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Bankenregulierung im Umbruch

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<strong>Bankenregulierung</strong> <strong>im</strong> <strong>Umbruch</strong> –<br />

(Was) Können wir aus der Wirtschaftsgeschichte lernen?<br />

Frankfurt School<br />

30. November 2010<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

1<br />

10_ikf_37_002


Krise als Regulierungstreiber: Stützungs- und<br />

Stabilisierungsmaßnahmen für deutsche Banken<br />

In Mrd. €<br />

Unternehmen<br />

Garantien<br />

Bund<br />

Soffin<br />

Eigenkapital<br />

(inkl. Hybride)<br />

Aareal Bank 4,0 0,4<br />

Abschirmungen<br />

Länder<br />

Eigenkapital<br />

(inkl. Hybride)<br />

BayernLB 5,0 4,8 10,0<br />

Commerzbank 5,0 18,2<br />

Corealcredit 0,5<br />

Genossenschaftlicher<br />

Verbund<br />

Garantien und<br />

Hybridkapital<br />

Deutsche Apotheker- und Ärztebank 0,2<br />

Hypo Real Estate/Deutsche Pfandbriefbank 124,0 7,7<br />

Düsseldorfer Hypothekenbank 2,4<br />

DZ Bank 1,1<br />

HSH Nordbank 17,0 10,0 3,0<br />

IKB Deutsche Industriebank 10,0<br />

Landesbank Baden-Württemberg 12,7 5,0<br />

Sicherungseinrichtung der privaten Banken 6,7<br />

Sparkasse Köln-Bonn 0,4 0,3<br />

WestLB/EAA Erste Abwicklungsanstalt 3,0 8,5 5,5<br />

Summe 174,6 29,3 36,0 18,4 7,1<br />

Quelle: Handelsblatt v. 15.10.2010.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

2<br />

10_ikf_37_002


Grundsätzlicher Regulierungsapproach<br />

Aufgabe: Bekämpfung von Systemgefahren<br />

> Der Staat muss Rahmenbedingungen setzen, die das reibungslose Funktionieren des<br />

Marktgeschehens auch in Krisenzeiten gewährleisten. Von Hayek vergleicht diese<br />

Aufgabe „mit der des Wartungspersonals einer Fabrik, da ihr (der Regierung) Zweck<br />

nicht ist, best<strong>im</strong>mte Leistungen oder Produkte hervorzubringen, die von Bürgern<br />

konsumiert werden sollen, sondern eher dafür zu sorgen, dass der Mechanismus, der<br />

die Produktion dieser Güter und Dienstleistungen regelt, in arbeitsfähigem Zustand<br />

erhalten bleibt.“<br />

> Regulierungsalternativen sind abzuwägen anhand von ...<br />

• Effektivität → Eignung zur Verhinderung von Systemkrisen<br />

• Effizienz → Geringste Beeinträchtigung von Unternehmerfunktionen und<br />

Verwertung von Wissen über Märkte<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

3<br />

10_ikf_37_002


Veränderungen in der Regulierung konzentriert auf die erste<br />

Basler Säule<br />

> „Erste-Hilfe-Paket“: Modifikationen 2009<br />

− Eigenkapitalanforderungen für Handelsgeschäfte und (Wieder-)Verbriefungen erhöht<br />

(Kompromiss zum Selbstbehalt 10/2010)<br />

− Großkreditregeln auf Zweckgesellschaften ausgeweitet<br />

− Anerkennung von Hybridkapital als Kernkapital eingeschränkt (Verlustteilnahme, Nachrang,<br />

Dauerhaftigkeit)<br />

> Eckpfeiler für „Basel III“ (Seoul, November 2010): Mikroprudentielle Aufsicht<br />

− Vorgabe höherer Kernkapitalanteile und -quoten<br />

− Begrenzung prozyklischer Wirkungen<br />

− Einführung Leverage-Ratio als Beobachtungsfaktor<br />

− Diskussion über krisenbedinge Debt/Equity-Swaps bzw. regulatorische Hybridpapiere<br />

(„CoCos“)<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

4<br />

10_ikf_37_002


Pauschale Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen<br />

Eigenkapitalquoten nach Basel III<br />

In Prozent<br />

Antizyklischer Puffer<br />

Kapitalerhaltungspuffer<br />

Tier 1 Tier 2<br />

Ergänzungskapital<br />

Anderes Kernkapital<br />

Hartes Kernkapital<br />

Quelle: Börsen-Zeitung, 14.9.2010.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

5<br />

10_ikf_37_002


Fristen für die geforderten Kapitalquoten<br />

Jahr<br />

Hartes<br />

Kernkapital<br />

Hartes Kernkapital<br />

inkl. Zusatzpuffer<br />

Gesamtes<br />

Kernkapital<br />

Ergänzungskapital<br />

Gesamtkapital<br />

2013 3,5 unverändert (3,5) 4,5 3,5 8,0<br />

2014 4,0 unverändert (4,0) 5,5 2,5 8,0<br />

2015 4,5 unverändert (4,5) 6,0 2,0 8,0<br />

2016 4,5 5,125 6,625 2,0 8,625<br />

2017 4,5 5,75 7,125 2,0 9,125<br />

2018 4,5 6,375 7,875 2,0 9,875<br />

2019 4,5 7,0 8,5 2,0 10,5<br />

Quelle: F.A.Z., 13.9.2010.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

6<br />

10_ikf_37_002


Härtung des Kern-, Vereinfachung des Ergänzungs- und<br />

Abschaffung des Drittrangkapitals in Basel III<br />

Kernkapital<br />

Abzugsposten wie<br />

> Goodwill,<br />

> aktive latente Steuern,<br />

> <strong>im</strong>materielle<br />

Vermögenswerte,<br />

Hartes (predominant) Kernkapital<br />

7 Prozent der RWAs<br />

AGs: Nur Aktien und einbehaltene Gewinne<br />

Nicht-AGs: Unter anderem stille Einlagen<br />

(unbefristet, Verlustteilnahme, Nachrang),<br />

Genossenschaftsanteile und einbehaltene<br />

Gewinne<br />

Anderes (nonpredominant)<br />

Kernkapital<br />

1,5 Prozent der RWAs<br />

> Minderheitsbeteiligungen<br />

mindern hartes<br />

Kernkapital<br />

Ergänzungskapital<br />

trägt Verlust nur bei Insolvenz<br />

Muss Restlaufzeit von mindestens 5 Jahren haben<br />

Drittrangmittel<br />

Abschaffung geplant<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

7<br />

10_ikf_37_002


Hybride stützen derzeit Tier-1-Quote bei deutschen Banken<br />

in erheblichem Maße<br />

In Mrd. €<br />

Anteil Hybrid-Kapital<br />

zu Tier 1<br />

33%<br />

73%<br />

6%<br />

33%<br />

30%<br />

36%<br />

53%<br />

33%<br />

76%<br />

Quelle: Börsen-Zeitung v. 15.10.2010.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

8<br />

10_ikf_37_002


Ist die Verstärkung des Risikoträgers der richtige<br />

Ansatzpunkt der Regulierung?<br />

Verschiedene Studien gelangen zu dem Ergebnis, dass die bisherigen<br />

Kapitalanforderungen die tatsächlichen Risiken nicht adäquat abbilden.<br />

Kreditverluste:<br />

90 % der Banken verlieren während der Finanzkrise max.<br />

24 % des hinterlegten Eigenkapitals<br />

Handelsverluste:<br />

90 % der Banken verlieren während der Finanzkrise max.<br />

79 % des hinterlegten Eigenkapitals<br />

Verluste/Gewinne aus Kreditgeschäft (% d. hinterlegten Kapitals)<br />

Verluste/Gewinne aus Handelsgeschäften (% d. hinterlegten Kapitals)<br />

12%<br />

-24%<br />

-22%<br />

2009<br />

> 50%<br />

Nach Adjustierung für regulatorische Änderungen<br />

2012 (zum Vgl: vor 2011er regulatorischen<br />

Änderungen Handelsverluste 2009 = -255 %)<br />

-79%<br />

2008<br />

Quelle: Erlebach/Grasshoff/Berg 2010, S. 56; Sample aus ca. 150 europäischen und amerikanischen Banken.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

9<br />

10_ikf_37_002


Vergleich des regulatorischen Kapitals und der Verluste für<br />

Kredit- und Marktrisiken in der Finanzkrise<br />

Hinterlegtes Kapital und Verluste für<br />

Kreditrisiken in der Finanzkrise<br />

Hinterlegtes Kapital und Verluste für<br />

Marktrisiken in der Finanzkrise<br />

In Mrd. €<br />

In Mrd. €<br />

Quelle: Erlebach/Grasshoff/Berg 2010, S. 56.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

10<br />

10_ikf_37_002


Probleme der geplanten Regulierung<br />

> Benachteiligung des deutschen Finanzsystems: Hoher Anteil von Buchkrediten.<br />

> Einladung zur Regulierungsarbitrage: Substitution von Kredit- durch Marktrisiken.<br />

> Der wirtschaftshistorische Blick zurück:<br />

Eigenkapitalunterlegungssätze ...<br />

− stehen auf wackeligem theoretischen Fundament,<br />

− lassen sich nur schwer empirisch rechtfertigen,<br />

− haben auch in der Vergangenheit „Hase-und-Igel-Spiel“ zwischen Aufsehern und<br />

Beaufsichtigten ausgelöst,<br />

− konnten (auch deshalb) schwere Bankenkrisen in den USA und Japan nicht verhindern.<br />

Traditionelle quantitative Regulierungskonzepte haben sich überlebt.<br />

Regulierung darf nicht an den Krisenursachen vorbeigehen.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

11<br />

10_ikf_37_002


Finanzmarktkrise <strong>im</strong> Überblick<br />

Veränderungen <strong>im</strong> Umfeld (USA)<br />

> Kapital<strong>im</strong>porte, Geldschwemme und Niedrigzinspolitik<br />

> Politische Förderung Immobilienbesitz<br />

> Steigende Immobilienpreise<br />

> Globalisierung, Deregulierung und steigende Konkurrenzintensität<br />

> Veränderung der Bankenintermediation<br />

> Steigender Shareholder-Value-Druck<br />

Krisenursachen<br />

> Überproportionale Kreditvergabe Subpr<strong>im</strong>e zu Kampfkonditionen<br />

> Ungeprüfte Übernahme Vermittlergeschäft<br />

> Leichtfertiger und intransparenter Umgang mit Verbriefung zur Regulierungsarbitrage<br />

> Defekte <strong>im</strong> Risikomanagement<br />

> Übertriebene Fristentransformation<br />

Krisenverstärker<br />

> Rating-Agenturen<br />

> Bankenaufsicht<br />

> Politik<br />

> Zentralbank<br />

> Wirtschaftsprüfer<br />

> Medien<br />

Krisensymptome<br />

> Marktstörungen<br />

Finanzmarktkrise<br />

Krisenwirkungen<br />

> Wertberichtigungen<br />

> Abschreibungen<br />

Krisenauslöser = Schock<br />

> Doppelte Preisüberraschung<br />

→ Zinsen<br />

→ Immobilien<br />

> Zusammenbruch Informationsund<br />

Vertrauenssystem<br />

Krisenbekämpfung<br />

> Liquiditätsspritzen<br />

> Kapitalmaßnahmen<br />

> Re-Regulierung<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

12<br />

10_ikf_37_002


Kapitalanforderungen aus bank-internen ökonomischen<br />

Modellen <strong>im</strong> Vergleich zu den regulatorischen Anforderungen<br />

Kreditrisiko-Aktiva<br />

(regulatorisch vs. ökonomisch in Mrd. €)<br />

Marktrisiko-Aktiva<br />

(regulatorisch vs. ökonomisch in Mrd. €)<br />

Risikogewichtete Aktiva (in Mrd. €)<br />

-49%<br />

-29%<br />

-76%<br />

Risikogewichtete Aktiva (in Mrd. €)<br />

+7%<br />

+45%<br />

+22%<br />

Nach Adjustierung<br />

für regulatorische<br />

Änderungen 2011<br />

(zum Vgl.: vor<br />

regulatorischen<br />

Änderungen Ø<br />

+344%)<br />

-42%<br />

-86%<br />

-38%<br />

Ø: -42%<br />

-52%<br />

Ø: +26%<br />

-22%<br />

-50%<br />

-62%<br />

+209%<br />

-26%<br />

+146%<br />

-31%<br />

-7%<br />

Regulatorische Veränderungen per 01.01.2012, wodurch Anhebung des zu hinterlegenden Kapitals um 223,7% (vgl. ECBS, 2009c) <strong>im</strong> Schnitt erfolgt, bei dem Kapital für<br />

Marktrisiken eingerechnet.<br />

Quelle: Erlebach/Grasshoff/Berg 2010, S. 57.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

13<br />

10_ikf_37_002


Stärker zu fokussieren: Risikomessung und -kontrolle<br />

Assetkorrelationen nach Basel II für die unterschiedlichen regulatorischen<br />

Forderungsklassen<br />

Assetkorrelationen<br />

Geschätzte Assetkorrelationen aus ...<br />

Ø Studien: 27%<br />

+18%<br />

<br />

Ø 4 Studien der Aufsicht (z.B. FED): 16%<br />

Ø 8 Studien von Ratingagenturen (z.B. S&P): 13%<br />

Ø 8 Studien von Wissenschaftlern: 10%<br />

Ø Basel: 23%<br />

Ø Basel: 21%<br />

<br />

Ø US-Datenbasis: 15%<br />

Ø EU-Datenbasis: 8%<br />

-49%<br />

Ø Studien: 11%<br />

Ø Basel: 11%<br />

<br />

Ø Basel: 15%<br />

-63%<br />

<br />

-76%<br />

Ø Studien: 3%<br />

Ø Studien: 5,5%<br />

Ø Basel: 4%<br />

-50%<br />

Ø Studien: 2%<br />

<br />

<br />

<br />

Anpassung durch Regulator vorgeschlagen<br />

Bisher keine Anpassung geplant<br />

Quelle: Erlebach/Grasshoff/Berg 2010, S. 58.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

14<br />

10_ikf_37_002


Das Problem der Modelle: Ausfallraten für Subpr<strong>im</strong>e-<br />

Hypotheken nach Ausgabejahrgängen*<br />

In v.H.<br />

> Standardisierung und<br />

Automatisierung der Kredite<br />

> 2/28er Modelle<br />

> Entscheidung nach FICO-Score<br />

> Gelernte Sorglosigkeit<br />

> Länge der Zeitreihen?<br />

> Korrelationen?<br />

> Strukturbrüche und<br />

Systemrisiko<br />

> Prognosedilemma<br />

Monate nach Ausgabe<br />

* Zu den weiteren Einzelheiten siehe Global Financial Stability Report (2007).<br />

Quelle: IWF<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

15<br />

10_ikf_37_002


Strukturelle Ertragskrise deutscher Banken als latentes<br />

Problem<br />

Zins- + Provisionsspanne<br />

Bewertungs- vs.<br />

Teilbetriebsergebnis<br />

Eigenkapitalrendite<br />

vor Steuern<br />

% der durchschn. Bilanzsumme % der durchschn. Bilanzsumme % des durchschn. bilanz. Kernkapitals<br />

ZÜ<br />

TBE<br />

Ø 2005-2009:<br />

4,1%<br />

PÜ<br />

BE<br />

Quelle: Dt. Bundesbank, ikf°research; Daten für dt. Kreditinstitute insgesamt.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

16<br />

10_ikf_37_002


Eigenkapitalrendite <strong>im</strong> deutschen Bankensektor<br />

(Durchschnitt der Jahre 2005-2009)<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

17<br />

10_ikf_37_002


Woher soll die Gewinnkraft kommen, um das geforderte<br />

„harte“ Eigenkapital aufzubauen?<br />

Geschätzter zusätzlicher Bedarf an hartem<br />

Eigenkapital deutscher Banken<br />

Jahresüberschüsse dt. Kreditinstitute<br />

2000 – 2009<br />

Mrd. EUR<br />

Σ Mehrbedarf:<br />

98 Mrd. EUR<br />

Mrd. EUR<br />

Ø Nach-Steuer-<br />

Gewinn: 11,4 Mrd. €<br />

ohne (!) Krise<br />

Weitere regulatorische<br />

Mehrbelastungen:<br />

1,3 Mrd. €<br />

Bankenabgabe<br />

2,0 Mrd. €<br />

Finanzaktivitätssteuer<br />

Quelle: BDB 2010; Bundesbank 2010.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

18<br />

10_ikf_37_002


Veränderungen in der zweiten Basler Säule?<br />

> Modifikationen 2009<br />

− Berücksichtigung von Risikokonzentrationen<br />

− Anforderungen an Stresstests<br />

− Regeln zum Liquiditätsrisiko (Fortführung in Basel III, 2010)<br />

− Leitplanken zur Vergütung des Managements<br />

− Vorkehrungen für mehr Sachkunde in den Kontrollgremien<br />

Wirtschaftshistorische Erfahrungen<br />

• Krise erzwingt stärkere qualitative Aufsicht<br />

• Institutioneller Nachholbedarf in Deutschland<br />

• Veränderungen von Regeln müssen sich auch institutionell niederschlagen<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

19<br />

10_ikf_37_002


Veränderungen in der dritten Basler Säule?<br />

> Publizitätsanforderungen <strong>im</strong> Basel-III-Paket randständig.<br />

> Diskussionen um Stresstests <strong>im</strong> Juli 2010 und Frühjahr 2011 zeigten tiefes Misstrauen<br />

gegenüber Fähigkeit des Finanzmarktes zur Informationsverarbeitung.<br />

Wirtschaftshistorische Erfahrungen<br />

• Informations- und Vertrauensschocks sind der Auslöser schwerer Krisen<br />

• Unsicherheiten verschärfen sich durch Intransparenz<br />

• Aufgestaute Probleme entladen sich in weitaus größeren Schäden als bei frühzeitiger<br />

Bekämpfung<br />

• „Sektkorken-Effekt“: Bankenkrisen USA und Japan<br />

• Frühzeitige, offene Informationspolitik hat eher stabilisierenden als destabilisierenden Charakter<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

20<br />

10_ikf_37_002


Notwendig auch: Verstärkte makroprudentielle Regulierung<br />

Vorschläge für den Rückzug aus der <strong>im</strong>pliziten Absicherung privater Risiken durch<br />

die Allgemeinheit: Zusammenbruch einzelner Spieler zulassen, Kettenreaktion<br />

verhindern<br />

> Selbstabwicklungsverfügung („Testament“) von Banken<br />

(Vorab-Definition von Soll-Bruchstellen? Vollstreckung durch Fire Sales?)<br />

> Bankspezifische Restrukturierungsreg<strong>im</strong>e und „Bankenhospital“<br />

(Systemrelevanz wie definieren? „Automatische Einweisungen“ wie verhindern?)<br />

> Stabilisierungsfonds<br />

(Prämien wie bemessen?)<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

21<br />

10_ikf_37_002


Network Analysis: A Diagrammatic Representation of<br />

Systemic Interbank Exposures<br />

Bank 1<br />

Bank 2<br />

New failure<br />

Bank 1<br />

Bank 2<br />

Bank 1<br />

Bank 2<br />

Bank 1<br />

Bank 2<br />

Bank 3<br />

...<br />

Bank 3<br />

...<br />

New<br />

failure<br />

Bank 3<br />

...<br />

New<br />

failures<br />

...<br />

Bank 3<br />

...<br />

New failure<br />

Bank N-1<br />

Bank N-1<br />

Bank N-1<br />

Bank N-1<br />

Bank N<br />

Bank N<br />

Bank N<br />

Bank N<br />

Trigger failure<br />

Contagion rounds<br />

Final failures<br />

Source: IMF staff.<br />

Note: This figure depicts the dynamics of the network analysis. Starting with a matrix of interbank exposures, the analysis consists of<br />

s<strong>im</strong>ulating shocks to a specific institution (the trigger bank) and tracking the domino effect to other institutions in the network.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

22<br />

10_ikf_37_002


Distress Dependence Matrix<br />

July 1, 2007<br />

Citigroup<br />

Bank of JPMorgan Wachovia Washington Goldman Lehman<br />

Morgan<br />

Row<br />

Merrill Lynch<br />

AIG<br />

America Chase & Co. Bank Mutual Sachs Brothers<br />

Stanley<br />

average<br />

Citigroup 1,00 0,09 0,08 0,08 0,05 0,06 0,06 0,06 0,06 0,05 0,16<br />

Bank of America 0,08 1,00 0,22 0,21 0,08 0,08 0,07 0,09 0,09 0,11 0,20<br />

JPMorgan Chase & Co. 0,10 0,33 1,00 0,23 0,09 0,14 0,12 0,14 0,12 0,11 0,24<br />

Wachovia Bank 0,08 0,27 0,20 1,00 0,08 0,08 0,07 0,08 0,08 0,10 0,20<br />

Washington Mutual 0,14 0,25 0,18 0,20 1,00 0,10 0,10 0,13 0,11 0,12 0,23<br />

Goldman Sachs 0,13 0,20 0,23 0,16 0,08 1,00 0,27 0,23 0,26 0,13 0,27<br />

Lehman Brothers 0,16 0,24 0,25 0,19 0,11 0,35 1,00 0,29 0,26 0,14 0,30<br />

Merrill Lynch 0,15 0,26 0,27 0,19 0,13 0,28 0,26 1,00 0,26 0,15 0,30<br />

Morgan Stanley 0,15 0,25 0,23 0,19 0,10 0,30 0,23 0,25 1,00 0,12 0,28<br />

AIG 0,05 0,11 0,07 0,08 0,04 0,05 0,04 0,05 0,04 1,00 0,15<br />

Column average 0,20 0,30 0,27 0,25 0,17 0,24 0,22 0,23 0,23 0,20 0,23<br />

August 15, 2008<br />

Citigroup<br />

Bank of JPMorgan Wachovia Washington Goldman Lehman<br />

Morgan<br />

Row<br />

Merrill Lynch<br />

AIG<br />

America Chase & Co. Bank Mutual Sachs Brothers<br />

Stanley<br />

average<br />

Citigroup 1,00 0,32 0,32 0,23 0,13 0,28 0,23 0,23 0,25 0,21 0,32<br />

Bank of America 0,20 1,00 0,42 0,24 0,09 0,24 0,17 0,19 0,21 0,19 0,30<br />

JPMorgan Chase & Co. 0,08 0,37 1,00 0,20 0,07 0,25 0,17 0,18 0,20 0,15 0,28<br />

Wachovia Bank 0,41 0,69 0,65 1,00 0,23 0,45 0,37 0,39 0,41 0,39 0,50<br />

Washington Mutual 0,83 0,92 0,89 0,85 1,00 0,80 0,77 0,82 0,80 0,78 0,85<br />

Goldman Sachs 0,21 0,28 0,34 0,19 0,09 1,00 0,28 0,26 0,32 0,18 0,31<br />

Lehman Brothers 0,42 0,51 0,56 0,38 0,22 0,69 1,00 0,52 0,54 0,35 0,52<br />

Merrill Lynch 0,39 0,52 0,58 0,37 0,21 0,61 0,48 1,00 0,53 0,35 0,50<br />

Morgan Stanley 0,31 0,41 0,44 0,28 0,15 0,52 0,35 0,37 1,00 0,24 0,41<br />

AIG 0,36 0,52 0,48 0,38 0,20 0,41 0,32 0,35 0,34 1,00 0,44<br />

Column average 0,43 0,55 0,57 0,41 0,24 0,53 0,41 0,43 0,46 0,39 0,44<br />

September 12, 2008<br />

Citigroup<br />

Bank of JPMorgan Wachovia Washington Goldman Lehman<br />

Morgan<br />

Row<br />

Merrill Lynch<br />

AIG<br />

America Chase & Co. Bank Mutual Sachs Brothers<br />

Stanley<br />

average<br />

Citigroup 1,00 0,20 0,19 0,14 0,07 0,17 0,13 0,14 0,16 0,11 0,23<br />

Bank of America 0,14 1,00 0,31 0,18 0,05 0,16 0,10 0,13 0,15 0,11 0,23<br />

JPMorgan Chase & Co. 0,13 0,29 1,00 0,16 0,05 0,19 0,11 0,14 0,16 0,09 0,23<br />

Wachovia Bank 0,34 0,60 0,55 1,00 0,17 0,36 0,27 0,31 0,34 0,29 0,42<br />

Washington Mutual 0,93 0,97 0,95 0,94 1,00 0,91 0,88 0,92 0,91 0,89 0,93<br />

Goldman Sachs 0,15 0,19 0,24 0,13 0,06 1,00 0,18 0,20 0,27 0,11 0,25<br />

Lehman Brothers 0,47 0,53 0,58 0,43 0,25 0,75 1,00 0,59 0,62 0,37 0,56<br />

Merrill Lynch 0,32 0,41 0,47 0,30 0,16 0,53 0,37 1,00 0,48 0,26 0,43<br />

Morgan Stanley 0,21 0,28 0,29 0,19 0,09 0,40 0,22 0,27 1,00 0,14 0,31<br />

AIG 0,50 0,66 0,59 0,53 0,29 0,54 0,43 0,49 0,47 1,00 0,55<br />

Column average 0,42 0,51 0,52 0,40 0,22 0,50 0,37 0,42 0,46 0,34 0,41<br />

Sources: Bloomberg L.P.; and IMF staff est<strong>im</strong>ates.<br />

Note: This table shows the (pairwise) conditional probabilities of distress of the institution in the row, given that the institution in the column falls into distress.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

23<br />

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Kritische Gesamtwürdigung<br />

> Kreditwirtschaft ist schon jetzt eine der am stärksten regulierten Branchen; „Immer<br />

mehr“ ist kontraproduktiv.<br />

> Regeln müssen stärker prinzipienorientiert ausgestaltet und auf ihren materiellen Kern<br />

konzentriert werden.<br />

> Die Wirtschaftsgeschichte lehrt: Noch komplexere Regeln fördern nur weitere<br />

Ausweichhandlungen („Regulierungsarbitrage“) und zerstören sowohl level playing field<br />

als auch die intrinsische Motivation der Risikomanager.<br />

> Diskretionäre Staatseingriffe erhöhen die Systemrisiken, statt sie zu verringern.<br />

> Wenn die Politik nicht auf das Wecken von Kontrollillusion verzichtet und die<br />

„Erwartungslücke“ mit Blick auf das Machbare verkleinert, werden Märkten die<br />

Disziplinierungsanreize genommen, und es gibt keine Begrenzung der potenziellen<br />

Haftung des Staates mehr.<br />

> Keine regulatorische Selbstzufriedenheit, sondern vor allem bessere qualitative Aufsicht<br />

– und diese international harmonisiert!<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

24<br />

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Konzeptioneller Aufsichtswandel notwendig<br />

Quantitative<br />

Aufsicht<br />

- Säule 1 -<br />

?<br />

Publizitätsvorschriften<br />

- Säule 3 -<br />

Qualitative Aufsicht<br />

- Säule 2 -<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

25<br />

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Aber die Wirtschaftsgeschichte lehrt auch:<br />

Regulierung allein hilft nicht!<br />

> Weltwirtschaftliche Ungleichgewichte und Überschuldung – private wie staatliche –<br />

müssen abgebaut werden.<br />

> Notwendig ist ein Wiedergewinnen von Vertrauen für die Legit<strong>im</strong>ität des Finanzsektors.<br />

> Politik müsste statt „Opium fürs Volk“ zu verteilen, den „mühsamen Weg durch die<br />

Ebene“ gehen. Reine Systemkritik ist dabei wenig hilfreich.<br />

> Finanzielle Allgemeinbildung tut dringend Not, denn Krisen sind niemals vollständig zu<br />

vermeiden.<br />

> Krisenprävention durch ethisch-moralische „Korsettstangen“ wäre wünschenswert.<br />

Prof. Dr. Stephan Paul<br />

<strong>Bankenregulierung</strong> und Wirtschaftsgeschichte<br />

26<br />

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