bdl spezial 032003 - Bund der Deutschen Landjugend
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Grüne Gentechnik - Ein Überblick<br />
Teufelswerk o<strong>der</strong> Segen für die Menschheit?<br />
Von Rudolf Großfeld, stellvertreten<strong>der</strong><br />
Vorsitzen<strong>der</strong> des BDL<br />
Die grüne Gentechnik wird in Deutschland<br />
kontrovers und oft emotional diskutiert.<br />
Sachlichkeit steht dabei immer seltener<br />
im Vor<strong>der</strong>grund. Aber was steckt wirklich<br />
hinter <strong>der</strong> grünen Gentechnik und warum<br />
macht man das überhaupt?<br />
Grüne Gentechnik - Was ist das?<br />
Das Lexikon sagt, dass man unter grüner<br />
Gentechnik die Anwendung gentechnischer<br />
Verfahren in <strong>der</strong> Pflanzenzüchtung<br />
und die Nutzung gentechnisch verän<strong>der</strong>ter<br />
Pflanzen, vor allem in <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />
versteht. Im Grunde heißt das,<br />
dass die Erbsubstanz von Pflanzen verän<strong>der</strong>t<br />
wird. Bestimmte Eigenschaften werden<br />
den Pflanzen durch genetische Verfahren<br />
hinzugefügt o<strong>der</strong> entzogen. So<br />
kann z.B. Reis zusätzlich Pro-Vitamin A<br />
bilden o<strong>der</strong> in Tomaten kann gezielt die<br />
Bildung von Eiweißen unterbunden werden,<br />
die Allergien auslösen.<br />
Warum macht man das?<br />
Auf <strong>der</strong> Erde leben heute rund sechs Milliarden<br />
Menschen. Laut Prognosen <strong>der</strong> UN<br />
wird ihre Zahl bis ins Jahr 2050 auf neun<br />
Milliarden steigen. Heute stehen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
pro Kopf rund 0,26 ha Ackerboden<br />
zur Verfügung im Jahr 2050 werden<br />
es noch ganze 0,15 ha sein. Das<br />
führt zu <strong>der</strong> bangen Frage: Können so<br />
viele Menschen überhaupt ernährt werden?<br />
Seit Mitte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts ist<br />
die Welt-Getreideernte auf den bestehenden<br />
Flächen um das Dreifache gestiegen.<br />
Das ist <strong>der</strong> Erfolg <strong>der</strong> so genannten „Grünen<br />
Revolution“. Doch im vergangenen<br />
Jahrzehnt ist die Bevölkerung wie<strong>der</strong><br />
schneller gewachsen als die Erntemengen.<br />
Die klassischen Möglichkeiten, mit noch<br />
mehr Dünger und Bewässerung die landwirtschaftlichen<br />
Erträge zu verbessern,<br />
gelten als weitgehend ausgeschöpft. Um<br />
die Ernährungsversorgung <strong>der</strong> Menschen<br />
weltweit zu gewährleisten, müssen die<br />
Erträge in Zukunft deutlich gesteigert<br />
werden. Allein durch Ertragssteigerungen<br />
und Pflanzenzüchtung sind die Probleme<br />
Hunger und Unterernährung jedoch nicht<br />
zu lösen. Auch vielschichtige soziale,<br />
wirtschaftliche und kulturelle Faktoren<br />
sind zu berücksichtigen. Viele Experten<br />
setzen ihre Hoffnungen auf den Einsatz<br />
<strong>der</strong> Gentechnik in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />
Mit Hilfe <strong>der</strong> „Grünen Gentechnik“ können<br />
Pflanzen in ihren Eigenschaften optimiert<br />
werden. Berühmt ist <strong>der</strong> Fall vom<br />
„Goldenen Reis“. Weltweit leiden mehr als<br />
200 Millionen Menschen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
Kin<strong>der</strong>, an Vitamin-A-Mangelerscheinungen.<br />
Vitamin-A ist wichtig für die Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Augen. Jedes Jahr erblinden etwa<br />
eine halbe Million Kin<strong>der</strong>. Abhilfe<br />
könnte künftig <strong>der</strong> so genannte „Goldene<br />
Reis“ schaffen, <strong>der</strong> zurzeit am internationalen<br />
Reisforschungsinstitut in Manila<br />
erforscht wird. Das Beson<strong>der</strong>e: Der Reis<br />
lagert zum einen mehr Eisen in seine Körner<br />
ein, zum an<strong>der</strong>en bildet er in seinen<br />
Zellen Provitamin A. Dieser Stoff wird<br />
nach dem Verzehr im menschlichen Körper<br />
in Vitamin A umgewandelt. 300 Gramm<br />
des goldenen Reises sollen ausreichen,<br />
um den Tagesbedarf an Vitamin A eines<br />
Erwachsenen zu decken. Die Bezeichnung<br />
„golden“ erhielt <strong>der</strong> Reis übrigens, weil<br />
seine Körner gelblich sind.<br />
Einen weiteren Beitrag zur Ernährungssicherung<br />
können Pflanzen leisten, die<br />
weniger anfällig gegen Krankheitsbefall<br />
sind. So gehen in Afrika bis zu 80% <strong>der</strong><br />
Süßkartoffelernte, eine <strong>der</strong> Hauptanbaufrüchte,<br />
verloren, weil die Kartoffel vom<br />
Feathery-Mottle-Virus (SPFMV) befallen<br />
wird. Es ist kenianischen Forschern gelungen<br />
ein Resistenz-Gen gegen dieses Virus<br />
Nr. 03/03<br />
in die Kartoffel einzupflanzen. Das Virus<br />
kann damit nicht mehr in die Kartoffel<br />
eindringen und sie schädigen. Dies sind<br />
nur einige <strong>der</strong> Möglichkeiten, die <strong>der</strong>zeit<br />
erforscht werden.<br />
Ist das alles ohne Risiko?<br />
Nein, nichts ist ohne Risiko. Auch die<br />
Verfahren und Methoden <strong>der</strong> grünen Gentechnik<br />
bergen ein Risiko. So enthalten<br />
Lebensmittel, die gentechnisch verän<strong>der</strong>t<br />
wurden, meist neue Eiweiße. Prinzipiell<br />
kann je<strong>der</strong> Eiweißstoff bei empfindlichen<br />
Menschen eine Allergie auslösen. Diese<br />
Gefahr ist zwar gering, aber nicht völlig<br />
ausgeschlossen. Es kann also passieren,<br />
dass in den verän<strong>der</strong>ten Pflanzen nicht<br />
nur die Bildung von unerwünschten Eiweißen<br />
unterbunden wird, son<strong>der</strong>n auch,<br />
dass an<strong>der</strong>e Eiweiße die u.U. an<strong>der</strong>e Allergien<br />
auslösen, neu gebildet werden.<br />
Daher sind umfangreiche Tests <strong>der</strong> neuen<br />
Pflanzen nötig, um dieses Risiko auszuschließen.<br />
Bei den ersten Pflanzen die gentechnisch<br />
verän<strong>der</strong>t wurden, stand vor allem <strong>der</strong> Ertrag<br />
im Vor<strong>der</strong>grund. So wurde Mais gezüchtet,<br />
<strong>der</strong> selbst einen Abwehrstoff gegen<br />
Insekten bildet. Dazu wurde in die<br />
Erbsubstanz des Maises ein Gen aus dem<br />
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