Familienpflege â Familiale Notsituation und ihre ... - ifb - Bayern
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<strong>Familienpflege</strong> 47<br />
V. Ressourcen der <strong>Familienpflege</strong><br />
Die Anzahl der Träger von pflegerischen Diensten, die sich allerdings nicht nur der <strong>Familienpflege</strong><br />
widmen, ist in Deutschland langsam aber deutlich gestiegen. Dabei zeichnet sich auch<br />
eine interne Umstrukturierung ab: Während Sozialstationen <strong>und</strong> mobile Dienste deutlich Zuwächse<br />
verzeichnen, nehmen Haus-, <strong>Familienpflege</strong>- <strong>und</strong> Gemeindekrankenstationen ab, die<br />
Dorfhelferinnenstationen bleiben in etwa gleich (Statistisches B<strong>und</strong>esamt 1998: 316).<br />
Trotz der allgemeinen Zunahmen deuten alle verfügbaren Informationen darauf hin, dass auch<br />
nach der beschriebenen Filterung des Bedarfes die verfügbaren Kapazitäten nicht ausreichen,<br />
die Nachfrage an <strong>Familienpflege</strong> zu decken. Die Konsequenz ist, dass selbst Familien in <strong>Notsituation</strong>en,<br />
die über eine Bescheinigung <strong>ihre</strong>r Bedürftigkeit verfügen <strong>und</strong> somit Anspruch auf<br />
Hilfe haben, diese ganz oder teilweise versagt bleibt.<br />
Den Hintergr<strong>und</strong> für diese Betrachtungen bilden zunehmende Anfragen nach familienpflegerischen<br />
Leistungen. Dies wird zum einen auf Veränderungen in den familialen Strukturen,<br />
der zunehmenden Mobilität, kurz: dem gesellschaftlichen Wandel <strong>und</strong> seinen Auswirkungen<br />
auf das familiale Zusammenleben, zurückgeführt (z.B. Deutscher Caritasverband 1986, Frerichs<br />
1993: 5ff., <strong>ifb</strong>-Studie). Zudem bedingten Veränderungen der Anspruchsgr<strong>und</strong>lage im<br />
SGB V (§ 38) einen Anstieg der Nachfrage auf dieser Basis um r<strong>und</strong> 20% (Kühnert/Frerichs/Rohleder<br />
1993: 9). Weiterhin wird in vielen Berichten ein Personalmangel konstatiert<br />
(Kühnert/Frerichs/Rohleder 1993; Paritätisches Bildungswerk 1993; Ministerium für<br />
Arbeit NRW 1996).<br />
Zwei Beispiele mögen zur Veranschaulichung der Situation dienen:<br />
In Berlin wurden von Januar bis April 1992 269 Einsätze gezählt. Diesen standen jedoch 88<br />
Fälle gegenüber, in denen die Pflege nicht übernommen werden konnte – <strong>und</strong> dies zumeist<br />
wegen Personalmangels bzw. des Ausfalls von Pflegekräften (Paritätisches Bildungswerk<br />
1993: 11). Analoges wird vom Institut für Gerontologie für Nordrhein-Westfalen berichtet:<br />
Von 468 Ablehnungen erfolgten 346 (das sind 76%) aus Kapazitätsgründen (Kühnert/Frerichs/Rohleder<br />
1993: 52).<br />
Diese Diskrepanzen veranlassen zur Annahme, dass auf drei vollzogene Einsätze eine nicht<br />
erfüllbare Anfrage kommt, <strong>und</strong> somit die Kapazität um r<strong>und</strong> 30% gesteigert werden müsste<br />
(Kühnert/ Frerichs/ Rohleder 1993: 52). Eine generelle Bedarfsabschätzung, welche nicht von<br />
den Ablehnungen ausgeht, schätzt das Defizit sogar noch größer ein <strong>und</strong> errechnet, dass der<br />
Personalbestand in Nordrhein-Westfalen um 60% erhöht werden müsste, wollte man einen<br />
Versorgungsgrad von 1,6 <strong>Familienpflege</strong>rInnen pro 10.000 Einwohner sicherstellen (ebd.,<br />
vgl. auch I.).<br />
Die Einschätzungen der befragten Expertinnen der <strong>ifb</strong>-Studie tendieren in ähnliche Richtungen:<br />
Die Ressourcen reichten oft nicht hin, die Nachfrage zu befriedigen bzw. ihr umfassend<br />
gerecht zu werden. Eine Befragte schätzt, dass sie, wenn es nach dem von den Familien geäußerten<br />
Bedarf ginge, doppelt so viele Einsätze durchführen könnten. 8<br />
8 Da diese Aussage sehr allgemein gefasst ist, sollte hier auch die restriktive Verschreibungspraxis <strong>und</strong> mangelnde<br />
Information als Begrenzung der Nachfrage bedacht werden.