Antrag - DIE LINKE. Landesverband Hamburg
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Drucksache 20/9338<br />
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt <strong>Hamburg</strong> – 20. Wahlperiode<br />
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 847 – Drucksache 17/14600<br />
Gefreiten befördert und erhielt ein durchschnittliches<br />
Dienstzeugnis.<br />
Als Ausdruck mangelnder Sensibilität wertet es der Ausschuss<br />
angesichts des Umstands, dass diese Ausbildung in<br />
einer Reihe neonazistischer Publikationen empfohlen<br />
wird, dass in den 1990er und 2000er Jahren Neonazis,<br />
darunter auch Mundlos und Eminger, bei der Bundeswehr<br />
an der Waffe ausgebildet wurden.<br />
C. Das Scheitern der Suche nach Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe<br />
Der Ausschuss hat intensiv die Ereignisse seit November<br />
1997 beleuchtet: sie führten zum Auffinden von vorbereiteten<br />
Rohrbomben und Sprengstoff in einer von Zschäpe<br />
angemieteten Garage durch die Polizei und gipfelten<br />
schließlich in der Flucht von Böhnhardt, Mundlos und<br />
Zschäpe. Insbesondere ging der Ausschuss der Frage<br />
nach, welche Fehler und Versäumnisse auf Seiten der<br />
Sicherheitsbehörden dazu führten, dass die Fahndung<br />
nach dem untergetauchten Trio erfolglos blieb und im<br />
Jahr 2003 eingestellt wurde. Aufbauen konnte der Ausschuss<br />
dabei insbesondere auf dem Bericht der vom Thüringer<br />
Innenminister berufenen „Schäfer-Kommission“<br />
vom Mai 2012. Einbezogen wurden auch die vorläufigen<br />
Abschlussberichte der Parlamentarischen Kontrollkommission<br />
des Sächsischen Landtags und des Sächsischen<br />
Staatsministeriums des Innern vom Juni 2012. Zudem hat<br />
der Ausschuss Zeugen aus den beteiligten Behörden vernommen<br />
und umfangreiche Aktenbestände ausgewertet.<br />
Wie konnte es geschehen, dass eine rechtsextremistische<br />
Terrorgruppe über ein Jahrzehnt mitten in Deutschland<br />
lebte und sich finanzieren konnte, ohne von den Behörden<br />
gestellt und von der Szene verraten zu werden? – Das ist<br />
eine der beiden zentralen Fragen, die der Ausschuss zu<br />
klären bemüht war. Wichtige Antworten auf diese Frage<br />
konnten gefunden werden.<br />
Fehler bei den Durchsuchungen am 26. Januar 1998<br />
Seit 1996 führten die Staatsanwaltschaft Gera und das<br />
LKA Thüringen ein Ermittlungsverfahren gegen<br />
Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und weitere Personen (Ralf<br />
Wohlleben, André Kapke und Henning H.) wegen mehrerer<br />
im Stadtgebiet Jena platzierter Bomben und Bombenattrappen.<br />
Das LfV Thüringen erlangte Anfang Dezember<br />
1997 durch eine Observation einen Hinweis auf die die<br />
„Garage Nr. 5“ des Garagenvereins „An der Kläranlage“<br />
in Jena, in der als Beweisstücke bedeutsame Gegenstände<br />
vermutet wurden. Der im Januar 1998 und damit nach<br />
Auffassung des Ausschusses zu spät weitergegebene<br />
Hinweis führte zu der Entscheidung, von den Beschuldigten<br />
genutzte Wohnungen und Garagen am 26. Januar<br />
1998 zu durchsuchen. Der Termin war nicht mit Bedacht<br />
gewählt. Der für das Verfahren leitend zuständige Beamte<br />
des LKA Thüringen war an diesem Tag auf einer auswärtigen<br />
Fortbildung. Für die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft<br />
standen die Informationen des LfV Thüringen<br />
zunächst nur eingestuft und damit nicht voll verwertbar<br />
zur Verfügung.<br />
Statt eines Durchsuchungsbeschlusses für jedes zu durchsuchende<br />
Objekt wurde ein gemeinsamer Beschluss für<br />
alle Durchsuchungen erlassen – Böhnhardt, Mundlos und<br />
Zschäpe mussten also nach dessen Eröffnung wissen,<br />
welche Objekte die Polizei durchsuchte und was sie folglich<br />
finden würde. Eine Durchsuchung der Pkw der Beschuldigten<br />
lehnte die Staatsanwaltschaft unverständlicherweise<br />
ab, da kein ausreichender Bezug zum Tatverdacht<br />
gesehen wurde, obwohl die zuvor platzierten Bomben<br />
und Bombenattrappen mutmaßlich mit einem PKW<br />
transportiert worden sein mussten. Dies hätte nach Auffassung<br />
des Ausschusses anders entschieden werden müssen.<br />
Dann hätte zudem Böhnhardt sein Auto nicht zur<br />
Flucht zur Verfügung gehabt.<br />
Die Vorbereitung der Durchsuchungen durch das zuständige<br />
LKA Thüringen war unzureichend: Vor Beginn der<br />
Durchsuchungen wurden die Eigentümer der zu durchsuchenden<br />
Objekte nicht ermittelt. Dies führte zur ersten<br />
Verzögerung, als bekannt wurde, dass die Garage, in der<br />
später Sprengstoff gefunden wurde, von einem Polizeibeamten<br />
an Zschäpe vermietet worden war. Zur zweiten<br />
Verzögerung kam es, als die mit der Durchsuchung beauftragten<br />
Beamten bei der Ankunft feststellten, dass die<br />
Garage mit einem stabilen Vorhängeschloss gesichert<br />
war, das die Polizei erst von der Feuerwehr öffnen lassen<br />
musste. Während sich hier die Durchsuchung verspätete,<br />
wurde sie bei den anderen Objekten planmäßig begonnen.<br />
So gewannen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe den entscheidenden<br />
Vorsprung: Sie wussten lange vor den durchsuchenden<br />
Beamten um den bevorstehenden Fund. Wären<br />
die Garagen dagegen gleichzeitig durchsucht worden,<br />
hätte Böhnhardt, der bei der Durchsuchung einer weiteren<br />
Garage in der Nähe seiner Wohnung anwesend war, wegen<br />
des Sprengstofffunds in der anderen Garage festgenommen<br />
werden können. So konnte er Mundlos und<br />
Zschäpe warnen und sich schließlich mit ihnen gemeinsam<br />
absetzen. Die Polizeibeamten dagegen, die<br />
Böhnhardt hätten festnehmen können, erfuhren vom Auffinden<br />
dieser Beweisstücke zu spät, so dass sie Böhnhardt<br />
nicht am Wegfahren hinderten.<br />
Ebenso unzureichend war die Begleitung der Durchsuchung<br />
durch die zuständige Staatsanwaltschaft Gera.<br />
Nach Auffassung des Ausschusses wäre die Anwesenheit<br />
eines Staatsanwalts bei der Durchsuchung geboten gewesen.<br />
Das war jedoch nicht der Fall. Der an sich zuständige<br />
Staatsanwalt lag im Krankenhaus, erst im Laufe des Vormittages<br />
gelang den durchsuchenden Polizisten eine Kontaktaufnahme<br />
zu dessen Stellvertreter. Dieser ordnete<br />
nach Auffinden des Sprengstoffs schließlich die Festnahme<br />
von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe an. Obgleich<br />
der Krankenhausaufenthalt des die Ermittlungen führen-<br />
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