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12 Die komplexen Zahlen

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<strong>12</strong> <strong>Die</strong> <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong><br />

– 269 –<br />

Motivation: <strong>Die</strong> Gleichung x 2 = −1 hat in R keine Lösung. Deshalb definieren wir die imaginäre<br />

Einheit i mit der Eigenschaft i 2 = −1. Ferner vereinbaren wir, dass mit dieser ”<br />

Zahl“<br />

genauso gerechnet wird wie mit reellen <strong>Zahlen</strong>.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.1 a) (4 + 3i) + (2 − i) = (4 + 2) + (3i − i) = 6 + 2i.<br />

b) (4 + 3i) · (2 − i) = 4 · 2 + 4 · (−i) + 3i · 2 + 3i · (−i) = 8 − 4i + 6i − 3 }{{} i 2 = 11 + 2i.<br />

=−1<br />

Definition <strong>12</strong>.1 <strong>Die</strong> Zahl z = a + ib mit a, b ∈ R heißt komplexe Zahl. Ist z = a + ib,<br />

so heißt a der Realteil von z, geschrieben a = Re z, und b heißt der Imaginärteil von z,<br />

geschrieben b = Im z. <strong>Die</strong> Menge der <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> bildet mit den Verknüpfungen +, ·<br />

einen Körper, das heißt, es kann mit den <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> gerechnet werden wie in R. Der<br />

Körper der <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> wird mit C bezeichnet.<br />

Bemerkung: Ist der Imaginärteil eine <strong>komplexen</strong> Zahl Null: z = a + 0i, so ist diese Zahl reell.<br />

Zeichnerisch stellt man die <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> als Punkte<br />

in der <strong>komplexen</strong> Ebene dar.<br />

Im<br />

✻<br />

1 + i2<br />

i<br />

3 + i<br />

✲<br />

0 1 Re<br />

Im<br />

✻<br />

<strong>Die</strong> Addition von zwei <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong><br />

5+0i<br />

✲<br />

kann als Vektoraddition in der <strong>komplexen</strong><br />

1+2i<br />

Ebene veranschaulicht werden.<br />

i<br />

6+2i<br />

✏✁ ✁✁✁✁✁✕ ✲<br />

0 1<br />

Re<br />

<strong>Die</strong> mit “Re ” bzw. “Im ” bezeichnete Koordinatenachse nennt man reelle bzw. imaginäre<br />

Achse.


– 270 –<br />

Beispiel <strong>12</strong>.2 a) (4 − 3i) − (1 + 5i) = 3 − 8i.<br />

b) <strong>Die</strong> Gleichung z 2 !<br />

= a = (−1) · (−a) mit a ∈ R hat in C immer zwei Lösungen, falls<br />

a ≠ 0:<br />

i) a > 0 : z 1,2 = ± √ a<br />

ii) a < 0 : z 1,2 = ±i √ −a<br />

}{{}<br />

>0<br />

(denn ( ±i √ −a )2 = (±i) 2 (√ −a )2 = −(−a) = a)<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.1<br />

a) Das Wurzelzeichen √ war für reelle <strong>Zahlen</strong> dadurch eindeutig definiert,<br />

dass festgelegt wurde, dass √ a > 0 für a > 0 gelten soll. Bei <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> ist<br />

eine solche Festlegung nicht möglich, da es keine “natürliche” Definition von “z > 0” bei<br />

<strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> gibt.<br />

b) <strong>Die</strong> Potenzen mit ganzzahligen Exponenten ≥ 0, wie sie in Abschnitt 1.3 eingeführt wurden,<br />

sind auch für komplexe Basen definiert, und die dort formulierten Regeln gelten auch<br />

für komplexe Basen. Für weitere Definitionen und Regeln, die wir in diesem Abschnitt<br />

brauchen, wie etwa<br />

z −n := 1<br />

z n für n ∈ N, (z · w)m = z m · w m für m ∈ Z, (z w ) m = z w·m für m ∈ Z (<strong>12</strong>.1)<br />

wurde für reelle z und w die allgemeine Potenzdefinition (5.10) verwendet. Bei <strong>komplexen</strong><br />

Größen z, w ∈ C brauchte man dazu z.T. den Logarithmus von <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong>, der<br />

uns bisher nicht zur Verfügung steht. Daher leiten wir diese Formeln ohne Verwendung<br />

von (5.10) her:<br />

z −n := 1 ist eine sinnvolle Definition; denn die formale Anwendung der Multiplaktionsregel<br />

zn (1.3) ergibt für n ∈ N:<br />

z n · z −n = z n−n = z 0 = 1 = z n ·<br />

Für n ∈ N gilt:<br />

1<br />

z n.<br />

(z · w) n = (z · w) · (z · w) · · ·(z · w)<br />

} {{ }<br />

n−mal<br />

(z · w) −n =<br />

= z } · z {{· · ·z}<br />

n−mal<br />

1<br />

(z · w) = 1<br />

n z n · w = 1<br />

n z · 1<br />

n w = n z−n · w −n ,<br />

· w } · w {{· · ·w}<br />

= z n · w n ,<br />

n−mal


– 271 –<br />

(z · w) 0 = 1 = z 0 · w 0 ,<br />

(z w ) n = z w · z w · · ·z w<br />

} {{ }<br />

n−mal<br />

n−mal<br />

{ }} {<br />

= zw + w + · · · + w = z w·n ,<br />

(z w ) −n = 1<br />

(z w ) n = 1<br />

z w·n = z−w·n = z w·(−n)<br />

und 3<br />

(z w ) 0 = 1 = z w·0 .<br />

Beispiel <strong>12</strong>.3 <strong>Die</strong> Gleichung<br />

az 2 + bz + c = 0<br />

mit a, b, c ∈ R<br />

hat folgende Lösungen z ∈ C (Mitternachtsformel):<br />

a) b 2 − 4ac > 0 : z 1,2 = −b ± √ b 2 − 4ac<br />

2a<br />

b) b 2 − 4ac = 0 : z 1 = z 2 = −b<br />

2a<br />

c) b 2 − 4ac < 0 : z 1,2 = −b ± i√ 4ac − b 2<br />

Definition <strong>12</strong>.2 Es sei z := a + ib. Dann heißt z := a − ib die konjugiert komplexe Zahl<br />

zu z. Ferner heißt |z| := √ a 2 + b 2 der Betrag von z.<br />

2a<br />

<br />

Im<br />

✻<br />

z 1<br />

<br />

i<br />

0<br />

✏z = a + ib<br />

|z|<br />

✏ ✏✏✏✏✏✏✏ ✲<br />

1 Re<br />

z = a − ib<br />

z 1<br />

3 Eigentlich müsste man bei Aussage und Beweis der 3. Regel etwas sorgfältiger sein (vergl. (<strong>12</strong>.18), (<strong>12</strong>.19)<br />

und (<strong>12</strong>.20)). Für die Anwendungen in diesem Abschnitt genügen aber diese saloppen Formulierungen.


– 272 –<br />

Beispiel <strong>12</strong>.4 a) z := 2 + 3i, z = 2 − 3i, |z| = √ 2 2 + 3 2 = √ 13.<br />

b) Ist z = a reell, so gilt |z| = √ a 2 + 0 = |a|.<br />

c) z · z = (a + ib)(a − ib) = a 2 − (ib) 2 = a 2 − i 2 b 2 = a 2 + b 2 = |z| 2 ⇒ z · z = |z| 2 .<br />

d) (4 − 3i) · (4 − 3i) = (4 − 3i) · (4 + 3i) = 4 2 − (3i) 2 = 16 + 9 = 25.<br />

e) z + z = a + ib + a − ib = 2 a = 2 Re z, z − z = a + ib − a + ib = 2i b = 2i Im z<br />

Bei einem Quotienten von zwei <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> macht man durch Erweiterung mit dem konjugiert<br />

Komplexen des Nenners den neuen Nenner reell und kann so die Division durchführen.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.5 1 + 5i<br />

4 − 3i<br />

Für den Betrag gilt wie im Reellen:<br />

(1 + 5i)(4 + 3i) 4 − 15 + i(20 + 3)<br />

= =<br />

(4 − 3i)(4 + 3i) 25<br />

= − 11<br />

25 + 23<br />

25 i<br />

|z 1 · z 2 | = |z 1 | · |z 2 |,<br />

∣ z 1∣∣∣<br />

∣ = |z 1|<br />

z 2 |z 2 | für z 2 ≠ 0, (<strong>12</strong>.2)<br />

|z 1 + z 2 | ≤ |z 1 | + |z 2 |<br />

Erweiterung der Exponentialfunktion: <strong>Die</strong> in (11.8) angegebene Reihe für die Exponentialfunktion<br />

ist auch für dann überall konvergent, wenn x ∈ R durch z ∈ C ersetzt wird. Also ist die<br />

Exponentialfunktion durch<br />

e z := exp z :=<br />

∞∑<br />

k=0<br />

sinnvoll definiert, wobei u.a. auch die wichtige Eigenschaften<br />

z k<br />

k! = 1 + z + z2<br />

2! + z3<br />

3! + · · · + zn<br />

n! + · · · z ∈ C (<strong>12</strong>.3)<br />

e z 1+z 2<br />

= e z 1<br />

e z 2<br />

, e −z 2<br />

= 1<br />

e z 2 und ez 1−z 2<br />

= e z 1<br />

e −z 2<br />

= ez 1<br />

e z 2 für z 1, z 2 ∈ C (<strong>12</strong>.4)<br />

(vergl. (5.4) und (5.5)) erhalten bleiben. Ein anderer wichtiger Zusammenhang ergibt sich<br />

ebenfalls aus (<strong>12</strong>.3). Für ein reelles ϕ gilt nämlich:<br />

∞∑<br />

e iϕ (iϕ) k<br />

∞∑ (iϕ) k<br />

∞∑ (iϕ) k<br />

= =<br />

+<br />

k!<br />

k!<br />

k!<br />

k=0 k=0, k gerade k=0, k ungerade


=<br />

∞∑<br />

ν=0<br />

(iϕ) 2ν<br />

(2ν)! + ∞<br />

∑<br />

ν=0<br />

=<br />

– 273 –<br />

(iϕ) 2ν+1 ∞<br />

(2ν + 1)! = ∑<br />

∞∑<br />

ν=0<br />

(−1) ν ϕ 2ν<br />

(2ν)!<br />

ν=0<br />

+ i<br />

(i 2 ) ν ϕ 2ν<br />

(2ν)!<br />

∞∑<br />

ν=0<br />

+ i<br />

∞∑<br />

ν=0<br />

(−1) ν ϕ 2ν+1<br />

.<br />

(2ν + 1)!<br />

(i 2 ) ν · i · ϕ 2ν+1<br />

.<br />

(2ν + 1)!<br />

<strong>Die</strong> beiden letzten Reihen erkennen wir wieder als die Taylorreihen für den Cosinus und den<br />

Sinus (vergl. (11.10) und (11.11)), und damit erhalten wir die wichtige als Eulersche Relation<br />

bekannte Beziehung:<br />

e iϕ = cosϕ + i sin ϕ für ϕ ∈ R. (<strong>12</strong>.5)<br />

Bemerkung <strong>12</strong>.2<br />

a) Es gilt e 0i = cos 0+i sin0 = 1 = e 0 und darüberhinaus sogar für l ∈ Z<br />

Daraus folgt unmittelbar nach (<strong>12</strong>.4):<br />

e 2lπi = cos(2lπ) + i sin(2lπ) = 1 + i · 0 = 1 (<strong>12</strong>.6)<br />

e iϕ ist also eine 2π–periodische Funktion von ϕ ∈ R .<br />

b) Es gilt e z ≠ 1 für z /∈ {2lπi|l ∈ Z}.<br />

e iϕ+2lπi = e iϕ · e 2lπi = e iϕ · 1 = e iϕ . (<strong>12</strong>.7)<br />

c) Es gilt 1/e iϕ = e −iϕ = cos(−ϕ) + i sin(−ϕ) = cosϕ − i sin ϕ = e iϕ für ϕ ∈ R.<br />

d) Für α, ϕ ∈ R gilt:<br />

und damit, da e α > 0 ist,<br />

e α+iϕ = e α e iϕ = e α (cos ϕ + i sin ϕ) = e α cosϕ + ie α sin ϕ (<strong>12</strong>.8)<br />

|e α+iϕ | = |e α | |cosϕ + i sin ϕ| = e α √cos 2 ϕ + sin 2 ϕ = e α . (<strong>12</strong>.9)<br />

Insbesondere ist |e iϕ | = 1 für ϕ ∈ R, und ϕ ∈ R kann als Winkel intepretiert werden:<br />

Im<br />

✻<br />

⎫e iϕ = cosϕ + i sin ϕ<br />

⎪⎬<br />

sin ϕ<br />

✑ ✑✑✑✑✑✑✑✑✸ ϕ<br />

⎪⎭<br />

} {{ } ✲<br />

0 cosϕ Re


– 274 –<br />

Dabei ist der Winkel im Bogenmaß anzugeben; denn es ist z.B. e 90i = −0.45 + 0.89i und<br />

nicht = cos 90 ◦ + i sin 90 ◦ = i<br />

e) e iπ = cosπ + i sin π = −1 + i · 0 = −1.<br />

f)<br />

e ikπ = ( e iπ) k<br />

= (−1) k =<br />

−1<br />

{<br />

+1 für k ∈ Z und k gerade<br />

für k ∈ Z und k ungerade<br />

<strong>Die</strong> Formel (<strong>12</strong>.9) bietet eine zweite für viele Anwendungen zweckmäßige Darstellungsmöglichkeit<br />

der <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong>; denn für z ≠ 0 ist |z/|z|| = |z|/|z| = 1 und damit kann z/|z| durch<br />

e iϕ dargestellt werden. Wir erhalten so die Polardarstellung<br />

( )<br />

z<br />

z = |z| ·<br />

|z| = re iϕ (= r cosϕ + ir sin ϕ) mit r = |z|. (<strong>12</strong>.10)<br />

Dabei ist auch r = |z| = 0 zugelassen, wobei dann aber ϕ beliebig gewählt werden könnte.<br />

Außerdem ist wegen (<strong>12</strong>.7) ϕ für z ≠ 0 erst dann eindeutig bestimmt, wenn wir uns auf ein<br />

Periodenintervall festlegen. Es gibt dafür verschiedene Möglichkeiten. Auf die unten gewählte<br />

Umrechnungsformel passt das Intervall −π < ϕ ≤ π.<br />

Im<br />

✻<br />

⎫ z<br />

r = |z| ⎪⎬<br />

i<br />

b := Im z<br />

✑ ✑✑✑✑✑✑✑✑✸ ϕ<br />

⎪⎭<br />

} {{ } ✲<br />

0 1 Re<br />

a := Re z<br />

Aus den Beziehungen<br />

b = r sin ϕ ≥ 0 für 0 ≤ ϕ ≤ π, b = r sin ϕ < 0 für −π < ϕ < 0 und a = r cos ϕ = r cos(−ϕ)<br />

ergibt sich dann die folgende Umrechnung auf Polardarstellung:<br />

(<br />

z := a + ib = r · e iϕ (<strong>12</strong>.7)<br />

)<br />

= r · e i(ϕ+2·l·π) , l ∈ Z mit<br />

r = |z| = √ a 2 + b 2 und ϕ =<br />

{<br />

arccos(a/r) für b ≥ 0,<br />

− arccos(a/r) für b < 0,<br />

(<strong>12</strong>.11)


– 275 –<br />

wobei der arccos – entsprechend der Auswertung in Rechnern – Werte zwischen 0 und π annimmt.<br />

Der oben bestimmte Winkel ϕ liegt tatsächlich zwischen (−π) und π. Bei anderen<br />

Umrechnungsformeln erhält man u.U. einen anderen Bereich für ϕ.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.6 z 1 := 1 + 2i, z 2 := −1 + 2i, z 3 := −1 − 2i:<br />

r 1 = √ 5, b 1 = 2 ≥ 0 ⇒ ϕ 1 = arccos 1 √<br />

5<br />

= 1.11( ∧ = 63.4 ◦ )<br />

r 2 = √ 5, b 2 = 2 ≥ 0 ⇒ ϕ 2 = arccos −1 √<br />

5<br />

= 2.03( ∧ = 116.6 ◦ )<br />

r 3 = √ 5, b 3 = −2 < 0 ⇒ ϕ 3 = − arccos −1 √<br />

5<br />

= −2.03( ∧ = −116.6 ◦ )<br />

Aus der Polardarstellung kann man dann<br />

die kartesische Darstellung leicht zurückgewinnen:<br />

−1 + 2i<br />

<br />

−1<br />

Im<br />

❆❑<br />

❆<br />

❆<br />

❆<br />

✁<br />

−1 − 2i ✁☛<br />

i<br />

✻<br />

❆<br />

❆✁ ✁✁✁✁✁✕<br />

0✁<br />

✁<br />

✁<br />

✁<br />

1<br />

z 1 = √ 5(cos 1.11 + i sin 1.11) = 0.99 + 2.00 i<br />

z 2 = √ 5(cos 2.03 + i sin 2.03) = −0.99 + 2.00 i<br />

z 3<br />

1 + 2i<br />

= √ 5(cos(−2.03) + i sin(−2.03)) = −0.99 − 2.00 i<br />

✲<br />

Re<br />

Mit den Rechenregeln für die Exponentialfunktion folgt sofort:<br />

Satz <strong>12</strong>.1 Es sei z 1 = r 1 e iϕ 1<br />

, z 2 = r 2 e iϕ 2<br />

. Dann gilt<br />

a) z 1 z 2 = r 1 e iϕ 1<br />

r 2 e iϕ 2<br />

= r 1 r 2 e i(ϕ 1+ϕ 2 ) (Beträge werden mult., Winkel addiert),<br />

b) z 1<br />

z 2<br />

= r 1e iϕ 1<br />

r 2 e iϕ 2 = r 1<br />

r 2<br />

e i(ϕ 1−ϕ 2 ) (Beträge werden dividiert, Winkel subtrahiert),<br />

c) Für m ∈ Z und z 1 ≠ 0 gilt: z m 1 = rm 1 eimϕ 1<br />

(Betrag hoch m, Winkel mit m multipliziert).


– 276 –<br />

Bei der letzten Formel spielt die Periodizität wegen m ∈ Z keine Rolle; denn es gilt, da mit m<br />

und l auch m · l ganzzahlig ist:<br />

e im(ϕ 1+2lπ) = e imϕ 1<br />

e 2mlπi = e imϕ 1<br />

.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.7 a) Sei a ≠ 0, a = r e iϕ . <strong>Die</strong> Gleichung z 2 = a besitzt die zwei Lösungen<br />

z 1 = √ }<br />

r e iϕ/2<br />

z 2 = √ r e i(ϕ+2π)/2 = √ r e iϕ/2 e iπ = − √ ⇒ z<br />

r e iϕ/2 1,2 = ± √ r e iϕ/2 .<br />

b) Berechnung von hohen Potenzen komplexer <strong>Zahlen</strong>:<br />

(<br />

(2 + 2i) 16 2 3/2<br />

z =<br />

(−1 − √ 3i) = e iπ/4) 16<br />

23·16/2 · e 16iπ/2<br />

20 (2e −2iπ/3 ) 20 = = 2 24−20 e i(4π−(−40π/3))<br />

2 20 · e −2·20iπ/3<br />

= 2 4 e 52iπ/3 = 16e 17iπ+i(π/3) = 16e 17iπ e i(π/3) = 16 · (−1) 17 e<br />

(<br />

iπ/3<br />

(<br />

= −16 cos π 3 + i sin π )<br />

√ )<br />

1 3<br />

= −16<br />

3<br />

2 + i = −8 − 8 √ 3i<br />

2<br />

Ermittlung der verwendeten Polardarstellungen: 2 + 2i = 2 3/2 · e iπ/4 ; denn es gilt:<br />

r 1 := |2 + 2i| = √ 2 2 + 2 2 = √ 2 3 = 2 3/2<br />

und Im (2 + 2i) = 2 ≥ 0 ⇒ ϕ 1 = arccos(2/2 3/2 ) = π/4<br />

−1 − √ 3i = 2 · e −2iπ/3 ; denn es gilt:<br />

r 2 := | − 1 − √ √<br />

3i| = 1 2 + ( √ 3) 2 = √ 1 + 3 = 2<br />

und Im (−1 − √ 3i) = − √ 3 < 0 ⇒ ϕ 2 = − arccos(−1/2) = −2π/3<br />

Für die Behandlung der Differentialgleichungen im nächsten Abschnitt brauchen wir schließlich<br />

noch die Ableitungsformel<br />

d<br />

dt etλ = λe tλ , (<strong>12</strong>.<strong>12</strong>)<br />

die für eine komplexe Konstante λ und eine reelle Variable t gültig ist, was am Besten über die<br />

Exponentialreihe zu beweisen ist:<br />

d<br />

dt etλ = d dt<br />

∞∑ (tλ) k<br />

=<br />

k!<br />

k=0<br />

∞∑<br />

k=0<br />

d t k λ k<br />

dt k!<br />

= λ<br />

∞∑<br />

k=1<br />

t k−1 λ k−1<br />

(k − 1)!<br />

k−1=:l<br />

= λ<br />

∞∑<br />

l=0<br />

t l λ l<br />

l!<br />

= λe tλ .


– 277 –<br />

Außerdem benötigen wir noch die Beziehung<br />

e z = exp(Re z − iIm z) = exp(Re z) · exp(−iIm z)<br />

= exp(Re z) · (cos(−Im z) + i sin(−Im z)) = exp(Re z) · (cos(Im z) − i sin(Im z))<br />

= exp(Re z) · (cos(Im z) + i sin(Im z)) = exp(Re z) · exp(iIm z)<br />

= exp(Re z)) · exp(iIm z)<br />

= e z (<strong>12</strong>.13)<br />

Bei der Herleitung der Formel wurde neben der Eulerschen Relation (<strong>12</strong>.5) und der Formel<br />

(<strong>12</strong>.4) die folgenden Regel benutzt: Für α ∈ R und z ∈ C gilt:<br />

Re (αz) = Re (α(Re z + iIm z)) = Re (αRe z + iαIm z))<br />

= αRe z<br />

Im (αz) = Im (α(Re z + iIm z)) = Im (αRe z + iαIm z))<br />

= αIm z<br />

(<strong>12</strong>.14)<br />

Schließlich gilt bei komplexwertigen Funktionen einer reellen Veränderlichen:<br />

( ) ( ) ( )<br />

d d d<br />

Re<br />

dx f(x) = Re<br />

dx (Re f(x) + iIm f(x)) = Re<br />

dx Re f(x) + i d<br />

dx Im f(x))<br />

Im<br />

( d<br />

dx f(x) )<br />

= d Re f(x),<br />

dx( )<br />

d<br />

= Im<br />

dx (Re f(x) + iIm f(x)) = Im<br />

( d<br />

dx Re f(x) + i d<br />

dx Im f(x)) )<br />

= d dx Im f(x), (<strong>12</strong>.15)<br />

d.h. Realteilbildung und Ableitung sowie Imaginäteilbildung und Ableitung sind vertauschbar.<br />

Der nun folgende letzte Teil von Kapitel <strong>12</strong> wird im Sommersemester 2010 nicht in der Vorlesung<br />

und in der Übung behandelt und ist daher für die Klausuren im 2. Halbjahr 2010 und im 1.<br />

Halbjahr 2011 nicht klausurrelevant.<br />

<strong>Die</strong> Umrechnung in die Polardarstellung erweist sich als besonders günstig bei der Bestimmung<br />

von Wurzeln aus einer <strong>komplexen</strong> Zahl. Wenn wir nämlich von der Polardarstellung ausgehen,<br />

n<br />

erhalten wir für n ∈ N durch “unkritisches” Übertragen von (5.15): √ z = z 1/n = (re iϕ ) 1/n =<br />

r 1/n e iϕ/n . Wir müssen aber berücksichtigen, dass wir ϕ auf ein Periodenintervall festgelegt<br />

haben. Berücksichtigt man die Periodizität von e iϕ , so erhält man für z ≠ 0 nicht eine Wurzel


– 278 –<br />

sondern genau n verschiedene Wurzeln, was wir durch einen Index kennzeichnen:<br />

( √ n<br />

)<br />

z = ( z 1/n) ( (r = ) )<br />

k k · e<br />

iϕ 1/n<br />

:= ( r · e i(ϕ+2kπ)) 1/n<br />

k<br />

= r 1/n · e i(ϕ+2kπ)/n = r 1/n · e iϕ/n · e 2ikπ/n , k = 0, 1, . . ., n − 1, (<strong>12</strong>.16)<br />

wobei für die konkrete Ausrechnung einer der letzten beiden Ausdrücke zur Auswahl steht.<br />

Dass die genannten n Werte für k reichen, sieht man sofort, wenn man zu k ein ganzzahliges<br />

Vielfaches von n addiert:<br />

e i(ϕ+2(k+nl)π)/n = e i(ϕ+2kπ)/n · e 2nlπi/n = e i(ϕ+2kπ)/n · e 2lπi = e i(ϕ+2kπ)/n · 1 = e i(ϕ+2kπ)/n<br />

für l ∈ Z. Nun ist aber die in (<strong>12</strong>.16) benutzte Potenzierung einer <strong>komplexen</strong> Zahl mit einem<br />

Exponenten /∈ Z eigentlich noch nicht erlaubt. Wir können mit Hilfe von (<strong>12</strong>.4) aber leicht<br />

klären, dass mit (<strong>12</strong>.16) tatsächlich alle Lösungen der Gleichung w n ! = z erfasst sind:<br />

Wir prüfen dazu, wann eine beliebige komplexe Zahl ≠ 0, die wir durch wir durch<br />

w := ̺1/n · e iϕ/n · e 2ikπ/n , ̺ > 0, k ∈ R,<br />

darstellen können, eine Lösung der Gleichung w n ! = z ist: Aus (<strong>12</strong>.4) folgt<br />

w n = (̺1/n) n (<br />

e<br />

iϕ/n ) n (<br />

e<br />

2ikπ/n ) n<br />

= ̺n/n · e inϕ/n · e 2iknπ/n = ̺ · e iϕ · e 2ikπ = z · ̺<br />

r · e2ikπ = z<br />

⇔ ̺ = r ∧ k ∈ Z .<br />

Da wir oben gezeigt haben, dass man k noch weiter einschränken kann, erhalten wir, dass mit<br />

den (<strong>12</strong>.16) angegebenen <strong>komplexen</strong> <strong>Zahlen</strong> alle Lösungen von w n ! = z erfasst sind.<br />

Beispiel <strong>12</strong>.8 Es sollen die dritten Wurzeln der <strong>komplexen</strong> Zahl (−1 + 2i) bestimmt werden.<br />

Dazu brauchen wir die bereits in Beispiel <strong>12</strong>.6 bestimmte Polardarstellung:<br />

−1 + 2i = √ 5 · e 2.03i .<br />

Damit gilt<br />

( 3√ −1 + 2i) k = ( √ 5) 1/3 · e i(2.03+2kπ)/3 = 6√ 5<br />

und wir erhalten die drei Wurzeln:<br />

(<br />

2.03 + 2kπ<br />

cos + i sin<br />

3<br />

( 3√ −1 + 2i) 0 = 1.31 · (cos 0.68 + i sin 0.68) = 1.02 + 0.82i<br />

)<br />

2.03 + 2kπ<br />

, k = 0, 1, 2,<br />

3


– 279 –<br />

( 3√ −1 + 2i) 1 = 1.31 · (cos 2.77 + i sin 2.77) = −1.22 + 0.47i<br />

( 3√ −1 + 2i) 2 = 1.31 · (cos 4.87 + i sin 4.87) = 0.20 − 1.29i<br />

Wir führen jetzt analog zu (5.10) die Potenzen ein, bei denen sowohl die Basis als auch der<br />

Exponent eine komplexe Zahl ist: Für die komplexe Zahl<br />

z = r·exp(iϕ)(= exp(ln r) exp(iϕ) = exp(ln r+i(ϕ+k·2π)), r > 0, −π < ϕ ≤ π, k ∈ Z, (<strong>12</strong>.17)<br />

definieren wir<br />

(z w ) k := exp(w ln r + i · (ϕ + k · 2π) · w), w ∈ C, k ∈ Z. (<strong>12</strong>.18)<br />

Es ist also nicht wie im Reellen z w eindeutig zu definieren, sondern man muss berücksichtigen,<br />

dass z = r · exp(i(ϕ + k · 2π)) für alle k ∈ Z gilt und erhält so u.U. unendlich viele Potenzen<br />

z.B. bei<br />

(z 3.<strong>12</strong><br />

1 ) k := exp (3.<strong>12</strong> · ln r 1 + i · (ϕ 1 + k · 2π) · 3.<strong>12</strong>)<br />

= exp(3.<strong>12</strong> · lnr 1 ) · exp(3.<strong>12</strong> i ϕ 1 ) · exp(6.24kiπ), k ∈ Z,<br />

wobei z 1 , r 1 und ϕ 1 die Größen aus Beispiel <strong>12</strong>.8 sind. Auch bei der Basis e müsste man die<br />

Definition (<strong>12</strong>.18) anwenden, also<br />

(e w ) k := exp(1 · w + i · (0 + k · 2π) · w) = (exp w) · exp(k · 2π · w), k ∈ Z.<br />

<strong>Die</strong> früher angegebene und allgemein übliche Gleichsetzung e w := exp w ist also eigentlich nicht<br />

korrekt. Trotzdem werden wir sie in den nächsten Kapiteln, bei denen die Mehrdeutigkeit ignoriert<br />

werden kann, verwenden. Bei ganzzahligen Exponenten m ∈ Z kann die Mehrdeutigkeit<br />

ohnehin ignoriert werden: Für die in der Polardarstellung (<strong>12</strong>.17) gegebene komplexe Zahl z<br />

erhalten wir für m ∈ Z:<br />

(z m ) k := exp(m ln r+i·(ϕ+k·2π)·m) = exp(m ln r)·exp(i·m·ϕ)·exp(k·m·i·2π) = r m·exp(i·m·ϕ)<br />

⎧<br />

(r · exp(iϕ)) · (r · exp(iϕ)) · · ·(r · exp(iϕ)) = (r · exp(iϕ))<br />

} {{ }<br />

m für m ∈ N<br />

⎪⎨<br />

m−mal<br />

= r 0 · exp(i · 0 · ϕ) = 1 = (r · exp(iϕ)) 0 für m = 0<br />

1<br />

⎪⎩<br />

r −m exp(i · (−m) · ϕ) = 1<br />

r −m · (exp(i ϕ)) = 1<br />

−m (r · exp(i ϕ)) = (r · −m exp(iϕ))m für (−m) ∈ N


– 280 –<br />

für alle k ∈ Z , d.h. (z m ) k ist von k unabhängig und stimmt mit der in Abschnitt 1.3 bzw. in<br />

(<strong>12</strong>.4) gegebenen Definition von z m überein.<br />

Mit der Potenzdefinition (<strong>12</strong>.18) lassen sich – soweit nicht schon geschehen – die in (5.15)<br />

gesammelten Potenzrechenregeln ins Komplexe übertragen:<br />

Für a := r exp(iϕ), r > 0, −π < ϕ ≤ π und b := ̺ exp(iψ), ̺ > 0, −π < ψ ≤ π erhalten wir<br />

(a z ) 0 · (a w ) 0 = exp(z ln r + izϕ) · exp(w ln r + iwϕ) = exp(z ln r + izϕ + w ln r + iwϕ)<br />

= exp((z + w) lnr + i(z + w)ϕ)<br />

= (a z+w ) 0<br />

(a z ) 0 · (b z ) 0 = exp(z ln r + izϕ) · exp(z ln ̺ + izψ) = exp(z(ln r + ln ̺) + iz(ϕ + ψ))<br />

= exp(z ln(r · ̺) + iz(ϕ + ψ))<br />

⎧<br />

⎪⎨ ((a · b) z ) 0<br />

für − π < ϕ + ψ ≤ π<br />

= ((a · b) z ) 1<br />

für ϕ + ψ > π<br />

⎪⎩ ((a · b) z ) −1<br />

für ϕ + ψ ≤ −π<br />

(a −z 1<br />

) 0 = exp((−z) ln r + i(−z)ϕ) = exp(−(ln r + iϕ)z) =<br />

exp((ln r + iϕ)z)<br />

1<br />

=<br />

(<strong>12</strong>.19)<br />

(a z ) 0<br />

(a z ) 0 exp(z ln r + izϕ)<br />

= = exp(z ln r + izϕ − (w ln r + iwϕ))<br />

(a w ) 0 exp(w ln r + iwϕ)<br />

= exp((z − w) lnr + i(z − w)ϕ)<br />

= (a z−w ) 0<br />

(a z ) 0 exp(z ln r + izϕ)<br />

= = exp(z ln r + izϕ − (z ln ̺ + izψ))<br />

(b z ) 0 exp(z ln ̺ + izψ)<br />

= exp(z ln(r − ̺) + iz(ϕ − ψ))<br />

⎧<br />

⎪⎨ ((a/b) z ) 0<br />

für − π < ϕ − ψ ≤ π<br />

= ((a/b) z ) 1<br />

für ϕ − ψ > π<br />

⎪⎩ ((a/b) z ) −1<br />

für ϕ − ψ ≤ −π


– 281 –<br />

Um eine Formel für (a z ) w herzuleiten, benötigen wir noch einen Zwischenschritt: Mit a :=<br />

r exp(iϕ), r > 0, −π < ϕ ≤ π und z = x + iy, x, y ∈ R gilt<br />

(a z ) 0 = exp(z ln r + izϕ) = exp(x ln r − yϕ + i(y ln r + xϕ))<br />

Im Allgemeinen ist (y ln r + xϕ) nicht im Intervall (−π, π], sondern in einem ”passend” verschobenen<br />

Intervall, d.h. es gibt eine ganze Zahl l, die von a und z abhängt, mit<br />

−π + 2lπ < y ln r + xϕ ≤ π + 2lπ .<br />

Damit erhalten wir<br />

((a z ) w 0 ) l<br />

= exp ((x ln r − yϕ + i(y lnr + xϕ))w)<br />

= exp((z ln r + izϕ)w) = exp(zw(ln r + iϕ))<br />

= (a zw ) 0 (<strong>12</strong>.20)

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