Nr. 1/2013 - Humanité
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erlebt<br />
Die Fahrt bei brütender Hitze dauert<br />
länger als geplant. Schlaglöcher,<br />
Ochsenkarren und Kühe, die die schmale<br />
Strasse bevölkern, machen aus 50 Kilometern<br />
eine mehrstündige, beschwerliche<br />
Reise. Kurz vor Mittag treffen wir in<br />
Bardiya ein. Das Dorf liegt im Tiefland an<br />
der Grenze zu Indien – einem der heissesten<br />
Flecken Nepals.<br />
Swostika Bandhari erwartet uns. Das<br />
Mädchen mit dem breiten Lächeln und<br />
den grossen, dunklen Augen hat bei der<br />
Fan-Kampagne des SRK mitgemacht. Nun<br />
freut sich die Neunjährige, den Besuchern<br />
vom Roten Kreuz ihr Zuhause zu zeigen.<br />
Stolz stellt sie uns ihrer Grossmutter vor,<br />
die unter dem Vordach des einfachen<br />
Lehmhauses das Mittagessen zubereitet.<br />
Normalerweise hilft ihr Swostika dabei.<br />
Doch jetzt will sie uns lieber mit dem<br />
Rest ihrer Familie bekannt machen: Mutter<br />
Dhana, Schwester Sonam, ein paar<br />
Tanten und Cousinen – lauter Frauen.<br />
Der grosse Bruder ist in der Schule. Und<br />
der Vater ist fast immer weg, denn er arbeitet<br />
in Indien.<br />
Gemeinsam sind sie stark: Mutter Dhana Bandhari mit ihren beiden Töchtern Sonam (14)<br />
und Swostika (9)<br />
hari ist HIV-positiv. Sofort wurden auch<br />
ihre Kinder getestet. Und es zeigte sich,<br />
dass auch Swostika, ihre Jüngste, mit dem<br />
Aidsvirus infiziert war.<br />
«Als ich erfuhr, was mit uns los war, brach<br />
meine Welt zusammen. Aids war im Dorf<br />
ein Tabu. Wer daran erkrankte, wurde verachtet<br />
und ausgegrenzt», erinnert sich die<br />
31-Jährige. Unterdessen habe sich dies<br />
Dhana Bandhari engagiert sich<br />
in einer der Rotkreuz-Gruppen.<br />
Eine engagierte Mutter<br />
Es ist nicht selbstverständlich, dass Swostika<br />
so munter ist. «Vor vier Jahren war sie<br />
oft krank, ich machte mir grosse Sorgen»,<br />
berichtet ihre Mutter. Auch ihr selber ging<br />
es damals schlecht. Im siebten Schwangerschaftsmonat<br />
verlor sie ihr Baby. Danach<br />
kam sie kaum mehr zu Kräften. Die<br />
Untersuchung im regionalen Spital brachte<br />
es schliesslich an den Tag: Dhana Bandzum<br />
Glück geändert. Unterstützt vom Roten<br />
Kreuz entstanden in der ganzen Region<br />
Selbsthilfe- und Aufklärungsgruppen.<br />
An Veranstaltungen informieren sie Schüler<br />
und Erwachsene über HIV und Aids.<br />
Dhana Bandhari engagiert sich in einer<br />
der Rotkreuz-Gruppen. Wenn sie davon<br />
spricht, leuchten ihre Augen und<br />
es wird deutlich, wie wichtig diese Aufgabe<br />
für sie ist: «Es ist eindrücklich, wie<br />
viel wir erreichen. Die Menschen hören<br />
zu, ihre Einstellung ändert sich. Nur wer<br />
informiert ist, kann sich und andere vor<br />
einer Ansteckung schützen. Und nur wer<br />
weiss, dass es Medikamente gibt, traut<br />
sich, einen Test zu machen.»<br />
Seit fast drei Jahren achtet Dhana Bandhari konsequent darauf, dass sie und ihre Tochter<br />
täglich die Medikamente einnehmen<br />
Immer mehr Frauen und Kinder<br />
sind HIV-positiv<br />
In Nepal erkranken immer häufiger Frauen<br />
und Kinder an Aids, die ihre abgelegenen<br />
Dörfer kaum je verlassen haben.<br />
Ein Grund dafür ist, dass ein Grossteil der<br />
Männer auf der Suche nach Arbeit in die<br />
<strong>Humanité</strong> 1/<strong>2013</strong> 15