SOTE 2007_1 - IFZ
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Technologie & Politik<br />
Vom Nachzügler zum Vorreiter<br />
Die Entwicklung der Innovationspolitik in Finnland<br />
Finnland hat sich in den letzten Jahren zu einem Modell der Wissensgesellschaft<br />
entwickelt. Die Grundlagen für den Übergang von einer rohstoffabhängigen<br />
zu einer wissensbasierten Wirtschaft wurden bereits in den 1970er<br />
und 1980er Jahren gelegt. Wenn auch den Unternehmen eine führende Rolle<br />
in diesem Prozess zukommt, leistet die finnische Innovationspolitik, besonders<br />
aufgrund ihres systemischen Ansatzes, doch einen wesentlichen Beitrag<br />
im Rahmen des nationalen Projekts wirtschaftlicher Transformation.<br />
Gerd Schienstock<br />
hat Wirtschaftswissenschaften und Soziologie an<br />
der Technischen Universität in Berlin studiert. Bis<br />
zum Ende des Jahres 2006 war er Professor für<br />
Soziologie an der Universität Tampere und wissenschaftlicher<br />
Leiter des Work Research Centres an<br />
der gleichen Universität. Seit einiger Zeit arbeitet<br />
er am Interuniversitären Forschungszentrum für<br />
Technik, Arbeit und Kultur in Graz im Bereich Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien. Seine<br />
Forschungsschwerpunkte sind: Wissensgesellschaft,<br />
Innovationsforschung, Informationstechnologie<br />
und organisatorischer Wandel.<br />
E-mail: schienstock@ifz.tugraz.at<br />
Die institutionellen Bausteine<br />
der Innovationspolitik<br />
Die Institutionalisierung der Innovationspolitik<br />
1 begann in Finnland erst in den<br />
1960er Jahren, später als in den größeren<br />
OECD-Ländern. Als in den 1960er Jahren<br />
ein Prozess der Liberalisierung und Internationalisierung<br />
der Weltwirtschaft einsetzte,<br />
machte der härtere weltweite<br />
Wettbewerb das zentrale Problem der finnischen<br />
Wirtschaft deutlich: die Abhängigkeit<br />
von ausländischer Technologie,<br />
verbunden mit der Gefahr einer technologischen<br />
Rückständigkeit.<br />
Deshalb setzte sich in Politik und Wirtschaft<br />
zunehmend die Auffassung durch,<br />
dass die finnische Industrie auf eine stärkere<br />
eigenständige Wissensbasis gestellt<br />
werden müsse, was schließlich zur Institutionalisierung<br />
der Forschungs- und<br />
Technologie- und später der Innovationspolitik<br />
in Finnland führte.<br />
Der Ausbau der Innovationspolitik erfolgte<br />
in Finnland relativ schnell und bereits<br />
innerhalb eines Jahrzehnts wurde<br />
der Politikbereich zu einem weitgehend<br />
anerkannten Teil der finnischen Modernisierungspolitik.<br />
Zu Beginn der 1980er<br />
Jahre waren die meisten zentralen institutionellen<br />
Bausteine der nationalen Innovationspolitik<br />
in Finnland vorhanden,<br />
zu denen, neben einer Reihe neuer technischer<br />
Universitäten, der Finish National<br />
Fund for Research and Development<br />
(Sitra), das Technical Research Centre<br />
(VTT), die Academy of Finland sowie der<br />
Science and Technology Policy Council<br />
of Finland, als höchstes Gremium der<br />
Wissenschafts- und Technologiepolitik,<br />
zählen. Es lässt sich deshalb zu Recht<br />
behaupten, dass die institutionellen<br />
Grundlagen für die erfolgreichen 1990er<br />
Jahre bereits in den 1970er und frühen<br />
1980er Jahren gelegt wurden.<br />
Bis heute spielt der im Jahre 1963 gegründete<br />
Science and Technology Policy<br />
Council in der finnischen Innovationspolitik<br />
eine ganz erhebliche Rolle. Das Komitee<br />
ist mit der Aufgabe betraut, Visionen,<br />
Strategien und generelle Richtlinien<br />
für die Innovationspolitik in Finnland zu<br />
formulieren und die verschiedenen ministeriellen<br />
Aktivitäten auf diesem Gebiet<br />
zu koordinieren. Der starke Einfluss des<br />
Komitees, das selbst keine Entscheidungsbefugnisse<br />
hat, beruht vor allem auf der<br />
Tatsache, dass in dem Gremium alle wesentlichen<br />
Entscheidungsträger vertreten<br />
sind, von den wichtigsten Ministerien<br />
über die Vorstände der größten Unternehmen<br />
und Repräsentanten der verschiedenen<br />
Interessenvertretungen bis hin zu<br />
den Vertretern der bedeutendsten Wissenschafts-<br />
und Forschungseinrichtungen<br />
und der führenden Universitäten. Dem<br />
Gremium ist es gelungen, die verschiedensten<br />
Regierungen, unabhängig von ihrer<br />
politischen Ausrichtung, auf eine<br />
hohe Priorität von Wissenschaft, Technik<br />
und Innovation in den jeweiligen Regierungsprogrammen<br />
festzulegen.<br />
Zu Beginn der 1980er Jahre stand die<br />
Förderung zentraler Technologien im<br />
Vordergrund der Innovationspolitik, und<br />
hier wurde vor allem der Telekommunikation<br />
eine eindeutige Priorität eingeräumt.<br />
Ursprüngliches Ziel war es, die<br />
Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />
in diesem Sektor zu stärken, die Unterstützung<br />
des strukturellen Wandels<br />
war dagegen zunächst kein unmittelbares<br />
politisches Ziel. Spätere Programme<br />
konzentrierten sich allerdings stärker auf<br />
den Aspekt der Technologiediffusion.<br />
Sichtbarstes Zeichen der neuen Schwerpunktsetzung<br />
war die Gründung des<br />
Technology Development Centre (Tekes)<br />
im Jahre 1983. Dieser neu gegründeten<br />
Institution wurde die Planung und Ausführung<br />
von Technologieprogrammen<br />
als zentrale Aufgabe übertragen, wodurch<br />
sie eine weitgehende Kontrolle<br />
Soziale Technik 1/<strong>2007</strong><br />
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