verschieden. Mein<br />

Grundprinzip ist: Menschenrechte<br />

wahren und offen sein.<br />

022 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 023


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Integration fördern. Chancen sichern.<br />

FOTOS: ÖIF/Unger<br />

portrait<br />

Vom Sitzenbleiber<br />

zum Klassenvorstand<br />

Auf Umwegen hat Volkan<br />

Ekici es zu seinem Traumberuf<br />

Lehrer geschafft. Heute motiviert<br />

er seine Schüler in der Klasse<br />

wie am Fußballplatz, ihre Ziele<br />

hartnäckig zu verfolgen.<br />

TEXT<br />

Magdalena Deixler<br />

Meine ersten Worte auf Deutsch<br />

waren ‚Nix Deutsch!‘“, erinnert<br />

sich Volkan Ekici lachend. Auch<br />

das Datum des Tages, an dem er als Zehnjähriger<br />

nach <strong>Österreich</strong> kam, weiß der<br />

heute 33-jährige Berufsschullehrer noch<br />

genau: Am 21. September 1990 folgten<br />

Ekici und seine Schwester ihren Eltern<br />

nach Wien. Diese waren gut eineinhalb<br />

Jahre zuvor als Gastarbeiter nach <strong>Österreich</strong><br />

gezogen, um ihren Kindern eine bessere<br />

Zukunft bieten zu können.<br />

Deutsch lernen am Fussballplatz<br />

„Die vierte Klasse Volksschule habe ich<br />

dreimal gemacht“, erzählt Ekici, „einmal<br />

in der Türkei und zweimal in <strong>Österreich</strong>.“<br />

Der Grund für die Extra-Runden war die<br />

Sprache. Während zu Beginn noch türkische<br />

Klassenkollegen für ihn übersetzen<br />

mussten, übernahm Ekici bald selbst die<br />

Rolle des Dolmetschers zwischen Lehrerin<br />

und neuen Mitschülern. Eine große<br />

Hilfe beim Deutschlernen war sein größtes<br />

Hobby: „Ich habe den Großteil meiner<br />

Kindheit auf dem Fußballplatz verbracht.<br />

Meine Freunde waren Serben, Kroaten,<br />

<strong>Österreich</strong>er und Türken. Die Sprache,<br />

die wir alle konnten, war Deutsch.“<br />

einst verstand er<br />

„nix Deutsch“, heute<br />

unterrichtet Volkan Ekici<br />

an einer Berufsschule.<br />

Nach der Hauptschule<br />

wollte Ekici in die Handelsschule<br />

gehen. Bei der<br />

Aufnahmeprüfung erreichte<br />

er sogar genug Punkte für die maturaführende<br />

Handelsakademie. „Doch<br />

ich wurde abgelehnt – Platzmangel, sagten<br />

sie mir“, erinnert er sich. Doch Ekici ließ<br />

sich nicht entmutigen, besuchte die Handelsschule<br />

mit Aufbaulehrgang und maturierte<br />

schließlich 2003. Der Wunsch,<br />

selbst Lehrer zu werden, entstand früh:<br />

„In der Hauptschule hat ein Lehrer einmal<br />

gefragt, wer sich vorstellen könnte,<br />

eines Tages selber zu unterrichten. Ich war<br />

der Einzige, der aufgezeigt hat.“ Folglich<br />

entschloss sich Ekici, nach der Matura<br />

Geschichte und Sport auf Lehramt zu studieren<br />

– scheiterte aber am rhythmischen<br />

Teil der Aufnahmeprüfung zum Sportstudium.<br />

Also erfüllte er stattdessen einen<br />

Traum seiner Mutter: Als Reinigungskraft<br />

in einer Bank hatte sie sich immer gewünscht,<br />

dass auch ihr Sohn eines Tages<br />

einer der elegant gekleideten Herren sein<br />

würde, deren Tische sie täglich putzte.<br />

„Ich wurde also Banker“, sagt er, „aber<br />

ich habe mir nie den Tisch putzen lassen<br />

– aus Prinzip.<br />

Herr ekici und „Volki“<br />

Nach zwei Jahren erzählte ihm ein befreundeter<br />

Lehrer, dass an seiner Berufsschule<br />

Lehrer gesucht würden – und dass<br />

Berufspraxis ausreiche, um beginnen zu<br />

können: „Also hab ich’s einfach versucht<br />

und wurde genommen.“ Seit vier Jahren<br />

steht Ekici nun in der Klasse und studiert<br />

in der Klasse bin<br />

ich herr ekici,<br />

am Fußballplatz<br />

dürfen mich die<br />

schüler auch<br />

„Volki“ nennen.<br />

Volkan ekici, Lehrer<br />

und integrationsbotschafter<br />

daneben Berufsschulpädagogik.<br />

Seine Bachelorarbeit<br />

über Integration<br />

durch Sport möchte er<br />

nächsten Sommer einreichen. „Mir persönlich<br />

hat Fußball sehr bei meiner Integration<br />

geholfen“, erinnert sich Ekici,<br />

„ich habe mir immer Vereine ausgesucht,<br />

in denen Deutsch die ,Amtssprache‘ war.“<br />

Heute ist der Lehrer für Rechnungswesen,<br />

Schriftverkehr und politische Bildung<br />

auch Sportreferent seiner Schule. Jeden<br />

Mittwochmorgen spielt er Fußball mit<br />

seinen Schülern. „In der Klasse bin ich<br />

Herr Ekici, die Respektsperson. Am Fußballplatz<br />

ist das anders: Da dürfen mich<br />

die Schüler auch ‚Volki‘ nennen.“<br />

erfolgsrezept: respekt und scHmäH<br />

Seinen Schülern, von denen 80 Prozent<br />

Migrationshintergrund haben, möchte<br />

Ekici ein Vorbild sein und zeigen, dass<br />

sie vieles schaffen können. Sein Erfolgsrezept?<br />

„Mein Motto im Unterricht ist gegenseitiger<br />

Respekt – und eine Prise Schmäh.“<br />

Seine positive Einstellung vermittelt er<br />

seit kurzem als ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-<br />

Integrationsbotschafter (siehe Kasten) auch<br />

in anderen Schulen: „Mein Weg zum Lehrer<br />

war lang und nicht immer einfach,<br />

aber ich hab’s geschafft. Jetzt will ich andere<br />

auf ihrem Weg unterstützen!“<br />

Volkan Ekici lebt seit 1990 in Wien.<br />

Der heute 33-jährige sohn türkischer<br />

einwanderer ist Berufsschullehrer und seit<br />

seiner Kindheit leidenschaftlicher Fußballer.<br />

WISSEN<br />

Die integrationsbotschafter<br />

„<strong>Zusammen</strong>:<br />

<strong>Österreich</strong>“ ist<br />

nicht nur der name<br />

dieses magazins,<br />

sondern auch eines<br />

Projekts von staatssekretär<br />

sebastian<br />

Kurz und dem<br />

<strong>Österreich</strong>ischen<br />

integrationsfonds.<br />

mehr als 300 gut<br />

integrierte migranten<br />

besuchen als integrationsbotschafter<br />

schulen in ganz<br />

<strong>Österreich</strong>, um ihre<br />

persönliche erfolgsgeschichte<br />

zu erzählen<br />

und mit<br />

den Kindern und<br />

Jugendlichen zu<br />

diskutieren. Über<br />

15.000 schüler<br />

profitierten bisher<br />

davon.<br />

Das Projekt setzt<br />

heuer unter dem<br />

motto „Deine<br />

chance!“ einen<br />

schwerpunkt auf<br />

das thema Berufsausbildung.<br />

Ziel<br />

ist es, junge migranten,<br />

die bislang<br />

an Berufsschulen<br />

unterrepräsentiert<br />

sind, auf ihre Karrierechancen<br />

in<br />

<strong>Österreich</strong> aufmerksam<br />

zu machen.<br />

www.zusammenoesterreich.at<br />

024 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 025


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Integration fördern. Chancen sichern.<br />

Mehr Infos<br />

zu den<br />

ÖIF-Aktivitäten<br />

finden Sie auf<br />

www.integrationsfonds.at<br />

Rückblick<br />

ÖIF-Highlights<br />

OBERÖSTERREICH/SALZBURG/STEIERMARK/<br />

TIROL/WIEN: Neuzuwanderer willkommen<br />

heißen, mit allen wichtigen Infos versorgen und<br />

sie so dabei unterstützen, sich rasch zu integrieren:<br />

All das geschieht ab sofort österreichweit<br />

an den Welcome Desks, die der ÖIF im Juli und<br />

August an all seinen Standorten eröffnet hat.<br />

OBERÖSTERREICH/STEIERMARK/TIROL/WIEN:<br />

Wie <strong>Österreich</strong> langsam zur Heimat für sie<br />

wurde, erzählen 15 Zuwanderer im Buch „Mit<br />

einem Koffer voll Hoffnung“. Aus ihren spannenden<br />

Lebensgeschichten las Autorin Andrea<br />

Heigl bei Präsentationen in vier ÖIF-Integrationszentren<br />

Anfang Juli.<br />

WIEN: Unter dem Motto<br />

„Deine Chance!“ motiviert<br />

ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

dazu, eine Ausbildung zu machen.<br />

Am 19. Juni präsentierten Staatssekretär Sebastian<br />

Kurz und ÖIF-Geschäftsführer Franz Wolf-<br />

Maier die neue Ausbaustufe des ÖIF-Projekts,<br />

in dessen Rahmen erfolgreiche Migranten als<br />

Integrationsbotschafter Schulen besuchen.<br />

AUgUST<br />

JUlI<br />

JUNI<br />

DEUTSCHLAND:<br />

Der ÖIF zu Gast in Berlin:<br />

Auf Einladung von<br />

Staatsministerin Maria<br />

Böhmer präsentierten ÖIF-<br />

Vertreter am 14. August<br />

dem deutschen Integrationsbeirat<br />

das Projekt<br />

ZUSAMMEN:ÖSTERREICH (siehe Seite 25 Infobox).<br />

Mit dabei: Kanzlerin Angela Merkel.<br />

ÖSTERREICH: Am 23. Juli konnte der ÖIF<br />

seinen 1.000. Facebook-Fan begrüßen. Unter<br />

www.facebook.com/integrationsfonds<br />

halten wir Sie über unsere Aktivitäten auf<br />

dem Laufenden und freuen uns über Ihre<br />

Postings und Likes.<br />

TIROL: Am 12. Juli startete im Integrationszentrum<br />

Tirol die Workshop-Reihe JOBPROJECT.<br />

Migranten erhalten dabei Infos über die österreichische<br />

Arbeitswelt, Berufsberatung und<br />

Bewerbungstrainings.<br />

STEIERMARK/KÄRNTEN: Gemeinsam lernen<br />

macht Spaß: Daher organisierte das Integrationszentrum<br />

Steiermark im vergangenen Schuljahr regelmäßige<br />

Lerntreffs für steirische und Kärntner<br />

Schüler mit Migrationshintergrund. Über 30 Kinder<br />

nahmen Ende Juni an den Abschlusstreffen teil.<br />

Foto: Bundesregierung/Jan PhiliPP eBerstein, www.weinFranz.at, Christian redtenBaCher, BMi/Martin dörsCh, öiF/huBer, istoCk, niel Mazhar, akzente,<br />

Ausblick<br />

ÖIF-Termine<br />

OktOber<br />

04<br />

Salzburg:<br />

Zum zweiten Mal<br />

findet am 4. Oktober<br />

die Messe<br />

„Arbeit – Bildung –<br />

Migration“ in Salzburg statt, auf<br />

der das Integrationszentrum<br />

Salzburg vertreten sein wird.<br />

Interessierte erhalten dort Tipps für ihren Erfolgsweg<br />

in der österreichischen Arbeitswelt. Mehr Infos unter<br />

www.integrationsfonds.at/messe_arbeit_bildung_<br />

migration<br />

OktOber<br />

06<br />

ÖSterreich:<br />

Sport verbindet –<br />

daher vergeben<br />

der ÖIF und das<br />

Sportministerium<br />

insgesamt 15.000 Euro an Projekte,<br />

die das Miteinander von<br />

Menschen mit und ohne Migrationshintergrund<br />

fördern. Bewerbungen sind noch bis<br />

6. Oktober möglich. Mehr Infos unter<br />

www.integrationsfonds.at/sport<br />

Dezember<br />

20<br />

Salzburg:<br />

Was bedeutet für<br />

dich Zuhause? Diese<br />

Frage stellt der<br />

ÖIF im Rahmen des<br />

Kreativwettbewerbs „Dahoam<br />

in Soizburg?!“ Jugendlichen<br />

mit und ohne Migrationshintergrund.<br />

Bis 20. Dezember können sie ihre Beiträge in<br />

den Kategorien Text, Video und Bild einreichen und tolle<br />

Preise gewinnen. Pro Kategorie werden fünf Sieger<br />

gekürt. Mehr Infos unter www.integrationsfonds.at/<br />

dahoam_in_salzburg<br />

ÖSterreich:<br />

Sept. – NOv. In zahlreichen Bundesländern<br />

starten<br />

im Herbst neue<br />

Durchgänge von<br />

„Mentoring für MigrantInnen“.<br />

Mentoren unterstützen dabei<br />

Zuwanderer beim Einstieg in<br />

den Arbeitsmarkt. Die Bewerbungsfrist für Mentees<br />

läuft in Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und<br />

Wien bis 23. September, in Tirol bis 27. September<br />

und in Kärnten bis 4. November. Mehr Infos unter<br />

www.integrationsfonds.at/mentoring<br />

026 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong>


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Integration fördern. Chancen sichern.<br />

ProjeKt der stunde<br />

Gesund<br />

und<br />

munter<br />

Wie man in der Schule für<br />

ein gesundes Leben lernen kann,<br />

zeigt ein Grazer ÖIF-Projekt.<br />

Lust auf Obst<br />

und Gemüse: Das Projekt<br />

SoHA stärkt ernährungsbewusstsein<br />

von Kindern<br />

und Familien.<br />

weitere Angebote<br />

Kostenlose medizinische Versorgung,<br />

soziale Beratung und Medikamentenhilfe<br />

für Menschen ohne Versicherungsschutz<br />

bietet „Amber Med“, eine Ambulanz von<br />

Diakonie und Rotem Kreuz in Wien.<br />

www.amber-med.at<br />

Wissen über das Gesundheitssystem<br />

fördert das Projekt „MiMi“ der Volkshilfe<br />

Wien und des Staatssekretariats für Integration.<br />

Freiwillige Migranten informieren<br />

als Gesundheitslotsen innerhalb ihrer<br />

Community über Krankenschein & Co.<br />

www.volkshilfe-wien.at/mimi_<br />

gesundheitslotsinnen<br />

TExT<br />

Magdalena Deixler<br />

Migrantinnen und Migranten fühlen<br />

sich häufiger krank als Einheimische.<br />

Besonders Menschen<br />

mit Wurzeln in der Türkei oder Ex-<br />

Jugoslawien nehmen sich im Schnitt als<br />

weniger gesund wahr, wie die <strong>Österreich</strong>ische<br />

Gesundheitsbefragung zeigt. „Ökonomisch<br />

schlechter gestellte Menschen<br />

haben ein erhöhtes Risiko, krank zu werden<br />

– und viele Migranten zählen zu dieser<br />

Gruppe“, sagt Christa Schüßleder vom<br />

Integrationszentrum Steiermark. Sie ist<br />

Mitarbeiterin des Projekts SOHA, das der<br />

ÖIF gemeinsam mit dem Sprachinstitut<br />

deutsch_und_mehr ins Leben gerufen hat.<br />

InformIerte eltern, gesunde KInder<br />

Ziel von SOHA – arabisch für „Gesundheit“<br />

– ist es, an vier Grazer Volksschulen<br />

das langfristige Wohlbefinden von Familien<br />

mit und ohne Migrationshintergrund<br />

zu stärken. Neben einer gesunden Lebensweise<br />

mit ausgewogener Ernährung<br />

und genug Bewegung sei vor allem ein<br />

Faktor wichtig, erklärt Schüßleder: „Damit<br />

die Kinder ein gesundes Leben führen<br />

können, müssen wir ihr soziales Umfeld<br />

stärken.“ Das Angebot richtet sich daher<br />

primär an Eltern und Lehrer: Erstere lernen<br />

in kostenlosen Deutschkursen die<br />

zentralen Vokabeln und Phrasen rund um<br />

Kinder ernähren sich<br />

nur gesund, wenn<br />

die Eltern das<br />

auch tun.<br />

Projektmitarbeiterin<br />

Christa Schüßleder<br />

das Thema Gesundheit und Ernährung.<br />

„Beim Arzt muss man erklären können,<br />

was wehtut – sprachliche Barrieren dürfen<br />

da nicht behindern“, meint Schüßleder.<br />

gemüse schmacKhaft machen<br />

In weiterführenden Eltern-Kind-Abenden<br />

bekommen die Erwachsenen Infos zu<br />

Themen wie Gesundheitssystem und Patientenrechte<br />

sowie Ernährungstipps,<br />

während die Kleinen dieselben Inhalte<br />

spielerisch erarbeiten. „Kinder ernähren<br />

sich nur gesund, wenn die Eltern das auch<br />

FOTOS: ÖIF/SchüSSleder<br />

tun“, sagt Schüßleder, „und diese möchten<br />

auch gerne Vorbilder sein. Wir vermitteln<br />

ihnen die nötigen Tricks, um den<br />

Kindern beispielsweise Gemüse leichter<br />

schmackhaft zu machen. Auch raten wir<br />

zu mehr regionaler und saisonaler Nahrung.“<br />

Zudem erhalten die Teilnehmer<br />

kostengünstige Freizeittipps: „Graz ist<br />

eine wunderbar grüne Stadt“, meint<br />

Schüßleder, „spielen im Park, ein Spaziergang<br />

entlang der Mur oder ein Lauf auf<br />

den Schlossberg kosten nichts, halten fit<br />

und helfen beim Kennenlernen der Stadt.“<br />

Unterrichtstipps für Lehrer<br />

Jedes Semester gibt es ein gemeinsames<br />

Fest, bei dem die gesamte Familie eingeladen<br />

ist, an der Schule zu kochen, Sportarten<br />

auszuprobieren und Kontakt zu lokalen<br />

Vereinen zu knüpfen. Die Lehrer<br />

erhalten in Workshops in <strong>Zusammen</strong>arbeit<br />

mit der Pädagogischen Hochschule Tipps,<br />

wie sie Gesundheit und Ernährung im<br />

Unterricht behandeln können.<br />

Wie das SOHA­Angebot angenommen<br />

wird? „Sehr gut“, freut sich Schüßleder.<br />

Viele Eltern besuchten zugleich Deutsch­<br />

Umfassende Infos über Gesundheitssystem<br />

und Prävention bietet die Broschüre<br />

„Gesund bleiben und mit Krankheiten<br />

umgehen“ vom Roten Kreuz und Gesundheitsministerium.<br />

Die zweisprachige Broschüre<br />

ist auf Deutsch plus Türkisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch,<br />

Englisch sowie<br />

Russisch erhältlich. www.roteskreuz.at<br />

Migration & Suchdienst Migration-Angebote<br />

Gesundheit<br />

Bewegung hält fit: Im Projekt „SIQ!“<br />

der Caritas Steiermark können Asylberechtigte<br />

und subsidiär Schutzberechtigte<br />

an Sportveranstaltungen teilnehmen, Kontakte<br />

zu Vereinen knüpfen und Qualifikationen<br />

im Sportbereich erwerben, etwa als<br />

Trainer. www.caritas-steiermark.at<br />

Ein Sportangebot für Frauen mit<br />

Migrationshintergrund ist das Projekt „in<br />

motu“ der Sportunion Tirol und Vorarlberg.<br />

Workshops zu Schwimmen, Nordic<br />

Walking und Gymnastik helfen Frauen mit<br />

Migrationshintergrund, Hemmschwellen<br />

abzubauen und das Selbstbewusstsein<br />

zu stärken. www.sportunion-tirol.at und<br />

www.sportunion-vorarlberg.at<br />

kurse, Eltern­Kind­Abende und Familienworkshops.<br />

„Das Vorurteil, dass Migranten<br />

sich nicht für den Schulalltag<br />

ihrer Kinder interessieren, trifft bei uns<br />

nicht zu.“<br />

Das Projekt SOHA wird<br />

vom Fonds Gesundes<br />

<strong>Österreich</strong> und dem Land<br />

Steiermark gefördert.<br />

028 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 029


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Integration fördern. Chancen sichern.<br />

Forschung aktuell<br />

Publikationen<br />

„Verbesserte<br />

Integration bringt<br />

Milliarden“<br />

Wirtschaft und Gesellschaft<br />

würden stark profitieren, wenn<br />

Migranten in Bildung und Beruf<br />

ihr Potenzial so gut nützen<br />

könnten wie Einheimische.<br />

interview<br />

Valentin Schwarz<br />

Wie groß wäre der nutzen, wenn<br />

Migrantinnen und Migranten<br />

vollständig im Bildungssystem<br />

und am Arbeitsmarkt integriert wären?<br />

Die Antwort auf diese Frage gibt das institut<br />

für Höhere Studien (iHS) in einer<br />

im Auftrag des ÖiF durchgeführten Studie.<br />

wissensmanagerin Lisa Fellhofer fasst<br />

die ergebnisse zusammen.<br />

Wie gut sind Migranten aktuell im<br />

bildungssystem und am Arbeitsmarkt<br />

integriert?<br />

Lisa Fellhofer: Die iHS-Auswertung zeigt,<br />

dass Schüler mit Migrationshintergrund<br />

deutlich seltener eine höhere Ausbildung<br />

abschließen. in Berufs- und höheren<br />

Schulen sind sie unter-, in Sonderschulen<br />

hingegen überrepräsentiert. Das erklärt<br />

auch das schwache Abschneiden beim<br />

PiSA-test. So kommt es, dass Migranten<br />

drei- bis viermal häufiger vorzeitig ihre<br />

Ausbildung abbrechen als einheimische<br />

Altersgenossen. Diese Probleme setzen<br />

sich am Arbeitsmarkt fort: Migranten sind<br />

häufiger in Hilfsarbeiter-Jobs und seltener<br />

in Führungspositionen tätig. wir haben<br />

daher vom iHS berechnen lassen, welche<br />

Potenziale eine verbesserte integration<br />

bieten würde.<br />

Die Arbeitslosigkeit<br />

würde leicht fallen,<br />

die Durchschnittslöhne<br />

steigen.<br />

Lisa Fellhofer,<br />

Leiterin des Teams Wissensmanagement<br />

im ÖIF<br />

Was bedeutet in diesem <strong>Zusammen</strong>hang<br />

„verbesserte Integration“?<br />

Fellhofer: Darunter verstehen wir in der<br />

Studie eine Angleichung in Bildung und<br />

Beruf. Aktuell erwirtschaften Migranten<br />

selbst bei gleichem Alter, Ausbildung und<br />

Berufserfahrung weniger als einheimische.<br />

Die Studie simuliert, was passieren<br />

würde, wenn diese Produktivitätslücke geschlossen<br />

und die Bildungsstruktur von<br />

Zuwanderern generell der der <strong>Österreich</strong>er<br />

angeglichen würde.<br />

Mit welchem ergebnis?<br />

Fellhofer: Die Folgen wären sehr positiv.<br />

Laut den Studienergebnissen würde die<br />

jährliche wirtschaftsleistung um 3,8 Milliarden<br />

euro steigen, der Staat um gut eine<br />

Milliarde mehr einnehmen. Die Arbeitslosigkeit<br />

würde leicht fallen, die Durchschnittslöhne<br />

steigen. neben dem volkswirtschaftlichen<br />

gäbe es auch einen gesamtgesellschaftlichen<br />

nutzen: So können wir<br />

verhindern, dass Migranten überproportional<br />

zur sozioökonomisch schwächeren<br />

Schicht gehören, was die wahrscheinlichkeit<br />

sozialer Konflikte senkt. eine bessere<br />

integration in Bildung und Beruf stärkt<br />

also den gesellschaftlichen <strong>Zusammen</strong>halt<br />

insgesamt.<br />

lisa Fellhofer<br />

kennt das wirtschaftliche<br />

und gesellschaftliche<br />

Potenzial einer verbesserten<br />

Integration.<br />

WISSEN<br />

Das Potenzial<br />

verbesserter<br />

integration<br />

Kostenlos bestellen<br />

Der ÖIF-Forschungsbericht<br />

„Potenziale durch die Integration<br />

von Migrant/innen in Arbeitsmarkt<br />

und Bildung“ wurde vom Institut<br />

für Höhere Studien erstellt. Er ist<br />

online unter www.integrations<br />

fonds.at/publikationen verfügbar.<br />

Interessierte können den<br />

Bericht zudem per Mail an<br />

pr@integrationsfonds.at in<br />

gedruckter Form kostenlos<br />

bestellen.<br />

FOTOS: ÖIF/Unger, HelmreIcH<br />

Fokus IntegratIon<br />

Der ÖIF empfiehlt: Termine und Aktuelles<br />

rund um Integration und Migration<br />

Vielfalt richtig<br />

managen:<br />

Der richtige Umgang mit kultureller<br />

Vielfalt ist Thema des<br />

aktuellen ÖIF-Dossiers N°28,<br />

das die unterschiedlichen Zugänge<br />

zu Diversity Management analysiert. Durch die<br />

Internationalisierung der Wirtschaft wird das Thema in<br />

Betrieben immer wichtiger.<br />

Das ÖIF-Dossier N°28 ist auf www.integrationsfonds.at<br />

Publikationen kostenlos verfügbar.<br />

Kroaten in<br />

<strong>Österreich</strong>:<br />

Seit 1. Juli ist Kroatien Mitglied<br />

der Europäischen Union.<br />

Das ÖIF-Dossier N°23 bietet<br />

alle relevanten Infos und<br />

Daten zur kroatischen Community in <strong>Österreich</strong>.<br />

Bemerkenswert ist etwa, dass sich ganze 84 Prozent<br />

sehr oder eher integriert fühlen.<br />

Das ÖIF-Dossier N°23 ist auf www.integrationsfonds.at<br />

Publikationen kostenlos verfügbar.<br />

mit dem Öif in<br />

alpbach:<br />

Vom 12. bis 31. August diskutierten<br />

beim European Forum<br />

Alpbach internationale Experten<br />

Herausforderungen und<br />

Lösungsansätze zum Thema „Erfahrungen und Werte“.<br />

Mit dabei waren als ÖIF-Stipendiaten 15 Studierende<br />

mit familiären Wurzeln in Ländern wie Afghanistan,<br />

Serbien, Ukraine oder Brasilien.<br />

Umfassende Infos zum Forum finden Sie unter<br />

www.alpbach.org.<br />

integration im Jahr 2030:<br />

In welche Richtung<br />

kann sich das <strong>Zusammen</strong>leben<br />

in <strong>Österreich</strong> in den<br />

nächsten Jahrzehnten entwickeln?<br />

Ein ÖIF-Forschungsbericht<br />

entwirft drei Szenarien: gesellschaftliche<br />

Kohäsion, Fragmentierung oder Populismus. Die<br />

Entwicklungen auf österreichischer und europäischer<br />

Ebene werden dabei konsequent zusammengedacht.<br />

Der Forschungsbericht ist auf www.integrationsfonds.at<br />

Publikationen kostenlos verfügbar.<br />

030 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong>


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Integration fördern. Chancen sichern.<br />

Bräuche<br />

und Traditionen<br />

mit Migrationshintergrund<br />

„Wenn der Wille auf das Gute<br />

gerichtet ist, gibt es nichts Böses.“<br />

Konfuzius<br />

Sie garantieren leuchtende<br />

Augen bei Groß und Klein: Cake-<br />

Pops sind ein neuer Trend aus<br />

den USA und Großbritannien.<br />

Der Begriff ist eine <strong>Zusammen</strong>setzung<br />

aus cake für Kuchen<br />

und lollipop für Lutscher – und<br />

genau darum geht es: um Kuchen<br />

am Stiel.<br />

Spektakuläre Kreationen. „Ich<br />

habe Cake-Pops zum ersten<br />

Mal in einem Kaffeehaus gesehen<br />

und war gleich begeistert“,<br />

erinnert sich Kathleen Knaus,<br />

„also habe ich mir ein Rezept<br />

besorgt und es seither weiter<br />

verfeinert.“ Heute zaubert die in<br />

Wien lebende US-Amerikanerin<br />

kunstvolle Muster, Blüten und<br />

Gesichter auf ihre Cake-Pops.<br />

„Meine spektakulärste Kreation<br />

waren Babyköpfe mit Schnullern<br />

im Mund für eine Babyparty.<br />

Gerade weil sie gelungen sind,<br />

hatten die Gäste leider Hemmungen,<br />

hineinzubeißen.“ Spezielle<br />

Pressformen ermöglichen<br />

vielfältige Formen wie Herzen<br />

oder Schneemänner.<br />

Kunstvoll dekorieren. Einzigartig<br />

werden Cake-Pops durch die<br />

kunstvolle Verzierung – eine Disziplin,<br />

die in <strong>Österreich</strong> noch in<br />

den Kinderschuhen steckt. „Dekorieren<br />

hat hierzulande nur bei<br />

Hochzeitstorten Tradition“, sagt<br />

Knaus, „wird aber immer mehr<br />

zum Trend. Mittlerweile gibt es<br />

sogar Spezialgeschäfte und Kurse<br />

für Experimentierfreudige.“<br />

Buntes <strong>Österreich</strong><br />

Der Kuchen<br />

am Stiel<br />

Eine kleine Nascherei mit großer Liebe<br />

zum Detail: Die aus dem englischen Sprachraum<br />

stammenden Cake-Pops begeistern Alt und Jung.<br />

TexT<br />

Valentin Schwarz<br />

Gastfreundschaft<br />

Der Grill-Klassiker vom Balkan<br />

Cevapcici<br />

selbst gemacht:<br />

einfacher, als<br />

man denkt<br />

Mitmachen<br />

und<br />

gewinnen!<br />

Dass Cevapcici vom Balkan stammen,<br />

ist bekannt. Doch aus welchem Land<br />

genau? „Das kann keiner genau sagen“,<br />

meint Dragan Danilovic schmunzelnd, „ob<br />

Kroaten, Bosnier oder Serben: Alle behaupten,<br />

sie hätten die Cevapcici erfunden.“<br />

Regionale Unterschiede gibt es trotzdem:<br />

In Bosnien etwa ist Schweinefleisch tabu.<br />

Danilovic, der in einer kroatischen Familie<br />

in Bosnien aufgewachsen ist, empfiehlt<br />

grundsätzlich Rindfleisch: „Das schmeckt<br />

einfach am besten.“ Zum Faschieren kann<br />

man jeden Teil verwenden – je nach Geschmack<br />

fette oder magere Stücke.<br />

Das Geheimnis guter Cevapcici ist überall<br />

gleich: „Richtig würzig werden sie, wenn<br />

sie Zeit haben, das Aroma der Gewürze aufzunehmen“,<br />

erklärt Danilovic. Er schneidet<br />

daher das Fleisch vorerst in kleine Stücke<br />

und würzt mit Knoblauch, Senf, Salz und<br />

Pfeffer. Nach einer Nacht im Kühlschrank<br />

wird die Masse faschiert und geformt. Dann<br />

landen die Cevapcici ohne weitere Beigabe<br />

von Öl auf dem Grill oder in der Pfanne, bis<br />

sie schön braun und „durch“ sind. Serviert<br />

werden sie mit Zwiebeln, Salat und Weißbrot.<br />

Saucen oder Beilagen wie Pommes<br />

frites sind am Balkan nicht üblich, erklärt<br />

Danilovic lachend: „Zumindest da sind<br />

sich alle einig.“<br />

Welches<br />

Wort<br />

suchen<br />

wir?<br />

Kathleen Knaus kam als<br />

Au-pair-Mädchen aus dem<br />

US-Bundesstaat New York nach<br />

<strong>Österreich</strong>. Sie lebt mit ihrem<br />

Mann, einem Tiroler, in Wien.<br />

FOTOS: ThOmaS UnTerberger, ÖIF/Unger<br />

Lösen<br />

sie das<br />

Rätsel<br />

und gewinnen<br />

Sie das<br />

Buch „Mit einem Koffer voll<br />

Hoffnung“ mit 15 Zuwanderer-<br />

Portraits von Andrea Heigl!<br />

Alle Teilnahme-Infos finden Sie<br />

auf www.integrationsfonds.at/<br />

gewinnspiel<br />

032 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 033


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

Integration fördern. Chancen sichern.<br />

Zwei<br />

Menschen.<br />

Zwei Herkunftsländer.<br />

Eine<br />

Geschichte.<br />

Matura nachholen<br />

Jetzt anmelden für lebende Fremdsprache<br />

Bosnisch / Kroatisch / Serbisch und Türkisch<br />

<strong>Zusammen</strong>:Leben<br />

„Wir sind wie<br />

eine Familie“<br />

Vom Kellner zum Chef: Einst hat die<br />

Schutzhaus-Wirtin Arlette aus Wien Roger aus<br />

Indien angestellt, jetzt ist er ihr Nachfolger.<br />

TExT<br />

Aleksandra Klepić<br />

Z<br />

u Mittag gibt es faschierte Laibchen,<br />

am Abend Lammcurry: Das<br />

Schutzhaus am Heuberg am Rand<br />

des Wienerwalds bietet eine ungewöhnliche<br />

Speisekarte. Zu verdanken ist die kulinarische<br />

Vielfalt Roger, der das Schutzhaus<br />

seit vierzehn Jahren führt und das<br />

Angebot um Spezialitäten aus seiner Heimat<br />

bereichert hat. „Köstlich!“, findet Vorbesitzerin<br />

Arlette, die das Schutzhaus an<br />

Roger übergeben hat und seither Stammgast<br />

ist. „Die gute Wiener Küche habe ich<br />

aber von dir übernommen“, gibt der das<br />

Kompliment zurück.<br />

„Die gute Laune in Person“<br />

Begonnen hat Roger als Kellner. „Am Anfang<br />

haben manche Gäste komisch reagiert“,<br />

erinnert sich Arlette, „aber Roger<br />

hat sie schnell für sich gewonnen. Er ist<br />

einfach die gute Laune in Person.“ Auch<br />

privat verbindet die beiden eine Freundschaft:<br />

„Wichtige Feste feiere ich mit Roger,<br />

seiner Frau und ihren Kindern“, sagt<br />

Arlette, „wir sind wie eine Familie.“ Worauf<br />

Roger lachend ergänzt: „Und du bist<br />

das Familienoberhaupt!“<br />

Sie kennen zwei Menschen<br />

unterschiedlicher Herkunft,<br />

deren Geschichte erzählt<br />

werden sollte? Schreiben Sie an<br />

magazin@integrationsfonds.at!<br />

FOTOS: www.weinFranz.aT<br />

Ab Ende September startet das Berufsförderungsinstitut<br />

(BFI) kostenlose Vorbereitungskurse für die lebenden<br />

Fremdsprachen Bosnisch / Kroatisch / Serbisch (BKS)<br />

und Türkisch im Rahmen der Berufsreifeprüfung. Es handelt sich<br />

dabei um das Projekt „Berufsreife 2020“, das neue bildungsfördernde<br />

Angebote für Personen mit Migrationshintergrund bietet.<br />

Die Berufsreifeprüfung setzt sich aus vier Fächern zusammen:<br />

Deutsch, Mathematik, der gewählten lebenden Fremdsprache<br />

und einem Fachbereich. Im Rahmen des Projekts wird als lebende<br />

Fremdsprache neben Englisch auch Bosnisch / Kroatisch / Serbisch<br />

und Türkisch in Wien und Wels (OÖ) angeboten.<br />

„Unser Anliegen ist<br />

aufzuzeigen, dass<br />

die Erstsprache bzw.<br />

Muttersprache ein<br />

Vorteil sein kann.“<br />

YAVUz CEri<br />

„Mit diesen Lehrgängen bieten wir die Möglichkeit zur Perfektionierung<br />

der Erstsprache an, und gleichzeitig wollen wir darauf<br />

hinweisen, dass jede Sprachkenntnis zählt und anerkannt werden<br />

sollte. Unsere Aufgabe ist es, kostenlos und individuell über die<br />

Bildungs- sowie Lernunterstützungsmöglichkeiten zu informieren<br />

und diese Zielgruppe zu höherer Ausbildung zu motivieren“,<br />

so Barka Emini, die als Beraterin für die B/K/S-Zielgruppe am<br />

BFI Wien im Rahmen dieses Projekts tätig ist. „Unsere Jugend<br />

ist wegen Sprachbarrieren oder Informationsmangel sehr oft<br />

demotiviert und gehemmt sich weiterzubilden, obwohl sich da-<br />

„Mit diesen Lehrgängen<br />

bieten wir die Möglichkeit<br />

zur Perfektionierung<br />

der Erstsprache an, und<br />

gleichzeitig wollen wir<br />

darauf hinweisen, dass<br />

jede Sprachkenntnis<br />

zählt und anerkannt<br />

werden sollte.“<br />

BArkA EMiNi<br />

durch für viele bessere Jobmöglichkeiten und Karrierechancen<br />

ergeben. Unser Anliegen ist einerseits aufzuzeigen, dass die Erstsprache<br />

bzw. Muttersprache ein Vorteil sein kann. Andererseits<br />

möchten wir in individuellen Gesprächen entsprechende Bildungsmöglichkeiten<br />

erörtern, sowie selbst im Lernprozess auf<br />

den individuellen Förderbedarf eingehen“, erklärt Yavuz Ceri,<br />

türkischsprachiger Berater am BFI Wien.<br />

Im Rahmen der Beratung werden neben klassischer Bildungsberatung<br />

auch wichtige Informationen über Förderungs- und<br />

Finanzierungsmöglichkeiten weitergegeben.<br />

„Die Kosten sind einer der Gründe, warum sich viele MigrantInnen<br />

nicht für den zweiten Bildungsweg entscheiden. Viele wissen<br />

aber nicht, dass es diese Förderungsmöglichkeiten gibt“, sind<br />

sich Emini und Ceri einig. Nicht nur die BeraterInnen des BFI<br />

Wien, sondern auch die mehrsprachige Beraterin Nurcan Özgener<br />

vom BFI Oberösterreich kümmert sich darum, MigrantInnen<br />

für den zweiten Bildungsweg zu gewinnen.<br />

Außerdem werden auch kostenlose Lernwerkstätten organisiert,<br />

für die Personen, die ihre Deutsch- und Mathematikkenntnisse<br />

vorbereitend auf die Berufsreifeprüfung oder die<br />

Lehrabschlussprüfung auffrischen<br />

bzw. aufbessern wollen.<br />

Die Anmeldungen für die Vorbereitungskurse<br />

lebende Fremdsprache<br />

Bosnisch / Kroatisch / Serbisch und<br />

Türkisch laufen.<br />

NUrCAN ÖzgENEr<br />

Kursstart:<br />

BFI Wien: 01.10.2013<br />

BFI Oberösterreich : 17.09.2013<br />

Weitere Informationen bekommen Sie<br />

unter den Telefonnummern: 01-<br />

81178-10128 oder DW 10130 (Wien)<br />

und 07242-2055-3233 (Wels).<br />

Weiterbildung ist angesagt, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.<br />

Nutzen Sie Ihre Chance, auch wenn es schon die zweite ist.<br />

www.bfi-wien.at oder www.bfi-ooe.at.<br />

Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Mitteln des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur<br />

Werbung<br />

034 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong>


Gemeinsam sorgen wir dafür,<br />

dass <strong>Österreich</strong>s Talente<br />

nicht gestoppt werden.<br />

WIEN NORD<br />

Unterstützen Sie mit Ihrer Förder-SMS an<br />

0664 660 1971<br />

die Talente der <strong>Österreich</strong>ischen Sporthilfe.<br />

Mit freundlicher Unterstützung von<br />

Senden Sie ganz einfach eine beliebige SMS an die angeführte Nummer und folgen Sie den Anweisungen.<br />

Ihr Förderbeitrag von maximal €100,– kommt jungen, talentierten Sportlern mit und ohne Behinderung zugute.<br />

Die Sporthilfe fördert ohne staatliche Mittel. Vielen Dank! Infos unter: www.sporthilfe.at<br />

Eine Initiative der <strong>Österreich</strong>ischen Sporthilfe

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