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IMIS-BEITRÄGE - Universität Osnabrück

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Philipp Aufenvenne<br />

und Carsten Felgentreff<br />

Umweltmigranten und Klimaflüchtlinge<br />

– zweifelhafte Kategorien in der aktuellen<br />

Debatte<br />

Seit einigen Jahren wird zunehmend davor gewarnt, dass Umweltveränderungen<br />

und Klimawandel immer mehr Menschen dazu bewegen werden, ihre<br />

Heimat zu verlassen: sei es als Flucht, sei es freiwillig. Solchen Warnrufen<br />

wird selten widersprochen, zumindest nicht in den Medien und in politischen<br />

Debatten.<br />

Wer sich hingegen genauer mit den Berichten von umweltbedingter<br />

Flucht und Migration befasst, kann bemerkenswerte Beobachtungen anstellen.<br />

So fällt auf, dass die Betroffenen ausschließlich in peripheren Weltgegenden<br />

leben, in Regionen, die auf vielfältige Weise recht umfassend benachteiligt<br />

sind. Der typische Umwelt- oder Klimaflüchtling lebt etwa am Rand<br />

der Wüsten Afrikas oder in den Küstenniederungen von Bangladesch. Die<br />

Sorgen um die Folgen des steigenden Meeresspiegels gelten in dieser Debatte<br />

nicht den Immobilienbesitzern auf Sylt oder den Bewohnern von überflutungsgefährdeten<br />

Lagen im Stadtgebiet von Hamburg (wo der Wasserspiegel<br />

ja ebenfalls steigen müsste). Weiterhin fällt auf, dass Umwelt und Klima<br />

wohl nur für Arme und für unsere Arbeitsmärkte kaum Qualifizierte als<br />

Flucht- und Abwanderungsgrund angenommen werden: Es geht um Pflanzer<br />

oder um Nomaden, die ihre Lebensgrundlagen verlieren, nicht jedoch um<br />

Bankdirektoren, Hochschullehrer und Ingenieure. Große Distanzen zwischen<br />

›uns‹ und ›hier‹ auf der einen Seite und den Umweltmigranten und Klimaflüchtlingen<br />

auf der anderen Seite scheinen konstitutiv für dieses Narrativ:<br />

Die Distanz hat eine erkennbare räumliche Dimensionen (das Problem manifestiert<br />

sich wohl stets in der Ferne, meist in Entwicklungsländern, sieht man<br />

von Ausnahmen wie New Orleans und Venedig ab, die für manche ebenfalls<br />

potentielle Umsiedlungskandidaten sind 1 ), die häufig mit einer beträchtlichen<br />

sozialen Distanz einhergeht, die sich in ganz anderen Lebensweisen<br />

zeigt.<br />

1 Vgl. etwa Mark Fischetti, Wenn New Orleans versinkt, in: Spektrum der Wissenschaft,<br />

1. 2002, S. 75–82.<br />

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