Jahresbericht 2012 - Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr eV
Jahresbericht 2012 - Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr eV
Jahresbericht 2012 - Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr eV
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JAHRESBERICHT <strong>2012</strong><br />
<strong>Caritasverband</strong><br />
<strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> e.V.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 2<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Jugendmigrationsdienst<br />
im <strong>Caritasverband</strong> <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> e.V.<br />
Anschrift St. Veit-Straße 14<br />
56727 Mayen<br />
Telefon 02651 – 9869-141<br />
Telefax 02651 – 9869-118<br />
Email<br />
Homepage<br />
jmd@caritas-mayen.de<br />
migration.caritas-rhein-mosel-ahr.de<br />
vorgelegt von<br />
Ruth Fischer, Diplom Sozialpädagogin<br />
Leiterin Jugendmigrationsdienst<br />
mit Unterstützung von den JMD- Mitarbeiterinnen<br />
Sonja Lauterbach, Eva Pestemer und Natascha Stieber-Koch<br />
Mayen im Februar 2013<br />
Der Jugendmigrationsdienst im <strong>Caritasverband</strong> <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> e.V. wird<br />
gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />
Jugend.<br />
Unsere Einrichtung ist eine von bundesweit 425 Jugendmigrationsdiensten.<br />
Mehr erfahren Sie auf dem Internet-Portal www.jugendmigrationsdienste.de
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 3<br />
INHALT<br />
1. RAHMENBEDINGUNGEN DER ARBEIT ............................................ 6<br />
2. ZIELE UND SCHWERPUNKTE ............................................................ 8<br />
3. HANDLUNGSFELDER UND AKTIVITÄTEN ....................................... 9<br />
4. ERFAHRUNGEN UND ERGEBNISSE ............................................... 11<br />
zu Handlungsfeld 1:<br />
Individuelle Beratung und Begleitung junger Menschen<br />
mit Migrationshintergrund .................................................................................. 11<br />
zu Handlungsfeld 2:<br />
Netzwerk- und Sozialraumarbeit ....................................................................... 21<br />
zu Handlungsfeld 3:<br />
Interkulturelle Öffnung und Lobbyarbeit ............................................................. 23<br />
5. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND PERSPEKTIVEN ......................... 26<br />
6. GENDER MAINSTREAMING ............................................................. 28<br />
7. PARTIZIPATION ................................................................................. 28
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 4
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 5<br />
„(Für)Bittgebet<br />
Gott, wir bitten dich für alle,<br />
die fremd sind in unserem Land, in unserer Gemeinde.<br />
Gott, wir bitten dich für uns,<br />
denn wir sind es, die sie fremd bleiben lassen.<br />
Gott wir bitten dich für alle,<br />
die sich rechtfertigen müssen für ihren Glauben und für ihre Tradition.<br />
Gott, wir bitten dich für uns,<br />
denn wir sind es, die ihre Werte nicht für wert erachten.<br />
Gott, wir bitten dich für alle,<br />
die sich nicht integrieren wollen.<br />
Gott, wir bitten dich für uns,<br />
denn es ist unsere Gemeinschaft, von der sie lieber kein Teil sein wollen.<br />
Gott, wir bitten dich für alle,<br />
die in rassistischem Denken gefangen sind.<br />
Gott wir bitten dich für uns,<br />
weil wir meinen, wir wären es nicht.<br />
Gott, wir bitten dich für alle,<br />
die anders sind.<br />
Gott, wir bitten dich für uns,<br />
weil wir immer noch zwischen ihnen und uns unterscheiden.“<br />
Evangelische Kirche in Deutschland, Hrsg.: Ohne Ansehen der Person – Der Schutz vor<br />
Rassismus als menschenrechtliche Aufgabe, Materialheft für einen Gottesdienst zum Tag der<br />
Menschenrechte am 10. Dezember <strong>2012</strong>, S. 24,<br />
http://www.ekd.de/download/tag_menschenrechte_<strong>2012</strong>.pdf
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 6<br />
1. RAHMENBEDINGUNGEN DER ARBEIT<br />
Träger des Jugendmigrationsdienstes (JMD) ist der <strong>Caritasverband</strong> <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong><br />
e.V. Als Teil des Fachdienstes Migration ist der JMD innerhalb des <strong>Caritasverband</strong>es<br />
in der Geschäftsstelle Mayen verankert.<br />
Die Initiierung und Begleitung von Projekten, die die Regelarbeit ergänzen, ist seit<br />
Jahren Bestandteil der Arbeit des Fachdienstes Migration und ermöglicht eine<br />
bedarfsorientierte und lebensweltbezogene Herangehensweise an aktuelle<br />
Problemlagen und Entwicklungen. Das ehemalige JMD-Projekt InContact ist seit<br />
2011 ein gemeinsames Projekt des Fachdienstes Migration.<br />
Das ländlich geprägte und großflächige Einzugsgebiet des JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong><br />
erstreckt sich über den gesamten Landkreis <strong>Ahr</strong>weiler und Teile des Landkreises<br />
Mayen-Koblenz (Stadt Mayen und Verbandsgemeinden Maifeld, Mendig,<br />
Vordereifel). Die insgesamt 125 Städte und Gemeinden dehnen sich über ein Gebiet<br />
von insgesamt 122.858 m² aus.<br />
Im Vergleich zu großen Ballungsgebieten und Großstädten gibt es im Einzugsgebiet<br />
des JMD eine eher schlechte Infrastruktur der Freizeit-, Schul- und<br />
Ausbildungsangebote, sowie eine teilweise sehr begrenzte Mobilität der dort<br />
lebenden Menschen, vor allem derjenigen, die über keinen PKW bzw. Führerschein<br />
verfügen.<br />
Damit die Angebote des JMD für möglichst viele junge Menschen mit<br />
Migrationshintergrund erreichbar sind, bieten die Mitarbeiterinnen des JMD neben<br />
ihrem Beratungsangebot in der ‚Zentrale’ des JMD im Mehrgenerationenhaus in<br />
Mayen regelmäßige Sprechzeiten in der Caritas Geschäftsstelle <strong>Ahr</strong>weiler, im<br />
Jugendbahnhof Bad Breisig, im Jugendtreff Mendig, im Jugendbahnhof Remagen
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 7<br />
und im Haus der offenen Tür in Sinzig an. Hierfür werden dem JMD von den<br />
genannten Institutionen kostenlos Räume und die Nutzung der Büroeinrichtung (u. a.<br />
Telefon, Internetzugang) zur Verfügung gestellt.<br />
Bei Bedarf organisieren die JMDlerinnen aber auch Termine an anderen Orten<br />
(z.B. in Adenau, Polch oder an den Integrationskursorten) und bieten Hausbesuche<br />
an.<br />
Um den jungen Menschen dieses sozialraumnahe Angebot vorhalten zu können,<br />
fuhren die Mitarbeiterinnen des JMD in <strong>2012</strong> rd.14.600 km.<br />
Für die JMD-Arbeit relevante strukturelle Merkmale im Einzugsgebiet sind die<br />
beiden Landkreise, in dem sich drei Jugendämter (Stadt Mayen, Kreis <strong>Ahr</strong>weiler<br />
und Kreis Mayen-Koblenz) und zwei Caritas-Geschäftsstellen (<strong>Ahr</strong>weiler und<br />
Mayen) befinden.<br />
In <strong>2012</strong> waren im JMD durchgängig 2 ½ Personalstellen besetzt, von links:<br />
• Eva Pestemer - 50%-Stelle<br />
• Natascha Stieber-Koch - 50%-Stelle<br />
• Sonja Lauterbach - 50%-Stelle<br />
• Ruth Fischer - 100%-Stelle<br />
Unterstützung erfuhren die JMDlerinnen durch insgesamt 34 Ehrenamtliche<br />
(12 Migrant(inn)en und 22 Einheimische, 19 weiblich und 15 männlich) in den<br />
verschiedensten Kontexten der JMD-Arbeit (Mentorentätigkeit, Mitarbeit in<br />
Maßnahmen und Aktionen, Übersetzen).<br />
Auch die Praktikant(inn)en Alwina Cischevski (6 Wochen à 31 Stunden),<br />
Svetlana Lang (4 Wochen à 19,5 Stunden) und Christian Korb (17 Wochen à 32<br />
Stunden) sowie eine Honorarkraft (Kunst-Tag im Jugendintegrationskurs) trugen<br />
dazu bei, dass bestimmte Aktionen im Rahmen der JMD- Arbeit stattfinden konnten.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 8<br />
2. ZIELE UND SCHWERPUNKTE<br />
Als Fachstellen für migrationsspezifische Jugendfragen richten die JMD ihre<br />
Angebote an:<br />
• junge Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 12 – 27 Jahren<br />
• Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im<br />
Hinblick auf Stärkung ihrer Erziehungskompetenz<br />
• Multiplikator(inn)en, u.a. Ehrenamtliche und Mitarbeiter(innen) aus Schulen,<br />
Vereinen, Verbänden, Kirchengemeinden, Politik und sonstigen Institutionen<br />
• Einheimische, u.a. Schulklassen, Jugendgruppen(leiter), Wohnbevölkerung<br />
Eingebunden in das bundesweite Integrationsprogramm zielen JMD auf<br />
Vermeidung, bzw. Ausgleich von Benachteiligungen ab und tragen dazu bei, das<br />
Recht aller jungen Menschen mit Migrationshintergrund auf umfassende Teilhabe<br />
und Chancengleichheit in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verwirklichen. Als<br />
Angebot der Jugendsozialarbeit kooperieren sie mit anderen für die jungen<br />
Zugewanderten relevanten Diensten und Einrichtungen und nehmen für diese eine<br />
Anlauf-, Koordinierungs- und Vermittlungsfunktion wahr. 1<br />
Die Schwerpunkte der JMD-Arbeit liegen dabei auf:<br />
1. individueller Integrationsförderung, d. h.<br />
Beratung in migrationsspezifischen Fragen bzw. Planung, Moderation und<br />
Begleitung des Integrationsprozesses sowie Initiierung, Bereitstellung bzw.<br />
Vermittlung von Gruppenangeboten und Projekten, die den Integrationsprozess<br />
unterstützen<br />
2. Netzwerk- und Sozialraumarbeit<br />
3. Initiierung und Begleitung von Interkultureller Öffnung<br />
Die Angebote des JMD <strong>Rhein</strong>-<br />
<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> basieren auf folgenden<br />
Prinzipien:<br />
• Sozialraumorientierung<br />
• Vernetzung<br />
• Ressourcenorientierung im<br />
Sinne des Empowerment<br />
• sowie Cultural- und Gender<br />
Mainstreaming.<br />
Im Jahr <strong>2012</strong> konnten die JMDlerinnen mit ihrem Beratungsangebot 190 junge<br />
Menschen mit Migrationshintergrund aus 44 verschiedenen Ländern und 34<br />
Familienangehörige dieser jungen Menschen erreichen.<br />
Über insgesamt 62 Gruppenangebote (u.a. Elternarbeit, Begleitung<br />
Jugendintegrationskurs, Interkulturelle Trainings, Kinoaktion) konnten zusätzlich 126<br />
zugewanderte Elternteile, ca. 94 junge Menschen mit und ohne<br />
Migrationshintergrund sowie etwa 339 Multiplikator(inn)en erreicht werden.<br />
1 vgl. dazu Grundsätze der JMD-Arbeit in<br />
http://www.jugendmigrationsdienste.de/_template.php?1=1&action=about&mid=219
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 9<br />
3. HANDLUNGSFELDER UND AKTIVITÄTEN<br />
Im Mai <strong>2012</strong> haben die JMDlerinnen ihre Arbeit noch einmal neu an den<br />
Grundsätzen und Rahmenrichtlinien des Kinder- und Jugendplans (KJP) 2<br />
ausgerichtet. Es wurden Schwerpunkte gesetzt, Ziele für die nächsten zwei bis drei<br />
Jahre formuliert, Kriterien zur Einordnung ins Case Management festgelegt sowie<br />
Netzwerke auf Effizienz und Zielerreichung überprüft .<br />
Dieser Prozess wurde durch einen externen Berater begleitet, was sehr wichtig war,<br />
damit die langjährigen JMD-Mitarbeiterinnen Distanz zu ihrer Planungsroutine<br />
herstellen und die Komponenten der JMD-Arbeit noch einmal neu zusammenfügen<br />
und ausgestalten konnten.<br />
Herausgekommen ist das sog. JMD-Haus auf bzw. in dessen Etagen, Treppen und<br />
Aufzügen sich die Arbeit des JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> vollzieht. Hier werden<br />
Handlungsfelder und Schwerpunkte deutlich.<br />
1. Ebene/Handlungsfeld:<br />
Individuelle Beratung<br />
und Begleitung junger<br />
Menschen mit Migrationshintergrund<br />
Die Aufgaben auf dieser<br />
Ebene dienen insbesondere<br />
der individuellen, auf den<br />
Einzelfall bezogenen<br />
Integrationsförderung.<br />
2. Ebene/Handlungsfeld:<br />
Netzwerk- und Sozialraumarbeit<br />
Hier gilt es durch Vernetzung<br />
Strukturen aufzubauen, auf<br />
die bei der individuellen<br />
Integrationsförderung zurückgegriffen<br />
werden kann, z.B.<br />
Kontakte zu anderen<br />
Diensten, Beratungsstellen,<br />
Freizeitangeboten, Schulen,<br />
Ausbildungsstellen.<br />
3. Ebene/Handlungsfeld:<br />
Interkulturelle Öffnung und Lobbyarbeit<br />
Die Aktivitäten auf dieser Ebene zielen darauf ab die Gesellschaft für das Thema<br />
Migration/Integration zu sensibilisieren/zu öffnen. Gleichzeitig geht es darum die<br />
Interessen der jungen Menschen mit Migrationshintergrund in der Öffentlichkeit und<br />
gegenüber Politik zu vertreten.<br />
2 Grundsätze und Rahmenrichtlinien zur Durchführung und Weiterentwicklung des Programms 18 im<br />
Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) „Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund“,<br />
Stand: 1. Januar 2011
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 10<br />
Darüber hinaus verfügt unser JMD-Haus über:<br />
• Einen Paternosteraufzug in dem wir ohne große Anstrengung mit unserem<br />
Qualitätsmanagement (QM) regelmäßig auf allen Ebenen unseres JMD-Hauses<br />
unterwegs sind, um die einzelnen Aktivitäten unter die Lupe zu nehmen. Unsere<br />
Instrumente hierzu sind JMD- und Fachdienstteam, Berichte und statistische<br />
Auswertungen, JMD-Fallbesprechungen, Caritas-interner QM-Prozess mit<br />
Prozessbeschreibungen und Audit, Fortbildungen etc.<br />
• Ein Treppenhaus über das wir in alle Etagen gelangen um die dort anfallenden<br />
Verwaltungsaufgaben zu erledigen, dazu zählen u.a. Protokollführung,<br />
Schriftverkehr, Dokumentation i-mpuls JMD 3 , Anträge und<br />
Verwendungsnachweise, Datenpflege in diversen Datenbanken,<br />
Leitungsaufgaben.<br />
• Einen direkten Durchgang zum Fachdienst Migration, da hier wechselseitig<br />
Aktivitäten und Aktionen regelmäßig abgestimmt werden; ebenso erfolgt bei<br />
Bedarf beratende kollegiale Unterstützung bzw. Kooperation.<br />
• Eine gute Isolierung, um einerseits Schutzraumangebote für junge Menschen mit<br />
Migrationshintergrund anbieten zu können, aber auch nach außen, da das, was<br />
die JMDlerinnen als ‚Anwalt für junge Menschen mit Migrationshintergrund‘ zu<br />
sagen haben nicht von allen immer gerne gehört wird.<br />
Definition<br />
„Ein Migrationshintergrund liegt vor, wenn<br />
1. die Person nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder<br />
2. der Geburtsort der Person außerhalb der heutigen Grenzen der Bundesrepublik<br />
Deutschland liegt und eine Zuwanderung in das heutige Gebiet der<br />
Bundesrepublik Deutschland nach 1949 erfolgte oder<br />
3. der Geburtsort mindestens eines Elternteiles der Person außerhalb der heutigen<br />
Grenzen der Bundesrepublik Deutschland liegt sowie eine Zuwanderung dieses<br />
Elternteiles in das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach 1949<br />
erfolgte.“ 4<br />
3 Online-Dokumentationsplattform des BMFSFJ zur Erfassung der JMD-Arbeit<br />
4 http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/mighev/gesamt.pdf § 6 Satz 2 Verordnung zur<br />
Erhebung der Merkmale des Migrationshintergrundes (Migrationshintergrund-Erhebungsverordnung -<br />
MighEV) vom 29. September 2010, BGBl. I, Seite 1372
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 11<br />
4. ERFAHRUNGEN UND ERGEBNISSE<br />
zu Handlungsfeld 1:<br />
Individuelle Beratung und Begleitung junger Menschen mit Migrationshintergrund<br />
Über den dezentralen<br />
Arbeitsansatz wurden von<br />
den Mitarbeiterinnen des<br />
JMD 190 (2011: 152) junge<br />
Menschen mit Migrationshintergrund<br />
aus 44<br />
verschiedenen Ländern im<br />
Alter von 12 – 27 Jahren<br />
beraten, unterstützt und<br />
begleitet.<br />
Allerdings lassen sich nach<br />
wie vor große Unterschiede<br />
erkennen, wenn man die<br />
Herkunftsländer der<br />
Betreuten im Landkreis <strong>Ahr</strong>weiler (AW) und die in unserem Einzugsgebiet im<br />
Landkreis Mayen-Koblenz (MYK) gegenüberstellt. Während das<br />
Hauptherkunftsgebiet in MYK mit rund 44 % (2011: 39 %) nach wie vor die<br />
russischsprachigen Länder sind (AW: 5 %), liegen in AW die orientalischen Länder 5<br />
(34 %), die EU 6 (18 %) sowie das ehemalige Jugoslawien und die afrikanischen<br />
Länder (je 15 %) an der Spitze.<br />
Die Entwicklung, dass der Anteil<br />
von jungen Migrant(inn)en, die im<br />
Kreis <strong>Ahr</strong>weiler leben und<br />
unserer Unterstützung bedürfen<br />
weiter steigend ist, hat sich auch in<br />
<strong>2012</strong> fortgesetzt (+ 11 % im<br />
Vergleich zum Vorjahr). Dies wird<br />
neben der Betrachtung der<br />
Gesamtzahl der Betreuten auch in<br />
der Analyse unserer Neuzugänge<br />
deutlich. Denn 83 % der jungen<br />
Migrant(inn)en, die <strong>2012</strong> erstmals<br />
Kontakt zum JMD hatten, leben im<br />
Landkreis <strong>Ahr</strong>weiler.<br />
Als eine Ursache für den weiter<br />
steigenden Zugang von jungen<br />
Menschen mit Migrationshintergrund im Raum <strong>Ahr</strong>weiler sehen wir die<br />
Zuwanderungstradition in den Orten entlang der <strong>Rhein</strong>schiene. In unserem<br />
Einzugsgebiet im Kreis Mayen-Koblenz hingegen gab es bis zum Zuzug von<br />
Aussiedlern - Ende der 90er Jahre – kaum Zuwanderung.<br />
5 Syrien plus Afghanistan plus weitere orientalische Länder<br />
6 Die Krise in Europa und daraus resultierend erhöhte Migration ist auch in unserem ländlichen Raum<br />
angekommen; Hauptherkunftsländer sind Polen und Rumänien.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 12<br />
Genau wie im vergangenen Jahr wurden von<br />
den JMDlerinnen auch in <strong>2012</strong> überwiegend<br />
Personen ab dem 16. Lebensjahr erreicht.<br />
Zu 82 dieser jungen Menschen hatten die<br />
JMDlerinnen in <strong>2012</strong> erstmalig Kontakt.<br />
Mädchen und Jungen bzw. Frauen und<br />
Männer konnten etwa in gleichem Maße<br />
erreicht werden (weiblich: 54 %, männlich:<br />
46 %).<br />
94 % der 12 - 15-Jährigen und 40 % der 16 - 27-Jährigen leben noch in der<br />
Herkunftsfamilie.<br />
In <strong>2012</strong> waren 66 % der jungen Migrant(inn)en, die das Beratungsangebot des JMD<br />
in Anspruch genommen haben, noch nicht länger als drei Jahre in Deutschland.<br />
Die weiteren 65 Betreuten leben zwar schon länger in Deutschland, haben aber<br />
dennoch Fragen und Probleme, die auf ihre Migration zurückzuführen sind.<br />
Gerade, wenn es um weiterführende Schulen, Ausbildung, Arbeit,<br />
Diskriminierungserfahrungen oder drohende Zwangsverheiratung geht, brauchen sie<br />
Unterstützung, da ihre Eltern hier in der Regel keine kompetenten Ansprechpartner<br />
sind. 12 % dieser jungen Migrant(inn)en waren in <strong>2012</strong> Teilnehmer(innen) an<br />
einem Integrationskurs.<br />
Die individuelle Integrationsförderung im Hinblick auf Planung, Moderation und<br />
Begleitung des Integrationsprozesses (Case Management) nimmt nach wie vor einen<br />
Schwerpunkt in unserer Arbeit ein. 93 junge Migrant(inn)en wurden in <strong>2012</strong> mit<br />
der Methode des Case Management begleitet, das sind 49 % der von uns<br />
begleiteten jungen Menschen.<br />
Case Management stellt für uns eine sinnvolle methodische Ergänzung in der<br />
Einzelfallarbeit dar und wird immer dann als Angebot eingesetzt, wenn die<br />
Voraussetzungen dafür gegeben sind, z.B. Kooperationsbereitschaft von<br />
Klient(in)/Berater(in)/beteiligten Institutionen, Kooperationsfähigkeit von Klient(in)<br />
(z.B. gesicherter Aufenthalt, Kommunikations- und Reflexionsfähigkeit), zeitliche<br />
Ressourcen der JMDlerinnen. Die JMD-Mitarbeiterinnen sehen ihre Rolle dabei<br />
sowohl in der der Managerin selbst, als auch in der eines ‚Zahnrades’, das als Teil<br />
eines Netzwerkes in das Case Management einer anderen Organisation greift und<br />
dieses ggf. ergänzt.<br />
In diesem Zusammenhang ist insgesamt noch einmal zu erwähnen, dass<br />
ordentliche Begleitung Zeit benötigt. Vertrauen und Offenheit lassen sich nicht in<br />
drei Beratungsgesprächen aufbauen. Die Familie spielt meist eine große Rolle. Also<br />
ist es wichtig, die ganze Familie möglichst auch im häuslichen Kontext kennen zu<br />
lernen. Nur so kann langsam ein Verhältnis entstehen, wo sich Menschen öffnen und<br />
über ihre Sorgen und Nöte sprechen.<br />
Junge Migrant(inn)en, die sich mit nicht migrationsspezifischen Anliegen oder<br />
speziellen Fragen an den JMD wenden, werden an die entsprechenden<br />
Fachdienste weiter vermittelt bzw. es wird mit diesen kooperiert. Hier besteht eine
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 13<br />
enge Zusammenarbeit insbesondere mit ‚In Terra‘ dem Psychosozialen Zentrum für<br />
Flüchtlinge der Caritas und der Ökumenischen Flüchtlingshilfe <strong>Rhein</strong>-<strong>Ahr</strong> e.V. (bei<br />
komplexen rechtlichen Fragen bzgl. des Asylverfahrens), der Kompetenzagentur im<br />
Haus der offenen Tür Sinzig (in Fragen der Ausbildungs- und Arbeitssuche), sowie<br />
anderen Diensten der Caritas (insbesondere bei Problemen und/oder Fragen im<br />
Zusammenhang mit Arbeitslosengeld 2 und Schwangerschaft).<br />
Fast alle jungen Menschen, die wir in <strong>2012</strong> beraten, unterstützt und begleitet haben,<br />
arbeiteten motiviert an ihren individuellen Zielen mit. Nur in einem Fall sind wir<br />
Verweigerung begegnet.<br />
Anmerken möchten wir aber auch, dass es in unserem ländlich geprägten<br />
Einzugsgebiet insbesondere für Neu-Zugewanderte und für Integrationskurs-<br />
Absolvent(inn)en regelmäßig zu längeren Wartezeiten kommt. Am 31.12.<strong>2012</strong><br />
befanden sich 19 der von uns begleiteten jungen Menschen in einer solchen<br />
Warteschleife. Sie warten in der Regel auf den nächsten Jugendintegrationskurs<br />
(startet in Bad Neuenahr-<strong>Ahr</strong>weiler im August 2013), auf den nächsten<br />
Alphabetisierungs-Integrationskurs oder Berufsorientierten Sprachkurs (beides etwa<br />
ab April 2013). Nicht für alle ist es eine Alternative den Kurs in einer nächstgrößeren<br />
Stadt zu besuchen, dagegen sprechen u.a. lange Fahrzeiten oder schlechte bis gar<br />
keine Verbindungen, ggf. hohe Fahrtkosten oder Kinder, die von Kindergarten und<br />
Schule abgeholt werden müssen.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 14<br />
Folgende Themen beschäftigten uns im Jahr <strong>2012</strong> im Kontext von individueller<br />
Beratung und Begleitung besonders:<br />
In den Beratungen zu Schule und Beruf wurde auch in diesem Jahr immer wieder<br />
deutlich, dass in unserem ländlichen Einzugsbereich mehrere Möglichkeiten von<br />
Sprachförderung fehlen:<br />
• Die unzureichende oder fehlende Deutschsprachförderung an Schulen stellt<br />
nach wie vor ein Problem dar. Die schulischen Möglichkeiten, Deutsch als<br />
Zweitsprache (DaZ)-Unterricht, analog der Verwaltungsvorschriften in<br />
<strong>Rhein</strong>land-Pfalz zur Förderung von Schüler(inne)n mit Migrationshintergrund,<br />
werden nicht von allen Schulen voll ausgeschöpft (zu hoher Aufwand, wichtigere<br />
Themen, DaZ-Förderung fällt oft aus, wenn Vertretung in Regel-Fächern ansteht).<br />
Außerdem gibt es auch strukturelle Hürden für den Einsatz/die Umsetzung dieser<br />
Förderung (kann nur zu einem Stichtag im Jahr beantragt werden, aufgrund<br />
großer Klassen/schwieriger Schüler kann der Unterricht nicht so differenziert<br />
werden, dass er allen Schülern gerecht wird).<br />
• Eine weitere Möglichkeit, um neuzugewanderten Schüler(inne)n mehr Chancen<br />
zum Erlernen der deutschen Sprach zu bieten, stellt das Land <strong>Rhein</strong>land-Pfalz in<br />
Form von Feriensprachkursen zur Verfügung. Allerdings kamen in unserem<br />
Einzugsgebiet bisher keine Feriensprachkurse zustande, da Informationen gar<br />
nicht, zu spät oder nur spärlich flossen. Unser Ziel ist es bis zu den Osterferien<br />
2013 an bis zu sechs Standorten Feriensprachkurse zu initiieren. Hierzu ist eine<br />
frühzeitige Planung nötig, damit alle in Frage kommenden Schüler(innen) und vor<br />
allem auch die Eltern über den Nutzen dieser Maßnahme informiert sind.<br />
Wir haben in <strong>2012</strong> damit begonnen mit den vom Land vorgesehenen Trägern,<br />
den Volkshochschulen, Kontakt aufzunehmen um deren Bereitschaft zur<br />
Organisation dieser Kurse abzuklären. Auch haben erste Gespräche mit<br />
Vertretern von Schulen stattgefunden.<br />
• In unserem gesamten Einzugsgebiet gibt es für die nicht mehr Schulpflichtigen<br />
nach dem erfolgreichen Besuch eines vom BAMF geförderten Integrationskurses<br />
(Deutsch-Sprachniveau B1 7 ) kaum Möglichkeiten für eine weitere sprachliche<br />
Qualifizierung. Einziges Angebot - und in <strong>2012</strong> davon auch nur zwei<br />
Maßnahmen - ist der ‚Berufsbezogene Sprachkurs‘ 8 , in dem Sprachkenntnisse bis<br />
zur nächsten Kompetenzstufe vermittelt werden.<br />
7 B1 ist die 3. Kompetenzstufe im gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen<br />
8 ESF-BAMF-Programm, vgl.<br />
http://www.bamf.de/DE/Willkommen/DeutschLernen/DeutschBeruf/deutschberuf.html?nn=1367900
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 15<br />
Für (junge) Migrant(inn)en, die an einem Alphabetisierungs-Integrationskurs<br />
teilgenommen haben (i.d.R. Abschluss mit Sprachniveau A2), stellt sich die<br />
schulische/berufliche Integration noch wesentlich schwieriger dar, denn es gibt<br />
keine passenden Anschlussmaßnahmen.<br />
Schaut man sich die Beschreibung der Sprach-Kompetenzstufe B1 an, so ist<br />
eigentlich offensichtlich, dass junge Zugewanderte weitere Deutschsprachkenntnisse<br />
benötigen um in einer Berufsausbildung, auf einer weiterführenden<br />
Schule oder selbst auf dem Arbeitsmarkt wirklich erfolgreich zu sein.<br />
Beschreibung B1<br />
• Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn<br />
es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht.<br />
• Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet<br />
begegnet.<br />
• Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche<br />
Interessengebiete äußern.<br />
• Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele<br />
beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.<br />
Auch in diesem Jahr war vielen jungen Erwachsenen nach Beendigung des<br />
Jugend-Integrationskurses unklar, was sie nun weiter machen werden. Für viele<br />
steht schnelles Geldverdienen im Vordergrund, denn die Aussicht einen weiteren<br />
Deutschkurs oder eine passgenaue Anschlussmaßnahme zu erhalten, schätzen sie<br />
als zu gering ein um sich auf etwas anderes einlassen zu können. Hier frühzeitig mit<br />
einer entsprechenden vorbereitenden und die deutsche Sprache weiter fördernden<br />
Maßnahme für eine qualifizierte Berufsausbildung werben zu können, wäre für die<br />
Motivation zur Mitarbeit an einer langfristigen Zielplanung im Case Management von<br />
enormem Vorteil. Junge Migrant(inn)en mit Warteschleife nach dem Integrationskurs,<br />
verlieren sehr schnell das Vertrauen in die gerade erworbenen Deutschsprachkenntnisse<br />
und den Mut sich auf eine Schulanmeldung, einen<br />
Freiwilligendienst oder gar eine Berufsausbildung einzulassen.<br />
Beschäftigt hat uns auch in besonderem Maße das Bildungs- und Teilhabepaket<br />
(BuT) der Bundesregierung.<br />
• Wir haben zahlreiche Familien bei der Antragstellung unterstützt. Großes<br />
Interesse besteht vor allem bei Nachhilfe. Hier müssen allerdings die Schulen<br />
bescheinigen, dass die Versetzung gefährdet ist und dies kann zu Beginn eines<br />
Schuljahrs nur in den seltensten Fällen geschehen. So geht aber oft wertvolle Zeit<br />
verloren, wenn Schüler wegen mangelnder Deutschkenntnisse Probleme in<br />
einzelnen Fächern haben. Was die Teilhabe an kulturellem Leben betrifft,<br />
melden uns die Vereine, dass der Aufwand der Antragstellung zu hoch sei, um z.<br />
B. 20,- € Jahresbeitrag zu bekommen. Für Musikschule oder Ballett wiederum<br />
reichen 10;- € im Monat bei weitem nicht aus.<br />
• In der Beratung von Eltern und auch in unseren Info-Veranstaltungen in den<br />
Erwachsenen-Integrationskursen stellten wir fest, dass kaum oder nur<br />
unvollständige Informationen zum BuT vorhanden sind. Deshalb haben wir<br />
diese Informationen - und die Antragsformulare - in unsere Veranstaltung<br />
‚Kindergarten & Schule in <strong>Rhein</strong>land-Pfalz‘ fest integriert.<br />
9<br />
9 http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinsamer_Europ%C3%A4ischer_Referenzrahmen
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 16<br />
• Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Leistungen nach § 3<br />
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) haben auch diese jungen Flüchtlinge,<br />
Anspruch auf das BuT. Diese Veränderung wurde in unserem gesamten<br />
Einzugsgebiet ohne Probleme umgesetzt.<br />
Ebenso zügig wurde in unserem<br />
Einzugsgebiet das Urteil des<br />
Bundesverfassungsgerichts umgesetzt<br />
und die bisherigen Empfänger von Leistungen<br />
nach § 3 AsylbLG erhielten die neuen, analog<br />
der Regelbedarfe nach § 28 Sozialgesetzbuch<br />
XII berechneten, Sätze. Ab 1. Januar 2013<br />
werden diese Leistungen auch im Kreis<br />
<strong>Ahr</strong>weiler als Geldleitungen ausgezahlt<br />
werden.<br />
Die Lebenssituation (junger) Menschen mit<br />
Aufenthaltsgestattung, Duldung oder<br />
Fiktionsbescheinigung bleibt dennoch<br />
prekär.<br />
Fehlende Deutsch-Sprachkenntnisse bzw. Möglichkeiten diese zu erwerben sowie<br />
der Umstand, dass sie selten über soziale Netzwerke verfügen, erschweren die<br />
Orientierung in der neuen Heimat. Oft sind die Lebensumstände in den<br />
Asylunterkünften äußerst desolat. Auch die Tatsache, dass die Perspektive in<br />
Deutschland bleiben zu können fehlt, belastet die jungen Menschen oft sehr. In der<br />
Beratung und Unterstützung dieser Zielgruppe ist die Kreativität der JMDlerinnen<br />
besonders gefordert:<br />
• Für junge, neu zugewanderte, nicht mehr schulpflichtige Asylsuchende gibt es<br />
i. d. R. keine Sprachförderangebote. Selbst wenn der ein oder die andere als<br />
Gast in einem Integrationskurs aufgenommen werden könnte, scheitert in<br />
unserem ländlichen Raum die Umsetzung dieser Möglichkeit meist an den<br />
Fahrtkosten, die niemand übernimmt.<br />
Erst wenn die jungen Menschen ein Jahr in Deutschland sind und somit dem<br />
Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, gibt es nun eine Möglichkeit i.V. mit dem<br />
Projekt InProcedere – Bleiberecht durch Arbeit 10 an einem Berufsorientierten ESF-<br />
BAMF-Kurs teilzunehmen. Hier wurden in Zusammenarbeit mit den<br />
Flüchtlingsberatungen in <strong>2012</strong> die Weichen gestellt, dass auch junge Flüchtlinge<br />
aus unserer Beratung an diesen Kursen teilnehmen können. Voraussetzung für<br />
die Teilnahme ist der Nachweis, dass Deutschsprachkenntnisse auf dem Niveau<br />
A1 vorhanden sind.<br />
• Die Mehrheit der jungen Asylsuchenden kommt ohne Schulabschluss bzw. ohne<br />
Nachweise über den Schulbesuch nach Deutschland und i.d.R. ist es auch nicht<br />
möglich die fehlenden Dokumente noch zu beschaffen. Einzige kostenfreie<br />
Möglichkeit für nicht mehr Allgemeinschulpflichtige ohne Aufenthaltstitel einen<br />
Schulabschluss nachzuholen, bieten in unserem Einzugsgebiet die<br />
Berufsbildenden Schulen über das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Einschränkend<br />
muss hier aber gesagt werden, dass Volljährige nur dann genommen werden,<br />
wenn es freie Plätze gibt. Außerdem werden i.d.R. auch Deutschkenntnisse<br />
gefordert, die eine Mitarbeit im Unterricht ermöglichen.<br />
10 <strong>Rhein</strong>land-pfälzisches Netzwerk zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und<br />
Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt, weitere Infos unter www.inprocedere-rlp.de
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 17<br />
• Zum Erhalt eines Bleiberechts ist es für Asylsuchende von Vorteil, wenn sie eine<br />
Ausbildungsstelle finden; mit Schulabschluss ist das wesentlich einfacher. Daher<br />
beraten und motivieren wir diese Zielgruppe sich auch auf Schul- und<br />
Berufszweige einzulassen, die nicht ihren Interessen entsprechen. Für einen<br />
jungen Mann aus z.B. einem arabischen Land ist es nicht einfach seine Rolle in<br />
einem BVJ ‚Hauswirtschaft & Ernährung‘ zu finden und jemand der von einem<br />
Medizinstudium geträumt hat, hat Schwierigkeiten sich auf eine Ausbildung als<br />
Autolackierer einzulassen.<br />
Bei der Beratung zu Geldangelegenheiten weisen die JMDlerinnen regelmäßig auf<br />
die Angebote der Tafeln und die Aktion ‚Wunschbaum’ 11 des <strong>Caritasverband</strong>es<br />
hin. Kritisch sehen wir in diesem Kontext allerdings unsere Rolle als Case-<br />
Managerin/Beraterin auf Augenhöhe, da wir mit diesen Angeboten in die<br />
Helferrolle treten um eine ‚Versorgungslücke’ zu schließen.<br />
Ein zunehmendes Problem, auch bei uns im ländlichen Raum, stellt die Suche nach<br />
Wohnungen dar. Der Mietspiegel ist wesentlich höher als das, was die<br />
Jobcenter/Wohngeldstellen zu zahlen bereit sind. 12<br />
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit Wohnen stellen die Kosten für Strom<br />
dar. Viele haben große Probleme, die gestiegenen Kosten noch zahlen zu können.<br />
Die Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem große Stromanbieter ohne zu zögern und<br />
egal ob kleine Kinder in der Wohnung leben, den Anschluss kappen. Durch<br />
sparsameren Verbrauch ist kaum Geld einzusparen und für 2013 sind noch weiter<br />
steigende Strompreise angekündigt.<br />
Neben den Einzelberatungen bieten wir regelmäßig Gruppenangebote und<br />
Projekte an, die den individuellen Integrationsprozess unterstützen.<br />
• Einen besonderen Schwerpunkt legten wir in diesem Jahr auf die Begleitung<br />
der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im JugendIntegrationskurs<br />
in unserem Einzugsgebiet. Mit einem regelmäßig evaluierten Curriculum 13<br />
haben wir die<br />
Möglichkeit<br />
Einzelberatungstermine<br />
- z.B. zur Weitergabe<br />
von Infos, zur<br />
Kompetenzfeststellung<br />
oder zur Erarbeitung<br />
von Zielen - durch<br />
Gruppenangebote zu<br />
ersetzen und über die<br />
regelmäßige Präsenz<br />
im Jugendintegrationskurs<br />
das Vertrauensverhältnis<br />
zu den<br />
„Vorstellungsgespräche üben“<br />
Bewerbertraining im Haus der Jugend Bad Neuenahr-<strong>Ahr</strong>weiler<br />
in Kooperation mit den Kolleginnen der Kompetenzagentur<br />
11 Die JMDlerinnen nutzten diese Aktion, um Klient(inn)en, die über geringe finanzielle Mittel verfügen,<br />
anzusprechen und nach Wünschen zu fragen. Bei den geäußerten Wünschen ging es oft um<br />
Kleidung, Haushaltsgeräte, Bücher zum Deutsch lernen und Zuschüsse zu Fahrtkosten.<br />
12 vgl. auch 7. Partizipation – Wohnen und Infrastruktur, S. 30<br />
13 Befragung der Jugendintegrationskurs-Teilnehmer(innen), Auswertungsgespräch zwischen KVHS,<br />
Dozentinnen und JMDlerinnen
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 18<br />
jungen Menschen zu befördern, welches Voraussetzung für eine effektive Arbeit<br />
im Case Management ist.<br />
Neben der Arbeit mit dem ‚ProfilPASS für Jugendliche‘ 14 und weiteren<br />
Modulen zur Kompetenzfeststellung (Kochen, Künstlerisches Gestalten<br />
etc.) beinhaltet unsere Begleitung auch spezielle Informationen für<br />
Migrant(inn)en (Bewerben, Freizeitmöglichkeiten, Betriebsbesichtigung...)<br />
sowie Kultur, Geschichte und Politik in der neuen Heimat (Exkursionen<br />
z.B. Stadterkundung, Vulkanmuseum und Laacher See).<br />
Dank starker, verlässlicher Partner vor Ort können wir den jungen<br />
Migrant(inn)en dieses breitgefächerte Angebot bieten. Die KVHS <strong>Ahr</strong>weiler<br />
gibt uns Raum und Möglichkeiten die Inhalte der Jugendkurse mitzugestalten.<br />
Die Kolleginnen im Haus der Jugend Bad Neuenahr-<strong>Ahr</strong>weiler stellen uns<br />
für mehrere Module ihre Räumlichkeiten zur Verfügung und übernehmen das<br />
Thema Freizeitmöglichkeiten. Mit der Kompetenzagentur im Kreis<br />
<strong>Ahr</strong>weiler haben wir einen kompetenten Partner bzgl. Kompetenztag,<br />
Bewerbertraining und Berufsorientierung gewonnen; die Kolleg(inn)en stehen<br />
uns regelmäßig beratend und mit Manpower zur Seite.<br />
• Unser Mentorenprojekt InContact 15 gibt uns die Möglichkeit jungen Menschen<br />
mit Migrationshintergrund eine individuelle Förderung zukommen zu lassen, damit<br />
sie ihre Ziele besser erreichen können. Meist unterstützen die Mentor(inn)en die<br />
jungen Menschen durch zusätzliche Deutschförderung oder mit Nachhilfe für<br />
bestimmte Schulfächer wie z.B. Englisch, Geschichte, Mathematik.<br />
In <strong>2012</strong> konnten insgesamt 25 junge Migrant(inn)en durch 23 Mentor(inn)en<br />
unterstützt werden.<br />
Die Begleitung und Qualifizierung der ehrenamtlichen Mentor(inn)en hat für<br />
uns einen hohen<br />
Stellenwert und erfolgt in<br />
Kooperation mit den<br />
Kolleg(inn)en im<br />
Fachdienst Migration 16 . In<br />
<strong>2012</strong> wurden analog der<br />
Standards zum Projekt 17<br />
sechs Qualifizierungsmodule<br />
angeboten.<br />
Inhalte waren: Was<br />
bedeutet es Mentor/in zu<br />
sein, <strong>Caritasverband</strong><br />
<strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> e. V. &<br />
„Was bedeutet es Mentor(in) zu sein“<br />
Qualifizierung von Mentor(inn)en InContact im Februar <strong>2012</strong><br />
14 Wir haben die Materialien des Profilpasses für Jugendliche verändert und auf Gruppenarbeit mit<br />
jungen Migrant(inn)en im Sprachniveau A2 zugeschnitten. Alle JMDlerinnen haben sich Anfang 2011<br />
zur ProfilPASS-Beraterin qualifiziert.<br />
15 Weitere Infos zum Projekt ‚InContact’ finden Sie unter http://www.caritas-rhein-moselahr.de/migration/InContact.html<br />
16 Seit April 2011 wird InContact als gemeinsames Projekt des Fachdienstes Migration in zwei<br />
Abteilungen durchgeführt: InContact – für junge Migrant(inn)en und InContact – für Kinder und<br />
Erwachsene mit Migrationshintergrund.<br />
17 Nach dreieinhalb Jahren Projekt ‚InContact für junge Migrant(inn)en‘ haben die JMDlerinnen im<br />
März 2011 ihre Erfahrungen zusammengetragen und - im Rahmen des QM-Prozesses im<br />
<strong>Caritasverband</strong>-<strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> e.V. – Standards InContact beschrieben.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 19<br />
Fachdienst Migration, Trauma und dann?, Interkulturelle Kompetenz und<br />
Migration & Armut 18 . Insgesamt verzeichneten wir 56 Teilnehmer(innen), wobei<br />
neben den Mentor(inn)en von InContact auch Ehrenamtliche aus anderen<br />
Bereichen des <strong>Caritasverband</strong>es (Tafel, Praktikant(inn)en) Interesse zeigten;<br />
insgesamt 7 Teilnehmer(innen).<br />
Neben den Modulen zur Qualifizierung fanden zwei Stammtischtreffen und das<br />
InContact-Sommerfest statt, zu dem alle Mentor(inn)en und Mentee des JMD<br />
eingeladen waren. Darüber hinaus waren die ehrenamtlichen Mentor(inn)en zur<br />
Heilig-Rock-Wallfahrt des <strong>Caritasverband</strong>es, zum Sommerfest der<br />
Ehrenamtlichen der Caritas Geschäftsstelle <strong>Ahr</strong>weiler und zu den<br />
Herbstveranstaltungen des Fachdienstes Migration eingeladen.<br />
• Die Gruppenarbeit mit Eltern wurde von JMD und MBE gemeinsam<br />
durchgeführt. Ziel dieser Veranstaltungen ist es, Eltern über Strukturen<br />
und Möglichkeiten -<br />
insbesondere in den<br />
Bereichen Bildung und<br />
Ausbildung - zu informieren,<br />
damit sie für ihre Kinder in<br />
diesen Fragen kompetente<br />
Ansprechpartner(innen)<br />
sein können.<br />
Integrationskurse bieten<br />
einen optimalen Rahmen<br />
um diese wichtigen<br />
Informationen - ohne<br />
großen organisatorischen<br />
Aufwand - an Eltern weiter<br />
zu geben. Über diese<br />
Angebotsform konnten wir<br />
in 24 Veranstaltungen<br />
insgesamt 126 Elternteile<br />
erreichen.<br />
Stadtrundgang in Mayen<br />
Regelmäßige Stationen sind hier <strong>Caritasverband</strong>,<br />
Lebensberatungsstelle, Rathaus und<br />
Familienbildungsstätte<br />
• Weitere punktuelle Gruppenangebote waren:<br />
Gemeinsam mit der Kompetenzagentur und dem Haus der offenen Tür Sinzig<br />
führten die JMDlerinnen im Sommer einen zweitägigen Filmworkshop durch.<br />
Zum Thema „Integration aus Sicht junger Migrant(inn)en“ wurden vier<br />
kurze Szenen gedreht, die Erlebnisse aus dem Alltag der Jugendlichen/jungen<br />
Erwachsenen wiederspiegeln. Themen waren: Lachst du auch über<br />
andere? – Mach` den ersten Schritt! – Ich kann leider nichts für Sie tun – So<br />
geht's auch. Präsentiert wurden die Ergebnisse als Filmbeitrag auf unserem<br />
Fachgespräch „Integration verhindert Armut!? – Teilhabe sichern“ und auf der<br />
Homepage unseres <strong>Caritasverband</strong>es 19 .<br />
Mit der Maßnahme „Dance for life – Interkulturelle Hip-Hop-Werkstatt“<br />
wurden die bisherigen Hip-Hop-Workshops der Kinder- und Jugendgruppe<br />
Multi-Kulti-Kids (In Terra) mit einer Initiative des JMD verknüpft. Obwohl die<br />
18<br />
Eines der Module ist regelmäßig das alljährlich stattfindende JMD-Fachgespräch junge<br />
Migrant(inn)en, diesmal mit dem Titel „Integration verhindert Armut!? – Teilhabe sichern“<br />
19 http://www.caritas-rhein-mosel-ahr.de/migration/<strong>2012</strong>-08jmd.html
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 20<br />
Maßnahme nicht - wie ursprünglich geplant - zu einem Projekt der Begegnung<br />
von Firmlingen und Flüchtlingen wurde, kann die Hip-Hop-Werkstatt als Erfolg<br />
verbucht werden. Es schlossen sich acht Jugendliche aus der JMD-Beratung<br />
den Multi-Kulti-Kids an und tanzten mit. In den insgesamt fünf Trainings<br />
konnten wir regelrecht beobachten, wie das Selbstbewusstsein der jungen<br />
Leute, insbesondere der Mädchen, wuchs. Zum Abschluss hatte die bunt<br />
gemischte Gruppe einen Auftritt vor dem Film „Neuköln-unlimited“ auf der<br />
Bühne im Mayener Corso Kino 20 .<br />
Eine weitere gemeinsame Aktion mit der Pfarreiengemeinschaft Mayen<br />
entstand aus dem Projekt „Caritas und Seelsorge im Sozialraum“. Unter dem<br />
Titel “Explorer <strong>2012</strong> – ich, du, wir – hier leben wir“ erkundeten<br />
verschiedene Gruppen<br />
den Sozialraum Mayen<br />
mit dem Fotoapparat<br />
und hielten fest, was<br />
für sie Tops oder Flops<br />
sind. Über den<br />
Arbeitskreis Kinderund<br />
Jugendarbeit der<br />
Stadt Mayen<br />
beteiligten sich eine<br />
Gruppe<br />
der<br />
evangelischen Kirche,<br />
zwei Firmgruppen,<br />
eine Gruppe der<br />
Jugendhilfeeinrichtung<br />
Bernardshof, eine der<br />
Lebenshilfe und eine<br />
des JMD.<br />
Im Oktober <strong>2012</strong> wurden die Ergebnisse im Jugendhaus<br />
in Mayen präsentiert.<br />
Die Fahrtzeiten zwischen den einzelnen Standorten in unserem großflächigen,<br />
ländlich geprägten Einzugsgebiet binden viel Arbeitszeit 21 und erfordern von den<br />
Mitarbeiterinnen des JMD ein hohes Maß an Flexibilität, Kreativität und<br />
Spontaneität, auch was die Suche nach geeigneten Beratungsräumen - außerhalb<br />
der regelmäßigen Sprechzeiten - anbelangt. Als Beratungssetting hat sich hier<br />
auch ein gemeinsamer Spaziergang oder das ‚gemeinsam auf dem Weg sein‘ zu<br />
einer Schule, einer Behörde etc. besonders bewährt.<br />
Bewährt hat sich auch die Kommunikation mit den jungen Zugewanderten per<br />
Email. Diese niedrigschwellige und jugendtypische Kommunikationsform wird von<br />
unseren Klient(inn)en positiv angenommen, sie nehmen Kontakt zu den JMDlerinnen<br />
auf und reagieren auf Anfragen.<br />
20 Im Rahmen unserer Herbstveranstaltungen zeigen wir seit Jahren in Kooperation mit dem Corso<br />
Kino einen Film zum Themenbereich Migration/Integration.<br />
21 In <strong>2012</strong> fuhren die Mitarbeiterinnen des JMD rd. 14.600 km um den jungen Menschen ein<br />
sozialraumnahes Angebot vorhalten zu können.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 21<br />
zu Handlungsfeld 2:<br />
Netzwerk- und Sozialraumarbeit<br />
Immer wieder werden wir in unserem Einzugsgebiet für die Teilnahme an weiteren<br />
Arbeitskreisen und Netzwerken angefragt. Einerseits könnten wir im Hinblick auf<br />
Interkulturelle Öffnung an allen Arbeitskreisen teilnehmen, zumal wir immer wieder<br />
feststellen, dass die Zielgruppe junge Migrant(inn)en oft nur dann Thema ist, wenn<br />
wir sie einbringen. Andererseits würde die Mitarbeit in allen möglichen Netzwerken in<br />
Relation zu den anderen zentralen Aufgaben der JMD überproportional viel<br />
Arbeitszeit binden.<br />
Für <strong>2012</strong> hatten wir uns daher vorgenommen die Effizienz der einzelnen Netzwerke<br />
im Hinblick auf die jeweilige Zielsetzung unserer Mitarbeit 22 zu überprüfen und im<br />
Rahmen der Aktualisierung unserer Netzwerke-Karte zu entscheiden, in welchen<br />
Arbeitskreisen und Netzwerken wir in welcher Form künftig mitarbeiten werden. Da<br />
wir sämtliche Netzwerke des Fachdienstes Migration in unsere Betrachtungen mit<br />
einbezogen und auch der Fachdienstleiter beteiligt war, konnten wir die Synergien<br />
dieses großen Teams effektiv nutzen.<br />
Folgende Netzwerke bzw. Kooperationen möchten wir hier besonders erwähnen.<br />
• Zusammenarbeit mit Kirche<br />
Als JMD in katholischer Trägerschaft haben wir eine besondere Ressource,<br />
nämlich die, dass wir auf Strukturen, Räume und die Unterstützung durch<br />
Mitarbeiter(innen) der Kirche zurückgreifen können. Auch in <strong>2012</strong> haben wir diese<br />
Möglichkeit in zahlreichen Aktionen und Maßnahmen genutzt bzw. uns als<br />
Kooperationspartner angeboten, hier einige Beispiele:<br />
Wir nutzen regelmäßig<br />
die Lobby<br />
größerer Jugend-<br />
Aktionen des BDKJ,<br />
um die besondere<br />
Situation von jungen<br />
zugewanderten<br />
Menschen stärker in<br />
den Blick der<br />
Gesellschaft zu<br />
rücken. So bringen wir<br />
am ‚Josefstag‘<br />
Vertreter(innen) aus<br />
Kirche und Politik mit<br />
jungen Migrant(inn)en<br />
ins Gespräch und<br />
auch in <strong>2012</strong>/2013<br />
arbeitet die Leiterin<br />
des JMD wieder als<br />
„Herkunft egal – Ziel klar!“<br />
Vertreter(innen) von Katholischer Kirche, Kommunalpolitik,<br />
Arbeitsagentur, Beirat für Migration und Integration und die<br />
Integrationsbeauftragte des Kreises mit dem<br />
Jugendintegrationskurs der KVHS <strong>Ahr</strong>weiler im Gespräch.<br />
Vertreterin des <strong>Caritasverband</strong>es <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> e.V. im<br />
Koordinierungskreis zur 72-Stunden-Aktion mit. Ziele sind dabei die Caritas-<br />
22 Netzwerke zur individuellen Unterstützung unserer Zielgruppe, im Hinblick auf Interkulturelle<br />
Öffnung, zur Abstimmung von Integration vor Ort, zur Qualitätssicherung, zur fachpolitischen<br />
Vertretung
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 22<br />
Kolleg(inn)en zum Mitmachen zu motivieren (als Projektpartner oder mit einer<br />
Jugendgruppe), Förderung der Zusammenarbeit von Katholischer<br />
Jugendverbandsarbeit und Caritas (auch JMD), als auch interkulturelle<br />
Aspekte (IKÖ) in den Projekten zu fördern.<br />
In unseren JMD-Teams - hier nimmt ein Mitarbeiter der Fachstelle für<br />
Kinder- und Jugendpastoral Andernach regelmäßig teil - stellten wir fest,<br />
dass die Frage der Interkulturellen Öffnung die katholischen<br />
Jugendverbände genauso stark beschäftigt wie uns selbst. So entstand<br />
die Idee zu dem eigens für die JuleiCa-Ausbildung gemeinsam<br />
entwickelten Schulungsmodul ‚Interkulturelles Lernen in Gruppen und<br />
Freizeiten‘.<br />
Um die Zielgruppe katholische Jugendverbandsarbeit besser erreichen zu<br />
können, sind die Fachstellen seit Jahren Partner bei der Planung und<br />
Organisation der Praxisorientierten Studientage 23 zur Förderung von<br />
Interkultureller Kompetenz.<br />
Die Idee zu den Maßnahmen ‚Interkulturelle Hip-Hop-Werkstatt &<br />
Firmlinge‘ und ‚Explorer <strong>2012</strong>‘ sind in Kooperation mit dem Mayener Diakon<br />
entstanden.<br />
Über die den Zusammenschlüsse der katholischen bzw. kirchlichen Träger auf<br />
Jugendamtsebene die sog. ‚Kleinen Runden Tische der Jugendhilfe’ in<br />
Mayen, Mayen-Koblenz und <strong>Ahr</strong>weiler sind die JMDlerinnen in<br />
regelmäßigem Austausch zu jugendpolitisch relevanten Themen und lassen<br />
migrationsspezifische Aspekte in die Beratungen und Diskussionen einfließen.<br />
Auch ist es i.d.R. selbstverständlich, dass wir auf kirchliche Räume für<br />
Veranstaltungen kostenfrei zurückgreifen können; seitens der jeweils<br />
zuständigen Pastoralreferent(inn)en werden hier auch Kooperationen<br />
angeboten.<br />
• Modellprojekt ‚Integration verbindlicher machen – Integrationsvereinbarungen<br />
erproben‘<br />
In unserem Einzugsgebiet im Kreis Mayen-Koblenz sind wir Partner des - von der<br />
Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Frau Dr. Böhmer ins Leben<br />
gerufenen - Modellprojekts „Ziel ist es, Transparenz und Verbindlichkeit im<br />
Integrationsprozess herzustellen und die Potenziale der Migrantinnen und<br />
Migranten zu erschließen. Um dies zu erreichen, ist die Verbesserung der<br />
Vernetzung und Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure der<br />
Integrationsarbeit vor Ort ebenfalls Bestandteil des Projektes.“ 24<br />
In mehr als 20 Arbeitstreffen in verschiedenen Zusammensetzungen sind<br />
gute Strukturen zur Verbesserung der Integration von Migrant(inn)en<br />
im gesamten Landkreis entstanden.<br />
Es wurde eine erste Kooperationsvereinbarung zwischen Jobcenter<br />
und Migrationsdiensten unterschrieben und eine zweite zwischen<br />
Ausländerbehörde und Migrationsdiensten konnte vorbereitet werden.<br />
Ein weiteres Ergebnis der Kooperation war die gemeinsame Schulung<br />
zum neuen Anerkennungsverfahren.<br />
Durch die regelmäßigen Kontakte ist auch eine engere<br />
Zusammenarbeit der Migrationsdienste untereinander entstanden.<br />
23 Eine Kooperation von Jugendamt Stadt Koblenz, Jugendamt Kreis Mayen-Koblenz, Fachstelle<br />
für Kinder- und Jugendpastoral Andernach, Fachstelle für Kinder- und Jugendpastoral Koblenz,<br />
Kreisjugendring Mayen-Koblenz, JMD Koblenz und JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>.<br />
24 http://www.idpraxis.de/Vernetzungsplattform_Modellprojekt_Integrationsvereinbarung_online.html
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 23<br />
• Lokaler Aktionsplan (LAP) Remagen<br />
Remagen ist Projektstandort des Bundesprogramms „Toleranz fördern -<br />
Kompetenz stärken.“ Eine JMDlerin arbeitet als stimmberechtigtes Mitglied in der<br />
Steuerungsgruppe mit. Durch die regelmäßige Zusammenarbeit der<br />
verschiedensten Akteure - u.a. Künstler, Kirchen, Politik, Friedensbündnis etc. –<br />
sind eine gute Vernetzung sowie zahlreiche Maßnahmen und Projekte<br />
entstanden; auch der Bekanntheitsgrad unseres Migrationsdienstes hat<br />
zugenommen. Für 2013 ist geplant ein gemeinsames Projekt von<br />
Schulsozialarbeit der Realschule plus und JMD über den LAP zu beantragen und<br />
durchzuführen.<br />
• Zusammenarbeit mit der Kompetenzagentur im Haus der offenen Tür Sinzig<br />
Die im September 2011 schriftlich vereinbarte Kooperation zwischen<br />
Kompetenzagentur und JMD mit dem Zweck der optimalen Gestaltung der<br />
Beratung und Begleitung besonders benachteiligter junger Menschen mit<br />
Migrationshintergrund durch die Programme der Initiative JUGEND STÄRKEN<br />
wurde zwischen den Kolleginnen reflektiert. Es wurden weitere konkrete<br />
Kooperationen vereinbart. Hier einige Ergebnisse:<br />
Durch die schriftliche Kooperation hat die bis dahin eher spontane<br />
Zusammenarbeit an Struktur gewonnen. Durch regelmäßige<br />
Auswertungs- und Planungsgespräche kommt es vermehrt zu Ideen der<br />
Zusammenarbeit. Ein Beispiel dafür ist das Filmprojekt zum diesmal<br />
gemeinsamen 18. Fachgespräch junge Migrant(inn)en.<br />
Durch unsere Kooperation in der Begleitung der Jugendintegrationskurse -<br />
Kompetenztag und Bewerbertraining - haben alle Beteiligten einen<br />
Mehrwert. Die jungen Migrant(inn)en lernen - neben ihren Kompetenzen und<br />
Bewerbungsverfahren - weitere Ansprechpartnerinnen für den Bereich der<br />
Berufsorientierung kennen. Die Mitarbeiterinnen der Kompetenzagentur<br />
erweitern ihre Kompetenzen im Arbeiten mit Migrant(inn)en auf Sprachniveau<br />
A2 und wir JMDlerinnen lernen weitere Methoden der Kompetenzfeststellung<br />
kennen. Beide Institutionen haben durch die Mitarbeit der jeweils anderen<br />
erst die Möglichkeit diese beiden Personal intensiven Veranstaltungen mit<br />
mehrheitlich qualifiziertem Personal anzubieten.<br />
Die Kofinanzierungszusage in Höhe von 5,2 %, die von den JMDlerinnen in<br />
Form von Kooperations-Arbeitszeiten zu erbringen ist, wird bis Ende 2013<br />
ohne Probleme erfüllt werden können.<br />
zu Handlungsfeld 3:<br />
Interkulturelle Öffnung und Lobbyarbeit<br />
Die Schulung bzw. Unterstützung von Multiplikator(inn)en nimmt in der Arbeit<br />
des JMD nach wie vor einen großen Stellenwert ein. Insgesamt führten die<br />
JMDlerinnen durch:<br />
• 9 Informationsveranstaltungen zu ihrer Arbeit bzw. zur Situation von jungen<br />
Migrant(inn)en<br />
• 4 Trainings zur interkulturellen Sensibilisierung bzw. zur Steigerung von<br />
interkultureller Kompetenz<br />
• 6 Vorträge/Referate zum Themenfeld Migration – Integration<br />
• 1 Workshop im Hinblick auf Interkulturelle Kompetenz<br />
• 4 sonstige Aktivitäten im Zusammenhang mit Festen
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 24<br />
Besonders erwähnen möchten wir für <strong>2012</strong> folgende Veranstaltungen:<br />
Bei der Lehrerfortbildung zum Thema „Migration - Integration -<br />
Interkulturelle Schule?!“, die JMD und MBE in Kooperation mit einer Beraterin<br />
für Sprachförderung am Pädagogischen Landesinstitut (BfSP) veranstalteten,<br />
nahmen 16 Lehrerinnen und Lehrer sowie zwei Erzieherinnen aus ganz<br />
<strong>Rhein</strong>land-Pfalz teil.<br />
Inhalte waren die<br />
Geschichte von Migration,<br />
unterschiedliche<br />
Migrantengruppen,<br />
verschiedene Formen<br />
eines Aufenthaltsstatus<br />
und deren mögliche<br />
Relevanz für die Schule.<br />
Weiterhin nahm man das<br />
Thema Integration in<br />
seinen verschiedenen<br />
Dimensionen<br />
in Auch diesmal hatte uns die Erich-Kästner-Realschule plus in<br />
Augenschein und dachte Bad Neuenahr-<strong>Ahr</strong>weiler ihre Aula zur Verfügung gestellt.<br />
über eine Interkulturelle<br />
Schule nach. Vor allem die Hintergrundinformationen zum Thema Integration,<br />
das abwechslungsreiche Programm aus Theorie, Gruppenarbeit und Austausch<br />
beeindruckten die Gruppe. Hilfreich fanden die Pädagog(inn)en auch die<br />
Informationen zur rechtlichen Situation von Migrant(inn)en und die Anregungen<br />
für den Schulalltag. Persönliche Vorurteile und mögliche Fehlinterpretationen<br />
von Schülerverhalten kamen ebenfalls zur Sprache.<br />
Als Ergebnis der Reflexion soll in 2014 eine dritte Lehrerfortbildung mit dem<br />
Thema Interkulturelle Elternarbeit stattfinden.<br />
Zum vierten Mal boten<br />
die JMD Koblenz und<br />
<strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>, die<br />
Jugendämter Stadt<br />
Koblenz und Kreis<br />
Mayen-Koblenz, die<br />
Fachstellen für<br />
Kinder- und Jugendpastoral<br />
Andernach<br />
und Koblenz in<br />
Kooperation mit dem<br />
Kreisjugendring<br />
Mayen-Koblenz einen<br />
Studientag zum<br />
Themenfeld Migration/Integration an. Unter dem Motto „Farbe bekennen –<br />
kultursensibel in Jugend(verbands)arbeit und Jugendsozialarbeit“ konnten<br />
insgesamt 36 Teilnehmer(innen) in zahlreichen Übungen ihre interkulturelle<br />
Kompetenz erweitern um sie in ihrer jeweiligen Arbeit mit Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen einzusetzen. Die Veranstaltung fand am 13.06.<strong>2012</strong> im<br />
Jugend- und Bürgerzentrum in Koblenz-Karthause statt.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 25<br />
Der Förderverein ‚Altes Jugendheim Remagen‘ stellte uns die<br />
Räume der Kulturwerkstatt kostenlos zur Verfügung.<br />
Unser 18. Fachgespräch<br />
junge Migrant(inn)en fand<br />
am 5. September, in<br />
Kooperation mit der<br />
Kompetenzagentur statt.<br />
Unter dem Thema<br />
„Integration verhindert<br />
Armut!? – Teilhabe<br />
sichern“ begrüßten wir<br />
über 80 Gäste.<br />
Bezugnehmend auf die<br />
Caritas-Jahreskampagne<br />
wurde der Zusammenhang<br />
zwischen Integration, Armut<br />
und Gesundheit in den Blick<br />
genommen. Nach dem<br />
Grußwort der Integrationsbeauftragten<br />
des Kreises <strong>Ahr</strong>weiler Frau Rita Čačković referierte der Diplom<br />
Wissenschaftler Tim Obermeier, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für<br />
Bildungs- und Sozialpolitik am <strong>Rhein</strong><strong>Ahr</strong>Campus Remagen zu dem Thema “Armut<br />
macht krank“ im Kontext von Migration.<br />
Anschließend wurde der Filmbeitrag, der während des Film- Workshops im Sommer<br />
entstanden war, gezeigt. In kurzen Interviews berichteten Jugendliche von ihren<br />
Erfahrungen mit der Integration. Dann konnte sich jeder, in der für alle offenen<br />
Runde, im „Fish-Bowl“ mit seinen Beiträgen und Fragen einbringen. Die Resonanz<br />
der Besucher war sehr positiv. Besonders betroffen machten die Berichte der jungen<br />
Migrant(inn)en, die dem Publikum ihre Wünsche und Träume präsentierten, aber<br />
auch offen über Hürden und Probleme sprachen.<br />
Neben der Sensibilisierung und Schulung von Multiplikator(inn)en ist die Einbindung<br />
von Migrationssozialarbeit in relevante Politikbereiche eine weitere Strategie zur<br />
Interkulturellen Öffnung.<br />
Durch die Mitarbeit der JMDlerinnen in den verschiedenen Gremien, die Jugendhilfe<br />
betreffen, ist die Situation junger Menschen mit Migrationshintergrund dort ständig<br />
Thema.<br />
• Im Austauschgespräch mit dem Kreisjugendamt <strong>Ahr</strong>weiler 25 hatten wir<br />
Gelegenheit unsere Erfahrungen rund um das Thema Migration darzustellen.<br />
Bedarfe konnten angesprochen werden. Den Bedarf an Tagespflege für<br />
Frauen mit Kindern unter zwei Jahren, die einen im Integrationskurs<br />
besuchen möchten, transportierte die Leiterin des Jugendamtes in den<br />
Jugendhilfeausschuss. Dort wurde das Kriterium ‚Sprachkurs‘ in die<br />
Richtlinien für Tagespflege aufgenommen, so dass diese Barriere zur<br />
Aufnahme eines Integrationskurses ausgeräumt werden konnte.<br />
• Im Jugendhilfeausschuss der Stadt Mayen ist die Leiterin des JMD beratendes<br />
Mitglied für junge Zuwanderer(innen). Hier konnte sie den Bedarf an<br />
25 Diese Austauschgespräche führen wir mit allen drei Jugendämtern in unserem Einzugsgebiet in<br />
einem regelmäßigen Turnus von zwei Jahren
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 26<br />
Tagesmüttern für Sprachkursteilnehmerinnen mit Kleinkindern selbst einbringen.<br />
Die Richtlinien für Tagespflege werden derzeit überarbeitet.<br />
• Josef Winkler, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/ Die Grünen,<br />
Sprecher für Kirchenpolitik und interreligiösen Dialog besuchte den neu<br />
gegründeten Ortsverband der Grünen in Mayen und nahm die Gelegenheit<br />
wahr, ein gemeinsames Austauschgespräch mit dem Fachdienst<br />
Migration im Mehrgenartionenhaus Mayen zu führen.<br />
• Auch in <strong>2012</strong> luden die Mitarbeiter(innen) aus Kinder- und Jugend(sozial)arbeit<br />
verschiedenster Träger 26 im Wahlkreis 199 - zu einer fachpolitischen<br />
Veranstaltung mit der CDU Bundestagsabgeordneten Mechthild Heil und<br />
der Bundestagsabgeordneten und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles<br />
ein. Ziel war es mit den beiden Politikerinnen in einen (Informations-)Austausch<br />
zu treten, ihnen aus Sicht der Kinder- und Jugend(sozial)arbeit Hindernisse für<br />
die (Start-) Chancen von jungen Menschen zu schildern, aber auch zu hören, wie<br />
es in der Parlamentarischen Arbeit läuft, was dort möglich ist (und was nicht).<br />
Diskutiert wurden die Themen ‚Bildungsgerechtigkeit‘ unter den Aspekten<br />
Sprachförderung und Bildungs- und Teilhabepaket, ‚Ein Klient – 10 Helfer?‘ und<br />
‚Quo vadis Deutschland - Visionen für unsere Gesellschaft`. Im geschützten<br />
Raum, d.h. ohne Öffentlichkeit und Presse, kam es zu einem wertvollen Dialog<br />
zwischen Fachkräften und den Politikerinnen. Für die Moderation konnten die<br />
Veranstalter Herrn Rudi Neu vom Landesjugendamt <strong>Rhein</strong>land-Pfalz gewinnen.<br />
5. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND PERSPEKTIVEN<br />
• Die Entwicklung, dass der Anteil unserer Betreuten aus dem Landkreis<br />
<strong>Ahr</strong>weiler weiter angestiegen ist, werden wir im Blick behalten und bei Bedarf<br />
mit personeller Verstärkung in diesem Gebiet reagieren. In <strong>2012</strong> haben wir hier<br />
schon einmal Zuständigkeiten für Verbandsgemeinden umverteilt, damit die<br />
Frequentierung der einzelnen JMDlerinnen in etwa gleich hoch ist. Für 2013 ist<br />
avisiert wieder eine Sprechzeit - einmal im Monat - in Adenau einzurichten.<br />
• Da wir im Kontext von Beratung auch in <strong>2012</strong> immer wieder feststellen mussten,<br />
dass junge Zugewanderte aus unterschiedlichen Gründen in den Bereichen<br />
Bildung und Ausbildung benachteiligt sind, werden wir auch im kommenden Jahr<br />
Verantwortliche in Politik und Gesellschaft auf die Situation von jungen<br />
Menschen mit Migrationshintergrund im Bildungssystem aufmerksam<br />
machen und versuchen, gemeinsam mit relevanten Akteuren Strategien zum<br />
Ausgleich dieser Benachteiligungen zu entwickeln.<br />
• Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Richtlinien zu<br />
Eingliederungsmaßnahmen so gestaltet werden, dass sie auch in großflächigen,<br />
ländlich geprägten Gebieten umgesetzt werden können. Es darf nicht sein, dass<br />
Migrant(inn)en aufgrund ihres Wohnortes keinen Zugang zu möglichen<br />
Integrationshilfen haben, z.B. zu jugendspezifischen Integrationskursen, zu<br />
26 <strong>Caritasverband</strong> Koblenz e.V. (JMD, Migrationsprojekt Andernach), <strong>Caritasverband</strong> <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong><br />
e.V. (JMD), Pfarrei St. Peter Sinzig (Haus der offenen Tür Sinzig mit Kompetenzagentur und<br />
Schulverweigerung - Die 2. Chance), Fachstelle für Kinder- und Jugendpastoral Andernach,<br />
Jugendbüro Adenau
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 27<br />
berufsorientierten Aufbausprachkursen bis zum Sprachniveau B2/C1, zu<br />
Sprachförderung an den Schulen (Deutsch als Zweitsprache und<br />
Muttersprachlicher Unterricht) oder zu Feriensprachkursen. Hier müssen im<br />
ländlichen Raum auch kreative, individuelle, zeitnahe Lösungen möglich sein.<br />
• Auch wenn (junge) Menschen mit Aufenthaltsgestattung, Duldung oder<br />
Fiktionsbescheinigung keinen Anspruch auf Integrationsleistungen haben,<br />
können wir/die Gesellschaft diese Zielgruppe nicht einfach irgendwo (meist über<br />
mehrere Jahre) ‚parken‘. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass auch diese<br />
(jungen) Menschen an Bildung partizipieren und ihre Potenziale entfalten können.<br />
Eine Perspektive zu haben ist für jeden (jungen) Menschen von zentraler<br />
Bedeutung; sie ist Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung (psychische<br />
Stabilisierung, Persönlichkeitsentwicklung, Selbstwertgefühl) und somit<br />
zielführend sowohl für ein Leben in Deutschland als auch für eine mögliche<br />
Rückkehr ins Herkunftsland.<br />
• Integrationsarbeit muss gesellschaftliche Rahmenbedingungen im Kontext<br />
der Situation von Migrant(inn)en kritisch hinterfragen. Ursachen und<br />
Missstände müssen öffentlichkeitswirksam dargelegt werden, um adäquate<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der Integration einzufordern und durchzusetzen.<br />
• Eine Voraussetzung für Integration ist, dass Migrant(inn)en in allen Bereichen des<br />
gesellschaftlichen Lebens partizipieren können. Dies bedeutet u. a. auch die<br />
interkulturelle Öffnung von Regeldiensten. Die Schlussfolgerung daraus<br />
bedeutet allerdings nicht, dass Migrationsdienste überflüssig werden, da sie als<br />
Fachstellen für migrationsspezifische Fragen sowohl von Menschen mit<br />
Migrationshintergrund, aber auch von Einheimischen und Multiplikator(inn)en<br />
weiter gebraucht werden. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die Vermittlung<br />
von Migrant(inn)en über die Migrationsdienste zu den Regeldiensten in den<br />
vergangen Jahren im Hinblick auf Teilhabe und interkulturelle Öffnung stark<br />
zugenommen hat.<br />
• Interkulturelle Arbeit muss zum Prinzip inner- und außerschulischer Kinderund<br />
Jugendarbeit, aber auch der Erwachsenenbildung werden, um<br />
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus präventiv zu begegnen. In einer<br />
Gesellschaft, in der mehr als jeder vierte junge Mensch unter 25 Jahren einen<br />
Migrationshintergrund hat 27 , ist diese Forderung eine Pflicht und keine Kür mehr.<br />
• Bei der Suche nach Personal sollte nicht nur in den Feldern der<br />
Migrationssozialarbeit bei Einstellungen nach Möglichkeit darauf geachtet<br />
werden, dass es zur Bildung von zumindest bi-kulturellen Teams kommen<br />
kann.<br />
• Integrationsarbeit muss weiter für die Lobby von Migrant(inn)en eintreten.<br />
Migration wird in der Öffentlichkeit nach wie vor als Belastung oder gar<br />
angstbesetzte Bewegung wahrgenommen. Die Einbindung in sozialräumliche<br />
Netzwerke und die Einmischung in relevante Politikbereiche ist daher zentraler<br />
27 vgl.: 14.Kinder- und Jugendbericht – Bericht der Sachverständigenkommission an das Bundesministerium für<br />
Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit der Stellungnahme der Bunderegierung, S.92ff<br />
http://www.bagkjs.de/media/raw/14_Kinder_und_JugendberichtSTN_SVBericht.pdf
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 28<br />
Bestandteil von Migrationssozialarbeit. Die Unausweichlichkeit von Migration und<br />
ihre Chancen für den gesellschaftlichen Fortschritt, sowie die Möglichkeit einer<br />
interkulturellen und kulturellen Weiterentwicklung müssen immer wieder aufs<br />
Neue thematisiert werden.<br />
6. GENDER MAINSTREAMING<br />
Im JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong> sind seit Bestehen des JMD hauptamtlich ausschließlich<br />
Frauen beschäftigt. Dies scheint jedoch keine nennenswerten Auswirkungen auf den<br />
Zugang von männlichen oder weiblichen jungen Migrant(inn)en zum JMD zu haben.<br />
Laut unseren statistischen<br />
Auswertungen für <strong>2012</strong> wurden<br />
Jungen und Mädchen bzw. Männer<br />
und Frauen in etwa in gleichem Maße<br />
erreicht.<br />
Erstmalig stellen wir diesmal jedoch<br />
fest, dass wir mit dem Instrument<br />
Case Management weniger<br />
männliche als weibliche junge<br />
Migrant(inn)en mit individuellen<br />
Förderplänen unterstützt haben<br />
(39 : 54). Dieses Ergebnis werden wir<br />
im Blick behalten und nach Ursachen<br />
forschen.<br />
Bei der Planung von Aktionen und Maßnahmen achten wir nach wie vor darauf, dass<br />
wir Angebote haben, die sowohl Männer als auch Frauen ansprechen.<br />
Unter unseren insgesamt 23 Mentor(inn)en waren insgesamt neun Männer, so dass<br />
wir in der Begeleitung über InContact auch auf geschlechtsspezifische Bedarfe<br />
reagieren können.<br />
7. PARTIZIPATION<br />
Wie bereits oben erwähnt, zielen die Aktivitäten der JMD darauf ab, das Recht junger<br />
Menschen mit Migrationshintergrund auf umfassende Teilhabe und Chancengleichheit<br />
in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verwirklichen.<br />
Hierbei gilt es möglichst alle acht Dimensionen von Integration im Blick zu haben:<br />
1. Ökonomische Ressourcen<br />
2. Politische Partizipation<br />
3. Intellektuelle Ressourcen<br />
4. Wohnen und Infrastruktur<br />
5. Gesundheit und persönliche Sicherheit<br />
6. Soziales Netzwerk<br />
7. Freizeit und kulturelle Aktivitäten<br />
8. Persönliche Zufriedenheit und Wertorientierung 28<br />
28 Diese Dimensionen wurden speziell für die Arbeit mit Migrant(inn)en von der Landesarbeitsgemeinschaft<br />
Jugendsozialarbeit Nordrheinwestfalen und der Universität Düsseldorf anhand der<br />
Sozialindikatoren der ‚Organisation for Economic Co-operation and Development ’ (OECD) entwickelt.
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 29<br />
Auf den ersten Blick erscheint es nicht so schwer Partizipation in allen Dimensionen<br />
zu erlangen. Bringt man aber Partizipation mit den Begriffen ‚gleichberechtigt‘ und<br />
‚umfassend‘ in Zusammenhang, heißt es genauer hinzuschauen, was hinter den<br />
Überschriften der einzelnen Dimensionen steht. Und schnell erkennt man, dass es<br />
innerhalb der einzelnen Dimensionen jede Menge Hürden und Benachteiligungen<br />
für zugewanderte (junge) Menschen gibt. Hier einige Beispiele:<br />
• Das Ausmaß der Verfügbarkeit ökonomischer Ressourcen ist einer der<br />
wichtigsten Gradmesser für Integration, da über ‚Geld’ nahezu alle anderen<br />
Dimensionen positiv beeinflusst werden können. Umso bedeutsamer ist, dass es<br />
in dieser Dimension nicht nur um Beschäftigung, sondern auch um<br />
Einkommen/Wohlstand und die sozialen Kontakte am Arbeitsplatz geht.<br />
49 % der von uns begleiteten jungen Menschen erhalten ausschließlich oder<br />
ergänzende Transferleistungen (Arbeitslosengeld 2 oder Leistungen nach dem<br />
Asylbewerberleistungsgesetz). Oft gehen die jungen Menschen einer<br />
Beschäftigung im Niedriglohnsektor nach oder finden nur einen sog.<br />
400 €-Job. Kontakte haben sie i.d.R. zu Arbeitskolleg(inn)en, die in einer<br />
ähnlichen Situation sind wie sie selbst und keine ‚Vitamin B-Personen’ darstellen.<br />
Es ist nach wie vor schwierig eine besser bezahlte Arbeit zu bekommen,<br />
unabhängig der Qualifikation im Herkunftsland. In einer Email an eine JMDlerin<br />
schrieb ein junger Mann:<br />
„...(Ich) glaube auch, dass die Anerkennung von Diplomen aus Ländern, die das<br />
Programm ,,Bologna“ implementiert haben sinnlos (ist), weil ausgebildete junge<br />
Menschen sind entmutigt...sind einige Formalitäten, die nach meiner Meinung<br />
vermieden werden könnten. Wie? Einfach eine transparente Verbindung<br />
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Probezeit, die jeder Mitarbeiter<br />
hat, könnte Entscheidung sein...Zumindest in einigen Bereichen...<br />
Maschinenbau, IT, Telekommunikation, wo ,,die Sprache“ überall in der Welt<br />
gleich ist, ich sehe nicht den Punkt der Gleichwertigkeit eines Diploms aus<br />
einem anderen Land außerhalb Deutschlands.“<br />
Mit dem Berufsanerkennungsgesetz wurde ein erster wichtiger Schritt getan;<br />
allerdings ist alleine mit dem Recht auf ein Anerkennungsverfahren noch keine<br />
Berufsanerkennung gegeben. Die Überprüfung derselben kostet in vielen Fällen<br />
bis zu 500 €, Geld das die meisten unserer Klientel nicht haben. Daher wird ein<br />
Anerkennungsverfahren lieber auf später verschoben, falls sich kein Kostenträger<br />
findet. Und selbst, wenn der im Herkunftsland erlernte Beruf durch die zuständige<br />
Kammer komplett anerkannt wurde, ist die Lobby für Berufsausbildungen aus dem<br />
Ausland in Deutschland oder zumindest in unserem Einzugsgebiet so gering, dass<br />
selbst die Agentur für Arbeit eine erneute Ausbildung empfiehlt und diese in einem<br />
Einzelfall sogar fördert.<br />
• Auch die Dimension Intellektuelle Ressourcen birgt Hürden für eine erfolgreiche<br />
Integration. Alleine schon im Aspekt einer chancengleichen Teilhabe an<br />
formaler Bildung können wir zahlreiche Beispiele liefern, die eine<br />
Benachteiligung darstellen:<br />
- Je ländlicher die Struktur des Schulortes, desto seltener gibt es ausreichende<br />
Deutschsprachförderung an den Schulen.<br />
- Obwohl im rheinlandpfälzischen Schulgesetz geschrieben, werden Zuwanderer<br />
vgl.: Franziska Schulz: Integration systematisch begleiten in LAG KJS NRW: Jugendsozialarbeit<br />
aktuell, Nummer 70/ Februar 2007, http://www.jugendsozialarbeit.info/
JMD <strong>Rhein</strong>-<strong>Mosel</strong>-<strong>Ahr</strong>: <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 30<br />
ohne Deutschsprachkenntnisse oft nicht altersentsprechend eingeschult.<br />
- Wohnortnahe Gymnasien verweigern oft die Aufnahme von Schüler(inne)n ohne<br />
Deutschsprachkenntnisse.<br />
- In <strong>Rhein</strong>land-Pfalz gibt es für die sog. Quereinsteiger(innen) keine Förderklassen<br />
Deutsch, die vor der Einschulung in die Regelklasse besucht werden können<br />
(gibt es im benachbarten Bonn).<br />
- Die Herkunftssprache wird nicht durchgängig als 1. Fremdsprache anerkannt,<br />
was spätestens beim Wechsel auf eine Weiterführende- oder Berufsschule zu<br />
Problemen führt.<br />
- Flüchtlinge ohne Aufenthaltstitel haben in <strong>Rhein</strong>land-Pfalz nach wie vor nur ein<br />
Schulrecht und keine Schulpflicht.<br />
• Die Dimension Wohnen und Infrastruktur wird in unseren Beratungskontexten<br />
immer öfter zum Thema. Auch in unserem ländlichen Raum wird es zunehmend<br />
schwieriger bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Mietpreise liegen fast<br />
überall über dem Mietspiegel, so dass die Mieten selbst mit Wohngeld nicht mehr<br />
finanziert werden können. Dies trifft nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund,<br />
sondern alle Personen, die an der Armutsgrenze leben. Junge Menschen mit<br />
Migrationshintergrund sind dennoch stärker betroffen, da sie im Vergleich zu<br />
Einheimischen überproportional von Armut betroffen sind und bei der<br />
Wohnungssuche zusätzlich das Merkmal Migrant(in) mitbringen – wobei wir hier<br />
noch nicht herausgefunden haben welche Eigenschaft – gebrochenes Deutsch,<br />
farbig, mit Kopftuch – die stärkere Diskriminierung hervorruft.<br />
Eine strukturelle Benachteiligung, die in <strong>Rhein</strong>land-Pfalz bisher für Asylsuchende<br />
galt, ist mit der Aufhebung der Residenzpflicht nun teilweise weggefallen. Nur<br />
teilweise deshalb, weil die Residenzfreiheit an der Grenze des Bundeslandes<br />
endet, was insbesondere von Personen, die an der Landesgrenze leben als<br />
Einschränkung empfunden wird.<br />
Abschließend ein Zitat von Prantl:<br />
„Multikultur schmeckt allen, solange man sie essen kann. Wäre der Umsatz der<br />
ausländischen Gaststätten in Deutschland ein Gradmesser für die Integration<br />
der Ausländer in Deutschland, es könnte keine besseren Werte geben. Aber<br />
Integration ist nicht die Addition aller Dönerbuden in deutschen<br />
Fußgängerzonen.<br />
Einwanderung kann sich nicht nur in den Einwohnermeldeämtern und in den<br />
Gaststätten niederschlagen. Sie findet sich in Lehrplänen und Schulbüchern,<br />
zeigt sich in Spielplänen von Staatsopern und Nationaltheatern.<br />
Und wenn der Name Ügüzlük für einen Lehrer, Polizisten oder Richter so<br />
selbstverständlich sein wird wie Böhmer, Dreyer, Weber und Hamburger, dann<br />
ist die Gesellschaft da, wo sie hin muss.“ 29<br />
Mayen, 11. Februar 2013<br />
Leiterin Jugendmigrationsdienst<br />
29 vgl. H. Prantl: Die zweite deutsche Einheit in Treffpunkt <strong>Rhein</strong>land-Pfalz 3/2007