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Max - Kurzgeschichte

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<strong>Max</strong><br />

Schon eine ganze Weile stand ich hier und starrte auf den längst<br />

vergessenen Fetzen Gras, der sich unter mir ausbreitete. Traurig<br />

schüttelte ich den Kopf. Wie ein Film spulte sich in meinen<br />

Gedanken ab, was damals geschah...<br />

Man schrieb das Jahr 1967, ich war vierzehn Jahre alt, und mein<br />

bester Freund gleichen Alters hieß <strong>Max</strong>. Er war der personifizierte<br />

Lausejunge, und wenn man für eine Filmrolle einen solchen<br />

gesucht hätte, wäre <strong>Max</strong> sicher erste Wahl gewesen. Seine<br />

kurzgeschorenen Haare waren nicht blond, sondern schienen<br />

schneeweiß zu sein und seine abstehenden Ohren sahen aus wie<br />

angeklebte Trichter. Das also war <strong>Max</strong>, wie er leibt und lebte.<br />

An diesem heißen Augusttag genoss nun <strong>Max</strong> ein besonderes<br />

Privileg, einen Vorzug, welcher mir nur selten zuteil wurde. Er war<br />

allein zuhause und ich freute mich mit ihm. <strong>Max</strong>‘ Familie war groß,<br />

größer als meine, und bestand neben seinen Eltern noch aus zwei<br />

Brüdern und ebenso vielen Schwestern. Einer dieser Brüder, sie<br />

nannten ihn Paul, besaß ein Faltboot, auf welches wir beiden schon<br />

sehr lange ein Auge geworfen, aber eben nur geworfen. Und nun<br />

dieser Tag, - die Familie samt Bruder weg, das Faltboot war da, es<br />

lag direkt vor unseren Augen.<br />

»Wie wär‘s?«, fragte <strong>Max</strong> mit einem Blick aufs Boot.<br />

»Worauf warten wir denn noch?«, gab ich zurück.<br />

»Kreuzlingen, da wollten wir doch schon immer mal hin.«<br />

»Gut, ab Richtung Untersee.« Wir zerrten das Boot auf den<br />

bereitstehenden Wagen und los gings ans Wasser. Da wir in<br />

Rorschach oben auf dem Berg wohnten, rechneten wir mit einer<br />

halben Stunde zum See, doch das war uns egal, unser Traum war<br />

greifbar nahe. Wir kamen dann, ziemlich aus der Puste, unten an,<br />

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