Familienpflege â Familiale Notsituation und ihre ... - ifb - Bayern
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<strong>Familienpflege</strong> 55<br />
Ziel direkte Folgenlosigkeit, „Unauffälligkeit“ <strong>und</strong> „Unsichtbarkeit“ des Arbeitshandelns hat,<br />
sind Evaluationsstudien methodisch schwierig <strong>und</strong> weniger augenfällig.<br />
2. Indirekte Wirkungen der <strong>Familienpflege</strong>: die Bedeutung präventiver<br />
Funktionen<br />
Eine erste verbindliche Definition der <strong>Familienpflege</strong> beschreibt das Tätigkeitsfeld – noch unter<br />
dem alten Begriff „Hauspflege“ – folgendermaßen: „Hauspflege ist die vorübergehende<br />
Betreuung von Familien oder Einzelpersonen in <strong>ihre</strong>r Häuslichkeit in pflegerischer, hauswirtschaftlicher<br />
<strong>und</strong> erzieherischer Hinsicht durch eine Pflegeperson, die einem die Hauspflege<br />
ausübenden freien oder öffentlichen Träger angehört. Voraussetzung <strong>ihre</strong>r Tätigkeit ist ein<br />
durch Krankheit oder andere soziale Gründe verursachter Notstand, der weder durch eine<br />
Krankenschwester noch durch eine Hausgehilfin zu beheben ist“ (Deutscher Verein 1961: 7).<br />
Einige für unsere Fragestellung interessante Strukturmerkmale von <strong>Familienpflege</strong> deuten<br />
sich in dieser alten Begriffsdefinition schon an: das Verständnis von Betreuung als einer Einheit<br />
aus den drei Aufgabenschwerpunkte Pflegen, Erziehen <strong>und</strong> Wirtschaften <strong>und</strong> die eher defensive<br />
Abgrenzung des Handlungsspektrums der <strong>Familienpflege</strong>rin zu benachbarten Qualifikationen,<br />
wenn diese weder als billige Krankenpflege noch als überqualifizierte Haushaltshilfe<br />
einzusetzen ist (Becker 1994). Auch in den folgenden Positionsbestimmungen, in der die<br />
<strong>Familienpflege</strong> ausdrücklich als moderne soziale Arbeit bezeichnet wird, fällt es offensichtlich<br />
schwer, <strong>ihre</strong> Eigenständigkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit positiv zu fassen. Dies wird in der folgenden<br />
Textpassage besonders deutlich:<br />
„Die <strong>Familienpflege</strong> hat sich immer mehr zu einem eigenständigen Zweig moderner sozialer<br />
Arbeit entwickelt. Sie ist als ein komplementäres Element hineingeflochten in viele Bereiche<br />
sozialer Hilfe, z.B. Behindertenhilfe, Hilfe für chronisch körperlich Kranke (z.B. Multiple-<br />
Sklerose-Kranke, Krebskranke), Hilfe für psychisch Kranke, Suchtkrankenhilfe, Jugend- <strong>und</strong><br />
Familienhilfe, Erziehungsberatung. Mit den Trägern der Beratungsstellen für werdende Mütter<br />
in Not- <strong>und</strong> Konfliktsituationen, der Altenhilfe, der Integrationshilfen für sozial schwache<br />
Familien, der Obdachlosen- <strong>und</strong> Ausländerhilfe u.a. stehen die Träger der <strong>Familienpflege</strong> in<br />
fachlicher Zusammenarbeit. Sie sollten im Interesse <strong>ihre</strong>r Klienten diese wechselseitige Zusammenarbeit<br />
weiter ausbauen; denn als „soziale Arbeit vor Ort“ <strong>und</strong> in <strong>ihre</strong>r Vielgestaltigkeit<br />
als eine Hilfe, bei der Pflegen, Erziehen <strong>und</strong> Wirtschaften gleichzeitig angeboten werden<br />
können, ergänzt die <strong>Familienpflege</strong> die Hilfsmöglichkeiten der genannten sozialen Einrichtungen<br />
oder sie ermöglicht ihnen die Durchführung vorbeugender bzw. stabilisierender Maßnahmen.“<br />
(<strong>Familienpflege</strong> 1986: 19)<br />
Die <strong>Familienpflege</strong> kann also als eine Art Frühwarnsystem für Belastungen <strong>und</strong> Störungen in<br />
der Familie, die weit über diejenigen hinausgehen, um derentwillen sie eingesetzt wurde, fungieren.<br />
Da die <strong>Familienpflege</strong>rin oft über Wochen hinweg den Alltag mit den Familien teilt,<br />
lernt sie manche Probleme kennen, wie beispielsweise eine Überschuldung des Familienhaushalts<br />
oder die Suchterkrankung eines Familienmitglieds, die zu diesem Zeitpunkt den Fachdiensten<br />
möglicherweise noch verborgen ist. Die über eine verlässliche Versorgung <strong>und</strong> gemeinsame<br />
Kooperation aufgebaute Vertrauensbeziehung kann es ihr erlauben, mit den Betroffenen<br />
gemeinsam nach Auswegen zu suchen, auf Beratungsstellen <strong>und</strong> die Hilfen anderer In-