Aktuelle Ausgabe - Image Herbede
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Annen | aktuell<br />
Vorsorgevollmacht · Patientenverfügung · Testament<br />
Foto: Lupo, pixelio.de<br />
Kontrolle im Krankheitsfall<br />
Wie schnell tritt der Ernstfall ein, ohne dass man die nötige Vorsorge getroffen<br />
hat? Das Thema Patientenverfügung ist für viele immer noch ein<br />
Tabu-Thema: „Mich betrifft so etwas nicht. Ich war noch nie richtig krank,<br />
bin noch viel zu jung...“ Dabei treffen einen Schicksalsschläge immer unverhofft<br />
und plötzlich. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt dann nicht mehr.<br />
Deshalb lieber schon im Voraus den Ernstfall planen. Mit einer schriftlichen<br />
Patientenverfügung kann vorsorglich bestimmt werden, wie medizinische<br />
Maßnahmen anzuwenden oder gar zu unterlassen sind, wenn<br />
man nicht mehr selbst entscheiden kann. Damit wird gewährleistet,<br />
dass der Wille des Patienten nicht umgangen werden kann, selbst wenn<br />
dieser ihn in der augenblicklichen Situation nicht mehr selbst äußern<br />
oder kenntlich machen kann. Der behandelnde Arzt, dessen Team sowie<br />
auch Betreuer und Bevollmächtigte sind daran gebunden, selbst wenn<br />
dies im Zweifelsfall den Tod des Patienten zur Folge haben könnte. Dessen<br />
sollte man sich immer bewusst sein.<br />
Eine Patientenverfügung kann jede volljährige, einwilligungsfähige Person<br />
verfassen. Sie kann jederzeit formlos widerrufen werden. Sinnvoll ist<br />
es, sich von einem Arzt beraten zu lassen, bevor man die Entscheidung<br />
trifft. Hat der Patient vor dem Ernstfall keine Verfügung ausgefüllt oder<br />
ist sein vorliegender Wille zu allgemein oder unkonkret verfasst, liegt es<br />
in den Händen seiner Vertreter sowie der behandelnden Ärzte, gemeinsam<br />
zu entscheiden, wie und in welchem Maße nun eine anstehende<br />
Behandlung durchgeführt werden soll. Ist bei weitreichenden, schweren<br />
Entscheidungen keine Einigung beider Parteien in Sicht, ob die möglichen<br />
Entscheidungen auch tatsächlich den Willen des Kranken widerspiegeln,<br />
so ist durch die Vertreter des Patienten eine Genehmigung des<br />
Betreuungsgerichtes einzuholen.<br />
6<br />
<strong>Image</strong> | November 2013<br />
Name: Helmut Budroni, MScN<br />
Beruf: Krankenpfleger (unter<br />
anderem in den Bereichen Onkologie<br />
und Aids), 2000 Studium<br />
der Krankenpflege an der<br />
Universität Witten-Herdecke,<br />
seit 2003 wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der Universität<br />
Witten-Herdecke<br />
Hobbies: Aromatherapie („Ich<br />
mache meine Parfums selber“);<br />
Promotion steht für die<br />
nächste Zeit fast ausschließlich<br />
im Vordergrund<br />
Interview mit Helmut Budroni, MScN<br />
Familienorientierte Pflege<br />
<strong>Image</strong>: Welche Aufgaben haben Sie an der Uni Witten-Herdecke?<br />
Helmut Budroni: Im Rahmen meiner Promotion und meines Lehrauftrags<br />
gestalte ich den ‚Lehrstuhl familienorientierte und gemeindenahe<br />
Pflege‘ inhaltlich mit. Ich vermittle, wie die Pflege vor<br />
Ort intensiviert und die Familien von<br />
schwerkranken und behinderten Familienmitgliedern<br />
noch mehr in die Pflege<br />
eingebunden werden können. Die<br />
Thematik passt auch zu meiner Biographie,<br />
da in meiner Familie mehrere<br />
Schwerbehinderte lebten.<br />
<strong>Image</strong>: Was finden Sie an dieser Universität<br />
faszinierend?<br />
Helmut Budroni: Zuerst einmal die<br />
Größe. Oder eher die ‚Kleine‘ der Universität.<br />
Also die mangelnde Größe.<br />
Zudem gibt es hier so viele Querdenker<br />
zum Mainstream. Auch unter den<br />
Studenten. Vor allem durch Querdenker<br />
kommt es zu Fortschritten. Weiterhin<br />
fand ich es gut, dass die Wittener<br />
Universität die erste in Deutschland<br />
war, die die Pflegewissenschaft akademisiert<br />
hat. Andere Länder sind uns da<br />
weit voraus.<br />
<strong>Image</strong>: Was ist der Gegenstand Ihrer<br />
aktuellen Forschung?<br />
Helmut Budroni: Es geht um die Entscheidungen,<br />
die Menschen an ihrem und für ihr Lebensende treffen<br />
sollten. Sollen bestimmte medizinische, therapeutische etc. Behandlungen<br />
und lebenserhaltende Maßnahmen fortgesetzt werden oder<br />
nicht? An welchem Punkt soll nach dem Willen des Patienten das Leben<br />
zu Ende sein? Wie und wann ist die Familie des Patienten über<br />
einen solchen Willen informiert worden? Wie steht sie zu dieser Entscheidung?<br />
Wann soll jemand ins Krankenhaus gebracht werden? Ein<br />
Beispiel mag das verdeutlichen. Wenn das Leben zu Ende geht, wird<br />
die Atmung in der Regel flacher und rasselnder. Ein Pfleger oder Arzt<br />
wird das sofort erkennen. Familienangehörige nicht. Wenn in einem<br />
solchen Fall die Familie den Notarzt ruft, so wird er im Normalfall<br />
den Patienten ins Krankenhaus einweisen, auch wenn das gegen den<br />
Willen des Kranken ist. Besteht nun aber eine Patientenverfügung –<br />
egal ob mündlich oder in schriftlicher Form –, so müssen die Familienangehörigen<br />
dies dem Arzt mitteilen und den Willen des Patienten<br />
durchsetzen. Die Entscheidungsfreiheit des Arztes hört vor dem<br />
Willen des Patienten auf. Es gibt dort eine klare gesetzliche und eine<br />
höchstrichterlicher Entscheidung (gemeint ist das BGH-Urteil aus<br />
2010 AZ.: BGH 2 StR 454/09 – Urteil vom 25.06.2010; d. V.).<br />
<strong>Image</strong>: Wie wollen Sie bei Ihrer Untersuchung vorgehen?<br />
Helmut Budroni: Bei meiner Dissertation handelt es sich um eine<br />
qualitative Untersuchung. Es geht hier nicht um Repräsentativität.<br />
Ich führe Interviews mit Familien durch und befrage sie nach ihren<br />
Erfahrungen. Es sollen etwa 25 Interviews werden. Bis jetzt habe ich<br />
den Süden Deutschlands hauptsächlich vertreten. Der Norden fehlt<br />
mir noch. Die Interviews zeichne ich auf und muss sie anschließend<br />
transkribieren, also aufschreiben und nach wesentlichen Tendenzen<br />
forschen. Es sind die einzelnen Perspektiven wichtig, nicht die Statistik.<br />
Eine Arbeit, die sich auf ein großes Zahlenmaterial stützt, könnte<br />
sich nach einer qualitativen Arbeit anschließen.<br />
<strong>Image</strong>: Welchen Zeitrahmen haben Sie sich für diese Forschungsarbeit<br />
vorgenommen?<br />
Helmut Budroni: Der ist vorgegeben. Ende Januar muss ich meine Arbeit<br />
einreichen. Bis Mitte 2014 werde ich meine Interviews durchführen<br />
und sie in der restlichen Zeit auswerten.<br />
<strong>Image</strong>: Haben Sie schon eine Idee, ob und wenn ja, wie Sie Ihre Forschung<br />
anwenden wollen?<br />
Helmut Budroni: Es gibt schon Handreichungen und Formulierungshilfen<br />
zu Patientenverfügungen. Ich möchte das Ganze noch individueller<br />
machen und den Menschen verdeutlichen, dass eine Patientenverfügung<br />
über einen langen Zeitraum geschrieben werden muss.<br />
Neue Erfahrungen müssen mit eingearbeitet werden, Situationen<br />
antizipiert werden. Der Patientenverfügung muss endlich der Schrecken<br />
genommen werden. Und in den Familien muss sie thematisiert<br />
werden. Das heißt natürlich, dass bestehende Verhaltensmuster aufgebrochen<br />
werden müssen. Auch junge Menschen müssen sich damit<br />
auseinandersetzen, dass ihr Leben endlich ist. Durch einen Unfall<br />
oder durch eine plötzliche Krankheit kann jeder in jedem Alter in diese<br />
Situation kommen. Wenn die Freunde und Familienangehörigen<br />
wissen, was der Kranke wünscht, so ist eine solche Situation auch für<br />
sie besser zu ertragen.<br />
Wie Herr Budroni in unserem Interview angesprochen hat, führt er Interviews<br />
mit Menschen durch, die Erfahrungen mit Patientenverfügungen<br />
eines Familienmitglieds gemacht haben. Wenn Sie entsprechende<br />
Erfahrungen haben, wenden Sie sich bitte direkt an Herrn<br />
Helmut Budroni.<br />
Telefon: 02302-926294, E-Mail: helmut.budroni@uni-wh.de<br />
<strong>Image</strong> wünscht Herrn Budroni viel Erfolg bei seinen Forschungen. GüP